Kurz notiert - Politik und Wirtschaft

Kein Ende abzusehen beim Geschäft mit Nabelschnurblut

Die Leipziger Nabelschnurblutbank VITA 34 International nimmt nun nicht nur in Österreich, der Schweiz und Spanien werdende Eltern ins Visier, sondern auch in Slowenien. Das Unternehmen Izvorna celica wird laut VITA 34 das Marketing sowie die Schulung in den Geburtskliniken des osteuropäischen Landes übernehmen. In Slowenien werden jährlich etwa 20.000 Kinder geboren. Aufbereitung, Kryokonservierung und Lagerung des Blutes sollen weiterhin zentral in Leipzig erfolgen, wo bereits Nabelschnurblut von über 60.000 Kindern aufbewahrt wird. Seit 1997 ist VITA 34 auf Expansionskurs; mittlerweile kooperieren allein in der Bundesrepublik rund 850 Kliniken und Geburtshäuser mit der seit 2007 an der Börse notierten Aktiengesellschaft. Noch in diesem Jahr will das Leipziger Unternehmen auf den „weiteren europäischen Markt“ expandieren. (Ärzte Zeitung Online, 18.02.09; PM VITA 34, 11.02.09, www.webdisclosure.com/news/51827.html) (uw)

Agro-Gentechnik: Die Kosten der anderen

Die Kosten der Gentechnik bleiben an denen hängen, die keine Gentechnik wollen. Dies ist das Ergebnis des „Schadensbericht Gentechnik“, den der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft im März veröffentlicht hat. Danach werden die Agro-Gentechnikkonzerne bei Verunreinigungen in der Regel nicht zur Verantwortung gezogen, die Kosten, insbesondere für Qualitätssicherung, bleiben an den anderen Beteiligten der Lebensmittelwirtschaft hängen und werden dann oft auf den Preis der Produkte und somit zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt. Die Kosten werden von den Autoren beispielhaft dargestellt. Dabei werden einerseits die Kosten, insbesondere für Qualitätssicherung dargestellt, die durch den Einsatz der Agro-Gentechnik entstehen und von wem diese getragen werden. Andererseits werden beispielhaft Kontaminationfälle mit gentechnisch verändertem Material in konventioneller und/oder ökologischer Ware dargestellt. (Auch hier versucht das Autoren-Team des Berichtes, Christoph Then (Scouting Biotechnology) und Antje Lorch (Ifrik), zu verdeutlichen, wer am Ende die Kosten zu tragen hatte. Christoph Then im Deutschlandfunk: „Es gibt inzwischen einen Milliardenschaden international durch Kontaminationen mit nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Saatgut. Beispielsweise ist durch gentechnisch veränderten Reis in Deutschland ein Schaden in der Lebensmittelwirtschaft um rund 10 Millionen Euro entstanden. (...) International hat dieser Fall einen Schaden von einer Milliarde „Euro angerichtet.” Der Vorsitzende des BÖLW, Felix Prinz zu Löwenstein, fasst entsprechend zusammen: Es „kann (...) nur eine Forderung geben: Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) muss das tun, was ihre Kollegen in Frankreich, Polen, Ungarn und Griechenland gemacht haben, sie muss diesen Maisanbau verbieten”. (PM BÖLW, 20.03.09, der Bericht ist zu finden unter: www.boelw.de; www.dradio.de, 20.03.09) (pau)

Bundesregierung will Weltagrarbericht unterzeichnen

Bundesentwicklungsministerin, Heidemarie Wieczorek-Zeul hat angekündigt, dass die Bundesrepublik den so genannten Weltagrarbericht unterzeichnen wird. Im Mai 2008, wurden die Ergebnisse des Prozesses zum International Assessment of Agricultural Knowledge, Science, and Technology for Development (IAASTD - etwa: Internationale Bewertung von landwirtschaftlichem Wissen, Wissenschaft und Technologie) erstmals einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Demzufolge soll in der globalen Landwirtschaft ein radikaler Strategiewechsel in Richtung einer stärkeren Orientierung auf kleinbäuerliche Strukturen stattfinden. Außerdem sollen nachhaltige landwirtschaftliche Produktionsverfahren, die Energie und andere Ressourcen schonen, stärker gefördert werden. An dem vierjährigen IAASTD-Prozess waren weltweit mehr als 400 WissenschaftlerInnen und andere ExpertInnen beteiligt. Sie gingen der Frage nach, welche Art von landwirtschaftlichem Wissen, Wissenschaft und Technologie nötig seien, um unter den Bedingung des globalen Klimawandels Armut und Hunger erfolgreich zu bekämpfen. Der IAASTD-Prozess ist unter anderem von der Weltbank und den Programmen für Kultur, Bildung und Wissenschaft (UNESCO) und Umwelt (UNEP) der Vereinten Nationen initiiert, finanziert und begleitet worden. Noch kein derart breit aufgestelltes Verfahren hatte in der Vergangenheit in diesem Umfang die derzeitige Art landwirtschaftliche Güter zu produzieren verurteilt. Bisher ist der IAASTD-Bericht von knapp 70 Ländern gezeichnet worden. In deutschen Entwicklungs-Organisationen wird der Schritt der Bundesregierung sehr begrüßt. Erst im Januar hatten Sie Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU), ein Exemplar des Berichtes übergeben. (www.rural21.com; zum IAASTD-Prozess siehe auch das Interview mit Hans Herren im GID 188, Juni 2008) (pau)

Singapur erlaubt Organverkauf

Lebendspender von Organen dürfen in Singapur seit Mitte März legal bezahlt werden. Das Parlament des Stadtstaates beschloss nahezu einstimmig ein Gesetz, das es Spendern erlaubt, neben den Organen selbst auch Kosten der Anreise und des Aufenthaltes, von Haushalts- und Kinderbetreuungshilfen sowie Einnahmeausfälle und zukünftige Behandlungskosten in Rechnung zu stellen. Gesundheitsminister Khaw Boon Wan kündigte die Veröffentlichung von Richtlinien für die Höhe der „Entschädigung“ an. Mit dem neuen Gesetz wird ein seit Jahren funktionierender Schwarzmarkt legalisiert: Singapur ist schon länger eine bekannte Adresse für den schnellen Organersatz. Zwischen 25.000 und 30.000 Dollar kostet beispielsweise eine Niere inklusive Operation in China. Kontrollen oder gar Wartezeiten gibt es nicht, dafür aber viele arme Migranten, vorwiegend aus China, Malaysia und Indonesien. (Ärzte Zeitung Online, 25.03.09; Berliner Zeitung, 26.03.09) (uw)

GSK senkt Preise in der dritten Welt

GlaxoSmithKline, nach Pfizer zweitgrößtes Pharmaunternehmen der Welt, hat angekündigt, die Preise für Aids-Medikamente in Entwicklungsländern deutlich zu senken und damit der Bevölkerung den Zugang zu lebensnotwendigen Arzneimitteln zu ermöglichen. Der neue Vorstandsvorsitzende Andrew Witty kündigte an, die Medikamentenpreise in den 50 ärmsten Ländern der Welt auf maximal ein Viertel der Preise in den USA und Großbritannien zu senken. Außerdem solle erstmals ein Patentpool eingerichtet werden, der es Forschern ermöglicht, noch vor dem Ablauf der betreffenden Monopolrechte mit der Entwicklung preisgünstiger Medikamente zu beginnen. Aids-Medikamente werden von dem angekündigten Pool allerdings ausdrücklich ausgeschlossen. Offensichtlich stößt das vermeintlich soziale Anliegen von GSK hier an seine Grenze, denn durch den Wettbewerb mit Nachahmerprodukten könnten die Preise „in vielen Fällen um bis zu 99 Prozent fallen“, so Oliver Moldenhauer von Ärzte ohne Grenzen. Ohnehin könnte die Verlautbarung von GSK in erster Linie „ein werbeträchtiges Ablenkungsmanöver“ sein, um das angeschlagene Image des Pharmakonzerns aufzupolieren. Das vermutet die Journalistin Ulrike Baureithel in der Wochenzeitung Freitag. Erst Anfang Februar habe das Pharmaunternehmen nämlich „drastische Sparmaßnahmen und Massenentlassungen angekündigt und eine Geschäftsprognose für das Jahr 2009 verweigert”. In den nächsten Jahren laufen zudem die Patente auf einige der umsatzstärksten Medikamente aus. Damit wächst die Konkurrenz durch Generikaprodukte. Immer mehr Konzerne ziehen sich daher aus diesem Bereich zurück und senken in Entwicklungsländern ihre Preise. (Ärzte Zeitung, 16.02.09; www.aerzteblatt.de, 16.02.09; der Freitag, 21.02.09) (mf)

Pfizer investiert in Generikaproduktion

Das US-amerikanische Pharmaunternehmen Pfizer hat einem indischen Arzneimittelhersteller die Rechte an mehreren Nachahmermedikamenten (Generika) abgekauft. Damit steckt der als Weltmarktführer gehandelte Pharmakonzern seine Marktanteile für die kommenden Jahre ab, wenn die Patente auf viele seiner gewinnträchtigsten Produkte auslaufen. Der Generikamarkt galt unter den big playern der Pharmabranche bislang aufgrund strikter Gesetzesauflagen und geringerer Gewinnmargen nur als eingeschränkt attraktiv. Unternehmen wie Pfizer versuchen nun, sich auf den bevorstehenden Verlust des Marktmonopols mit der Erweiterung ihrer Produktpalette vorzubereiten, vor allem durch die Übernahme kleinerer Biotechnologieunternehmen. (Ärzte Zeitung, 04.03.09) (mf)

EU: Keine geheimen Felder mit GVO

Der Europäische Gerichtshof hat bestätigt, dass es den Behörden nicht erlaubt ist, Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen geheim zu halten (Rechtssache C‑552/0). Eine solche Geheimhaltung widerspräche der EU-Freisetzungsrichtlinie. Der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung im Europäischen Parlament, Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf (Fraktion Grüne/EFA), kommentierte die Entscheidung mit den Worten: „Die Offenlegung der Gentech-Standorte ist essentiell - denn Bäuerinnen und Bauern in der Gemarkung müssen wissen, ob in ihrer Nachbarschaft gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden und damit eine Gefahr für die Kontamination ihrer Felder besteht”. Der Neuen Juristischen Wochenschrift zufolge können sich die Mitgliedstaaten der EU „nicht auf die öffentliche Ordnung berufen, um die Offenlegung des Ortes der Freisetzung von genetisch veränderten Organismen zu verhindern.” Zur Verhandlung gekommen war ein Fall, in dem die Gemeinde Sausheim im Elsass mit Verweis auf die öffentliche Ordnung die genauen Flächen nicht preisgeben wollte. Ein nicht näher benannter Herr Azelvandre aus Sausheim (Haute-Alsace, Frankreich) hatte vor dem französischen Verwaltungsgericht geklagt, nachdem ihm seine Kommune den entsprechenden Zugang zu den Informationen verwehren wollte. (PM Die Grünen/Europäische Freie Allianz im Europäischen Parlament, 17.02.09; Neue Juristische Wochenschrift, 17.02.09, http://rsw.beck.de) (pau)

Übernahmewelle in der Pharmabranche

In der Pharmabranche sind in den letzten Monaten erneut mehrere Übernahmen großer Konzerne vollzogen worden: Der weltweit umsatzstärkste Medikamentenhersteller Pfizer kaufte Anfang des Jahres für rund 68 Milliarden Dollar seinen US-amerikanischen Konkurrenten Wyeth. Im März übernahm der Schweizer Pharmakonzern Roche nach monatelangen Verhandlungen die noch verbleibenden Anteile seiner US-amerikanischen Tochterfirma Genentech. Das Biotechnologie-Unternehmen hatte sich - wie es inzwischen für die Arbeitsteilung auf dem globalen Pharmamarkt typisch ist - auf die Entwicklung neuer Medikamente spezialisiert, während sich der große Mutterkonzern auf die „globalen Funktionen“ der Durchführung von klinischen Studien und die Vermarktung konzentrierte. Durch den Aufkauf von Genentech bekommt Roche nun direkten Zugriff auf die Innovationen des Tochterunternehmens. Noch größere Aufmerksamkeit in der Finanzwelt erhält derzeit der noch in den Verhandlungen steckende Aufkauf des Unternehmens Schering-Plough durch den Konkurrenten Merck& Co, denn durch diesen würde der US-amerikanische Konzern zum zweitgrößten Medikamentenhersteller hinter Pfizer aufsteigen. 32 Milliarden Dollar - und damit mehr als das Doppelte des Jahresumsatzes von Schering-Plough sollen dabei die Seite wechseln. Merck & Co erhofft sich durch den Deal einerseits den Zugewinn von Märkten in Europa, Asien und Lateinamerika. Andererseits möchte das Unternehmen seine Produktpalette um die Sparten Onkologie und Neurologie erweitern. Börsenanalysten erklären die starke Bewegung am Pharmamarkt damit, dass die Börsenwerte der Unternehmen bedingt durch die Finanzkrise stark gesunken, die Kassen der aufkaufenden Konzerne aber „noch gut gefüllt“ sind. Die Pharmabranche, so der Grundtenor, erweise sich auch angesichts des Konjunktureinbruchs als „krisenfest“. Gegen eine solche Konsolidierung spricht, dass die Übernahmen, die die Umsätze durch die Erweiterung der Produktpalette trotz Innovationsstau und Konkurrenz durch Generika für die nächsten Jahre sichern sollen, unmittelbare Reaktionen auf die Krise sind. Der Börsenwert der Unternehmen wird durch den Verweis auf Medikamente, die sich in der Forschungspipeline befinden, zwar emporgetrieben. Dabei handelt es sich aber um einen rein spekulativen Marktwert, neun von zehn getesteten Wirkstoffen erreichen in der Regel nicht die Marktzulassung. (www.wiwo.de, 26.01.09; FAZ, 05.02.09; Ärzte Zeitung, 16.02.09, 11.03.09, 20.03.09) (mf)

EU: Weiterer gv-Raps zugelassen

Im März hat die EU-Kommision den Import des von Bayer Crop Science entwickelten gv-Raps T45 zugelassen. Obwohl er im Umweltministerrat nicht die notwendige Mehrheit erhalten hatte, darf der Raps nach dieser Entscheidung in die Union eingeführt und zu Futter- beziehungsweise Lebensmitteln weiterverarbeitet werden. Zudem dürfen nun Verunreinigungen bis zu einem Grenzwert von 0,9 Prozent in anderen Rapsprodukten vorhanden sein, sofern nachgewiesen wird, dass dieser Anteil technisch unvermeidbar und zufällig ist. Eine solche Kontamination ist, sollten T45-Lieferungen in die EU stattfinden zu erwarten, da es gerade bei Raps sehr leicht dazu kommt. Dies liegt an verschiedenen Eigenschaften dieser Pflanze, zum Beispiel sind ihre Samen sehr klein, so dass sie aus Transportbehältern herausfallen können. Auf diese Weise ist es in Japan in den vergangenen Jahren zu einem unkontrollierten Raps-Wachstum in der Umgebung von Häfen und Bahnstrecken gekommen. Andere Kontaminationsquellen sind durch die lange Keimfähigkeit und die hohe Auskreuzungswahrscheinlichkeit gegeben. T45 ist resistent gegen das Breitbandherbizid Glufosinat, das nach Angaben der Nichtregierungsorganisation Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) von der EU - höchstwahrscheinlich“ vom Markt genommen werden soll. (www.transgen.de, 12.03.09; GID 192, Februar 2009) (pau)

USA: Verschärfte Pharmahaftung

Der oberste Gerichtshof der USA hat die Produkthaftung von Arzneimittelherstellern verschärft. In ihrer Grundsatzentscheidung bestätigten die Richter ein Gerichtsurteil im US-Bundesstaat Vermont, demgemäß der Pharmakonzern Wyeth einer Musikerin umgerechnet 5,6 Millionen Euro Schadensersatz zu zahlen hatte. Der Klägerin musste nach einer durch medizinisches Personal verursachten unsachgemäßen Behandlung mit dem Migräne-Medikament Phenergan ein Oberarm amputiert werden. Der Wirkstoff war bei der Injektion in eine Arterie gelangt. Daraufhin starb das umliegende Gewebe ab, Entzündungen waren die Folge. Das Gericht befand, die entsprechenden Warnhinweise in der Gebrauchsinformation des Medikaments seien nicht ausreichend gewesen. Vielmehr hätte Wyeth bei der Arzneimittelregulierungsbehörde FDA auf schärfere Warnhinweise dringen können. Die Richter wiesen darauf hin, dass bereits mehrere Amputationen nach einer Fehlanwendung von Phenergan notwendig gewesen seien. Der Fall Wyeth vs. Levine erhält zusätzliche Bedeutung, weil in der Argumentation der Obersten Richter die juristischen Zuständigkeiten im Bereich der Produkthaftung gestärkt wurden. Die Pharmaindustrie kritisierte die Entscheidung des Obersten Gerichtshof und warnte, Ärzte und Patienten könnten verunsichert werden, wenn von der FDA herausgegebene Medikamenteninformationen hinterfragt würden. (www.law.com, 05.03.09; Ärzte Zeitung Online, 06.03.09) (mf)

Obama reaktiviert Stammzell-Funding

Am 9. März hat US-Präsident Barack Obama die Beschränkungen wieder aufgehoben, die die Bush-Administration der öffentlichen Förderung der Stammzellforschung auferlegt hatte. Damit können US-ForscherInnen nun wieder Gelder für die Forschung mit neueren Stammzelllinien beantragen. Unter Präsident George W. Bush war die nationale Förderung auf die Forschung mit Stammzelllinien beschränkt gewesen, die vor 2001 hergestellt worden sind. Zur genaueren Ausarbeitung der neuen Politik wies Obama die öffentlichen Gesundheitsinsitute, die National Institutes of Health, an, Richtlinien für die Stammzellforschung in den USA zu entwerfen. Bisher ist die Forschung mit embryonalen Stammzellen auf nationaler Ebene kaum geregelt. Auch nach der Verfügung gilt, dass die Herstellung embryonaler Stammzellen von der öffentlichen Hand nicht gefördert werden darf, sondern nur die Forschung mit bereits existierenden Linien. Insgesamt werteten BeobachterInnen den rhetorischen Duktus der Rede Obamas, die er anlässlich der Verfügung im Weißen Haus hielt, eher als zurückhaltend. So erklärte er: „Zur Zeit sind die Verheißungen der Stammzellforschung noch unbekannt und sollten nicht überbewertet werden.“ Welche Folgen die neue US-Stammzellpolitik für die private Forschungsfinanzierung und die Programme auf der Ebene der Bundesstaaten hat, ist noch nicht abzusehen. Einige WissenschaftlerInnen befürchten, dass die Verfügung des Präsidenten das kalifornische Stammzell-Programm obsolet machen könnte. Dieses hat immerhin 3 Milliarden US-Dollar Steuergelder des Bundesstaates für die Stammzellforschung reserviert, um einen Gegenpol zur Bush-Politik zu bilden. Da für das kalifornische Programm bereits Zahlungsschwierigkeiten aufgrund von Finanzspekulationen angekündigt wurden, geht es bei der neuen US-Politik möglicherweise eher um eine Umschichtung von Fördertöpfen als um ihre Ausweitung. (New York Times, 06.03.09, 09.03.09, 11.03.09; The Jurist Online, 18.03.09) (sus)

Neue Stammzellimporte: Viel oder wenig?

Seit dem 21. August 2008, an dem die Verschiebung des Stichtages für die Stammzellimporte nach Deutschland in Kraft trat, sind einige Importe von Stammzelllinien neueren Datums beantragt und bewilligt worden. Insbesondere genehmigte das Robert Koch Institut der Medizinischen Hochschule Hannover und der Max-Planck-Gesellschaft Münster den Import von Stammzelllinien der US-amerikanischen Harvard-Universität. Der große Andrang bleibt weiterhin aus; die meisten importierten Stammzelllinien sind älteren Datums, das heißt, sie waren schon vor der Stichtagsverschiebung zugänglich. So beantragte etwa Hannover nur eine neue und fünf alte Linien. Ob die geringe Zahl der Anträge als Durchbruch oder als Armutszeugnis für die embryonale Stammzellforschung gewertet werden sollten, ist eine Frage der Perspektive: Die deutsche Ärzte Zeitung titelte „Neuer Schwung für die Stammzellforschung“; der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe nannte seine Rundmail zum Thema „Am besten nichts Neues“. (Ärzte Zeitung, 17.3.09; Hubert Hüppe, 13.02.09) (sus)

Saarland gentechnikfreie Region

Das Saarland will sich zu einer gentechnikfreien Region erklären und hofft dabei auf Unterstützung von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Das verdeutlichte der Landwirtschaftsminister des Bundeslandes, Stefan Mörsdorf (CDU), anlässlich einer Agrarministerkonferenz Ende März in Magdeburg. Aigner habe „Sympathie” für gentechnikfreie Zonen bekundet und Mörsdorf erwarte nun, dass sie sich nun auch dafür einsetzt, rechtliche Rahmenbedingungen für deren Einrichtung zu schaffen. Derzeit werden in dem Bundesland im Freien keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut. (PM der Landesregierung des Saarlandes, 27.03.09; Standortregister: www.bvl.bund.de > Gentechnik > Standortregister) (pau)

Mehr außeruniversitäre Forschung

8,5 Milliarden Euro und damit rund fünf Prozent mehr als im Jahr davor wurden 2007 für Forschung außerhalb der Universitäten ausgegeben. Das hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden ausgerechnet. Diese Forschung findet vor allem in den Helmholtz-Zentren und in den Instituten der Max-Planck- und der Fraunhofer-Gesellschaft statt; sie gaben mit insgesamt 6,4 Milliarden Euro knapp drei Viertel der außeruniversitär verbrauchten Forschungsgelder aus. Der Anteil der öffentlichen Einrichtungen an der nicht-universitären Forschung fiel mit rund 900 Millionen Euro - das sind 10,5 Prozent - recht gering aus. Knapp die Hälfte der achteinhalb Milliarden Euro (4,1 Milliarden) wurde für naturwissenschaftliche Projekte ausgegeben, in den Ingenieurwissenschaften flossen 2,4 Milliarden. Die forschenden Humanmediziner erhielten mit etwa 600 Millionen Euro einen Anteil von 6,6 Prozent. Die Beträge machen dennoch nur einen geringen Anteil der gesamten Forschungsausgaben aus. Diese lagen 2007 bei 61 Milliarden Euro, das wären 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. 70 Prozent dieser Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung sind Investitionen von Unternehmen. (Ärzte Zeitung Online, 18.02.09) (uw)

Greifswald gentechnikfrei

Die Bürgerschaft von Greifswald hat in ihrer Sitzung am 30. März einem Antrag der Fraktion Grüne/ok zugestimmt, demzufolge die Landwirtschaft der Hansestadt gentechnikfrei bleiben soll. Im Wesentlichen geht es in dem Antrag um zwei Punkte: Landwirtschaftliche Flächen der Stadt sollen gentechnikfrei bewirtschaftet werden; Pachtverträge sollen entsprechend abgeschlossen und gegebenenfalls geändert werden. Zudem sollen in Kantinen, Kita-Küchen und anderen Restaurationen, die unter der Verwaltung der Stadt stehen, nur gentechnikfreie Produkte ausgegeben und verarbeitet werden. Während der Bürgerschaftsdebatte war Christof Potthof, Mitarbeiter des Gen-ethischen Netzwerkes, als Experte geladen, um mit einer Stellungnahme den Antrag zu unterstützen. (www.ostseezeitung.de; der Antrag und die Stellungnahme sind auf den Seiten des GeN im Internet zu finden: www.gen-ethisches-netzwerk.de > Veröffentlichungen > Stellungnahmen) (pau)

Standortregister: Falsche Angaben

Die Angaben des staatlichen Standortregisters für gentechnisch veränderte Pflanzen (gv-Pflanzen) sind teilweise fehlerhaft: Laut Greenpeace gilt dies für jeden neunten Standort im Bundesland Brandenburg. Die Behörden seien „mit der Überwachung des Gen-Mais-Anbau bereits auf geringer Fläche überfordert”, so Greenpeace-Gentechnik-Expertin Stephanie Töwe. Spätestens drei Monate vor dem Anbau gentechnisch veränderter Organismen (GVO) ist laut Gentechnikgesetz die Lage der Flächen dem Standortregister mitzuteilen. So sollen sich zum Beispiel andere Landwirte informieren können, ob in der Nähe ihrer Felder GVO angebaut werden sollen. Das Standortregister wird für das gesamte Bundesgebiet vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) geführt. Brandenburg ist das Bundesland mit der größten geplanten Anbaufläche von gv-Mais. Auf 1652 Hektar soll dieser laut Register in diesem Jahr angepflanzt werden. (PM Greenpeace, 26.02.09; www.bvl.bund.de, www.greenpeace.de/gen-mais-karte) (ts)

Datenskandal mit Patientenakten in den USA

Zehntausende digitale Patientenakten aus US-amerikanischen Krankenhäusern mit detaillierten Angaben über physische oder mentale Krankheitsdiagnosen lagern frei zugänglich im Internet. Das ergab eine Untersuchung im Auftrag des Ministeriums für Heimatschutz. Der Leiter der Studie, Eric Johnson, Direktor des Center for Digital Strategies am Dartmouth College in Hanover (New Hampshire) berichtet unter anderem von Tabellen aus einer AIDS-Klinik mit personenbezogenen Informationen über 242 Patienten, von einem 1.718 Seiten umfassenden Dokument aus einem medizinischen Testlabor mit den Namen der Probanden sowie von psychiatrischen Einschätzungen aus einer Klinik für Geisteskranke. Auch eine komplette Datenbank eines nicht näher bezeichneten US-Krankenhauses wurde gefunden. Deren Akten umfassten Vermerke über 20.000 Patienten, einschließlich Namen, Krankenversicherungsnummern, Versicherungspartnern und Codeangaben über Krankengeschichten. Teilweise seien die Dateien auf Rechnern von Auskunfteien abgelegt gewesen; das führe ihn zu der Annahme, so Johnson in dem Untersuchungsbericht, dass die Daten zu kommerziellen Zwecken genutzt werden. Die Ursache des Skandals ist unklar. Johnson vermutet, dass viele Angestellte öffentlicher Einrichtungen entgegen bestehender Auflagen Peer-to-Peer-Software wie Limewire auf ihren Rechnern installieren; die Voreinstellungen vieler dieser Programme geben alle lokalen Dateien zum Tausch frei. Das erklärt allerdings nicht, wie einem Krankenhaus seine komplette Patientendatenbank abhanden kommen kann. (Heise Online, 28.02.09) (uw)

Kein Patent auf Pflanzen und Tiere

Die hessische Landesregierung hat eine Bundesratsinitiative für ein Verbot der Patentierung von neu gezüchteten Pflanzen und Tieren gestartet. Sie setzt sich damit für eine Verschärfung der europäischen Biopatentrichtlinie ein, die in ihrer jetzigen Form „unklar und schwammig” sei, so die hessische Landwirtschaftsministerin Silke Lautenschläger. Dies führe dazu, dass zunehmend Patente für Lebewesen zugelassen würden, die landwirtschaftliche Weiter- und Neuzucht immer weiter eingeschränkt und deren Nutzung verteuert werde. Neben wirtschaftspolitischen sprächen auch ethische Gründe für eine Änderung der Richtlinie, so die Ministerin. Umweltverbände haben diese Bundesratsinitiative begrüßt, jedoch explizit darauf hingewiesen, dass die Forderung des hessischen Antrags sich konsequenterweise auch auf Lebewesen, die mit gentechnischen Methoden erzeugt worden sind, erstrecken müsse. Denn die ethischen und wirtschaftspolitischen Begründungen träfen bei diesen in gleichem Maße zu. (PM Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 25.03.09; PM BÖLW, 25.03.09) (ts)

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
193
vom April 2009
Seite 40 - 43

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