Selbstbestimmungskritik

Piktogramm: Paragraf, Erlenmeyerkolben, Faust

Die Forderung nach Selbstbestimmung durchzieht Geschichte und Gegenwart diverser sozialer Bewegungen, wie feministischen, behindertenpolitischen oder homosexuell-queeren Bewegungen. Das Konzept Selbstbestimmung wird als Abwehr äußerer Zugriffe auf die Entscheidungen von Menschen verstanden. Um eine Person zu sein, die selbst entscheiden kann, muss man als autonome, zu freien Entscheidungen fähige Person gesellschaftlich anerkannt werden. Dies wurde früher nur weißen, heterosexuellen, bürgerlichen Männern zugestanden – Frauen und Behinderte mussten sich das erst erkämpfen.

Zugleich werden im öffentlichen Raum mit der Rede vom allseits selbstbestimmten Individuum Selbstmanagement und Entscheidungszwänge zu Freiheitsgewinnen umgedeutet. Diese Freiheit hat aber ihren Preis: Wer selbst entscheiden darf, muss auch dafür sorgen, die richtige Entscheidung zu treffen. Wenn irgendetwas schief geht, ist man demnach selbst schuld. So ist der Begriff Bestandteil heutiger Individualisierungsstrategien geworden – vermeintlich selbstbestimmt werden die Normen eines „gesunden“, „effizienten“ und „präventiven“ Körper- und Verhaltensmanagements befolgt.

Beiträge zu diesem Thema

  • Begründete "Ungleichbehandlung"

    Von

    Während die Samenspende legal ist, verbietet das Embryonenschutzgesetz (ESchG) die Abgabe von Eizellen in Deutschland. Immer wieder argumentieren Befürworter*innen der Legalisierung der sog. Eizellspende, das Verfahren müsse als Gegenstück zur  Samenspende betrachtet und somit ebenfalls erlaubt werden. Auch die Bundestagsfraktion der FDP stellt diesen Vergleich auf und spricht in ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des ESchG von einer „Ungleichbehandlung […], die nicht mehr zu rechtfertigen ist.“

  • Ein Plädoyer für reproduktive Selbstbestimmung

    Demobild My Body My Choice
    Von

    Das GeN unterstützt den Alternativbericht zum Schwangerschaftsabbruch und zu reproduktiven Rechten. Die Autorinnen zeigen, dass Deutschland von einer Sicherung reproduktiver Selbstbestimmung fast 40 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Frauenrechtskonvention noch weit entfernt ist.

  • Wunschkinder durch globalisierte Ausbeutung?

    Wer bringt Eier? Protest in Hasenkostüm gegen Eizell"spende"
    Von
    GeN

    Derzeit wird intensiv über eine Legalisierung von „Eizellspende“ und „Leihmutterschaft“ in Deutschland diskutiert. Ein feministisches Netzwerk stellt dazu seine kritische Stellungnahme der Öffentlichkeit vor.

  • Bevölkerungspolitische Querfront

    Von
    22. November 2019

    Es kann in diesen Zeiten nur bestürzen: Die entwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag Helin Evrim Sommer fällt in ihren aktuellen Interventionen zu „Afrikas Geburtenrate“ hinter alle Mindeststandards zurück, die nach Jahrzehnten antirassistischer Kritik wenn auch prekär im entwicklungspolitischen Mainstream angekommen sind.

  • Eugenik - Beständigkeit und Bruch

    GID-Ausgabe
    246
    vom
    August 2018

    Das Themenheft GID Spezial Nr. 2 „Eugenik - gestern und heute“ ist von 2001 - höchste Zeit, unsere Position zu aktualisieren!

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