Kurz notiert: Politik und Wirtschaft

Kaum private Investitionen in embryonale Stammzellen

In die Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen fließen bislang kaum private Mittel. Dies bestätigte die EU-Kommission auf Anfrage der grünen Europaabgeordneten Hiltrud Breyer. Allerdings sei dies vor allem mit den „langfristigen Verpflichtungen“ aufgrund des enormen Forschungsbedarfs und mit den „Unsicherheiten hinsichtlich der Vorschriften und der Patentgesetze“ zu erklären. Man könne daraus somit nicht auf mangelnde Erfolgsaussichten dieses Bereiches schließen, heißt es in dem Ende Juni verfassten Schreiben der Kommission. So käme es eher darauf an, „wie ausgereift ein bestimmtes Forschungsgebiet ist“. Aus dieser Sicht sei die Stammzellforschung insgesamt, vor allem aber die Forschung mit embryonalen Stammzellen, ein Gebiet mit großem „Entwicklungsbedarf“. Die Kommission gibt weiter an, dass ihr bezüglich der Privatinvestitionen in die Stammzellforschung „nur grobe Schätzungen für den gesamten Bereich“ vorliegen, „die nicht zwischen der Forschung und Entwicklung mit adulten und embryonalen Stammzellen unterscheiden“. Allerdings gehe daraus hervor, dass bislang hauptsächlich mit adulten Stammzellen und dies „überwiegend an Hochschulen und Stiftungen mit öffentlichen Geldern“ geforscht wird. Allerdings sei der Anteil der Forschung mit embryonalen Stammzellen in den letzten fünf Jahren deutlich gestiegen. (Schriftliche Anfrage E-1384/07 von Hiltrud Breyer an die Kommission; Antwort von Herrn Potocnik im Namen der Kommission, 26.06.07) (mf)

USA: mangelnde Kontrolle klinischer Studien

Die US-amerikanische Bundesbehörde Food and Drug Administration (FDA) ist vom Generalinspektor des Gesundheitsministeriums der USA, Daniel R. Levinson, für ihre Nachlässigkeit bei der Kontrolle klinischer Studien scharf kritisiert worden. Nach Einschätzung von Levinson ist in den USA die Sicherheit von Probanden, die sich für die Testung neuer Arzneimittel und Medizinprodukte zur Verfügung stellen, nicht ausreichend gewährleistet. Die Angestellten der FDA seien nicht einmal im Bilde, wie viele klinische Studien in den USA zum aktuellen Zeitpunkt durchgeführt würden, heißt es in dem Bericht. Nur in etwa einem Prozent der Fälle besuchten die FDA-Gutachter Einrichtungen, an denen klinische Studien durchgeführt werden, vor Ort – und selbst dann häufig erst, wenn die medizinischen Versuche bereits abgeschlossen seien, so Levinson weiter. Ernsthafte Probleme würden, wenn sie denn einmal erkannt werden, häufig in den Untersuchungsberichten der Gutachter heruntergespielt. Selbst in jenen seltenen Fällen, in denen infolge einer Inspektion bestimmte Auflagen für die Fortführung einer klinischen Studie verhängt worden seien, habe es keine erneuten Kontrollen gegeben, um deren Einhaltung zu überprüfen, kritisierte Levinson. Für problematisch befand der Bundesbeamte auch, dass die Kontrolle klinischer Studien nicht zentral geregelt ist: So ist die FDA zwar für alle Studien zuständig, die von Pharmafirmen im Rahmen eines Antrags auf Marktzulassung finanziert werden. Für Studien, die mit öffentlichen Geldern durchgeführt werden, ist aber das Office for Human Research Protection zuständig. Privat finanzierte Studien, welche nicht mit dem Ziel der Marktzulassung durchgeführt werden, unterliegen gar keiner staatlichen Aufsicht. (New York Times, 28.09.07) (mf)

Schavan will adulte Stammzellforschung förden

Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) will für die adulte Stammzellforschung in den nächsten drei Jahren zusätzlich fünf Millionen Euro für einen neuen Förderschwerpunkt bereitstellen. Gefördert werden sollen vor allem solche Forschungsansätze, welche Alternativen zur embryonalen Stammzellforschung eröffnen und diese ethisch umstrittenere Forschungsrichtung damit langfristig überflüssig machten. Die Stammzellforschung zeige für die Zukunft ein Potenzial zur Behandlung von bisher unheilbaren Krankheiten, heißt es zur Begründung. „Insbesondere die neuen Konzepte der Regenerativen Medizin bieten die Perspektive einer Beseitigung der Krankheitsursachen und damit eine echte Heilung - im Gegensatz zu bisherigen Therapien, die oft nur Krankheitssymptome lindern“, betonte Schavan. Zu den aktuellen Bestrebungen von Parlamentariern verschiedener Fraktionen, eine Verschiebung der geltenden Stichtagsregelung für die Forschung mit embryonalen Stammzellen zu erreichen, wollte sich die Forschungsministerin nicht äußern. In der Vergangenheit hatte sie solche Forderungen als ethisch vertretbaren Kompromiss bezeichnet. (PM BMBF, 10.09.07; Berliner Zeitung, 11.09.07) (mf)

Oberösterreich vor EuGH gescheitert

Oberösterreich darf den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen nicht per Gesetz verbieten. Das ist die Folge einer Urteilsverkündung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) am 13. September dieses Jahres. Das Gericht hatte über eine Revision einer eigenen Entscheidung in erster Instanz zu befinden. In der Sache geht es um das oberösterreichische Gesetz, mit dem der Anbau von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut verboten werden sollte. Dieses Gesetz war von der Europäischen Kommission nicht notifiziert worden, was wiederum von der Regierung von Oberösterreich nicht akzeptiert worden war. Zwischenzeitlich hatte diese ein anderes Gesetz, das so genannte Gentechnik-Vorsorgegesetz, erlassen, das die übliche Prüfung durch die EU-Kommission bereits erfolgreich durchlaufen hat. Das Gericht verwies insbesondere auf zwei Punkte, die in der Begründung des österreichischen Bundeslandes nicht (ausreichend) dokumentiert waren: Erstens sei nicht deutlich geworden, welche neuen Aspekte in der Bewertung von gentechnisch veränderten Pflanzen enthalten sind. Zudem seien auch regionale Aspekte, die ein Verbot der GVO nötig machen würden, nicht ausreichend beziehungsweise für das Gericht überzeugend dargelegt worden. Das Online-Portal des Beck-Verlages schreibt zum rechtlichen Hintergrund der Notifizierung: „Nach Artikel 95 Absatz 5 im EG-Vertrag muss jeder Mitgliedsstaat, der eine von den zum Zwecke der Harmonisierung erlassenen Vorschriften abweichende Regelung zum Schutz der Umwelt erlassen will, diese der Kommission unter Angabe der Gründe mitteilen.“ Demgegenüber erklärte der zuständige Landesrat Agrar in Oberösterreich, Josef Stockinger, dem Land sei „der geradlinige Weg der selbstständigen Entscheidung“ dem Bundesland verwehrt geblieben. (http://rsw.beck.de, 17.09.07; www.diepresse.com, 13.09.07) (pau)

Chimären-Entscheidung

Die britische Behörde Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) hat am 5. September eine prinzipielle Genehmigung erteilt, für Klonexperimente tierische Eizellen mit den Kernen menschlicher Zellen zu verschmelzen. Nach eingehender Prüfung habe sie „keine fundamentalen Gründe“ gefunden, solche Forschung zu verbieten, gab die HFEA bekannt. Allerdings handele es sich dabei um keinen Freibrief, sondern lediglich um eine grundsätzliche Anerkennung, dass die Herstellung solcher zytoplasmatischer Hybrid-Embryonen zu rechtfertigen sei, „wenn davon ein wissenschaftlicher und medizinischer Fortschritt erwartet werden kann“. Ob dies der Fall sei, müsse für jedes beantragte Experiment im Einzelnen entschieden werden. Grünes Licht hat die HFEA zwei Forschungsprojekten an der Universität Newcastle und am King’s College in London gegeben: Beide gaben die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer als Ziel ihrer Klonexperimente an. Da hierfür nicht genügend menschliche Eizellen zur Verfügung stehen, möchten die Wissenschaftler auf die Eizellen von Kühen zurückgreifen, die auf einfachem Wege im Schlachthof zu bekommen sind. Diese sollen entkernt und der Zellkern menschlicher Eizellen eingefügt werden. Die Forscher betonen, dass die Gene der auf diese Weise geklonten Embryonen zu 99,9 Prozent „menschlichen Ursprungs“ seien. Außerdem versichern sie, die Hybridembryonen bereits nach wenigen Tagen zu zerstören. Der Entscheidung der HFEA war eine dreimonatige Befragung der Bevölkerung mit öffentlichen Informationsveranstaltungen und Debatten vorausgegangen. Im Zuge dieser Debatten, so berichtet die britische Behörde, sei die Ablehnung gegen die Herstellung von zytoplasmatischen Hybrid-Embryonen gesunken. Letztendlich habe die Befragung ergeben, dass 61 Prozent der Befragten mit der Herstellung solcher Zell-Hybride einverstanden sind, wenn dies der medizinischen Forschung und damit dem Verständnis von Krankheiten dient. Auf stärkere Ablehnung stießen dagegen aus menschlichen und tierischen Keimzellen hergestellte Hybridwesen sowie Chimären, in denen menschliche und tierische Zellen gleichermaßen vorkommen. Ein Gesetzentwurf, der zumindest die Herstellung solcher Chimären erlaubt und damit noch über die Genehmigung der HFEA hinausgeht, wurde im Mai diesen Jahres von der britischen Regierung vorgelegt, hat allerdings bisher nicht das Parlament passiert. (www.hfea.gov.uk; PM HFEA, 05.09.07; Berliner Zeitung, 07.09.07; telepolis, 05.09.07; Süddeutsche Zeitung, 06.09.07) (mf)

Repromediziner zur HFEA-Entscheidung

Die Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (DGRM) hat die Entscheidung der HFEA, die Zeugung von „Tier-Mensch-Embryonen“ zu Forschungszwecken zuzulassen, offiziell begrüßt. Die Zeugung von „Hybriden“ sei eine „nicht nur medizinisch, sondern auch ethisch optimale Lösung“, um die ethischen Probleme der Eizellspende zu umgehen, heißt es in der Stellungnahme. Nebenbei fördere die Zeugung von Hybriden auch den „Embryonenschutz“. „Da sich Cybrids nicht zu menschlichen Wesen entwickeln können und bereits nach etwa zwei Wochen einfach absterben, wird also auch die Vernichtung lebensfähiger menschlicher Embryonen verhindert.“ Nebenbei wirbt die Gesellschaft für Reproduktionsmediziner unverhohlen für eine Gesetzesänderung in Deutschland und die Stammzellforschung, welche angeblich „große Erfolge bei der Behandlung von Erkrankungen wie Diabetes, Alzheimer oder Parkinson verspricht“. Was die Stellungnahme unerwähnt lässt: Nach Ansicht von Experten – wie dem nicht unbedingt für Vorbehalte gegen das Klonen bekannten in Spanien forschenden Miodrag Stojkovic – haben Stammzellen aus Hybriden therapeutisch keinen Nutzen. Noch kritischer äußerte sich beispielsweise der Münchner Klonforscher Eckart Wolf. Seiner Ansicht nach könnten Hybridzellen völlig anders reagieren als die von Kranken. Der britische Ansatz sei „nicht zeitgemäß“. Tiermodelle eigneten sich weitaus besser, um Krankheiten zu erforschen, sagte Wolf. (Stellungnahme der DGRM 11.09.07; Süddeutsche Zeitung, 06.09.07)

Australien: GVO-Moratorien unter Kontrolle

In drei australischen Bundesstaaten, New South Wales, South Australia und Victoria werden die seit 2003 beziehungsweise 2004 gültigen Moratorien gegen gentechnisch veränderten (gv) Pflanzen überprüft. Vor allem ökonomische Gründe, zum Beispiel die Sicherung des Zugangs zum europäischen Markt, und die Zweifel an der so genannten Koexistenz hatten zu den Verboten geführt. Ob diese Gründe noch gültig sind, soll mit dem Review-Prozess geprüft werden. Im Zentrum steht die Frage, ob in Zukunft gv-Raps zum Anbau freigegeben werden soll. Australien ist eines der größten Raps-Anbauländer der Welt. Das Australische Ministerium für Landwirtschaft hat im August einen Bericht vorgelegt, demzufolge eine Koexistenz zwischen gentechnisch veränderten und konventionellen Rapssorten möglich sei. Der Bericht kann von der Internetseite www.daff.gov.au/agriculture-food/biotechnology heruntergeladen werden. Demgegenüber verweisen die Befürworter der Moratorien, allen voran die biologisch wirtschaftenden Bauern (Biological Farmers Australia) auf die Situation in den USA und in Kanada, wo der Anbau von gentechnikfreiem Raps nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt möglich ist. Zudem wird kritisiert, dass die bei der Einrichtung der Moratorien aufgeworfenen Fragen zur Haftung, zu den Kosten der Trennung und der Marktfähigkeit der gentechnischen Produkte nicht in unabhängigen Untersuchungen geklärt wurden. (www.farmonline.com, 21.08.07; www.non-gm-farmers.com, 01.08.07; www.daff.gov.au/agriculture-food/biotechnology) (pau)

Deutscher Ethikrat: erste Nominierungen

Die Fraktion Die Linke hat Frank Emmrich vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig als Mitglied des Deutschen Ethikrats benannt. Emmrich steht für liberale Positionen und hatte in seiner schriftlichen Stellungnahme zur Stammzellanhörung des Forschungsausschusses die Änderung des Embryonenschutzgesetzes nach dem Vorbild Großbritanniens für noch „wünschenswerter“ als die Beseitigung der Stichtagsregelung bezeichnet. Petra Sitte, forschungspolitische Sprecherin der Linksfraktion erklärte, Herr Emmrich sei „hervorragend in der Lage (...) die widerstreitenden Auffassungen in der biopolitischen Debatte mitzudenken“. Laut Gesetz benennen Regierung und Parlament je 13 Experten für den Deutschen Ethikrat, der den am 6. September offiziell verabschiedeten Nationalen Ethikrat ersetzen soll. Dabei sollen die einzelnen Fraktionen je nach Abgeordnetenzahl „eigene“ Experten und Expertinnen benennen. (PM Petra Sitte, 24.09.07)(mf)

Position der Imker zur Grünen Gentechnik

Zum 100. Jubiläum des Deutschen Imkerbundes e.V. trafen sich Anfang Oktober rund 600 Imkerinnen und Imker in Frankfurt am Main. Zu diesem Anlass wurde ein gemeinsames Positionspapier zur Grünen Gentechnik vom 01. September 2007 einstimmig verabschiedet, worin verdeutlicht wird, dass die übergroße Mehrheit der Imkerinnen und Imker in Deutschland die Anwendung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) ablehne. Außerdem wird gefordert, vor dem Einsatz genveränderter Pflanzen in der Praxis zu gewährleisten, „dass für unsere Bienenvölker und den Menschen als Konsumenten der Bienenprodukte keine gesundheitlichen Risiken bestehen und den Imkern kein wirtschaftlicher Schaden entsteht“. 80 Prozent der Blütenpflanzen seien auf die Bestäubung der Honigbiene angewiesen, deshalb stelle der Rückgang von Bienenvölkern durch Einsatz von GVO auch eine Gefahr für den Erhalt der Natur dar. Der Präsident des Verbandes, Anton Reck, will auch mit anderen Interessensverbänden die Bedeutung der Bienenhaltung in der Öffentlichkeit weiter bewusst machen. (www.deutscherimkerbund.de, 08.10.07) (nb)

Stammzellgesetz: SPD-Politiker für Liberalisierung

Die SPD-Bundestagsabgeordneten René Röspel und Jörg Tauss haben eine Initiative für eine einmalige Verschiebung der für deutsche Stammzellenforscher geltenden Stichtagsregelung gestartet. Nach dem Stammzellgesetz dürfen die Wissenschaftler nur mit Stammzellen arbeiten, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden. Röspel und Tauss schlagen vor, dieser Stichtag solle auf Mai 2007 verschoben werden. Auf diese Weise, so Röspel gegenüber der Frankfurter Rundschau, solle eine erneute Grundsatzdebatte über die Stammzellforschung und das Embryonenschutzgesetz in Deutschland vermieden werden. Aus der Sicht des Biologen sprechen wissenschaftlich gesehen vor allem qualitative Gründe für eine solche Lösung: So standen Anfang 2002, zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Stammzellgesetzes, noch rund 80 Stammzelllinien zur Verfügung, heute können die deutschen Wissenschaftler nur noch auf 20 Linien zugreifen. Darin sieht Röspel eine unzulässige Behinderung der Grundlagenforschung. Gleichzeitig sprach er sich – für die Verfolgung therapeutischer Ziele – für eine stärkere Förderung der adulten Stammzellforschung aus. (Frankfurter Rundschau, 11.09.07; netzeitung, 22.09.07) (mf)

Frankreich ohne GVO?

Die französische Regierung unter dem neuen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy hat eine Umkehr der Agrarpolitik angekündigt. Demzufolge wolle sich das Land an die Spitze einer Bewegung zur Bekämpfung des Klimawandels stellen. Dabei sollen möglichst naturnah hergestellte Lebensmittel helfen. Die Anbauflächen für den biologischen Anbau sollen in den nächsten Jahren verdreifacht werden, das heißt sie sollen bis zum Jahr 2010 auf einen Anteil von zehn Prozent steigen. Der Einsatz von Pestiziden soll eingeschränkt werden. Die Entscheidung, ob gentechnisch veränderte Pflanzen im Rahmen von „Grenelle Environnement“ - einer unlängst etablierten Diskussion-Plattform über die Zukunft der Agrarpolitik - empfohlen werden, oder ihrer Verwendung eine Absage erteilt wird, ist vertagt worden. Die Pflanzenzucht-Unternehmen hatten im Falle einer solchen Entscheidung ihre Absage an der Diskussion angekündigt. In welche Richtung diese Frage entschieden werden wird, ist nicht sicher absehbar. Hatte der neue Umweltminister, Jean-Louis Borloo, hoffen lassen, dass Frankreich in Zukunft restriktiver gegen gv-Pflanzen vorgehen werde, scheint sich der Präsident noch nicht entschieden zu haben. In einer Rede, gehalten am 11. September dieses Jahres in Rennes, sagte er etwas kryptisch eine „wesentliche Komponente für die Weiterentwicklung unserer Landwirtschaft ist schließlich die öffentliche Biotechnologie-Forschung“, konkretisierte dies jedoch dann mit Beispielen aus der Pharmazie. (www.agrigate.ch, 05.10.07) (pau)

Aufruf Stammzellforschung

Im Hinblick auf die bevorstehende Debatte über das Stammzellgesetz (StzG) haben 14 Initiativen, Arbeitsgruppen und Organisationen aus ganz Deutschland die Mitglieder des Deutschen Bundestages dazu aufgerufen, sich gegen eine Verschiebung des Stichtags auszusprechen. Die Unterzeichner, zu denen neben der Tübinger Initiative gegen die Bioethikkonvention und diversen anderen Organisationen und Einzelpersonen auch das Gen-ethische Netzwerk gehört, plädieren außerdem dafür, die öffentliche Förderung der Stammzellforschung in Deutschland verstärkt der Forschung an adulten Stammzellen zugute kommen zu lassen. Zur Begründung heißt es: „Derzeit gibt es weder eine auf hES basierte Therapie noch eine erste klinische Studie am Menschen. Ob es therapeutische Erfolge im Tierversuch gibt, ist umstritten." Die Unterzeichner fürchten weiterhin, eine Verschiebung der Stichtagsregelung würde nach der „Schritt-für-Schritt-Strategie“ zu weiteren Verschiebungen und schließlich zur Infragestellung des Embryonenschutzgesetzes führen. Sie fordern daher die Mitglieder des Bundestages auf, "sich nicht eine neue Debatte über die Stichtagsfrage aufdrängen zu lassen, sondern eine politische Grundsatzdebatte über die längst überfällige Frage zu erzwingen, ob wir weiterhin auf hES-basierte Therapien in einer ungewissen Zukunft warten sollen, statt sich sofort auf etablierte Alternativen zu konzentrieren." (www.stammzellen-debatte.de/aufruf-mdb-stammzellengesetz-12-09-07.pdf)(mf)

Bundesrat zum Gentechnikgesetz

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. September dieses Jahres seine Stellungnahme zum aktuellen Verfahren zur Änderung des Gentechnikgesetzes - dem so genannten „Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes“ abgegeben. Darin werden verschiedene Änderungswünsche formuliert, die bereits in den vergangenen Jahren Teil der Diskussion zum neuen Gesetz waren, aber letztendlich nicht Teil des im Sommer von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfes geworden sind. Zum Beispiel spricht sich der Bundesrat gegen eine Beibehaltung des Standortregisters in seiner jetzigen Form aus. Vielmehr soll nicht das genaue Flurstück einer Anbaufläche von gentechnisch veränderten Pflanzen im öffentlichen Teil des Registers erkennbar sein, sondern nur die Gemarkung, in der diese Fläche liegt. Zudem mahnt der Bundesrat, dass in der Meldung einer Fläche für den geplanten Anbau auch geeignetes Kartenmaterial beigebracht werden soll, was dann auch den Länderbehörden erlauben soll, „die Angaben im Register in Beziehung zu naturschutzrelevanten Flächen zu setzen“. Ein weiterer Änderungsvorschlag des Bundesrates betrifft die Haftung. Nach dem Willen der Länderkammer soll das Wort „insbesondere“ aus dem Artikel 36 a des Gentechnikgesetzes gestrichen werden. Dies würde die dort genannte Liste von möglichen Schadensfällen abschließen, das heißt es wären nur die dort aufgezählten Fälle vom Gesetz gedeckt. Das „insbesondere“ lässt es zumindest theoretisch offen, ob weitere Fälle später - zum Beispiel durch Entscheidungen von Gerichten - hinzukommen können. In Bezug auf die Anwendung der Gentechnik in geschlossenen Systemen, das heißt in Laboren oder Gewächshäusern, schlägt der Bundesrat vor, die von der Bundesregierung vorgeschlagenen - vermeintlichen - Erleichterungen bei der Anmeldung beziehungsweise Anzeige neuer gentechnischer Anlagen nicht in der geplanten Art umzusetzen. Insgesamt werden mehr als 20 Vorschläge für Änderungen gemacht. Das Gesetz ist nicht abhängig von der Zustimmung des Bundesrates, doch ist es zu erwarten, dass die Bundesregierung zumindest in Teilen auf die Vorschläge eingeht. Dies liegt an der ebenfalls im Moment diskutierten so genannten Guten fachlichen Praxis für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Diese wurde wie das Gesetz vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgelegt, muss aber nur vom Bundesrat und nicht vom Bundestag abgestimmt werden. Es ergibt sich also eine Verhandlungsmasse zwischen den beiden Rechtsakten. Über den Entwurf für diese Gute fachliche Praxis hat der Bundesrat aber bisher nicht beraten. Siehe dazu auch die Artikel „Recht für die Gentechnik“ im GID 179, Dezember 2006/Januar 2007 und „Gentechnikgesetz-Novelle“ im GID 183, August 2007. (Bundesrats-Drucksache 535/07, 21.09.07) (pau)

Steiermark: Gentechnik-Gesetz von der EU notifiziert

Nach Auskunft des Biolandbau-Verbandes Bio-Austria hat die Kommission der Europäischen Union dass so genannte Gentechnik Vorsorge Gesetz des österreichischen Bundeslandes Steiermark notifiziert. Demnach ist das Gesetz jetzt rechtsgültig. Das steiermärkische Gesetz gilt als eines der strengsten in Europa. Dem Gesetz zufolge gilt als Verunreinigung „die Ausbreitung von GVO in einem Ausmaß, das über dem Schwellenwert von 0,1 Prozent liegt”. Demgegenüber orientiert sich das deutsche Gentechnikgesetz an der Kennzeichnungsgrenze von 0,9 Prozent, wie sie sich aus der europäischen Verordnung für gentechnisch veränderte Nahrungs- und Futtermittel (2003/1829/EC) ergibt. Für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ist eine Bewilligung des Landes notwendig. Ein datenbankgestütztes Internetportal wird eingerichtet, in dem Gemeinde, GVO und die Größe der geplanten Anbaufläche eingetragen und öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. Weitere Daten - unter anderem zum Bewirtschafter der Flächen - werden in einem nicht öffentlichen Teil des so genannten Steiermärkischen Gentechnikbuches gesammelt. Entsprechend der EU-Rechtssetzung müssen die Gesetzesvorhaben der Mitgliedsstaaten auf Konformität mit den EU-Beschlüssen geprüft werden. In Österreich wird die Gentechnikgesetzgebung der EU - anders als zum Beispiel in Deutschland - nicht auf der Ebene des Nationalstaates in Landesrecht überführt. Das Steiermärkische Gentechnik Vorsorge-Gesetz findet sich im Internet unter: www.gmofreeregions.org/fileadmin/files/austria_steiermark_gesetz_2006.p…. (pau)

Bioterrorismus

Die Europäische Kommission hat ein „Grünbuch über die Biogefahrenabwehr“ erstellt. Wie der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) berichtet, soll es dem Grünbuch entsprechend nicht neue Gesetz geben. Vielmehr sei es das Ziel, „bestehende rechtliche Regelungen um sinnvolle Maßnahmen zur Sicherheit und Vorsorge gegen derartige Straftaten und Unfälle zu erweitern“. Auf EU-Ebene und in den Mitgliedsstaaten gebe es zudem bereits Pläne und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Zudem werden Aufklärungskampagnen, spezifische Finanzhilfeprogramme und die Entwicklung angemessener Sicherheitsstandards empfohlen. Letzteres beispielsweise mit Hilfe eines „Europäischen Bionetzwerkes“. Wie bei der Europäischen Kommission zu lesen ist, wird der Begriff „Biogefahrenabwehr im weiteren Sinne verwendet und schließt sämtliche Aspekte wie die Vorsorge, den Schutz, die strafrechtliche Verfolgung von Straftätern und Terroristen, die Überwachung, die Reaktion und die Wiederherstellung ein. Des Weiteren fallen darunter alle Maßnahmen zur Minimierung der Gefahr einer vorsätzlichen Kontaminierung von Nahrungsmitteln durch biologische Arbeitsstoffe sowie zum Schutz vor biologischer Kriegsführung“. Darunter werde die vorsätzliche Verwendung von aus lebenden Organismen stammenden Mikroorganismen oder Giftstoffen zwecks Herbeiführung des Todes oder des Krankheitsbefalls von Menschen, Tieren oder Pflanzen verstanden wird.“ Die am Konsultationsprozess zum nun vorliegenden Grünbuch beteiligte Arbeitsgruppe Biotechnologie des VDI sieht einen Bedarf an geeigneten Einrichtungen, die über biologische Stoffe hinausgehend vor allem sicherheitstechnisch auch auf explosive, chemische oder radioaktive Kampfmittel vorbereitet sind. Das Grünbuch kann aus dem Internet von den Seiten der Europäischen Kommission heruntergeladen werden. (www.vdi.de, 10.10.07) (nb)

Frankreich: Gentests für Zuwanderer

Der franzäsische Senat hat beschlossen, künftig DNA-Tests einzusetzen, um die Verwandtschaft von Einwandern und nachziehenden Angehörigen zu überprüfen. Allerdings sollen diese Tests nicht verpflichtend sein und vom Staat bezahlt werden. Die Maßnahme ist Teil eines neue Pakets des französischen Innenministeriums, um die Einwanderung drastisch zu begrenzen. (Ärzte Zeitung, 5.10.07)(mf)

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
184
vom Oktober 2007
Seite 46 - 49

GID-Redaktion

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