In Bewegung
Offensive gegen vorgeburtliche Bluttests auf Trisomien
Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis hat sich in einem Offenen Brief an den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Prof. Josef Hecken gewandt. Die Forderung: Den Beschluss über die Kassenzulassung des vorgeburtlichen Bluttests auf die Trisomien 13, 18 und 21 zurückstellen. Die Unterzeichner*innen wiesen zum einen auf konkrete Widersprüche im Zulassungsverfahren des Nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) als Kassenleistung hin und forderten zum anderen Zeit für eine breite politische Diskussion über die ethischen und gesellschaftlichen Fragen einer Kassenfinanzierung des genetischen Bluttests. Diese wurden bisher unzureichend diskutiert. Politische Entscheidungen fehlen.
Nachdem seit Jahren die zivilgesellschaftliche Kritik an einem vorgeburtlichen Screening nach genetischen Besonderheiten des Fötus von Entscheidungsträger*innen kaum beachtet wurde, gründeten nun einige Kritiker*innen, darunter auch das Gen-ethische Netzwerk, das #NoNIPT-Bündnis gegen die Kassenfinanzierung des Bluttests auf Trisomien. Die konkreten Kritikpunkte und Forderungen des Bündnisses, Hintergrundinformationen sowie Neuigkeiten zum Thema sind ab sofort auf der #NoNIPT-Homepage zu finden. Neue Unterstützer*innen und Bündnispartner*innen sind willkommen.
Anlässlich des Europäischen Protesttags zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung startete das Bündnis die Aktion „100 Stimmen für #NoNIPT“, um erneut öffentlich Kritik zu üben und die Politik zum Handeln aufzufordern.
➤ www.nonipt.de
➤ Siehe auch „NIPT: Erneutes Stellungnahmeverfahren“.
Wilhelm Tell und Chüngelbrünnler zu Gast in Basel
„Analog trifft digital“ – „Alte Sorten, neue Ideen“ das war das Konzept für die Saatgutausstellung in Basel, die nach vier Wochen am 13. Mai zu Ende ging. Biorespect und die Public Eye Regionalgruppe Basel haben das Thema Saatgut in einer attraktiven Ausstellungsform präsentiert: Der öffentliche Raum wurde zum Ausstellungsraum. Auf einem Rundgang durch die Basler Innenstadt konnten sich die Besucher*innen über Plakate an Kultursäulen über wichtige Fragen rund um unser Saatgut informieren: Von den Anfängen bis zur industriellen Landwirtschaft heute, vom Zugriff der Agro-Multis auf den Saatgutmarkt bis hin zur Bedeutung der lokalen Saatgutzucht und dem freien Zugang zu Saatgut.
Alte Schweizer Sorten, wie Popeliweizen oder die Gelbe von Thun wurden vorgestellt. Via QR-Codes konnten sich Interessierte auf der neu gestalteten Website Hintergrundwissen abholen. Entlang der Strecke gab es auch kleine Überraschungen in einigen Läden abzuholen, wie Saatgut von alten Maissorten oder Maischips der Schweizer Mais-Spezialität Ribelmais. Flankiert wurde die Ausstellung von einem interessanten Rahmenprogramm. Ein spannendes Ausstellungskonzept mit dem es gelang, das wichtige Thema Saatgut wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
➤ Details und Downloads gibt es weiterhin unter: www.saatgutausstellung-basel.ch
Gemüse fürchtet sich vor Patenten
Am 11. März fand in Berlin die Übergabe des aktuellen Berichts von Keine Patente auf Saatgut! zu Patentanträgen auf konventionell gezüchtete Pflanzen an das Bundesministerium für Justiz statt. Das Gen-ethische Netzwerk (GeN) war ebenfalls vor Ort dabei und forderte zusammen mit dem „Jammergemüse“ (lebensgroße Tomaten- und Brokkoli-Figuren mit Gesichtern à la „der Schrei“ von Edward Munch) und Aktiv*innen von AbL und BUND die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht auf, Maßnahmen gegen die eigentlich verbotene Patentierung von Pflanzen und Tieren aus herkömmlichen Züchtungsverfahren zu ergreifen, wie dies im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. Passend zur zögerlichen Linie, die das Justizministerium in dieser Angelegenheit verfolgt, fand sich trotz Einladung zum Fototermin leider kein*e Verantwortliche*r um den Bericht persönlich entgegenzunehmen.
Elf Tage später stand das Jammergemüse schon bei der nächsten Übergabe vor dem Europäischen Patentamt (EPA) in München. Dort übergaben Aktive des Umweltinstituts München, des BUND Naturschutz in Bayern und von WeMove Europe die ersten 180.000 Unterschriften der aktuellen Keine Patente auf Saatgut!-Petition „Schluss mit Patent-Monopolen auf Saatgut!“. Einen Tag vor der Sitzung des Verwaltungsrats des EPA wurde damit der Forderung an die Entscheidungsträger*innen nach einem klaren Verbot dieser Patente erneut Nachdruck verliehen. Bis zur nächsten Verwaltungsratssitzung Ende Juni sammelt das GeN weiterhin Unterschriften, damit die rechtlichen Schlupflöcher endlich geschlossen werden.
➤ Petition: www.kurzelinks.de/gid257-mn
Keine Entrechtung von Konzernkritiker*innen!
Die diesjährige Hauptversammlung des Chemiekonzerns Bayer Monsanto hat am 27. April stattgefunden. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie finden Hauptversammlungen teilweise oder vollständig digital statt. Aber Bayer schränkt bei digitalen Hauptversammlungen die Rechte von Kleinaktionär*innen und Kritiker*innen massiv ein. Eine unabhängige Konzernkritik, welche die Stimmen und Interessen von Betroffenen und der Zivilgesellschaft in den Vordergrund stellt, ist jedoch aktuell wichtiger denn je. Ohne die Möglichkeit einer Meinungsbildung und Auseinandersetzung mit den Argumenten und der Präsenz von Kritiker*innen droht die Hauptversammlung zu einer weiteren „Roadshow“, einer Werbeveranstaltung des Vorstands, zu werden und letztendlich an Bedeutung zu verlieren. Daher hat das Gen-ethische Netzwerk gemeinsam mit dem Dachverband der kritischen Aktionär*innen und der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) einen Aufruf unterzeichnet. Gefordert wird unter anderem die Achtung der Souveränität der Aktionär*innen auch unter Pandemie-Bedingungen. Zudem soll es keine Einschränkung der Beteiligungsmöglichkeiten von Kleinaktionär*innen und Konzernkritiker*innen unter Achtung angemessener Maßnahmen des Infektionsschutzes geben, sowie ein volles, übertragbares Rederecht für Aktionär*innen.
➤ Aufruf: www.kurzelinks.de/gid257-jb
#ZeroCovid: Frauen* fordern einen harten Lockdown!
Die Menschen sind unterschiedlich stark von den Folgen der aktuellen Pandemie und den gegensteuernden Maßnahmen betroffen. Vor allem Frauen* müssen die Lasten der Krise tragen: Sie arbeiten verstärkt in medizinisch-pflegerischen und erzieherischen Berufen, stellen öfter ihre Karrierepläne während Schul- und Kita-Schließungen zu Gunsten der Kinderbetreuung zurück und sind häufiger sexualisierter Gewalt in der eigenen Wohnung ausgesetzt. Da ein Ende dieser Situation bitter nötig ist, unterstützt das Gen-ethische Netzwerk den zivilgesellschaftlichen Aufruf #ZeroCovid.
Das gerade im wirtschaftlichen Sektor zögerliche Handeln der Politik produzierte einen halbherzigen, föderalen Flickenteppich, der das Stop-and-go belastender Maßnahmen weiter in die Länge zieht und kürzlich in einer Neuerung des Infektionsschutzgesetzes gipfelte. Dabei forderten Wissenschaftler*innen schon im Dezember, die Inzidenz durch ein frühes und europaweit koordiniertes Eingreifen möglichst gering zu halten, um Ausbrüche erfolgreich ersticken und weitere Kollateralschäden vermeiden zu können. #ZeroCovid fordert einen schnellen, harten und vor allem solidarischen Lockdown, um die 7-Tage-Inzidenz zunächst unter 10 und mit vorsichtigen Lockerungen weiter gegen 0 zu treiben. Das gesundheitliche und psychosoziale Wohl der Menschen stünde dabei – wie ihre Selbstbeteiligung und Mitbestimmung – im Vordergrund, sodass die Öffnung nicht lebensnotwendiger Wirtschaftsbereiche einen letzten Schritt markieren würde. Seit einigen Wochen zählt #ZeroCovid über 100.000 Unterzeichner*innen.
➤ Online: www.kurzelinks.de/gid257-t und www.zero-covid.org/positionspapiere
GID-Redaktion
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