Rezension
Eine Reise zu den Quellen von Reichtum und Ungleichheit
Wodurch entsteht Kapital? Welche verschiedenen Formen kann es annehmen und welche rechtlichen Mechanismen sind für dessen kontinuierliche Vermehrung eigentlich verantwortlich? In ihrem Buch „Der Code des Kapitals“ beschreibt die Juraprofessorin und Finanzmarktexpertin Katharina Pistor, wie durch die Institutionen des Privatrechts und die Rechtssysteme der Staaten die entscheidenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Grund und Boden, Unternehmen, Schulden und geistiges Eigentum auf erfinderische Weise in sicheres Kapital zu verwandeln. Neben der Rolle der Anwält*innen als „Herren des Codes“ werden Handelsabkommen wie TTIP und CETA, aber auch das im Zusammenhang mit der Patentierung der Corona-Impfstoffe aktuell kontrovers diskutierte TRIPS-Abkommen, und deren Einfluss auf den globalen Kapitalismus genauer beleuchtet. Ebenso die schleichenden Auswüchse des digitalen Zeitalters wie die Blockchain-Technologie und Kryptowährungen. Der juristischen Einhegung des Codes der Natur zu dessen wirtschaftlicher Verwertung – in Form von Patenten auf Gensequenzen – wird ebenfalls ein eigenes Kapitel gewidmet. Es wird gezeigt, dass die Patent-Monopole ausschließlich der kommerziellen Nutzung durch Kapitalgesellschaften dienen, und somit der aus Wirtschaftskreisen oft zitierte Mythos, dass Kreativitäts- und Innovationsschübe nur durch Patente und andere geistige Eigentumsrechte erfolgen würden, demaskiert. Die laissez-faire Haltung der Staaten begünstigt dabei die Kontrolle durch die Patentanwält*innen der Großkonzerne und Patentämter, weshalb die Autorin befürchtet, dass wir Gefahr laufen, den Zugang zu persönlichen Daten und zum Code der Natur zu verlieren.
➤ Katharina Pistor (2020): Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft. Berlin: Suhrkamp Verlag, 440 Seiten, 32,- Euro, ISBN: 978-3-51858-760-7.
Matthias Juhas ist Redakteur des GID und Mitarbeiter im GeN.
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