Bewegung

Proteste zur Bayer Aktionär*innenversammlung 2022

Es wäre dieses Jahr wieder möglich gewesen: Eine Aktionär*innenversammlung in Präsenz. Stattdessen hat Bayer sich ins Internet geflüchtet und die diesjährige Aktionärsversammlung fand wieder virtuell und hinter verschlossener Tür statt. Den zivilgesellschaftlichen Druck konnte dies jedoch nicht mindern: Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen, u.a. Fridays For Future Leverkusen, Attac und den Red Rebels Köln, war auch das Gen-ethische Netzwerk auf der von der Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) organisierten Demonstration und Kundgebung vertreten. Gemeinsam wurden die verheerenden Folgen aufgezeigt, die die Produktion und der Einsatz von Glyphosat für Mensch, Umwelt und Klima haben.

Der Demonstrationszug startete am Friedrich-Ebert-Platz im Zentrum Leverkusens und endete am Chempark vor dem Hauptsitz des Bayer-Konzerns. In den zahlreichen Redebeiträgen ging es vor allem um die Auswirkungen der von Bayer produzierten gefährlichen Pestizide wie Glyphosat, denn für Bayer ist 2022 ein wichtiges Jahr, in dem eine Verlängerung der EU-Zulassung des Pestizids beschlossen werden soll. Doch die Proteste reichten auch über die Grenzen des Chemparks in Leverkusen hinaus: In einem Livestream wurden die Redebeiträge sowie einige Interviews übertragen und konnten dort mitverfolgt werden.
Schon am Vorabend der Aktionär*innenversammlung berichtete die brasilianische Professorin Larissa Bombardi von der Universität Sao Paulo im Allerweltshaus e.V. in Köln von ihrer Forschung zu den Folgen des Pestizideinsatzes in Brasilien und den damit verbundenen Handelsabkommen zwischen dem lateinamerikanischen Mercosur und der EU. Aufgrund der Repressionen im Zusammenhang mit ihrer Arbeit lebt sie aktuell im Exil.

Auch auf der Aktionär*innenversammlung selbst musste sich der Bayer-Vorstand mit den kritischen Fragen aus der Zivilgesellschaft beschäftigen. Diese Fragen haben die Hauptversammlung dominiert, berichtet die CBG. Auch das GeN reichte einige Fragen ein, gemeinsam mit dem BUND, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut). Fast die Hälfte der Fragen sei von Kritiker*innen eingereicht worden, insgesamt 257 von 665. Die Einreichung der kritischen Fragen war damit doppelt so hoch wie in den letzten Jahren. Bayer hat deren Beantwortung jedoch mit Bedacht ans Ende des Tages geschoben, um dann nach zehn Minuten bekannt zu geben, dass keine Nachfragen mehr möglich seien. Die CBG berichtet weiter, dass die Gehaltsvorstellungen des Bayer-Vorstands mit 75 Prozent der Stimmen abgelehnt worden seien. Auch bei der Entlastung der Vorstände habe es schlechtere Ergebnisse als in den vergangenen Jahren gegeben, ca. 20 Prozent stimmten gegen die Entlastung. Die Proteste endeten mit einer Auswertung der Aktionär*innenversammlung durch CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann und CBG-Vorstand Jan Pehrke, welche in einem Livestream über Facebook und YouTube mitverfolgt werden konnte. (pv)

www.cbgnetwork.org und Friends of the Earth Europe Lobby Bericht: www.friendsoftheearth.eu/publication/toxictrading

Designer Babys stoppen!

Am 9. März 2022 veranstaltete das internationale Bündnis Stop Designer Babies! (SDB) eine Online-„Mini-Konferenz“ um auf Gefahren von Genome Editing auf der Keimbahnebene aufmerksam zu machen. Organisiert wurde die Veranstaltung von SDB zusammen mit dem Gen-ethischen Netzwerk, der Alliance for Humane Biotechnology (USA) und GeneEthics (Australien). Nach der Vermittlung von Grundwissen zu vererbbarem Genome Editing wurde aus feministischer und dekolonialer Perspektive sowie mit Argumenten der Behindertenrechts-, und Umwelt-Bewegungen dargestellt, warum Keimbahnveränderungen verhindert werden müssen. Die Beiträge kamen von der Aktivistin Vandana Shiva, der Ethikerin Donna Dickenson, der Historikerin Tina Stevens, Taleo Stüwe vom GeN, sowie anderen Expert*innen. Die Konferenz sollte besonders soziale Bewegungen für das Thema sensibilisieren, denn sowohl die Forschung als auch die ethische Debatte schreiten weiter fort Richtung klinischer Studien. In Großbritannien wird bereits überlegt die entsprechenden Gesetze aufzulockern. Das internationale Bündnis versucht weiterhin die Forderung nach einem globalen Verbot von Keimbahnveränderungen und Klonen durchzusetzen. (lp)

➤ Weitere Infos und Videos der Veranstaltung unter www.stopdesignerbabies.org

„Stippvisite in die Gender-Medizin“

Am letzten Januarwochenende 2022 richtete das Hamburger Produktionshaus Kampnagel die Programmreihe „Gender Medizin“ aus. An drei Tagen fanden tagsüber feministische Vorträge und Diskussionen über die Rolle von Geschlecht und Gender in Medizin, Gesundheit und Care statt. Abends wurden die Bühnen von internationalen Künstler*innen mit thematisch passenden Performances bespielt. Das Nebeneinander künstlerischer und theoretischer Perspektiven und Fragen rund um Gender und Gesundheit bot vielfältige Zugänge und Denkanstöße für die Teilnehmenden – sowohl vor Ort auf Kampnagel als auch via Zoom von Zuhause aus. Die interessant besetzen und sehr informativen Panels zu Rassismus in der Medizin, Reproduktiver Gerechtigkeit (Keynote von Loretta Ross zum Konzept Reproductive Justice auf Englisch) und Gender-Medizin können nachgehört / -gesehen werden. Den Abschluss des Wochenendes bildete ein politischer Open Space: Unter dem Titel „We need a revolution, baby“ tauschten sich zahlreiche medizin-aktivistische Initiativen, darunter auch das GeN, über ihre Arbeit aus. Gerade in Zeiten der Vereinzelung in Folge der Pandemieauswirkungen, eine höchst willkommene Gelegenheit zum Kontakte knüpfen und Kooperationen planen – für mehr intersektionalen Feminismus in Medizin und Gesellschaft. (ts)

www.kampnagel.de/de/programmreihe/gender-medizin/?programmreihe=79


Gentechnik im Kleiderschrank

Das GeN setzt seine Kampagne zu gentechnisch veränderter (gv) Baumwolle fort: Am 26. April hielt GeN-Mitarbeiterin Judith Düesberg einen öffentlichen Online-Vortrag zum Thema und stellte die bisher entstandenen Materialien, wie die Informationsbroschüre, den GiD-Schwerpunkt und die Podcastfolgen vor. Diese beschäftigen sich mit den lokalen und globalen Auswirkungen von gv-Baumwolle und befassen sich mit Fragen wie: Was sind die wirtschaftlichen und politischen Gründe für die Dominanz von gv-Baumwolle auf dem Weltmarkt? Was sind die Auswirkungen des Anbaus von gv-Baumwolle auf Mensch und Umwelt? Welche Alternativen bleiben mir als Konsument*in, wenn ich diese Technologie nicht unterstützen möchte? Eine überschaubare Anzahl von Interessierten aus verschiedenen Fachbereichen und mit unterschiedlichen Hintergründen nahm an der Veranstaltung teil. Gemeinsam konnten Ideen gesammelt werden, wie dieses wichtige Thema weiterverbreitet und neue Netzwerke geschaffen werden können. Haben auch Sie Ideen? Dann schreiben Sie uns, wir freuen uns, das Thema gemeinsam stark zu machen. (jd)

➤ Kostenlose Broschüre: www.kurzelinks.de/gid261-je

Zum „Wissens-Wert“ vorgeburtlicher Suchtests

Anlässlich der beschlossenen Kassenfinanzierung des Nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) auf Trisomien veranstaltete der Deutsche Ethikrat im Februar 2022 ein digitales Forum Bioethik „zum verantwortlichen Umgang“ mit diesen vorgeburtlichen Gentests. Vor ca. 2.000 Zuschauer*innen fanden im ersten Teil der Veranstaltung spannende Impulsvorträge zum medizinischen Sachstand, zu ethischen Diskursen und zu sozialwissenschaftlichen Perspektiven statt. Im zweiten Teil berichteten Sachverständige und Betroffene von ihren Erfahrungen und diskutierten bestehende Probleme sowie Verbesserungspotenziale. Neben Fachexpert*innen aus der Gynäkologie und Pränataldiagnostik waren auch die Perspektiven der psychosozialen Schwangerschaftsberatung, der Peer-to-Peer-Beratung sowie der Behindertenbewegung und der Disability Studies vertreten. Die Antworten auf die zahlreichen Fragen der Moderator*innen und des Publikums verdeutlichten eindrücklich: Alle anwesenden Expert*innen stehen der Kassenfinanzierung des NIPT kritisch gegenüber. Eine umfassende politische Auseinandersetzung mit der Thematik ist dringend angezeigt! (ts)

➤ Tagungsmappe, Videoaufzeichnung und Transkription unter www.ethikrat.org/forum-bioethik

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
261
vom Mai 2022
Seite 4 - 5

GID-Redaktion

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