In Bewegung

Die Neue Gesundheitsbewegung

Bereits zum zweiten Mal lud die Projektgruppe „Die Neue Gesundheitsbewegung“ zu einer Veranstaltung – am 19.3.23 in die internationale Kulturfabrik Kampnagel in Hamburg. Der Fokus lag auf den Forderungen von Aktiven aus selbstorganisierten Initiativen. So diskutierten die Moderator*innen Inga Zimprich (Feministische Gesundheitsrecherchegruppe) und Svetlana Kostić (Romani Phen) mit Vertreter*innen der Initiativen Fragen wie „Welche Forderungen an das deutsche Gesundheitssystem habt ihr?“, „Wessen Anliegen und Perspektiven werden nicht ausreichend berücksichtigt?“ und „Was muss sich im Gesundheitssystem grundlegend verändern?“. Und dazu hatten die Panelist*innen Grace Ngángá und Carlonia Gachie (Women in Exile), Tzoa (Casa Kuá), Stefanie Wiens (Platz da!), Die Minga (Bundesfachnetz Gesundheit und Rassismus) und Isidora Randjelović (Romani Phen) eine ganze Menge zu sagen. Sie gewährten Einblicke in ihre Arbeit und die Bedarfe ihrer Nutzer*innen, berichteten von Diskriminierungen und Barrieren im deutschen Gesundheitssystem und setzten diesen immer wieder communitybasierte Ansätze entgegen. Insgesamt wurde deutlich: momentan gleichen engagierte Aktive größtenteils ehrenamtlich die Defizite der öffentlichen Gesundheitsversorgung aus, die insbesondere marginalisierten Personen so häufig nicht gerecht wird. Diese Arbeit leisten häufig genau jene Menschen, die selbst von vielfältigen Diskriminierungen in Alltag und medizinischer Versorgung betroffen sind. (jl)

 

Wie wir wollen – Filmvorführung und Diskussion

In Kooperation mit der B-Lage Neukölln und dem Filmkollektiv Kinokas zeigte das Gen-ethische Netzwerk (GeN) Ende Februar den Dokumentarfilm „Wie wir wollen – Reproduktive Rechte und Gerechtigkeit in Zeiten der Paragraphen 218 und 219a“. Der Film widmet sich in Interviews der rechtlichen und praktischen Situation rund um ungewollte Schwangerschaften in Deutschland. Zu Wort kommen neben Ärzt*innen vor allem Betroffene, die eine Schwangerschaft abgebrochen haben. Aus diesem Mosaik ergibt sich ein multiperspektivischer Blick auf die Frage von Entscheidungsfreiheit in einer von Rassismus, Heteronormativität, Kapitalismus und Behindertenfeindlichkeit geprägten Welt. Im Anschluss an den Film diskutierte Geraldine Mormin per Videoschalte mit Sara Dutch vom Kollektiv Kinokas – vor allem gab es zahlreiche Fragen aus dem Publikum: von der rechtlichen Situation von Ärzt*innen bis hin zur Entstehungsgeschichte des Films. Abgerundet wurde der Abend durch Beiträge von Taleo Stüwe vom GeN und zwei Aktivist*innen des Berliner „What the Fuck?!“-Bündnisses, die von ihrer Arbeit berichteten. Gekommen waren vor allem junge Leute, die wissen wollten, wie sie sich rund um die Themen Schwangerschaftsabbruch und reproduktive Rechte engagieren können. (jl)

Film „Wie wir wollen“: www.wiewirwollen.de
Bündnis „What the fuck?!“: www.whatthefuck.noblogs.org

 

Keinen Rassisten als Uni-Namensgeber!

Das Gen-ethische Netzwerk unterstützt einen Offenen Brief von kritMed Dresden zur Namensgebung des Universitätsklinikums und der medizinischen Fakultät Dresden. Diese sind seit 1993 nach Carl Gustav Carus benannt. Carus war Leibarzt des sächsischen Königs Anton von Sachsen sowie des späteren Königs Friedrich August. Als Autor der Schrift „Über die ungleiche Befähigung der verschiedenen Menschheitsstämme für höhere geistige Entwicklung“ verfasste Carus ein relevantes Werk der Rassentheorie. Er bediente sich dabei zutiefst rassistischer und kolonialistischer Argumentationsstrukturen und rechtfertigte auf Grundlage seiner Thesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie koloniale Ausbeutung und Sklaverei. Rund 30 Organisationen unterstützen den Brief der eine Umbenennung sowie eine kritische Auseinandersetzung mit der Person Carus im Bereich Lehre, Selbstverständnis und Öffentlichkeitsarbeit der Universität fordert. (ib)

Offener Brief: www.gen-ethisches-netzwerk.de/node/4536
Petition zur Umbenennung: www.kurzelinks.de/gid265-bj

 

Wir lassen uns nicht verCRISPR´n!

Am 25.Februar fand in Regensburg der 7. jährliche Saatguttag statt, organisiert von dem Verein für ökologischen Landbau und bewusste Lebensführung – Buenavita – und dem evangelischen Bildungswerk Regensburg. Neben einer Saatguttauschbörse, einem bunten Kinderprogramm und verschiedenen Aussteller*innen gab es auch informative Vorträge. Judith Düesberg vom Gen-ethischen Netzwerk berichtete in ihrem Beitrag von den Entwicklungen rund um die Neue Gentechnik und was mit der Entscheidung der EU-Kommission bezüglich der Regulierung dieser Techniken möglicherweise auf uns zukommt. Der Vortrag war gut besucht und anschließend wurde lebhaft diskutiert. (jd)

Programm zum Nachschlagen: www.kurzelinks.de/gid265-dk

 

Keine Eingriffe in die menschliche Keimbahn!

Der Schweizer Verein biorespect und das Gen-ethische Netzwerk gehören einer neu gegründeten internationalen Koalition an, die sich gegen die Legalisierung von vererbbaren genetischen Veränderungen bei Menschen stark macht. Eine Erklärung des Bündnis fordert die UN auf, eine weltweit gültige Konvention zu installieren, die diese medizinisch und ethisch fragwürdige Technologie dauerhaft verbietet. Zu Recht sind Eingriffe in die Keimbahn in den meisten Ländern bereits weltweit verboten. Befürworter*innen erhoffen sich durch die Technologie die Verhinderung von genetischen Abweichungen oder vererbbare Krankheiten im Ansatz. Bisher können keine verlässlichen Aussagen über mögliche unerwünschte Nebeneffekte getroffen werden. Diese würden über viele Generationen weitergegeben werden. Neben aller medizinischer Probleme ist das Verfahren ethisch bedenklich, denn es steht in direkter Tradition der Eugenik. Die gesellschaftlichen Auswirkungen solcher Eingriffe sind nicht abzusehen. Trotzdem gibt es Bestrebungen, bestehende Verbote aufzuheben oder aufzuweichen. Auch in Deutschland und in der Schweiz würden sich einige Forschende gerne an der Grundlagenforschung beteiligen. Die Koalition „Stop Designer Babies“ wird von 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen getragen. Auch eine große Zahl von Einzelpersonen unterstützt die Erklärung. (gp)

Hier unterschreiben:www.coalitionstopdesignerbabies.net

 

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
265
vom Mai 2023
Seite 4 - 5

GID-Redaktion

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