Rezension – Den technischen Zugang zur Natur hinterfragen
Von Böden die klingen und Pflanzen die tanzen

Apfelbäume, die bei Raupenbefall Vögel „zu Hilfe rufen“, Mimosen, die den Ausdruck menschlicher Emotionen wahrnehmen, und Reispflanzen, die ihre „Erfahrungen“ mit Dürreperioden vererben – diese und zahlreiche weitere Einblicke in die erstaunliche Komplexität biologischer Systeme gewährt Florianne Koechlin in „Von Böden die klingen und Pflanzen die tanzen“. In 15 eigenständigen Kapiteln stellt sie bahnbrechende Erkenntnisse von Forschenden und Expert*innen weltweit vor. Der erste Teil vermittelt anhand anschaulicher Einzelbeispiele einen Eindruck von pflanzlichen Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeiten, der Vielfalt ökologischer Beziehungsgeflechte und den Folgen unbedachten menschlichen Eingreifens in die dynamischen Netzwerke der Natur. Im zweiten Teil erörtert Koechlin die verheerenden Folgen der industriellen Intensivlandwirtschaft und dekonstruiert die verfehlten Ansätze der Agro-Gentechnik. Dazu porträtiert sie ermutigende agrarökologische Erfolgskonzepte von Indien bis Kenia. Ihr gelingt es, ein fesselndes, leicht lesbares Buch vorzulegen, das durch minutiöse Dokumentation wissenschaftlicher Belege gleichzeitig den Ansprüchen der empirischen Forschung gerecht wird. Koechlin verbindet die biologischen Ausführungen mit naturphilosophischen Überlegungen, ermöglicht es den Leser*innen allerdings stets, die Grenze zwischen beiden nachzuvollziehen. Insgesamt ein Buch, das das reduktionistische und technomorphe Naturverständnis glaubwürdig herausfordert.
Koechlin, F. (2022): Von Böden die klingen und Pflanzen die tanzen – Neue Streifzüge durch wissenschaftliches Unterholz. Lenos Verlag, 275 Seiten, 22,- Euro, ISBN 978-3-85787-829-9.
Paul Scheytt hat im Septmber und Oktober 2023 ein Praktikum im Gen-ethischen Netzwerk absolviert.
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