Rezension – Papi, hast du ein Baby im Bauch?
Kinderbuch zu Leihgebären
„Papi, hast du ein Baby im Bauch“ unternimmt den Versuch, Kindern zu erklären, wie sie mit Hilfe von Eizelltransfer und Leihgebären auf die Welt gekommen sind. Hauptprotagonisten sind zwei schwule Väter und ihre beiden Söhne. Mit Illustrationen in warmen und lebendigen Farben wird ein Bild der queeren Familie in einem liebevollen Zuhause gezeichnet, deren Familienkonstellation und Alltag eine ganz selbstverständliche Normalität erhalten – einer der positiven Aspekte des Buches. Auf die Frage eines der Kinder nach dem dicken Bauch des Vaters hin beginnt dieser zu erklären, wie die beiden Söhne in die Familie gekommen sind. Die Ausführungen sind kindgerecht, verständlich und nachvollziehbar. Aber sie verfallen auch in gängige heteronormative Klischees. So erzählt der Vater, nur Frauen könnten schwanger werden und blendet damit die Realitäten schwangerer trans Männer und nicht-binärer Personen aus – für ein queeres Kinderbuch besonders schade! Zumal das Cover und der Titel durchaus den Eindruck erwecken könnten, es handele sich um eine Erzählung über die Schwangerschaft eines trans Mannes. Auch die Beschreibung der Suche nach einer Leihmutter enthält exotisierende Botschaften: diese käme aus einem „fernen Land“, das nicht weiter benannt wird. Insgesamt ist das Buch gekennzeichnet von der Gratwanderung, den Vorgang assistierter Reproduktion kindgerecht zu vermitteln und gleichzeitig ein positives Familienbild und Identitätsangebot herzustellen – letzteres gelingt durchaus, allerdings hätte man dem jungen Zielpublikum durchaus mehr zutrauen können, was die Komplexität geschlechtlicher Identitäten und die Umstände ihrer Geburt angeht.
Kahl, M./Rammensee, l. (2023): Papi, hast du ein Baby im Bauch? Klein & groß Verlag, 24 Seiten, 15,- Euro. ISBN: 978-3-94636-064-3.
Jonte Lindemann ist Mitarbeiter*in des GeN und Redakteur*in des GiD.
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