Schaden für Umwelt und Landwirtschaft

Auswirkungen von gentechnisch veränderter Baumwolle

Neue Studien zeigen: Der Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle führt zu einem steigenden Pestizideinsatz, erhöhtem Schädlingsbefall und unkontrollierter Ausbreitung in der Umwelt – mit dauerhaften Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht.

Seit 1997 wird in den USA gentechnisch veränderte (gv) Baumwolle angebaut, die gegen Glyphosat resistent gemacht ist. Das hat erhebliche Folgen für Landwirtschaft und Umwelt: Aus einer aktuellen Forschungsarbeit1 geht hervor, dass sich in den ersten fünf Jahren nach der Einführung der Einsatz von Glyphosat in den Baumwollfeldern verdoppelte. Weiter wird berichtet, dass schon 2001 bei Wildpflanzen die ersten Resistenzen gegen Glyphosat auftraten, vier Jahre später wurden die ersten Resistenzen bei Fuchsschwanzgewächsen (Palmer amaranth) beobachtet. Diese Pflanzen führen nun zu erheblichen Ernteverlusten und treten inzwischen in allen Bundesstaaten der USA auf, in denen Baumwolle angebaut wird. BASF behauptet darauf eine Antwort zu haben: Der Konzern hat jetzt erstmals Baumwolle im Angebot, die neben Glyphosat gegen weitere Pflanzengifte wie Isoxaflutol resistent ist. Dabei steht dieser Wirkstoff, nach der Einschätzung der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, im Verdacht, krebserregend zu sein. Es ist außerdem anzunehmen, dass diese Baumwolle in naher Zukunft auch mit Bt-Insektengiften2 aufgerüstet wird. Schon jetzt sind in der EU etwa 15 verschiedene Varianten von gv-Baumwolle (bzw. deren Öle und Eiweißstoffe) für den Import zugelassen. Auch für den Import von Lebens- und Futtermitteln (wie Baumwollöl), die von der BASF-Baumwolle GHB881 gewonnen werden, hat die Behörde jüngst grünes Licht gegeben.3

Auf den Baumwollfeldern wird gegen die Natur gekämpft. Doch aktuelle Untersuchungen zeigen, dass der Anbau der gv-Baumwolle die Ausbreitung von Fraß-Insekten sogar begünstigen kann4: In China breiten sich in Feldern mit Bt-Baumwolle die Raupen der Baumwoll-Kapseleule (Helicoverpa armigera) beschleunigt aus, wenn diese mit bestimmten Viren befallen sind. Die Viren scheinen das Immunsystem der Raupen zu stimulieren: Die Wirkung des Bt-Giftes ist bei diesen reduziert, sie werden rascher gegen das Insektengift resistent und sind fitter als ihre Artgenossen, die nicht von diesen Viren befallen sind. Die Untersuchungen zeigen, dass die infizierten Raupen auf konventionellen Baumwollfeldern kaum zu finden sind.

Der Anbau der gv-Baumwolle hat, über die Felder hinaus, Folgen für die Umwelt: Bereits seit Jahren breitet sie sich in den Zentren der biologischen Vielfalt der wilden Baumwolle in Mexiko aus. In einer ökologischen Untersuchung dort zeigte sich, dass die Interaktionen zwischen den transgenen Pflanzen und ihrer Umwelt gestört sind.5 Die beobachteten Wechselwirkungen sind komplex: Baumwollpflanzen produzieren an ihrer Oberfläche eine Art Nektar. Die Menge und Produktion dieses Nektars ist bei den gv-Pflanzen ungewollt verändert. Dies wirkt auf die Ameisenpopulationen: Spezielle Ameisenarten, die nützlich für die Abwehr von Schadinsekten sind, treten bei Bt-Baumwolle häufiger auf. Durch die höhere Produktion des Nektars und des Insektengiftes können die Nachkommen der gv-Pflanzen invasive Eigenschaften erlangen und zu einer Gefahr für die wilden Baumwollarten werden. Tatsächlich breiten sich die Transgene rasch in den natürlichen Populationen aus, einige Nachkommen weisen sogar eine Kombination von mehreren Genkonstrukten auf.

Für die EU stellt sich die Frage, ob sie weiterhin die Folgen des Anbaus der gv-Baumwolle ignorieren will. Die EU hat die Internationale Konvention über die biologische Vielfalt unterzeichnet, in deren Rahmen sowohl Importeur*innen als auch Exporteur*innen eine Verantwortung für den Erhalt der biologischen Vielfalt tragen.

  • 1Foster, D.C. (2021): Crop response, weed management systems, and tank mix partners with isoxaflutole in HPPD tolerant cotton (Masterarbeit). Online: www.kurzelinks.de/gid259-da [letzter Zugriff: 28.10.21].
  • 2Die Abkürzung Bt steht für die Toxine des Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis.
  • 3Testbiotech (2021): Comment on Scientific Opinion on the assessment of genetically engineered cotton GHB881 for food and feed uses, under Regulation (EC) No 1829/2003 (application EFSA-GMO-ES-2018-154) of BASF, Testbiotech Background 16-09-2021. Online: www.testbiotech.org/node/2813 [letzter Zugriff: 28.10.21].
  • 4Xiao Y. et al. (2021): Rapid spread of a densovirus in a major crop pest following wide-scale adoption of Bt-cotton in China, In: eLife 10:e66913, www.doi.org/10.7554/eLife.66913.
  • 5Vázquez-Barrios, V. et al. (2021): Ongoing ecological and evolutionary consequences by the presence of transgenes in a wild cotton population. In: Scientific reports 11, www.doi.org/10.1038/s41598-021-81567-z.
GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
259
vom November 2021
Seite 9

Christoph Then ist Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation Testbiotech und Sprecher des internationalen Bündnisses No Patents on Seeds (Keine Patente auf Saatgut), www.no-patents-on-seeds.org.

zur Artikelübersicht

Nur durch Spenden ermöglicht!

Einige Artikel unserer Zeitschrift sowie unsere Online-Artikel sind sofort für alle kostenlos lesbar. Die intensive Recherche, das Schreiben eigener Artikel und das Redigieren der Artikel externer Autor*innen nehmen viel Zeit in Anspruch. Bitte tragen Sie durch Ihre Spende dazu bei, dass wir unsere vielen digitalen Leser*innen auch in Zukunft aktuell und kritisch über wichtige Entwicklungen im Bereich Biotechnologie informieren können.

Ja, ich spende!  Nein, diesmal nicht