Vom Labor in den Stall

Neue Gentechnik bei landwirtschaftlichen Nutztieren

Schneller wachsen, dicker werden, gesund bleiben – das sollen gentechnisch veränderte Nutztiere. Ob diese Eigenschaften zu einer tierfreundlicheren Produktion beitragen ist fraglich. Neben viel Hype zeichnen offene Fragen bei den Methoden und auf dem Markt ein durchwachsenes Bild.

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Es gibt viel Hype um Genome Editing bei Tieren. Foto: gemeinfrei auf pixabay.com (3613728)

Die neuen Gentechniken wie CRISPR und Co. haben die Idee, Nutztiere gentechnisch zu verändern, wiederbelebt. Die Hoffnung, durch die neuen Gentechniken einige der fehleranfälligen, ineffizienten und teuren alten Verfahren zu verbessern, spiegelt sich in rasch steigenden Publikationszahlen wissenschaftlicher Studien wider. Im Gegensatz zu den alten Gentechniken sind schon zehn Jahre nach der Erfindung von CRISPR-Cas die ersten Tiere als Nahrungsmittel zugelassen: Zwei Fischarten in Japan und Rinder in den USA. Dennoch ist der Hype kritisch zu hinterfragen. Viele Studien zeigen Nebeneffekte auf und schüren Zweifel, ob die neuen Verfahren wirklich so genau, effizient und leicht zu handhaben sind, wie behauptet wird.

Neben unerwünschten Effekten der Techniken, sind auch viele der Ziele kritisch zu betrachten. Die neuen Gentechniken erweitern das Spektrum und die Ausprägung der veränderbaren Eigenschaften deutlich. Viele Visionen fokussieren sich weiterhin auf eine Anpassung der Tier-Eigenschaften an Bedürfnisse der industriellen Massentierhaltung, anstatt beispielsweise eine fundamentale Umstrukturierung der Tierhaltung in Betracht zu ziehen. So zielt z.B. Hornlosigkeit bei Kühen auf eine hohe Dichte an Tieren in der Haltung. Weil in unserer Gesellschaft Tiere einen höheren Stellenwert als Pflanzen haben, wird auch die Debatte vorsichtiger geführt – ein Grund, warum bis dato keine gv-Tiere in der EU zugelassen sind. Das könnte sich, in Anbetracht der aktuellen Diskussion um die Gentechnik-Gesetze der EU, jedoch bald ändern. Dieser Schwerpunkt gibt einen Überblick über die Debatten zu dem Thema und soll einen kritischen Einstieg ermöglichen.

Zsofia Hock von der Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG) gibt einen Überblick über einige Bereiche in denen gv-Tiere heute schon eingesetzt werden, wie der Medizin, und andere, in denen ihr Einsatz diskutiert wird, wie dem Naturschutz. Genauer geht sie auf landwirtschaftliche Nutztiere ein, stellt einige der gefragtesten Eigenschaften vor und zeigt kritische Aspekte auf. Im auf den Artikel folgenden Factsheet der SAG sind elf häufig gestellte Fragen zu gentechnisch veränderten Tieren kurz und knapp beantwortet.

Annemarie Volling von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft erläutert im Interview welche Gesetze für gv-Tiere und ihre Produkte in der EU gelten. Das aktuelle Bespiel von CRISPR-Hühnern zeigt, wie die EU-Kommission versucht gv-Produkte ohne Regulierung, also ohne Kennzeichnungspflicht und Risikoprüfung, durchzuwinken. Ein Vorgehen, das nicht unbeantwortet geblieben ist: Annemarie erläutert ihre Gegenargumentation und stellt nächste Schritte vor.

Judith Düesberg, Mitarbeiterin des GeN, geht in ihrem Artikel auf den Prozess der gentechnischen Veränderung von Tieren ein, der ein paar grundlegende Unterschiede zu demselben Eingriff bei Pflanzen aufweist. Dabei benennt sie Nebeneffekte, Risiken und Probleme der angewendeten Techniken.

Ein gekürzter und übersetzter Artikel von den Wissenschaftler*innen Senna Middelveld und Phil Macnaghten zeigt die Wünsche, Sorgen und Ideen von Züchtungsfirmen und Forscher*innen in den Niederlanden bezüglich der Anwendung der neuen Gentechniken bei Nutztieren auf. Diese reichen von großen Zweifeln bis hin zu umfassendem Optimismus.

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
263
vom November 2022
Seite 6

Judith Düesberg ist Ökologin und Mitarbeiterin des GeN.

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