Rezension: Absage an die Datenwut
„Die elektronische Patientenakte“ von Andreas Meißner
Anfang nächsten Jahres soll die elektronische Patient*innenakte (ePA) kommen: automatisch für alle gesetzlich Versicherten. Bisher war sie freiwillig und wenig beliebt. Warum das so ist, erklärt Dr. med. Andreas Meißner, niedergelassener Psychiater und Psychotherapeut, in seinem „Warnruf aus ärztlicher Praxis“. Er erklärt, dass der versprochene Datenreichtum in seinem Alltag für ihn selbst, seine Patient*innen und die Behandlung wenig Nutzen bringen werde. Vielmehr entstehe durch die Befüllung der ePA mehr Aufwand. Dabei ist es Meißner wichtig, nicht als Technologiegegner verstanden zu werden. Was er jedoch befürchtet– so auch der Buchtitel: das Ende der ärztlichen Schweigepflicht. Denn mit der ePA werden sensible Informationen aus dem Behandlungszimmer auf zentralen Servern gespeichert und gelangen von da aus möglicherweise zu multinationalen Pharmakonzernen, die mit unseren Daten forschen wollen. Hinzu kommt die Gefahr durch die zunehmende Cyberkriminalität, wie der Autor mit zahlreichen Vorfällen im Ausland belegt, bei denen Gesundheitsdaten gestohlen wurden. Er warnt eindringlich vor der Abhängigkeit von einer fragilen IT-Infrastruktur, die Milliarden an Steuergeldern kostet – Geld, das gleichzeitig an allen Ecken im Gesundheitssystem fehlt. Das wissen alle, die in letzter Zeit einen Krankenhausaufenthalt hatten, einen Therapieplatz gesucht haben oder einen fachärztlichen Termin vereinbaren wollten. Kurz und fundiert setzt sich Meißner mit allen Argumenten der Befürworter*nnen der Datenwut auseinander. Ein leicht lesbarer und kritischer Überblick über das Thema – für alle, die ihre Entscheidung zur ePA selbst treffen wollen.
Meißner, A. (2024): Die elektronische Patientenakte – Das Ende der Schweigepflicht. Weestend, 112 Seiten, 10,- Euro, ISBN 978-3-86489-472-5.
Dr. Isabelle Bartram ist Molekularbiologin und Mitarbeiterin des GeN.
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