Kurz notiert - Mensch & Medizin
Transgener Embryo
Der Monat Mai geht in die Gentech-Geschichte ein als der Monat des experimentellen Generalangriffs auf letzte Experimentaltabus. Koinzidenz, medialer Hype oder Verschwörung? Vor wenigen Wochen stellte ein britisches Forscherteam aus Newcastle eine Chimäre, ein Embryo aus Kuheizellen und menschlichen Hautzellen vor (GID 187, S. 28). Experiment 2: Forscher der Cornell Universität um Nikica Zaninovic (New York) haben einem menschlichen Embryo ein Gen für ein fluoreszierendes Protein eingesetzt. Nach drei Tagen zeigten alle Zellen, die sich inzwischen gebildet hatten, einen schimmernden Ton. Das Center for Genetics and Society (CGS) kritisierte den Versuch. Die Forscher hätten auf eigene Faust und ohne öffentliche Diskussion eine bisher gültige ethische Grenze überschritten, erklärte die stellvertretende Direktorin Marcy Darnovsky. Erstmals wurde ein menschlicher Embryo gezielt genetisch verändert - ein „gewaltiger Schritt“, so der Spiegel. David King von der britischen Antigentechgruppe Human Genetics Alert und zahlreiche in- und ausländische KommentatorInnen mobilisierten alle nahe liegenden Horrorvorstellungen: „Das ist der erste Schritt auf einem Weg, der zum Albtraum von Designerbabys und einer neuen Eugenik führt." (Berliner Zeitung, 13.05.08; Spiegel online, 13.05.08; Ärztezeitung, 15.05.08) (as)
Genomforschung: Zwischen Funktion und Rasse
Dass die “Genomentschlüsselung” allein nichts über die Funktion der sequenzierten DNA-Teilstücke aussagt, hat sich schnell herumgesprochen, nachdem die Arbeit getan war. Seitdem sind die Genomforscher in Folgeprojekten damit beschäftigt, diese Informationen zu erarbeiten - so auch das US-amerikanische Konsortium aus Forschungslaboren unter Führung der University of Washington in Seattle. Es versucht seit einigen Jahren, Unterschiede zwischen den Genomen von Menschen „afrikanischer, asiatischer und europäischer Herkunft“ zu ergründen. Die Ergebnisse sind jetzt in Nature publiziert worden. Die amerikanische Gruppe ist Teil eines umfassenden internationalen Genom-Projektes, innerhalb dessen in den nächsten Jahren die Genome von 1.000 Menschen aus allen Weltteilen sequenziert werden sollen. Die Frage ist, worauf läuft das hinaus? Die Antwort scheint momentan zu sein, dass diese Art von Forschung eine Schnittfläche zwischen funktioneller Genomik und der im Human Diversity Project organisierten Populationsgenetik bildet, deren Hauptinteresse „Rassenunterschiede“ sind. (Nature, 453, S. 56-64, 01.05.08; Science Daily 02.05.08; Howard Hughes Medical Institute, www.hhmi.org; 30.05.08) (as)
Frauen in der Wissenschaft
Frauen durften schon immer die Fleißjobs in der Wissenschaft übernehmen: Pipettieren, Fliegen auszählen, mit radioaktiven Materialien hantieren. Gerade in der Biologie sind aus dieser Arbeitsteilung viele Beziehungen, Ehen und Karrieren von männlichen Forschern hervorgegangen. Im Fall der Genomforschung war es allerdings anders. Der Mann (Craig Venter in diesem Fall) ließ es sich nicht nehmen, dass es sein Genom sein würde, das als erstes menschliches Genom eines Individuums sequenziert wäre. Zur gleichen Zeit – und im Wettlauf mit Venter – veröffentliche auch James Watson sein Genom. Ein knappes Jahr später durfte nun auch eine Frau, die 34-jährige Molekularbiologin Marjolein Kriek, „ihr Genom“ für die Archivierung des menschlichen Erbes bereitstellen. Sie ist damit auch die erste Europäerin, die ihr Erbgut komplett entschlüsseln ließ. Der Leiter der Aktion, Gert-Jan van Ommen vom Medizinischen Zentrum der Universität Leiden in den Niederlanden, zeigte sich zufrieden mit ihrer Gabe. (Berliner Zeitung, 26.05.08) (as)
Genetic pharming: Erstes deutsches Medikament
Das Anti-Thrombose-Mittel ATryn ist das erste in Deutschland zugelassene Arzneimittel auf der Grundlage von „genetic pharming“. „ATryn ist der Türöffner für viele weitere Medikamente aus genveränderten Tieren", so der Biotechnologe Heiner Niemann. Der Wirkstoff wird aus der Milch von Ziegen gewonnen, denen ein Gen zur Produktion des gewünschten Eiweißes eingepflanzt wurde, und wird zur Vermeidung von Thrombosen verschrieben. Der Vertrieb läuft in Deutschland über die in Biotechkreisen bislang wenig bekannte Firma Leo Pharma (Neu-Isenburg). Aufhorchen lässt, dass die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA anders als die europäische Arzneimittelbehörde EMEA dem ursprünglich von der Firma GTC Biotherapeutics in Framingham (US-Bundesstaat Massachusetts) entwickelten Produkt bislang keine Zulassung erteilt hat. Dort laufen noch Studien, die Nutzen und Risiken der Gentech-Arznei überprüfen sollen. Die Pharmaindustrie wirbt seit langem damit, dass solche gentechnisch hergestellten, „menscheneigenen“ Wirkstoffe unbedenkliche Alternativen darstellten. Doch die Liste der Nebenwirkungen ist jetzt schon lang: Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Blutungen und vermehrte Wundsekretion vermerkt die EMEA. Interessant dürfte zudem die Frage sein, ob ATryn die Ausnahme von der Regel ist, dass sich die Pharmaindustrie vor allem für so genannte Blockbuster interessiert. Denn ATryn ist ein spezifisches, für eine seltene Mangelkrankheit ausgelegtes Medikament, das verhältnismäßig wenig Abnehmer haben wird. (Berliner Zeitung, 16.05.08) (as)
Genetic pharming: Dual use
Die Pharmaindustrie hat schon länger Interesse an pharmazeutischen Wirkstoffen, die in gentechnisch modifizierten Tieren produziert werden können. Forscher der University of California zeigten jetzt, dass die Methode auch für die Landwirtschaft interessant sein könnte. Die industrialisierte Schweinezucht könne beispielsweise von den besonderen antibakteriziden Eigenschaften menschlicher Muttermilch profitieren. Das jedenfalls verlautbarten die Forscher im Journal of Nutrition. Schweine wurden mit einem menschlichen Gen ausgestattet, das dafür sorgt, dass die Mutterschweine in hohen Konzentrationen in ihrer Milch ein antibakterizides Enzym (Lysozyme) produzieren. Die Resistenz der Ferkel gegen Infektionskrankheiten konnte auf diese Weise gesteigert werden. Wen interessiert ein solches Experiment, das der Intensivierung der Schweinezucht zuarbeitet? Die Forscher argumentieren gewieft, dass mit solcher Antiinfektionsmilch demnächst auch der weltweite Kampf gegen Durchfallerkrankungen bei Kindern geführt werden könne. (University of California News, 21.04.08, www.news.ucdavis.edu) (as)
Nanoröhrchen wie Asbest?
Kohlenstoff-Nanoröhrchen haben wahrscheinlich ähnliche krankheitsauslösende Eigenschaften wie Asbest. US-amerikanische und britische Forscher haben eine Studie an Mäusen durchgeführt, deren Ergebnisse „ein Alarmsignal für die Nanotechnologie im Einzelnen und die die Nutzung von Nanoröhrchen im Besonderen“ darstellen, so die Wissenschaftler im Magazin „Nature Nanotechnology“. Sie hatten Nanoröhrchen unterschiedlicher Länge in die Bauchhöhle von Mäusen injiziert und festgestellt, dass dies ähnliche Auswirkungen hatte wie das Einbringen von Asbestfasern: Entzündungen des Gewebes und die Entstehung von Granulomen, kleinen Knötchen. Kohlenstoff-Nanoröhren sind mikroskopisch kleine röhrenförmige Gebilde aus Kohlenstoff. Ihr Durchmesser liegt meist im Bereich von 1 bis 50 Nanometern (Millionstel Millimeter). Sie werden bislang in der industriellen Produktion kaum eingesetzt, gelten aber aufgrund ihrer besonderen mechanischen und elektrischen Eigenschaften als vielversprechendes Material. (Nature Nanotechnology online, 20.05.08; New York Times, 21.05.08; stern.de, 22.05.08) (ts)
Gencheck für IVF-Embryonen
Mehrere Forschungsprojekte in der Reproduktionsmedizin zielen derzeit darauf ab, Embryonen bei In-Vitro-Fertilisationen so vorzuuntersuchen, dass ein „single embryo transfer“, also das Einsetzen nur eines Embryos in die Gebärmutter, erfolgversprechender wird. Bisher werden meist zwei bis drei Embryonen eingesetzt, um eine Chance von 30 bis 40 Prozent zu erreichen, dass ein Baby geboren wird. Dieses Verfahren führt aber auch des Öfteren zu Mehrlingsgeburten. Forschungsteams am Genesis-Krankenhaus in Athen und an der Monash Universität in Melbourne/Australien sind nun dabei, Gentests zu entwickeln, um die überlebensfähigsten Embryonen zu selektieren. Dafür rekrutierten sie 48 Frauen, deren Blastozyten (Embryonen im Stadium von 5 Tagen) sie zwischen 8 und 20 Zellen entnahmen und einer DNA-Analyse unterzogen, um die „erfolgreichen“ von den „nicht erfolgreichen“ zu unterscheiden. Reproduktionskliniken interessieren sich für einen solchen Gencheck. So erklärt der britische Reproduktionsmediziner Simon Fishel vom CARE Fertility Centre in Nottigham: „Das Golden Goal aller Reproduktionsmediziner ist ein Embryo - ein Baby.“ In Deutschland ist ein solcher Gencheck ebenso wie andere Tests in der Präimplantationsdiagnostik über das Embryonenschutzgesetz verboten. Der Erfolg dieser Forschung könnte aber dazu führen, dass der Druck, Präimplantationsdiagnostik in Deutschland zuzulassen, wächst. (bionews, 19.05.08; BBC News, 13.05.08) (sus)
Schlechte Fahndung in der Pränataldiagnostik
Ein italienisches Team hat auf der Jahreskonferenz der European Society of Human Genetics seine Forschungsergebnisse über die Aussagekraft pränataler Diagnostik vorgestellt. Francesca Grati von TOMA Laboratory in Busto Arsizio erteilte den Untersuchungen ein schlechtes Zeugnis. Sie begründete dies damit, dass bei den 115.000 untersuchten Fällen von Chorionzottenbiopsien und Fruchtwasseruntersuchungen nur 50 Prozent der möglichen Chromosomen-Anomalien entdeckt wurden. Auch bei häufigen Fehlbildungen wie Trisomie 21 erzielten die Tests keine hundertprozentigen Treffer. Gleichzeitig belegte das Forschungsprojekt die Gefahr, dass diese Untersuchungen Blutungen, Fehlgeburten und Infektionen auslösen. Grati forderte, Frauen vor einer Untersuchung besser über diese Unwägbarkeiten aufzuklären. (Science ORF, 02.06.08; wissenschaft-online.de, 03.06.08) (sus)
Gentests für Neugeborene
Die in Frankfurt ansässige Firma Humatrix reiht sich nun unter denjenigen „Gesundheitsdienstleistern“ ein, die auf Gentests als marktfähiges Produkt setzen. Adressaten sind in diesem Fall nicht MedizinerInnen, sondern Otto Normalverbraucher. Vorbild ist die Firma 23andMe mit Sitz in Kalifornien, die bereits 2007 ein solches Angebot lanciert hat. Für knapp 1.000 Dollar sollen Interessierte per eingeschickter Speichelprobe darüber Gewissheit bekommen, welchen Krankheitsrisiken sie ausgesetzt sind (GID 184, S. 34f). Die isländische Firma deCODE Genetics und die in Kalifornien ansässige Firma Navigenics folgten diesem Beispiel noch im gleichen Jahr. Humatrix nun setzt ganz auf die Verunsicherung und Sorge von Eltern neugeborener Kinder. Der Gentest soll Auskunft über Unverträglichkeiten gegenüber Milchzucker (Laktose), Getreidemehlbestandteile (Gluten) oder bestimmte Antibiotika geben. „Die bessere Vorsorge für mein Kind“, lautet der Werbespruch, mit dem an die Eigenverantwortlichkeit und Initiative der Eltern appelliert wird. GegnerInnen geben zu Bedenken, dass der Test keine Aussage darüber mache, ob die Unverträglichkeiten tatsächlich ausbrechen. Bislang liegen keine verlässlichen Informationen darüber vor, wie häufig solche Tests in Anspruch genommen werden. Da aber der Humatrix-Test 400 Euro kostet und nicht von der Krankenkasse bezahlt wird, wird wohl eher eine gebildete und „gesundheitsbewusste“ Mittelschicht über die Nachfrage entscheiden. (Die ZEIT Wissen, 03/2008) (as)
Gewalt beeinflusst Epigenetik
Die Rückkoppelung von sozialen Erfahrungen auf die Gene ist Thema eines kanadischen Forschungsteams. Die Wissenschaftler der McGill University in Montreal untersuchten die Gehirne von 13 Selbstmordopfern, die in ihrer Kindheit sexuelle Gewalt erfahren hatten, und verglichen sie mit 11 Unfallopfern ohne eine solche Geschichte. Sie stellten epigenetische Unterschiede zwischen den beiden Gruppen fest und folgerten daraus, dass diese Veränderungen während der Kindheit infolge von Gewalt geschehen seien. Bei der Gruppe der Selbstmordopfer verhinderten Methylgruppen das Ablesen bestimmter Gene und damit die Produktion wichtiger Proteine. Es handelt sich also um epigenetische Unterschiede, die die Genaktivität betreffen, nicht die DNA-Sequenzen selbst. Vorher hatte das Team an Ratten geforscht, deren Gehirne, je nachdem, ob sie vernachlässigt oder von der Rattenmutter umsorgt worden wären, ähnliche Unterschiede aufgezeigt hätten. Die Forschung legt somit nahe, dass das individuelle Genprofil sich durch Sozialisation verändert. Das Forschungs-team zeigte vor allem ein produktorientiertes Interesse an der Umsetzung der Forschung. Der Leiter des Teams, Moshe Szyf, erklärte, die große Frage sei, „ob wir Interventionen entwickeln können, um diese Unterschiede in epigenetischen Markierungen auszulöschen“. (bionews, 12.05.08; Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.05.08; NewScientist.com News Service, 07.05.08) (sus)
Länger gefrorene Eizellen für Tochter
In Großbritannien setzt sich eine Mutter eines Mädchens mit Turner-Syndrom für eine Kampagne ein, damit die Frist, Spender-Eizellen einfrieren zu können, verlängert wird. Bisher ist die höchste Frist für Spender-Eizellen zehn Jahre. Die Frau ließ ihre Eizellen einfrieren, weil ihre Tochter wahrscheinlich unfruchtbar sein wird. Nach Ablauf der Frist wäre die Tocher 18 Jahre alt. Sie erklärte, sie wolle ihre Tochter nicht unter Druck setzen. Reproduktionsmediziner unterstützen ihre Kampagne und erklären die Zehnjahres-Frist für wissenschaftlich nicht begründet. Das britische Gesundheitsministerium erklärte bereits, für die Verlängerung der Frist brauche es keine Gesetzesänderung. Man wolle nur die Verabschiedung des Gesetzes zu Embryonenforschung und Fortpflanzungsmedizin abwarten. Die Times schlug vor: „Am besten käme sie um die derzeitige Regelung herum, wenn sie ihre Eier mit Spendersamen befruchten ließe und die daraus entstehenden Embryonen einfröre. Diese könnten dann noch einmal zehn Jahre gelagert werden.“ (The Times, 18.05.08; bionews, 02.06.08) (sus)
Alkohol vertragen schützt vor Krebs
Jüngste Ergebnisse der Genforschung zu Alkohol senden ambivalente Botschaften aus. Ein europäisches Forschungsprojekt ergab, so der Bericht in Nature Genetics, Folgendes über den Zusammenhang zwischen zwei Genvarianten und Mundhöhlen- und Rachenkrebs: Diejenigen, die aufgrund zweier spezifischer Varianten der so genannten ADH-Gene den Alkohol im Blut besser abbauen könnten, wären gleichzeitig auch besser vor diesen beiden Krebssorten geschützt. Das europäische Projekt unter Leitung der Internationalen Agentur für Krebsforschung in Lyon beforschte 9.000 Personen mit demselben Lebensstil und Alter. Eine Mitarbeiterin des Projektes, Hazel Nunn von Cancer Research UK, bemüßigte sich klarzustellen: Dennoch hätten Leute mit diesen Genvarianten, die Alkohol trinken, immer noch ein höheres Risiko, an diesen Krebsarten zu erkranken, als Nicht-Trinker. (BBC News, 25.05.08; Nature Genetics, 40, 25.05.08, S. 707-709) (sus) Hälfte der Bevölkerung riskiert Fettleibigkeit Die Assoziationsstudien zwischen bestimmten Genvarianten und so genannten Volkskrankheiten treiben derzeit immer neue merkwürdige Blüten. ForscherInnen des Imperial College von London haben laut Nature Genetics eine Gensequenz nahe des Genes MC4R identifiziert, die mit einem erhöhten Risiko der Fettleibigkeit, von Diabetes Typ 2 und von Herzkrankheiten korreliere. Die „Risikopopulation“ mache die Hälfte der britischen Bevölkerung aus. Für sie alle schlägt Forschungsleiter Jaspal Konner Prävantionsmaßnahmen wie Diäten und Leibesübungen vor. Aber auch neue Pharmaprodukte hält er für sinnvoll, um diese ungemein spezifische Bevölkerung besser vor Krankheiten zu schützen. TrägerInnen dieser Gensequenz seien durchschnittlich zwei Kilogramm schwerer und hätten einen Bauchumfang von durchschnittlich zwei Zentimentern mehr. Neben dieser enormen Gewichtsdifferenz interessierten sich die Forscherinnen auch für ethnische Differenzierungen. Sie unterschieden in ihrer Forschung zwischen Menschen mit „europäischer und asiatischer Herkunft“. (BBC News, 06.05.08; Nature Genetics 40, S. 768-775, 01.06.08; bionews, 12.05.08) (sus)
Alltag der Gentherapie
Ein Forschungsartikel im renommierten New England Journal of Medicine berichtet über Versuche mit drei Patienten (zwischen 17 und 23 Jahren) mit einer Augenkrankheit, deren Ursache ein Enzymdefekt sein soll. Mit Hilfe eines viralen Vektors implantierten die Forscher den Patienten ein Gen, das die Produktion des vermissten Enzyms bewirken soll. Ergebnis: keine Nebenwirkungen. Keine Veränderung in der physiologischen Aktivität der Retina. Keine auffälligen klinischen Effekte bei den Patienten, die irgendwie für die Verbesserung der Sehfähigkeit sprechen würden. Nur bei einem Patienten konnten dann doch signifikante Veränderungen in einem speziellen Sehparameter festgestellt werden. Fazit: 24 Forscher, sechs Kliniken und eine Firma arbeiten mehrere Jahre daran, nahezu keine Effekte hervorzubringen. Bezahlt werden sie dafür von 12 staatlichen Institutionen und privaten Stiftungen. Für die Forschergruppe ist klar, dass gerade deshalb die Experimente unbedingt fortgesetzt werden müssen. (New England Journal of Medicine, www.nejm.org, 27.04.08) (as)
Der Wert des Lebens
Ökonomen der kalifornischen Stanford University haben den Wert des Lebens neu berechnet. Dem US-amerikanischen Magazin Time zufolge veranschlagen private und staatliche Gesundheitsbudgets den Wert eines „Qualitätsjahres“ bisher mit 50.000 US-Dollar. Quality Years sind ein Konzept, um „Krankheitslasten“ quantifizieren zu können und dabei unterschiedliche „Lebensqualitäten“ miteinfließen zu lassen. Die Wissenschaftler der Stanford Graduate School of Business schlugen vor, den Wert auf 129.000 US-Dollar zu erhöhen. Sie begründeten dies mit üblichen Kosten für die Nieren-Dialyse. Es würde durchschnittlich 129.000 US-Dollar kosten, einem Dialyse-Patienten ein Qualitätsjahr zu finanzieren, wobei sie das Leben eines Dialyse-Patienten nur als halb so viel wert berechneten wie das Leben eines gesunden Menschen: sprich ein Qualitätsjahr = zwei Jahre an der Dialyse. Solche Berechnungen sind Grundlage für Kosten-Nutzen-Rechnungen, wie sie derzeit in den Gesundheitssystemen der meisten Industrienationen eingeführt sind, um eine Obergrenze für „medizinisch notwendige und angemessene“ neue Behandlungsmethoden zu setzen. (The Time online, www.time.com, 20.05.08) (sus)