Goldener Reis: Leere Versprechungen

Gentechnisch veränderter Reis kann Vitamin-A-Mangel nicht beheben.

Der Goldene Reis lässt auf sich warten. Es gibt ihn - nach 20 Jahren Forschung - nur auf Versuchsfeldern. Nun hat ihm die FDA auch noch bescheinigt, dass er gar keinen gesundheitlichen Zusatznutzen besitzt.

Reis

Foto: sasint / Pixabay

Eines der Vorzeigeprodukte der Gentech-BefürworterInnen ist der sogenannte Goldene Reis. Seinen SchöpferInnen gelingt es weiterhin nicht, überzeugend darzulegen, dass er halten kann, was versprochen wird: Substantiell zur Bekämpfung von Vitamin A-Mangelernährung beizutragen. Denn auch nach fast 20 Jahren Versprechen, Hinhalten und Diskussionen gibt es den Goldenen Reis bislang nur auf Testfeldern.

Trotzdem meldeten in den vergangenen Monaten die kanadische Behörde, die gemeinsame Agentur von Neuseeland und Australien und zuletzt auch die Food and Drug Administration (FDA) in den USA, Vollzug bei der Zulassung1 des Reis für den Import und seine Nutzung als Lebensmittel. Das Internationale Reisforschungsinstitut IRRI, bei dem die Fäden für Forschung und Entwicklung des Reis zusammenlaufen, hatte die Zulassungen in diesen Ländern beantragt. Doch es ist weder vorgesehen, dass er dort angebaut, noch dass er dort verkauft wird.2

Goldener Reis wurde in einer Art gentechnisch verändert, dass er Vorläufermoleküle von Vitamin A (Provitamin A-Carotinoide, insbesondere das β-Carotin) bildet. Diese können im Körper des Menschen zu dem Vitamin selbst umgebaut werden. Er wurde erstmals im Jahre 2000 in einer Fachpublikation vorgestellt.3 Die nun bewertete Sorte ist Teil der zweiten Generation. Sie wird GR2E genannt.

In den USA hat sich im Zuge des Verfahrens die Behörde FDA zum Goldenen Reis geäußert. Dort stellt sich die Zulassung des Reis als eine Art Konsultation dar, in der die EntwicklerInnen nur ihre Erkenntnisse zum Reis vorlegen, bei der die FDA aber praktisch keine eigene Handhabe besitzt. So kommt die FDA in ihrem Antwortschreiben aufgrund der vom IRRI zur Verfügung gestellten Informationen zu folgendem Schluss:

„Auf der Basis der Ernährungs- und Sicherheitsbewertungen, die vom IRRI bereitgestellt wurden, verstehen wir [die FDA], dass das IRRI die Einschätzung vertritt, dass Goldener Reis GR2 für die menschliche Ernährung und als Tierfutter sich in Zusammensetzung, Sicherheit und anderen relevanten Parametern materiell nicht von Reis, wie er heute auf dem Markt zu finden ist, unterscheidet, außer bezüglich des absichtlich veränderten Gehaltes an β-Carotin im GR2.“

Mit Blick auf eine mögliche Kennzeichnung des erhofften gesundheitlichen Zusatznutzens von Goldenem Reis in den USA schreibt die FDA: „die Konzentration des β-Carotins im GR2E Reis ist zu niedrig, um einen Zusatznutzen für die Ernährung zu garantieren“. Diese Einschätzung bezieht sich auf den Durchschnittskonsum von Reis innerhalb der US-amerikanischen Bevölkerung. Von einer Zulassung in den USA könne man also keinerlei positive Auswirkungen erwarten.

Die FDA hat ihrer Antwort in der Konsultation ein Dokument mit technischen Details zur Seite gestellt. Darin schreibt die Behörde, wieder mit Verweis auf das IRRI, dass Goldener Reis GR2E im Schnitt 1,26 Milligramm β-Carotin je Gramm Reis enthalte. Diese Zahl liegt noch unter dem Wert, der im Jahre 2000 in Bezug auf den Goldenen Reis der ersten Generation kursierte. Damals berechnete Greenpeace, dass es nötig sei, täglich 3,75 Kilogramm Reis zu essen, um den Bedarf an β-Carotin zu decken.

Doch damit nicht genug: Das IRRI selbst weist darauf hin, dass der β-Carotin-Gehalt bei der Lagerung deutlich sinkt. Laut einer 2017 veröffentlichten Untersuchung besitzt der Goldene Reis nach drei Wochen Lagerung nur noch 60 Prozent des ursprünglichen Gehaltes, nach zehn Wochen sogar nur noch 13 Prozent.4


 

Siehe dazu auch:
Allison Wilson und Jonathan Latham (2018): GMO Golden Rice Offers No Nutritional Benefits Says FDA. Im Netz unter www.independentsciencenews.org/news/gmo-golden-rice-offers-no-nutrition….

 

  • 1Die Zulassungsverfahren in den unterschiedlichen Ländern weichen zum Teil erheblich voneinander ab. In den USA handelt es sich zum Beispiel um eine freiwillige Konsultation.
  • 2Die Zulassungen sollen nur eventuellen Handelsproblemen vorbeugen, falls es zu Verunreinigungen anderer Reissorten mit Goldenem Reis kommen sollte. Wäre der Goldene Reis dann nicht zugelassen, könnte das zum Beispiel zu umfangreichen Rückrufen der entsprechenden Lieferungen oder zu Schadenersatzforderungen kommen.
  • 3Ye und KollegInnen (2000): Engineering the Provitamin A (β-carotene). Biosynthetic Pathway into (Carotenoid-Free) Rice Endosperm. Science 287.5451: 303-305. Im Netz unter www.uniroma2.it/didattica/FisiolBiotecVeg/deposito/Golden_rice_.Ye_et_a….
  • 4„IRRI acknowledged that it expects the actual dietary intakes to be lower given( ...) that β-carotene levels in food containing GR2E rice would decline over time due to storage ...”, FDA (2018b) GR2E Biotechnology Notification File No. 000158. „Note to the File“ (ergänzendes Dokument mit technischen Details) vom 08.05.18. Im Netz unter www.fda.gov/downloads/Food/IngredientsPackagingLabeling/GEPlants/Submis….
25. Juni 2018

Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.

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