Mexiko: Gentechnisch veränderter Mais bleibt verboten
Oberster Gerichtshof bestätigt Urteil von 2016
Der Oberste Gerichtshof in Mexiko erteilte im Oktober dem kommerziellen Anbau von gentechnisch verändertem Mais sowie mehr als 80 Pestiziden eine Absage. Damit weist er einen Einspruch zurück, der unter anderem von Agrarkonzernen wie Bayer und Syngenta erhoben wurde. Wird Mexiko also den Ausstieg schaffen?

Der Anbau von gv-Mais in Mexiko kann einheimische Sorten verunreinigen und die lokale Vielfalt gefährden. Foto: © Aaron Burden
Der Anbau von gentechnisch verändertem (gv) Mais in Mexiko bleibt verboten. Dafür sprach sich der Oberste Gerichtshof im Oktober einstimmig aus. Damit bestätigt er die Rechtmäßigkeit eines Verbots des kommerziellen Anbaus von gv-Mais, das bereits 2016 erteilt worden war. Dem Verbot geht ein langer Rechtsstreit voraus1 : Bereits 2013 gewann die „Klägergemeinschaft zur Verteidigung des einheimischen Mais“ (Demanda Colectiva Maíz ) einen ersten Gerichtsprozess zum temporären Verbot des Anbaus von gv-Mais. Die Kläger*innengemeinschaft hatte damals eine Sammelklage bei den mexikanischen Bundesgerichten eingereicht, die sich an die Regierung und Ministerien Mexikos richtete. Darin forderte sie den sofortigen Anbaustopp von gv-Mais, um den Schutz einheimischer Sorten zu gewährleisten.
Die Gemeinschaft aus Landwirt*innen, Wissenschaftler*innen und interessierten Bürger*innen will einheimische Maissorten durch den Anbaustopp von gv-Mais und das Verbot von Pestiziden wie Glyphosat schützen. Die Beteiligten befürchten, dass der Anbau von gv-Mais einheimische Sorten verunreinigen und gefährden könnte. Sie argumentieren zudem, dass der Anbau jener Maissorten in Form von Monokulturen zu einem höheren Einsatz chemischer Düngemittel und Pestiziden führe. Doch nicht nur für die Umwelt, auch gesellschaftlich habe der gv-Mais negative Einflüsse. Die Kläger*innengemeinschaft sieht durch die industrielle Landwirtschaft das Recht auf Gesundheit und die Ernährungssouveränität vieler Kleinbäuer*innen bedroht. Weil Kleinbäuer*innen nicht mit großen Agrarkonzernen mithalten können, seien sie von Armut betroffen oder würden von ihrem Land vertrieben.
Das Gericht entschied 2013 zugunsten der Kläger*innen und belegte die Aussaat von gv-Mais auf Versuchsfeldern mit Auflagen. Im Jahr 2016 wurde dieses Urteil bestätigt und für zeitlich unbeschränkt erklärt. Dagegen legten die Herstellerfirmen von gv-Mais Beschwerde ein. Mit seiner aktuellen Entscheidung weist der Oberste Gerichtshof auch den von den Herstellerfirmen eingereichten Widerspruch gegen das Verbot zurück. Nun ist das Urteil von 2016, in dem der kommerzielle Anbau von gv-Mais endgültig verboten wurde, in vollem Umfang rechtskräftig.
Schrittweiser Ausstieg geplant
Ende 2020 positionierte sich die linksnationalistische Regierung Mexikos in der gv-Mais-Debatte: Bis zum 31. Januar 2024 soll der Anbau von gv-Mais und die Verwendung von Glyphosat sowie anderen Pestiziden per Dekret vollständig verboten werden. Bis dahin soll die Aussaat und Verwendung schrittweise reduziert werden. Victor Suárez, Staatssekretär für Ernährung und Wettbewerbsfähigkeit, betonte, dass die rechtliche und gesundheitliche Unversehrtheit der Bürger*innen über transnationalen Handelsabkommen stehe. Im Januar 2021 wurde daher ein Dekret zum Verbot verabschiedet. Mexikos Behörden und Bundeseinrichtungen müssen nun dafür sorgen, dass dieses Dekret aus der Theorie in die Praxis umgesetzt wird. Doch das Dekret stößt auch auf Kritik: Es handele es sich um kein verbindliches Verbot, so das mexikanische Netzwerk für die Verteidigung des Mais (Red En Defensa del Maíz). Die Instanzen würden lediglich aufgefordert, im Rahmen bestehender Gesetze, gegen den Einsatz von Glyphosat sowie die Verwendung von gentechnisch verändertem Mais für die Ernährung zu agieren2 .
Ein klares Zeichen für nachhaltigen Wandel?
Das Landwirtschaftsministerium, welchem auch Suárez angehört, möchte einen nachhaltigen Wandel mit agrarökologischen Methoden durch staatliche Förderung und vermehrte Forschung voranbringen. Anstelle von giftigen Pestiziden sollen in Mexiko biologische Mittel gegen Schädlinge verwendet werden. Um eine höhere Bodenfruchtbarkeit und mehr biologische Vielfalt zu fördern, soll auf Mischkulturen und Rotation gesetzt werden, also ganz nach dem traditionellen agrarökologischen Prinzip der sog. Milpa3
. Erfahrungen in Nordmexiko zeigen laut Suárez, dass eine ökologische Landwirtschaft weniger Kosten bei vergleichbaren Erträgen erbringen kann4
.
Durch diesen nachhaltigeren und regionaleren Anbau möchte Mexiko seine landwirtschaftliche Selbstversorgung und somit dessen Ernährungssouveränität stärken. Mexikos Regierung setzt durch diesen Entscheid ein klares Zeichen gegen eine industrielle Landwirtschaft und zeigt den Weg hin zu einem besseren Agrar- und Ernährungssystem.
Gleichzeitig bietet das Dekret einige Schlupflöcher, beispielsweise für Maissorten, die mit neuen Gentechnikverfahren gezüchtet werden. Auch die Zweckbestimmung des Dekrets ist problematisch: Es erwähnt Genehmigungen für die Verwendung von gv-Mais für die Ernährung, sagt aber nichts über Genehmigungen für andere Zwecke, etwa als Futtermittel, aus. Das Netzwerk für die Verteidigung des Mais kritisiert: „Wenn die Absicht wirklich wäre, gv-Mais und Glyphosat zu verbieten, müsste die Verordnung klar, kurz und ausdrücklich ihre Verwendung verbieten5 .“
- 1https://amerika21.de/2021/02/246772/mexiko-verbot-glyphosat-genmais
- 2https://www.npla.de/thema/umwelt-wirtschaft/positive-signale-in-der-agr…
- 3Milpa bezeichnet eine Anbaumethode mit Mischkulturen aus Mais, Bohnen und Kürbis. Durch diese Methode wird ein Nährstoffausgleich & -kreislauf gefördert und die Bodenfruchtbarkeit sichergestellt.
- 4https://www.dw.com/de/bayer-vs-mexiko-glyphosat-oder-freihandel/a-56623…
- 5https://www.npla.de/thema/umwelt-wirtschaft/positive-signale-in-der-agr…
Lilly Presser absolviert seit September 2021 ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr im GeN und unterstützt dabei auch die Redaktion des GID.
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