SZ: Biotechnologie - Saat des Zweifels
(Berlin und München, 6. November 2015) Heute berichtet die Süddeutsche Zeitung über ein Thema, das uns schon seit einer ganzen Weile umtreibt: Den sogenannten RTDS-Raps des US-amerikanischen Biotech-Unternehmens Cibus (dazu auf den Seiten des GeN) und die Regulierung neuer molekularbiologischer und/oder gentechnischer Verfahren zur Manipulation des Erbgutes.
GeN-Mitarbeiter Christof Potthof kommt in dem Beitrag zu Wort.
Hier der Link zum Beitrag in der SZ (sueddeutsche.de):
www.sueddeutsche.de/wissen/biotechnologie-saat-des-zweifels-1.2723427
„Neue Züchtungsmethoden werfen die Frage auf: Ist das schon Gentechnik, oder darf das auf den Acker? Wissenschaftlern fällt die Antwort leicht, jetzt streiten Juristen und Behörden.“ (Von Hanno Charisius)
... was insgesamt gefragt und geantwortet wurde, finden Sie hier:
# Das BVL sagt, die eingesetzte Technik wäre vergleichbar mit chemischer Mutagenese, warum sehen Sie das anders?
Die Freisetzungsrichtlinie unterscheidet glasklar zwischen Techniken, die „seit langem als sicher gelten“ und solchen, für die das nicht zutrifft. Da das für die Technik, mit der der Cibus-Raps hergestellt wurde, nicht zutrifft, fällt die Technik und entsprechend auch der Raps unter das Gentechnikrecht.
Wenn das BVL von „vergleichbar mit chemischer Mutagenes“ spricht, dann ist das eine Formulierung, die mir nicht hilft. Ich möchte die Karten auf dem Tisch liegen sehen. Die Industrie zieht sich wieder einmal auf zu schützende Firmengeheimnisse zurück. Ich möchte, dass unabhängige Forscherinnen und Forscher sich das Material ansehen können - das ist für mich das Wesen von Wissenschaft. Und erst dann können wir davon sprechen, dass etwas wissenschaftlich geprüft und frei von Risiken ist. Bis zu dem Punkt verweise ich schulterzuckend auf das Vorsorgeprinzip.
# Halten Sie Pflanzen, die durch chemische Mutagenese entstanden sind für harmloser? Falls ja: Warum? Falls nein: Wie sollte mit diesen umgegangen werden?
Ich habe nichts dagegen, eine Diskussion über die chemische Mutagenese zu starten. Aber die Frage hat meiner Meinung nach erstmal nichts mit dem aktuellen Sachverhalt zu tun. Grundsätzlich denke ich, dass die chemische Mutagenese den Pflanzen mehr Raum gibt für die eigenen Mechanismen. Insofern ist es legitim, die Technik - und die daraus resultierenden Pflanzen - anders zu behandeln. Für die aktuelle Diskussion ist vor allem relevant, dass die klassische Mutagenese-Züchtungstechnik „seit langem als sicher“ gilt.
# In der Testbiotech-Pressemitteilung [gemeinsame Pressemitteilung] liest es sich so, als würden Sie glauben, das BVL würde den Vorgang geheim halten wollen. Wie kommen Sie zu diesem Eindruck? Denn öffentliche Konsultationen zu Pflanzenzulassungen sind ja sonst auch nicht üblich, oder?
Es ist offensichtlich, dass das BVL ohne Beteiligung der Öffentlichkeit Fakten schaffen wollte. Es geht hier nicht um eine x-beliebige Pflanze. Es geht um eine Grundsatzentscheidung, was in Zukunft als Gentechnik gilt, und was nicht. Da hat das Amt klar seine Kompetenzen überschritten. Es hätte die Cibus-Frage nicht entscheiden müssen, sondern einfach auf den Prozess auf europäischer Ebene verweisen können - nach unserer Lesart verweisen müssen.
Die Zulassungsprozesse für gentechnisch veränderte Pflanzen sind selbstverständlich öffentlich.
[(Gremien des Europäischen Rates sind beteiligt und die Risikobewertungen der zuständigen Behörden werden ebenfalls veröffentlicht.)
... Es geht natürlich noch besser.]
# Muss das Gentechnikgesetz jetzt nachgebessert werden?
Ich glaube, dass eine Änderung des Gentechnikgesetzes vor dem Hintergrund von Genome Editing und Synthetischer Biologie früher oder später nötig sein wird. Allerdings zeigen neue Rechtsgutachten, dass wir im Moment - mit Blick auf die zur Diskussion stehenden Technologien und deren Anwendung in der Entwicklung von Pflanzensorten - zurecht kommen.
Der Text in der Süddeutschen Zeitung.
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Weitere Informationen zum Cibus-Raps und zu neuen Gentechnik-Verfahren
www.gen-ethisches-netzwerk.de/3044
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