Verbreitung von Gentechnik-Raps muss gestoppt werden
(Bad Vilbel, Berlin, Lüneburg, 21. Juni 2016) Die Maßnahmen von acht deutschen Bundesländern zur Überwachung des Durchwuchses von gentechnisch verändertem (GV) Raps auf Flächen, die mit dem GV-Event OXY-235 verunreinigt wurden, sind ungenügend. Dies ergaben die Antworten von sieben Landesministerien auf Nachfrage der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut) und dem Gen-ethischen Netzwerk (GeN). Die Organisationen fordern die Bundesländer auf, hier nachzubessern, und eine konsequente, 20-jährige Überwachung der verunreinigten Flächen sicherzustellen.
Bundesländer müssen Flächen mindestens 20 Jahre überwachen
„Es ist bekannt, dass Rapssaatgut mindestens 20 Jahre lang keimfähig im Boden überdauern kann. So lange besteht also mindestens das Risiko, dass vereinzelt gentechnisch veränderter Raps auf den verunreinigten Flächen keimt. Daher müssen die Bundesländer die betroffenen Flächen über 20 Jahre hinweg überwachen und auflaufenden Durchwuchsraps vernichten“, so Annemarie Volling, Gentechnik-Expertin der AbL. So lange besteht also mindestens das Risiko, dass vereinzelt gentechnisch veränderter Raps auf den verunreinigten Flächen keimt. Daher müssen die Bundesländer die betroffenen Flächen über 20 Jahre hinweg überwachen und auflaufenden Durchwuchsraps vernichten. „Die Kontrollen müssen auch dann fortgesetzt werden, wenn in einzelnen Jahren kein Raps aufkeimen sollte, wie Erfahrungen mit Freisetzungen von Raps belegen. In diesem Zeitraum darf auf den Flächen auch kein anderer Raps ausgebracht werden. Zudem müssen die Bundesländer, in denen Freisetzungsversuche mit GV-Raps stattgefunden haben sicherstellen, dass von diesen Flächen keine Saatgutverunreinigungen ausgehen.“
„Um großflächige Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu verhindern, ist es geboten, dass die Bundesländer bei der Überwachung von Saatgut nachbessern“, ergänzt Stefanie Hundsdorfer von der IG Saatgut. „Bei landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturarten, die wie Raps einem Verunreinigungsrisiko ausgesetzt sind, genügen die derzeitigen stichprobenartigen Tests nicht. Saatgut steht am Anfang der Lebensmittelerzeugung. Um unsere Nahrung gentechnikfrei zu halten, sollten die Behörden bei Raps jede Saatgutpartie lückenlos vor dem Inverkehrbringen auf das Vorkommen von gentechnisch veränderten Anteilen überprüfen.“
„Benachbarte Züchter, Saatguterzeuger, Landwirte, Gärtner und Imker müssen über die Verunreinigung informiert werden, um sich schützen zu können“, so Christof Potthof vom Gen-ethischen Netzwerk (GeN). „Mehrere Gerichtsurteile haben in vergleichbaren Fällen bestätigt, dass ein Anspruch auf Information über die flurstücksgenauen Daten zu mit GVO verunreinigten Flächen besteht. Dies sollten die zuständigen Minister beherzigen und die flurstücksgenauen Daten zu den betroffenen Flächen veröffentlichen.“
Kontakt:
Annemarie Volling, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Tel. 0160/96760146, mail: volling@abl-ev.de
Stefanie Hundsdorfer, Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut), Tel. 01577/1780098, mail: stefanie.hundsdorfer@ig-saatgut.de
Christof Potthof, Gen-ethisches Netzwerk, Tel. 0163/2606359, mail: cp@gen-ethisches-netzwerk.de
Hintergrund:
Ende Oktober 2015 wurde bekannt, dass gentechnisch verunreinigtes Rapssaatgut auf Versuchsflächen in England und Schottland ausgebracht wurde. Das gentechnisch veränderte (GV) Event OXY-235, das im Rahmen von Sortenentwicklungsarbeiten der französischen Saatgutfirma RAGT in konventionellem Winterrapssaatgut ausgesät wurde, wurde von Rhone-Poulenc entwickelt, das Patent dazu hat Bayer Crop Science inne. RAGT hatte die Verunreinigung bei eigenen Kontrollen festgestellt, diese wurde in Nachkontrollen der Behörden in Höhe von 0,3% bestätigt. Der Raps ist in der Europäischen Union weder für den Anbau noch als Lebensmittel oder Futtermittel zugelassen.
Inzwischen ist bekannt, dass auch Flächen in Deutschland, Frankreich, Ungarn, Polen, Rumänien, Dänemark, der Tschechischen Republik von der Verunreinigung betroffen sind. In Deutschland sind Standorte in acht Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern, Thüringen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) betroffen.
Es wird angenommen, dass die Verunreinigung auf Feldversuche mit OXY-235 in den Jahren 1995/1996 in Frankreich zurückgeht. Offenbar ist die Zuchtlinie, die verunreinigt wurde, auf derselben Fläche wie zuvor der Gentechnik-Raps ausgebracht worden. Wie genau das GV-Saatgut seinen Weg in den konventionellen Raps fand, ist unklar.
Das Gen-ethische Netzwerk, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und die Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut) haben das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und die zuständigen Minister der acht betroffenen deutschen Bundesländer angeschrieben – mit ausführlichem Fragenkatalog. Von allen Bundesländern, außer von Niedersachen, kam Rückmeldung. Im Mai haben wir die Bundesländer erneut angeschrieben, um auf die für uns unzureichenden Nachsorgemaßnahmen aufmerksam zu machen und ein Nachbessern einzufordern. Eine erste Antwort aus Mecklenburg-Vorpommern liegt vor.
Weitere Info:
www.gen-ethisches-netzwerk.de/files/1606_hintergr…