Keine Nachhaltigkeit mit Agro-Gentechnik

Kommentar zur heute veröffentlichten Farm-to-Fork Strategie der Europäischen Union

(Berlin/Köln, 20.05.2020) Das Gen-ethische Netzwerk, Save our Seeds und IG Saatgut fordern: Sinnvolle Innovationen statt Techno-Fix und leeren Versprechen – weitere Regulierung der neuen Gentechniken sicherstellen – Gene-Drive-Technologie verbieten.

Landschaft mit Weizenfeld

Foto: Pixabay

Heute hat die EU Kommission ihre lang erwartete Farm-to-Fork-Strategie sowie die EU-Biodiversitätsstrategie in Brüssel vorgestellt. Die Farm-to-Fork-Strategie soll als wichtige Komponente des Green Deal die europäische Landwirtschaft nachhaltiger machen. Der Termin für die Veröffentlichung war zuvor zwei Mal verschoben worden. Das Gen-ethische Netzwerk (GeN), Save our Seeds und die Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut) kommentieren:

„Wir begrüßen es, dass die Europäische Kommission in der Farm-to-Fork-Strategie die großen Herausforderungen der europäischen Landwirtschaft benennt und dabei auf einen Umbau der Ernährungssysteme setzen möchte“, so Pia Voelker vom Gen-ethischen Netzwerk (GeN). „Doch der Verweis auf die neuen gentechnischen Verfahren (‚neue innovative Techniken, einschließlich der Biotechnologie und ‚neue genomische Techniken‘) als angebliche Instrumente für mehr Nachhaltigkeit und weniger Pestizideinsatz steht dazu in einem starken fachlich-inhaltlichen Widerspruch. Anstatt mit der Agrarindustrie weiter auf jene Akteure zu setzen, die unsere aktuellen Probleme im Bereich Landwirtschaft maßgeblich verursacht haben, sollte die Kommission endlich einen grundlegenden Umbau der europäischen Agrarsysteme vorantreiben.“

Aus Sicht der drei Organisationen ist es insbesondere problematisch, dass die Kommission im Zusammenhang mit der Studie, die sie in den nächsten Monaten zu den neuen gentechnischen Verfahren anfertigen wird, ausschließlich von Potentialen der Gentechniken  spricht. „Es ist nicht akzeptabel, dass die EU-Kommission die Studie entgegen ihres Mandats dafür instrumentalisiert, einseitig auf vermeintliche Potentiale der neuen Gentechniken einzugehen, um eine Deregulierung der Technologien voranzutreiben“, so Voelker. „Stattdessen sollte die Kommission die weitere Regulierung der neuen Techniken unter aktuell geltendem Gentechnikrecht sicherstellen, damit die Risiken für Verbraucher*innen und Umwelt weiterhin geprüft und mögliche negative Auswirkungen überwacht werden können. Nur so kann das erklärte Ziel der Farm-to-Fork-Strategie, europäische Lebensmittel zum globalen Standard für Nachhaltigkeit zu machen, erreicht werden.“

„Die Europäische Kommission sollte die Versprechen der Biotech-Industrie kritisch prüfen und erkennen, dass wir drängende Herausforderungen wie die Sicherung unserer Ernährung im Zuge der Klima- und Biodiversitätskrisen nicht mit neuen gentechnischen Verfahren meistern können“, so Stefanie Hundsdorfer von der Interessengemeinschaft für gentechnikfreie Saatgutarbeit (IG Saatgut). „Angesichts des komplexen Charakters der Probleme sind technische Innovationen als Abhilfe schlicht ungeeignet. Umso mehr, da die Geschäftsmodelle derjenigen, die die Patente und Nutzungsrechte der neuen Gen-Technologien besitzen, die dringend benötigte Vielfalt in Züchtung und Landwirtschaft weiter reduzieren. Für die Sicherung unserer Ernährung im Zuge der Klimakrise ist es zudem viel erfolgversprechender, die Widerstandsfähigkeit der Agrar-Ökosysteme und die genetische Vielfalt von Pflanzen zu fördern, als einzelne Genabschnitte zu verändern. Anstatt weiter auf die teuren und riskanten Gen-Technologien zu setzen, sollte die Kommission den Ausbau der bereits praktizierten vielfältigen, lokal angepassten und wahrhaft innovativen Ansätze für nachhaltige Agrarsysteme konsequent vorantreiben, wie sie beispielsweise in der ökologischen und partizipativen Pflanzenzüchtung und in der agrar-ökologischen Forschung gemeinsam mit Landwirt*innen entwickelt werden. Nur so ist ihr Bekenntnis zur Förderung agrar-ökologischer Ansätze glaubwürdig.“

„In der heute veröffentlichten EU-Biodiversitätsstrategie vermissen wir die explizite Ablehnung und den Ausschluss jeglicher Nutzung der Gene Drive Technologie. Auch fehlt das Ziel, ein weltweites Moratorium auf jegliche Freisetzung von Gene Drive Organismen auf Ebene der UN Biodiversitätskonvention anzustreben, wie es das Europäische Parlament in seiner Resolution (2019/2824(RSP) vom Januar 2020 bereits richtigerweise forderte. Eine Technologie, die zum Ziel hat, wildlebende Populationen und Arten auszurotten steht im Widerspruch zu den Natur- und Artenschutzzielen der EU und sollte verboten werden,“ so Mareike Imken von Save Our Seeds.

 

20. Mai 2020

Gen-ethisches Netzwerk e.V.

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