Kritische Sozialwissenschaft

Schwerpunkt

„Gesellschaftswissenschaft ist Gesellschaftskritik!“ So lautete lange Zeit das Selbstbild der SozialwissenschaftlerInnen und lautet es noch heute für viele. Doch wie sieht die Praxis aus? Bleibt sie durch nie abgeschlossene Diskussionen behütet im akademischen Elfenbeinturm stecken? Und wenn sie es in die politische Praxis schafft, was wird dann daraus? Im Schwerpunkt fragen wir nach der zivilgesellschaftlichen Nützlichkeit sozialwissenschaftlicher Ansätze, die sich kritisch mit neuen Technologien befassen.

Impressum

GID 218, Juni 2013, 29. Jahrgang, ISSN 0935-2481, Redaktion: Theresia Scheierling (ViSdP), Anne Bundschuh, Monika Feuerlein, Jule Manthei, Christof Potthof, Susanne Schultz, Alexander v. Schwerin, Uta Wagenmann

Artikel in dieser Ausgabe

  • Transdisziplinärer Dialog über Agro-Gentechnik

    Anne Bundschuh

    Unter dem Stichwort Sozial-ökologische Forschung finanziert das Forschungsministerium Forschungsgruppen, die Nachhaltigkeitsprobleme zwischen Gesellschaft und Natur untersuchen. Eine dieser Gruppen bindet Akteure der gentechnikkritischen Bewegung ein. Welche Konflikte und Reibungspunkte ergeben sich dabei? Und was können soziale Bewegungen von der Zusammenarbeit erwarten?

  • Sozialwissenschaft und Politik

    Hauke Benner Bernhard Gill Gregor Kaiser Udo Sierck

    Wie sehen SozialwissenschaftlerInnen und AktivistInnen das Verhältnis zwischen wissenschaftlicher Forschung und politischer Praxis? Wo hat kritische Wissenschaft einen Mehrwert für die politische Arbeit, und inwiefern lässt sich beides im Alltag vereinbaren? Diese und ähnliche Fragen stellten wir Menschen aus dem näheren Umfeld des GeN, die die Gen-, Bio- und Reproduktionstechnologien zum Teil schon seit Jahrzehnten kritisch begleiten und sich gegen die genzentrierte Sichtweise auf Mensch und Natur zur Wehr setzen. Vier davon meldeten sich in kurzen Statements zu Wort.

  • Die Kritik der Umfrageforschung

    Birgit Peuker

    Bevölkerungsumfragen bestätigen schon seit Mitte der 1990er Jahre, dass ein Großteil der Bevölkerung Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln ablehnend gegenübersteht. Die hohen Ablehnungsquoten werden oft als Beweis für eine gentechnikkritische Haltung in der Bevölkerung angeführt. Ist dies ein Grund, dies als einen Beitrag der Sozialwissenschaften zur Gentechnikkritik zu werten?

  • Biopolitik statt Bioethik

    Interview mit Thomas Lemke

    Sozialwissenschaftliche Forschung zu den Biowissenschaften reicht von grundlagentheoretischen Problemen bis hin zu anwendungsbezogenen Fragestellungen. Sie kann Orientierungshilfen und Entscheidungsgrundlagen für die politische und mediale Öffentlichkeit anbieten, wird aber kaum nachgefragt. Wie kommt das?

  • Diskursforschung zur Ethikfalle

    Sabine Könninger

    Was macht Technologiedebatten zu ethischen Debatten? Heute werden nicht nur Fragen des „Lebens“ sondern auch Atomkraft oder Nanotechnologie „ethisch“ verhandelt. Eine kritische Diskursforschung aus Hannover hat diesen Trend unter die Lupe genommen. Ein für Protestbewegungen zentrales Ergebnis: Ethik ist nicht inhaltlich bestimmt, sondern regelt, wie gesprochen werden darf. Dazu zählt, dass politische Kontroversen nicht vorgesehen sind.

  • Produktion hypothetischer Zukünfte

    Petra Schaper-Rinkel

    „Für eine andere Zukunft“, so lautete einmal die Forderung von SozialwissenschaftlerInnen, Technologieentwicklung partizipativ zu gestalten und Wissen über gesellschaftliche Kontexte und Folgen einfließen zu lassen. Heute ist sozialwissenschaftliche Expertise in die Innovationspolitik integriert und partizipative Verfahren sind institutionalisiert. Was heißt das für eine Perspektive der Kritik?

  • An der Leine der Gentechnik-Industrie

    Andreas Bauer-Panskus Christoph Then

    Wesentliche Akteure des Risikoforschungs-Projektes GRACE sind bekanntermaßen eng mit der Gentech-Industrie verbunden. So ist es kein Wunder, dass sich zeitgleich Gentechnik-kritische Verbände für eine Bundestagspetition einsetzen, die unabhängige Risikoforschung stärken soll.

  • Testzone

    Monika Feuerlein Die geheimen Medikamententests in der DDR sind vor allem ein Skandal des Westens. Juristische Folgen sind nicht zu erwarten.

  • „Auf Stigmatisierungen und Ausgrenzungen haben wir keine Lust“

    Am 13. Juli findet in Berlin die Disability & Mad Pride Parade 2013 statt. Der GID dokumentiert die Langfassung des Aufrufs, den das Bündnis psychiatriekritischer und behindertenpolitischer Gruppen, das die Parade vorbereitet, neben weiteren Infos unter www.pride-parade.de/index.html ins Netz gestellt hat.

  • Die Welt als unsichtbares Gefängnis

    Markus Jansen

    Der „Bevölkerungsscanner“ INDECT, ein von der EU finanziertes Forschungsprojekt, unterminiert demokratisch-freiheitliche Grundrechte und vernichtet die Öffentlichkeit als politischen Raum. Zusätzliche Brisanz erhält das Überwachungssystem durch neueste Entwicklungen im Bereich biometrischer Erfassung und genetischer Analyse.

  • TTIP nein danke!

    Martha Mertens

    US-Präsident Obama und EU-Kommissionspräsident Barroso kündigten im Februar dieses Jahres die Aufnahme von bilateralen Verhandlungen zur Bildung einer Freihandelszone an. In Umwelt- und Verbraucherschutzkreisen wurde dies mit sehr gemischten Gefühlen aufgenommen. Ein breites Bündnis von Verbänden bereitet sich nun auf eine intensive Diskussion über das TTIP-Abkommen vor.

  • Heu auf verschiedenen Bühnen

    Christof Potthof

    In der Schweiz ist die Debatte um das Für und Wider der Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmittel-Produktion in eine neue Runde gegangen. In einem aktuellen Verfahren zur Festlegung von Koexistenzregeln zeigt sich Polarisierung - auch als Spätfolge des im vergangen Jahr beendeten Nationalen Forschungsprogramms 59.