Rezension: Never rarely sometimes always
Niemals selten manchmal immer – so lauten die Antwortmöglichkeiten zu einer Reihe von Fragen über das Sexual- und Beziehungsleben der Protagonistin des gleichnamigen Films, die ihr in einer Beratungssituation in einer Abortion Clinic in New York gestellt werden. Einfühlsam und mit viel Ruhe zeigt Drehbuchautorin und Regisseurin Eliza Hittman wie die 17-jährige Autumn (Sidney Flanigan) reagiert, als sie von ihrer ungewollten Schwangerschaft erfährt. Die Zuschauer*innen begleiten Autumn zunächst allein auf ihrer Suche nach Informationen im Internet und in einer unprofessionellen Schwangerschaftsberatungsstelle in ihrem Heimatort. Später geht es in Begleitung ihrer Cousine Skyler (Talia Ryder) mit der Adresse einer Klinik in der Tasche im Bus nach New York. Fast dokumentarisch begleitet die Kamera die beiden jungen Frauen auf ihrer Reise. Ohne künstlich einen Spannungsbogen aufzubauen oder berührende Szenen mit dramatischer Musik aufzubauschen, schafft dieser berührende Film es, die Zuschauer*innen von Anfang bis Ende zu fesseln. Eingebettet in Autumns persönliche Geschichte werden strukturelle Hürden, emotionale Herausforderungen und gesellschaftliche Tabuisierungen, die mit den Themen Sexualität, Schwangerschaftsabbruch, sexualisierte Gewalt und Armut verknüpft sind, verdeutlicht. Auch wenn er in Pennsylvania und New York spielt, wo die gesetzlichen Regelungen und die gesellschaftspolitische Diskussion zum Schwangerschaftsabbruch sich vom deutschen Diskurs und der hier geltenden Rechtslage unterscheiden, so lassen sich doch viele gezeigte Aspekte auf die aktuelle Situation in Deutschland übertragen. Der Film ist intim und politisch, sehr sehenswert und verdeutlicht die Wichtigkeit von Empathie und Solidarität mit ungewollt schwangeren Personen.
➤ Eliza Hittman (2020): Niemals selten manchmal immer, USA. 102 Minuten, deutscher Kinostart 01.10.2020. Trailer: www.kurzelinks.de/gid255-ta.
Taleo Stüwe ist Mediziner*in und Mitarbeiter*in des GeN.