Keine Geschäfte für Monsanto

Frankreich: MON810-Saatgut wird nicht verkauft

In Frankreich ist auch dieses Jahr nicht mit einem Anbau von gentechnisch verändertem Mais zu rechnen. Als Reaktion auf die klare Position der Regierung und die anhaltenden Proteste will Monsanto kein MON810-Saatgut verkaufen.

Das höchste Verwaltungsgericht Frankreichs hat Ende November das Verbot des Anbaus von gentechnisch verändertem (gv) Mais aufgehoben. Rechtlich gesehen steht dem Anbau der Bt-Maissorte MON810 damit momentan nichts mehr im Wege. Dennoch ist nicht davon auszugehen, dass der umstrittene Mais 2012 tatsächlich auf französischen Feldern wachsen wird. Denn sowohl Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet als auch Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire - beide von der konservativen UMP - bekräftigten mehrmals ihr Vorhaben, vor Beginn der diesjährigen Anbausaison ein neues Verbot auszusprechen. Monsanto nimmt die Politik beim Wort und unterlässt Vorbereitungen zum Verkauf des Saatguts. Französische Bäuerinnen und Bauern durften MON810 zuletzt im Jahr 2007 anpflanzen. Nach Bekanntwerden des Urteils wendeten sich sowohl BefürworterInnen als auch KritikerInnen der Agro-Gentechnik verstärkt an die französischen Medien und die Öffentlichkeit, um ihre jeweiligen Standpunkte darzulegen. Organisationen wie die Vereinigung französischer Maisproduzenten AGPM oder die Französische Vereinigung für Pflanzenbiotechnologie AFBV begrüßen das Ende des Verbots und hoffen auf den Anbau von MON810 in Frankreich in diesem Jahr. Dass sie damit der Ansicht vieler MitbürgerInnen widersprechen, offenbart unter anderem die hohe Beteiligung an einer von Umwelt- und Imkereiverbänden initiierten Online-Petition. Diese weist auf die Gefahren hin, die der Imkerei durch gv-Pflanzen drohen, und fordert einen besseren Schutz von ImkerInnen und VerbraucherInnen. Zu Redaktionsschluss hatten bereits 140.000 Menschen unterschrieben.1

Protestaktionen...

Um auf die breite Ablehnung von gv-Pflanzen hinzuweisen und ein erneutes Verbot zu fordern, organisierten Gentechnik-KritikerInnen seit Anfang des Jahres einige Protestaktionen. Am 6. Januar gaben sich etwa 150 AktivistInnen als Lieferanten aus und drangen auf diese Weise in die Verwaltungsgebäude von Monsanto in der südfranzösischen Gemeinde Monbéqui vor. Zwei Wochen später demonstrierten 200 Personen vor dem Sitz des Unternehmens südlich von Lyon, darunter VertreterInnen von Imker- und Bauernverbänden sowie der französischen Freiwilligen Feldbefreier, der Faucheurs Volontaires. Nach Angaben des kritischen Informationsdienstes Inf'OGM wurden sie von etwa einem Dutzend Mitglieder des Regionalrates, des exekutiven Organs der Region Rhône-Alpes unterstützt.2 Am 23. Januar verschafften sich etwa 100 Personen Zugang zu einem Lagerhaus des US-Konzerns in der südfranzösischen Gemeinde Trèbes. Den Inhalt der dort gelagerten Säcke mit MON810-Saatgut schütteten sie auf einen Haufen und umzäunten ihn mit einem Spruchband: „GVO-Zone“. Die AktivistInnen äußerten ihre Verwunderung darüber, fertige Säcke mit Saatgut vorzufinden, obwohl die Regierung sich klar gegen MON810 ausgesprochen und ein erneutes Verbot angekündigt hatte. Nach Auskunft eines Monsanto-Mitarbeiters war das entdeckte Saatgut jedoch nicht für den Verkauf in Frankreich, sondern für den Export bestimmt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete einen Tag später von einer diesbezüglichen Stellungnahme des Konzerns. Monsanto hat demnach nicht die Absicht, in diesem Jahr MON810-Saatgut in Frankreich zu verkaufen, da es die Bedingungen für ungünstig hält.3

...und eine bemerkenswerte Entdeckung

Die AktivistInnen machten eine weitere bemerkenswerte Entdeckung: Ein Teil des Mais-Saatgutes war anscheinend mit Poncho, einem in Frankreich verbotenen Insektizid behandelt worden. Das von Bayer produzierte Insektengift basiert auf dem Wirkstoff Clothianidin und ist auch in Deutschland nur begrenzt zugelassen. Welche Konsequenzen dieser Fund haben wird, ist bisher noch nicht abzusehen.4 Was momentan aber vor allem noch offen bleibt, ist die Frage nach dem Zeitpunkt des erneuten Anbauverbots. Hierzu zitiert Inf'OGM Umweltministerin Kosciusko-Morizet wie folgt: „Wir wissen sehr gut, dass wir in diesem Punkt nicht mit der Europäischen Kommission übereinstimmen, das ist nichts Neues. Wenn wir die Verbotsklausel erst im Februar kurz vor der Aussaatperiode aufsetzen, können wir sie aus Dringlichkeitsgründen sofort in Kraft treten lassen, ohne die Antwort der Kommission abzuwarten. Landwirten, die Bedenken haben MON810 zu kaufen, sagen wir: Wir sprechen uns gegen MON810 aus, also lohnt es sich nicht, das Saatgut zu kaufen.“5

Erschienen in
GID-Ausgabe
210
vom Februar 2012
Seite 41

Anne Bundschuh arbeitet beim Forum Umwelt und Entwicklung und koordiniert dort das Netzwerk Gerechter Welthandel. Von 2012 bis 2017 war sie Mitarbeiterin des GeN.

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