Bt-Baumwolle vor Gericht

Erstmals für die Anbau-Saison 2002 zugelassen, sorgt die transgene Bt-Baumwolle für nicht enden wollende Streitigkeiten zwischen dem Biotech-Joint-Venture Mahyco-Monsanto, den Landwirten und der Regierung des indischen Bundesstaates Andra Pradesh. Jetzt muss das Oberste Gericht entscheiden.

Mahyco-Monsanto Biotech India Ltd. (MMB) ist von der indischen ‚Kommission für Monopolbildung und restriktive Handelspraktiken’ (Monopolies and Restrictive Trade Practices Commission - MRTP-C) angeklagt worden. Das Unternehmen hatte transgene Bt-Baumwolle, die ein vom US-Biotech-Konzern Monsanto neu eingefügtes Gen des Bakteriums Bacillus thuringiensis enthält, zu übertrieben hohen Preisen verkauft. Zudem erstreckt sich die Klage auf den Vorwurf, MMB habe in Indien ein Monopol. Die Firma hat vor dem Obersten Gericht Einspruch erhoben. Bt-Baumwolle produziert ein so genanntes BT-Toxin, das die Pflanzen gegen bestimmte Fraßschädlinge schützen soll.

Einführung im Jahre 2002

Die Einführung gentechnisch veränderter Bt-Baumwollsorten durch MMB auf dem indischen Markt war gekennzeichnet von nicht enden wollenden Auseinandersetzungen. Bt-Baumwolle erhielt für die Anbau-Saison 2002 erstmals eine Zulassung zur Kultivierung in Indien. Dies geschah, obwohl die indische Nichtregierungsorganisation GeneCampaign und andere Gruppen der Zivilgesellschaft Bedenken geltend gemacht hatten. Diese bezogen sich auf das den Sorten zugrunde liegende Basissaatgut, die so genannten MECH-Sorten, die bestenfalls durchschnittliche Qualität aufwiesen, sicher aber nicht als Sorten mit gutem Ertrag bekannt waren. In den drei Jahren, für die die Sorten die vorläufigen Zulassungen (provisional permission) für den Anbau erhalten hatten, wurde festgestellt, dass sie in nahezu allen indischen Bundesstaaten, in denen sie eingesetzt worden waren, schlechte Erträge brachten. Besonders schlechte Ernten waren in den Bundesstaaten Andhra Pradesh, Mayda Pradesh und Maharashtra zu beklagen. Die Bäuerinnen und Bauern hatten unter großen Verlusten zu leiden und die Verschuldung von Bauern mit geringeren Ressourcen, die auch zu tragischen Selbstmorden geführt hatte (1), nahm durch die überteuerte MMB-Bt-Baumwolle noch zu. Berichte staatlicher Landwirtschaftsämter (State Agriculture Departments) spiegelten die Ergebnisse der Untersuchungen, welche seitens der Zivilgesellschaft, so auch von GeneCampaign, erstellt worden waren. 60 Prozent der Bäuerinnen und Bauern hatten derart starke Verluste zu beklagen, dass sie ihre Ausgaben nicht wieder erwirtschaften konnten. Der Landwirtschaftsminister von Andhra Pradesh musste eingestehen, dass Bt-Baumwolle die Landwirte ruiniert hat.

1.250 Rupien für Monsanto

Im Gegensatz zu den 300 bis 400 indischen Rupien (Rs), die für einen 450-Gramm-Sack lokaler Baumwoll-Hybridsorten in Rechnung gestellt werden, kosteten die Bt-Sorten von MMB zunächst 1.650 Rupien je Sack, später 1.800 Rs (1 Euro = 53,68 Indische Rupien, Stand Januar 2006). Von den 1.650 Rs gingen 1.250 Rs als Lizenzgebühr für die Nutzung der Bt-Technologie an Monsanto. Möglicherweise wurde die Lizenzgebühr erhöht, als der Preis auf besagte 1.800 Rs anstieg. In jedem Fall ist dies die höchste Lizenzgebühr, die von Monsanto weltweit erhoben wird. Die Gebühren in China und Brasilien liegen bei etwa einem Zehntel dieses Betrages. Außerdem bietet MMB Bt-Baumwolle in Indien als Hybridsorten und nicht als nachzüchtbare, samenfeste Sorten an. So wird das Monopol gefestigt. Bäuerinnen und Bauern können die Samen nicht für die Aussaat einbehalten, sie müssen alljährlich neues Saatgut kaufen. Bei samenfesten Sorten dagegen können die Samen im Folgejahr als Saatgut ausgebracht werden. Die finanzielle Belastung ist dadurch für die Bauern geringer. Zudem funktioniert die Bt-Technologie besser, wenn eine Sorte zwei unterschiedliche Bt-Gene enthält, als wenn die Sorte nur ein Bt-Gen enthält, wie dies bei den Hybriden der Fall ist. Deren Fähigkeit, einen Schädling zu kontrollieren, ist nur halb so stark ausgeprägt.(2)

Fehlschlag

Nachdem sich die Bt-Baumwolle von MMB als ein Fehlschlag erwiesen hatte, forderte GeneCampaign von dem damaligen indischen Landwirtschaftsminister, Sri Ajit Singh, eine Untersuchung der Erträge der Bt-Baumwolle. MMB sollte dazu gezwungen werden, jenen Bäuerinnen und Bauern, die Verluste gemacht hatten, einen finanziellen Ausgleich zu zahlen. Diese Möglichkeit ist im indischen Recht explizit vorgesehen. MMB wies diese Forderung rundweg ab und weder das Landwirtschaftsministerium noch das ‚Zulassungs-Komitee für gentechnische Veränderungen’ (Genetic Engineering Approval Committee - GEAC) hat daraufhin irgendetwas unternommen. Selbst als von der Regierung von Andhra Pradesh ein Ausgleich der finanziellen Verluste der Bäuerinnen und Bauern gefordert wurde, wies MMB dies schlicht zurück - wobei das GEAC nur zusah.

MMB-Sorten verboten

Die Regierung Andhra Pradeshs entschied sich daraufhin 2005, den Verkauf der MMB-Sorten im eigenen Bundesstaat zu verbieten. In der Zwischenzeit hatte MMB die Technologie der Bt-Baumwolle an zahlreiche weitere indische Firmen in Lizenz weitergegeben. Auf Initiative dieser Firmen schlug die Regierung des Bundesstaates Mahyco-Monsanto Biotech India vor, die bis zu diesem Zeitpunkt hin überaus hohen Lizenzgebühren zu reduzieren, damit das Saatgut für Bauern erschwinglicher wäre. Denn der überhöhte Preis des transgenen Baumwoll-Saatgutes schien die Hauptursache dafür zu sein, dass sich das Saatgut für viele der Bauern wirtschaftlich nicht rechnete. Als MMB dies zurückwies, wandten sich die Regierung von Andhra Pradesh und zwei Bauern-Organisationen im Januar 2006 an die Kommission für Monopolbildung und restriktive Handelspraktiken. Diese sollte wegen der überhöhten Gebühren für die Bt-Baumwolle Schritte gegen die Firma unternehmen. Auf Betreiben der Monopolkommission wurde der Sachverhalt vom ‚Generaldirektor für Untersuchung und Registrierung’ (Director General for Investigation and Registration - DGIR) untersucht. Die Autoren des DGIR-Berichtes kamen zu dem Schluss, dass MMB keinen Grund für die exorbitanten Lizenzgebühren angeben konnte. Da es keine Konkurrenz gab, konnte die Firma für die Technologie willkürliche und unangemessene Gebühren verlangen und somit ein Monopol aufbauen. In einer einstweiligen Entscheidung wies die Monopolkommission Mohayco-Monsanto Biotech India an, die Lizenzgebühren in Indien auf den in China üblichen Betrag zu reduzieren. Dies vorausahnend senkte MMB die Gebühren schon von sich aus auf 900 Rs je Sack. Die Entscheidung der Monopolkommission könnte von MMB noch eine weitere Absenkung verlangen.

Das Oberste Gericht

Als Reaktion auf die Entscheidung der Kommission rief Mahyco-Monsanto Biotech das indische Oberste Gericht an, deren Anweisung, einen angemessenen Preis für die Bt-Baumwolle festzulegen, anzufechten. MMB behauptete, die Kommission habe kein Recht, in dieser Sache zu urteilen, da es hier um den Schutz geistiger Eigentumsrechte gehe. Dieser wie auch die Lizensierung fielen nicht unter die Regelungen für Waren oder Dienstleistungen, da es sich nicht um Handel mit Waren handele. Es soll an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass die Integration von geistigen Eigentumsrechten in den internationalen Handel durch das TRIPS-Übereinkommen geistige Eigentumsrechte tatsächlich zu handelbaren Waren gemacht hat (3), so dass die Position von MMB substanzlos sein dürfte. MMB behauptet weiter, die Entscheidung sei unberechtigt, da die Lizenzgebühr für Monsantos Technologie und Know-how von Monsanto selbst gefordert wird. Die Lizenzgebühr werde für die Bt-Technologie erhoben, die von den Sub-Lizenznehmern in eigenen Sorten weiterverwendet worden sei. Diese Behauptung ist ebenso substanzlos. Der indische Lizenznehmer des Genkonstruktes ist Mahyco-Monsanto Biotech India (MMB). Diese Firma ist ein Joint Venture von Monsanto und Mahyco. Das bedeutet, die Firma Monsanto hat die Technologie in Lizenz an sich selbst weitergegeben. MMB argumentiert desweiteren, dass es in der indischen Gesetzgebung keine Regel oder Richtlinie gebe, die die Preise festlegt, die ein Technologie-Besitzer einem Unter-Lizenznehmer in Rechnung stellen kann. Dieses Argument ist leicht widerlegt durch die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts (Competion Act), das explizit jede Vereinbarung zwischen Firmen verbietet, die einen Handel mit gleichen Gütern betreiben, wenn dies zu einer direkten oder indirekten Abstimmung über Einkaufs- oder Verkaufspreise führt. Die ist aber bei Monsanto und MMB der Fall.

Firmen- oder Handelsgeheimnis?

Mahyco-Monsanto Biotech hat gegenüber dem Obers-ten Gericht vorgebracht, dass die Technologie ein Firmen- oder Handelsgeheimnis sei - eine weitere verzweifelte Bemühung, denn dies entspricht nicht der Wahrheit. Die Bt-Technologie ist kein Geheimnis, ganz im Gegenteil: Die Funktionsweise der Technologie und ihr Aufbau ist genau bekannt. Das Bt-Konstrukt, das in den Bollgard Baumwollsorten von Monsato angewendet wird, ist patentiert. Eine fundamentale Voraussetzung für die Erteilung eines Patentes ist die Offenlegung des zu patentierenden Objektes. Somit sind alle Details der Bt-Technologie, die bei der in Indien verwendeten Bollgard Baumwolle angewendet wird, der Öffentlichkeit bekannt. Sie können also beim besten Willen nicht als "nicht zu veröffentlichende Information" oder "Handelsgeheimnis" bezeichnet werden. Zudem ist die Bt-Technologie in vielen Ländern der Erde lizensiert worden, so dass ihr Know-how schon mehrmals an eine Reihe verschiedener Parteien weitergegeben wurde. Es gibt daran nichts, das nicht veröffentlicht beziehungsweise geheim wäre. Bei einem Handelsgeheimnis ist die Zusammensetzung eines Produktes vollständig geheim. Zum Beispiel gilt dies für das Rezept von ‚Coca Cola’. Bei dem Rezept handelt es sich um eine nicht veröffentlichte Information und niemand weiß, aus was das Getränk besteht. Dies ist bei der Bt-Technologie nicht der Fall.

Interessen der Öffentlichkeit

Das Oberste Gericht wird sicherlich erkennen können, dass der Einspruch von Mahyco-Monsanto ohne jede Basis ist. Ein korrektes Urteil, das sich insbesondere auf den Teil des Gesetzes bezieht, der die Interessen der Öffentlichkeit schützt, wird die Bedingungen für den Technologietransfer in Indien hoffentlich so gestalten, dass habgierige Konzerne davon abgehalten werden können, unter dem Deckmantel der Spitzentechnologie die indischen Bauern auzubeuten.
Übersetzung: Christof Potthof

Fußnoten:

  1. Anmerkung der Redaktion: Selbstmorde von verschuldeten Landwirten sind in Indien schon vor der Einführung der Agro-Gentechnik zu beklagen gewesen.
  2. Dies geht aus einer Studie hervor, die von dem führenden indischen Baumwoll-Forschungsinstitut (Central Institute for Cotton Research - CICR in Nagpur) im Juli 2005 veröffentlicht wurde (erschienen in: Current Science, Ausgabe vom 25. Juli 2005). Demnach ist der Hauptschädling im indischen Baumwoll-Anbau, der ‚bollworm’, nicht empfindlich gegen das Cry1Ac-Toxin, das in der hier eingesetzten transgenen Baumwolle produziert wird.
  3. TRIPS: Das Abkommen der Welthandelsorganisation WTO über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (Trade Related Intellectual Property Rights - TRIPS); zu diesen Rechten geistigen Eigentums zählen Urheber- und verwandte Schutzrechte, Patente und andere.
GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
176
vom Juni 2006
Seite 5 - 7

Die habilitierte Genetikerin Suman Sahai ist Direktorin der indischen Nichtregierungsorganisation GeneCampaign.

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