Forstwirtschaft und Forschung
Privatwirtschaftliche Interessen werden mit den Forschungen an Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen zur Deckung gebracht. Das Ziel ist die Eingliederung der Natur in rundherum ökonomisch verwertbare Produktionsprozesse.
Gentechnisch veränderte Bäume sind kein Ergebnis der Evolution. Sie sind das Ergebnis von Entscheidungen über ihre Entwicklung und ihren Einsatz. Diese wurden in öffentlichen und privatwirtschaftlichen Organisationen getroffen. Konzerne, Forschungsinstitutionen und Universitäten arbeiten hier eng zusammen. Die Firmen fördern Einrichtungen der Universitäten und beeinflussen, welche Art von Forschung durchgeführt wird. Auch wenn es eine große Anzahl von Akteuren im Bereich der gentechnisch veränderten Bäume gibt, so sind doch einige deutlich wichtiger als andere. Der größte Teil der Forschung wird in einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Ländern durchgeführt. Die wichtigsten sind die USA, Kanada, Neuseeland, Australien, Chile, Großbritannien und China.
ArborGen
Dabei sind einige der wichtigsten Forst(-wirtschafts)-Unternehmen direkt in die Forschung einbezogen. Zum Beispiel haben drei der Großen in der Forstwirtschaft (International Paper, Westvaco und Fletcher) 1999 ein joint venture mit dem US-Gentech-Konzern Monsanto gegründet. Dieses joint venture wurde ArborGen genannt. Es wurde zum weltweit größten Unternehmen im Geschäft mit gentechnisch veränderten Bäumen. Dabei zog sich Monsanto bereits nach sechs Monaten aus der Kooperation zurück, während sich im Januar 2000 das größte Biotech-Unternehmen Neuseelands, Genesis Research and Development, hinzu gesellte. Genesis und Fletcher Challenge hatten bereits fünf Jahre lang gemeinsam an Herbizid-resistentem gentechnisch verändertem Eukalyptus, an gv-Pappel und an gv-Kiefer zusammengearbeitet. Fletchers Biotech-Aktivitäten, ebenso wie ihre Anteile an ArborGen wurden im Jahr 2001 von Rubicon übernommen, eine Firma ebenfalls aus Neuseeland. Auch bei Genesis änderten sich die Besitzverhältnisse: Die Firma lagerte ihren Bereich Pflanzenwissenschaften in ein neues Tochterunternehmen aus, das den Namen AgriGenesis Biosciences trägt. Dort wurden auch die ArborGen-Aktivitäten fortgeführt. Aktuell [Herbst 2004] unterhält ArborGen in den USA 51 Feldversuche mit gentechnisch veränderten Pappeln, Eukalyptus, Kiefer und dem Amberbaum. Die Wissenschaftler von ArborGen arbeiten an geringerem Lignin-Gehalt, an schnellerem und geraderem Wachstum, an der Sterilität und an Resistenzen gegen Schädlinge und Herbizide.
Horizon
Eine andere wichtige Firma, die an gentechnisch veränderten Bäumen arbeitet, ist die in Neuseeland angesiedelte 'Horizon', die im März 2003 aus einer Fusion von 'Carter Holt Harvey Forest Genetics' und der 'Trees and Technology' von Rubicon hervorgegangen ist. Carter Holt Harvey ist eine neuseeländische Holzfirma, die zu 50 Prozent zu International Paper gehört. Der dritte bedeutende Konzern im Bunde ist die chilenische Firma 'GenFor'. Sie ist ein Zusammenschluss aus dem Technologie-think tank 'Fundacíon Chile' und der kanadischen 'Cellflor'. Die Gründung wurde mitfinanziert von der chilenischen Entwicklungsagentur und hat Forschungskooperationen mit den chilenischen Forstkonzernen 'Arauco' und 'Mininco'. Letztere versorgen GenFor mit ihren Top-Musterbäumen und GenFor steuert die Technologie zu deren Verbesserung bei und hat das Recht, die Resultate der Forschung zu vermarkten. GenFors Forschungs-Fokus liegt auf gentechnisch veränderten so genannten Radiata-Kiefern. Diese Kiefernsorte steht auf 80 Prozent der chilenischen Pflanzungen. Die Forscher von GenFor versuchen gv-Kiefern zu erzeugen, die eine Resistenz gegen den europäischen Kiefernknospentriebwickler tragen. Diese Motte ist auf etwa eineinhalb Millionen Hektar mit Radiata-Kiefern bepflanzter Fläche ein ernsthafter Schädling. Der Partner von GenFor, Cellfor, ist eine Reihe von Kooperationen mit Universitäten eingegangen, darunter Oxford, Purdue, British Columbia, Alberta und Victoria. Cellfor hat außerdem mit dem Institut für molekulare Agrobiologie in Singapur und 'SweeTree Genomics' in Schweden zusammengearbeitet. Außerdem wird an Insekten-resistenten gentechnisch veränderten Radiata- und so genannten Loblolly-Kiefern, an solchen mit einem erhöhten Zellulose- und verringerten Lignin-Gehalt geforscht. In den USA haben einige Papier- und Zellstoff-Firmen, darunter Weyerhaeuser, International Paper, MacMillan Blodel, Aracruz Cellulose und Potlach Coorporation, die Universität des US-Bundesstaates Oregon gefördert, namentlich deren Programme zu Baum-Genomik, Baum-Biotechnologie und Baum-Züchtung. Diese entwickeln Herbizid-Toleranz, Sterilität, Resistenz gegen Pilze und Insekten sowie reduzierten Lignin-Gehalt. Manche der Firmen führen auch eigene Forschungen durch. Beispiele dafür sind 'Aracruz Cellulose' in Brasilien und die japanischen Firmen 'Oji Paper' und 'Nippon Paper Industries'. Aracruz, der weltweit größte Produzent von gebleichtem Eukalyptus-Zellstoff, der aus riesigen Plantagen in Brasilien stammt, unterhält derzeit drei eigene Labors zur Forschung an gentechnisch veränderten Bäumen. Nach Angaben von Firmenvertretern werden derzeit weder Versuchs- noch kommerzielle Freisetzungen unternommen.
Nippon Paper
'Nippon Paper', Japans größter Papier-Hersteller, hat einen gentechnisch veränderten Salz-toleranten Eukalyptus entwickelt. Außerdem wird an Pappeln gearbeitet, die eine Resistenz gegen Umwelt-Schadstoffe tragen. Nippon unterzeichnete 1995 eine Vereinbarung mit 'Zeneca', um gemeinsam an Bäumen mit verändertem Lignin-Gehalt zu arbeiten. Im Jahr 2001 wurde ein gv-Eukalyptus entwickelt, der 20 Prozent weniger Lignin, zehn Prozent mehr Zellulose und fünf Prozent mehr Zellstoff produzierte als nicht-gentechnisch veränderter Eukalyptus.
Oji Paper
Oji Paper ist eine der größten Zellstoff- und Papier-Firmen der Welt. Die Firma unterhält ein eigenes Forschungsprogramm zu gentechnisch veränderten Bäumen. Die Wissenschaftler von Oji Paper arbeiten an gv-Bäumen mit vermindertem Lignin-Gehalt und einer erhöhten Salztoleranz, außerdem an gv-Eukalyptus, der auf sauren Böden wachsen kann.
Nur wirtschaftliche Ziele im Blick
Die aufgezählten Beispiele veranschaulichen die Rolle von Firmen und Konzernen bei der Entwicklung von gentechnisch veränderten Bäumen. Die Firmen wollen, dass die Bäume bei allen möglichen Umweltbedingungen wachsen, ohne dass ihr schnelles Wachstum dabei gefährdet ist. Die Holz-Plantagen sollen in das industrielle Produktionsschema integriert werden - so zum Beispiel durch die Reduzierung des Lignin-Gehaltes. Die Monokulturen sollen Insekten-resistent, Herbizid-resistent und steril sein. Zusammengefasst haben die Firmen die Absicht, die Natur zu manipulieren, um diese für ihre langfristigen wirtschaftlichen Ziele nutzbar zu machen - ungeachtet der damit zusammenhängenden Unsicherheiten und Risiken.
Übersetzung: Christof Potthof
Ricardo Carrere ist Koordinator der Nichtregierungsorganisation World Rainforest Movement (www.wrm.org.uy).