Gv-Maisanbau 2006 - Der Durchbruch bleibt aus

Die Anbaufläche für gentechnisch veränderten Mais in Deutschland wächst schwach, aber sie wächst. Regional bilden sich große und kleine Bündnisse, oft um den Anbau überhaupt öffentlich zu machen. Nicht selten mit dem Erfolg, den Anbau zu verhindern.

Auch in diesem Jahr wird in Deutschland wieder gentechnisch veränderter (gv) Mais angebaut. Dabei wird der so genannte Bt-Mais Mon810 des Gentechnik-Konzerns Monsanto eingesetzt, der auch von der DuPont-Tochter Pioneer Hi-Bred vertrieben wird. Der Bt-Mais enthält ein Gen des Bacillus thuringiensis, weshalb er in allen Pflanzenteilen ein Insektizid produziert, das gegen den Fraßschädling Maiszünsler wirken soll.

Legal zugelassene Sorten?

Neu ist, dass der gv-Mais in Deutschland auf Anweisung des neuen Landwirtschaftsministers Horst Seehofer (CSU) eine Sortenzulassung bekommen hat. In den letzten Jahren beruhte der gv-Maisanbau auf einer jedes Jahr wieder neu erteilten Sondergenehmigung der damals noch rot-grünen Bundesregierung. Ob diese Sortenzulassung wirklich rechtskonform war, bleibt weiter unklar. Ein im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen erstelltes Gutachten weist auf Verfahrensfehler im europäischen Zulassungsverfahren hin und hält den Anbau deswegen für gesetzeswidrig. Bisher ohne Folgen.(1) Seit letztem Jahr sind die Landwirtschaftsunternehmen verpflichtet, den geplanten Anbau von Genpflanzen spätes-tens drei Monate vor der Aussaat beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) anzuzeigen. Bei den Anbauern handelt es sich nur in den seltensten Fällen um Familienbetriebe, sondern meistens um große Genossenschaften und GmbHs. Ein Teil der Daten, insbesondere die genaue Lage der Anbaufläche, ist in einer Datenbank-basierten Internet-Plattform für jedermann einsehbar.(2) [siehe Kasten 1: Gentechnikgesetz, Klappe die Vierte]

Erst 2.000 dann 953 Hektar

Am Anfang dieses Jahres fanden sich zunächst über 2.000 Hektar Anbauflächen mit gv-Mais im Standortregister. Davon sind Anfang Juni nur noch 953 Hektar übrig geblieben. Zahlreiche Unternehmen haben ihre zunächst gemeldeten Flächen deutlich verkleinert oder ganz abgemeldet. Zum Teil ist dies sicherlich eine Folge veränderter Planungen, zum Teil aber auch ein Ergebnis der zahlreichen Protes-te, die im Frühling an vielen Orten stattgefunden haben. Das Ergebnis ist für die Gentechnikkonzerne in jedem Fall wieder eine herbe Enttäuschung. Zwar hat sich die gv-Maisfläche im Vergleich zum letzten Jahr etwa verdreifacht, aber von einem großflächigen Anbau wie im Winter großmäulig angekündigt, kann weiter keine Rede sein. Der Anteil am gesamten Maisanbau beträgt etwa 0,06 Prozent. Besonders auffällig bei der Betrachtung des Standortregisters ist die Verteilung der Flächen. Große Felder befinden sich fast ausschließlich in Brandenburg und in den Nachbarregionen der umliegenden Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Ansonsten gibt es nur kleine Felder meist staatlicher Versuchseinrichtungen. Die Konzentration des Anbaus von gv-Mais in Brandenburg hat wenig mit der Verbreitung des Maiszünslers zu tun. Die Ursache liegt vielmehr in der Kooperation zwischen Monsanto und dem Landhandel Märka.

Die Rolle der Märka

Die Märka (Märkische Kraftfutter GmbH) mit Sitz in Eberswalde hat in den letzten Jahren fast monopolartige Strukturen in Brandenburg und Umgebung geschaffen. Kaum ein landwirtschaftlicher Betrieb, der nicht direkt oder indirekt von der Märka abhängig ist. Kaum ein Landwirt wagt offen über die Geschäftspraktiken der Märka zu reden. Bei einer Treckerdemonstration vor dem Hauptsitz der Märka drohte ein leitender Mitarbeiter der Märka den anwesenden Bauern mit "ernsten Konsequenzen". Die Märka hat sich in diesem Jahr sehr ins Zeug gelegt, alle Kunden bekamen ein Fax, in dem das gv-Maissaatgut angepriesen wurde. Verbunden war die unaufgeforderte Werbung mit allen Informationen zur ordnungsgemäßen Anmeldung von Flächen für den Anbau von transgenem Mais beim Stand-ortregister. Wenige Tage später folgten dann persönliche Anrufe. Die Märka ist auch Namensgeber eines zweifelhaften Koexistenz-Modells: Demnach kauft die Märka, in Kooperation mit Monsanto, die Ernten der Gentech-Bauern sowie von deren Nachbarn. Immer wieder aufkommende Berichte, dass die Märka das Saatgut teilweise verschenkt oder deutlich verbilligt abgibt, konnten bisher nicht belegt werden, wurden aber auch nicht dementiert. Neu ist in diesem Jahr, dass in der Uckermark ein Landwirtschaftsunternehmen nach eigenen Angaben den gv-Mais nicht wie bisher üblich selbst verfüttern oder als Tierfutter an die Märka verkaufen will, sondern den Einsatz der gv-Pflanzen in einer Biogasanlage plant. Bei Forst in Brandenburg haben sich nach Aussage des Geschäftsführers der dortigen Agrargenossenschaft mehrere Unternehmen für den Anbau des gv-Mais zusammengeschlossen. Auch hier ist in den nächsten Jahren der Einsatz in einer Biogasanlage geplant.

Öffentlichkeit schaffen

Wie auch im letzten Jahr zogen viele Landwirtschaftsunternehmen nach Protesten ihre Anmeldung wieder zurück. Manchmal reichte schon ein Telefonanruf oder ein Gespräch zwischen Nachbarbauern, um den Anbau abzuwenden. An anderen Orten wirkte vor allem das "Öffentlichmachen". Ein Anruf bei der Regionalpresse oder kleine Aktionen führten zu Veröffentlichungen in den Zeitungen, Landwirte versuchten sich auf gut besuchten Diskussionsveranstaltungen zu rechtfertigen, Unterschriften wurden gesammelt und kleine und große Bündnisse der GentechnikgegnerInnen bildeten sich. An einigen Orten verboten die LandbesitzerInnen den Pächtern den Anbau.

Erleichterungen im Gesetz?

Auch in diesem Jahr ist noch keine Entscheidung in der Auseinandersetzung zwischen Gentechnikkonzernen und GentechnikgegnerInnen gefallen. Mit Spannung erwarten alle die möglichen Veränderungen im Gentechnikgesetz. Die Bundesregierung hat Erleichterungen für die Gentechnikkonzerne angekündigt, ob sie durchsetzbar sein werden, scheint allerdings fraglich.

Fußnoten

  1. Das Gutachten im Internet zum Download unter: www.gruene-bundes tag.de/cms/gentechnik/dokbin/124/124683.pdf.
  2. Das Anbauregister im Netz unter: http://194.95.226.237/stareg_web/showflaechen.do. Neben gv-Mais sind auch einige Versuchsflächen mit anderen transgenen Pflanzen hier verzeichnet, darunter gv-Kartoffeln, gv-Raps und gv-Gerste.
Erschienen in
GID-Ausgabe
176
vom Juni 2006
Seite 21 - 22

Thomas Janoschka ist Mitglied im Barnimer Aktionsbündnis gegen Gentechnik. Das Bündnis im Netz unter: www.dosto.de/gengruppe.

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Gentechnikgesetz, Klappe die Vierte

Die große Koalition plant eine erneute Änderung des Gentechnikgesetzes. In gewisser Weise steht sie bei denen, die als Zielgruppe ausgemacht worden sind, im Wort. Immerhin schrieb sie in ihren Koalitionsvertrag: "Die Regelungen sollen so ausgestaltet werden, dass sie Forschung und Anwendung in Deutschland befördern". (Koalitionsvertrag, 11.11.05) Nach den Pflichtübungen zur Umsetzung von europäischem Recht im letzten Winter, kommt jetzt das, was wohl die Kür werden sollte. Insbesondere die Saatgut-Industrie und die Biotech-Unternehmen, für den deutschsprachigen Raum sind dies insbesondere die BASF, Syngenta, die KWS Saat AG und der Bayer-Konzern, drängen die Regierung zur Aufweichung des Verbraucherschutzes, der unter der vormaligen Bundesministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) stärkere Berücksichtigung gefunden hatte. Nach einer Runde von Gesprächen mit den beteiligten Wirtschaftsvertretern und den Nichtregierungsorganisationen aus Entwicklungszusammenarbeit, Umwelt- und Verbraucherschutz wird von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer nun ein Eckpunktepapier erwartet, das die Richtung vorgeben soll, wohin es gehen soll mit der Gentechnik und ihren Anwendungen auf dem Acker beziehungsweise in der Produktion von Nahrungsmitteln. Kurz vor Redaktionsschluss des GID wurde ein Entwurf für dieses Eckpunktepapier bekannt. Begleitet von einer Pressemitteilung veröffentlichte die Umweltorganisation Greenpeace das geheime Stück aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium. Die Umweltschützer sehen in der geplanten Tolerierung von Verunreinigungen der Nahrung mit nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen aus Versuchsfreisetzungen Anlass zur Kritik. Diese Verunreinigungen werden aber nicht toleriert, dafür wird die Europäische Kommission sorgen. Die hatte bereits mehrfach und schriftlich gegenüber der aktuellen und der vorhergehenden Bundesregierung deutlich gemacht, dass eine solche Verunreinigung nicht akzeptiert werde - null Toleranz. Das steht auch in dem Eckpunktepapier. Der deutsche Minister kann an dieser Stelle in sein Gesetz schreiben, was er will, die Kommission wird ihn zurückpfeifen. (pau)

Weitere Auszüge aus dem Entwurf:

- der Erzeuger von gentechnisch veränderten Pflanzen muss Kontakt zu seinen Nachbarn aufnehmen und er muss diejenigen Anbaupläne berücksichtigen, die ihm innerhalb eines Monats mitgeteilt werden. Dies gilt für alle gentechnisch veränderten Pflanzen, - das BMELV schlägt für den Mindestabstand zwischen transgenen und nicht transgenen Maisäckern 150 Meter vor, - die Detailgenauigkeit des öffentlichen Teils des Standortregisters soll erhalten bleiben (das heißt die diskutierte Variante, nur Postleitzahlen für die Anbauregion über das Internet frei zugänglich zu machen, ist derzeit nicht mehr vorgesehen), - das Ministerium geht nicht davon aus, dass die Privatwirtschaft Geld für einen Haftungs- oder Ausgleichsfonds zusammenlegen wird. Ungeachtet des jetzt vorliegenden Entwurfs des Eckpunktepapiers wurde deutlich, dass das Ministerium noch das Gespräch mit den Unternehmen sucht, um den Punkt Haftung zu klären, - der offene Tatbestand (die bisher offene Liste) der wesentlichen Beeinträchtigungen als Grundlage einer Entschädigungs-Forderung) soll mit einer abgeschlossenen Liste von Möglichkeiten präzisiert werden, - Arbeiten in gentechnischen Anlagen nach der Sicherheitsstufe 1 müssen in Zukunft nicht mehr angemeldet, sondern nur noch angezeigt werden. Weitere gentechnische Arbeiten der Sicherheitsstufe 2, also Folgearbeiten zur genehmigten erstmaligen Arbeit, sollen ebenfalls nur anzeigepflichtig sein. (pau)