Monsantos gv-Mais-Anbauvertrag / Sind GVO sicher?

Monsantos gv-Mais-Anbauvertrag

Landwirte, die in dieser Saison gentechnisch veränderten (gv) Mais des Gentechnikkonzerns Monsanto anbauen, müssen sich verpflichten, die Namen und Adressen benachbarter Bauern weiterzugeben. "Der Landwirt willigt ein, dass sämtliche an den Händler übermittelten Informationen im Zusammenhang mit dem Anbau von YieldGard-Mais (1) an die Monsanto Agrar Deutschland GmbH (...) übermittelt werden", heißt es im Genmais-Anbauvertrag 2006 von Monsanto, der der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. vorliegt. Damit gehen alle dem Händler zugänglich gemachten Informationen automatisch auch an Monsanto, obwohl der direkte Vertragspartner der Landhandel und nicht der Gentechnikkonzern ist. Namen und Adressen aller Landwirte, die im Umkreis von 100 Metern zur gv-Mais-Anbaufläche konventionellen Mais anbauen, müssen laut Vertrag einen Monat nach der Aussaat dem Landhandel mitgeteilt werden. Einen Monat vor der Körnermaisernte muss der Landwirt den Händler "nochmals diesbezüglich über den aktuellen Sachstand informieren". AbL-Rechtsanwalt Mathias Miersch kritisiert diese Vereinbarungen: Sie seien "rechtlich hochproblematisch", da die Datenweitergabe über die Köpfe der eigentlich unbeteiligten Bauern hinweg passiere. Für den Sprecher Monsantos, Andreas Thierfeld, ist das Motiv des Vertrags rein ökonomischer Natur. Man orientiere sich dabei am sogenannten "Märka-Modell": Das Futtermittelwerk Märka aus Eberswalde und Monsanto garantieren, die konventionelle Maisernte in der Nachbarschaft von Feldern mit gv-Mais zu marktüblichen Preisen aufzukaufen - ob darin nun kennzeichnungspflichtige gentechnische Bestandteile enthalten sind oder nicht. Auch dass im Vertrag ein Mindestabstand von 300 Metern zwischen Bt-Mais und den Maisfeldern von Biobauern gefordert wird, habe nur wirtschaftliche Gründe. Denn für ökologischen Mais könne man kein Abnahme-Angebot machen. Der Bundesgeschäftsführer der AbL, Georg Janßen, hingegen befürchtet, dass "der Genmais-Anbauer (...) so zum ‚informellen Mitarbeiter’ für den Gentechnik-Saatgutlieferanten Monsanto" wird. Er ruft daher die Landwirte auf, auch in Zukunft "an ihrer Unabhängigkeit festzuhalten und sich nicht vor den Karren eines Unternehmens spannen zu lassen, das keine Verantwortung für die eigenen Produkte übernehmen will und sie stattdessen voll und ganz den Bauern auflädt". Denn die Haftung für die wirtschaftlichen Nachteile oder Schäden, die dem Bauern oder Dritten trotz Einhaltung von Vorsorgepflichten entstehen, trägt laut Vertrag ausschließlich der Bauer. Der Saatguthändler haftet nur für den vertragsgemäßen Zustand des verkauften Gen-Saatgutes. (ts)

Sind GVO sicher?

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) steht weiter in der Kritik. Nachdem Stavros Dimas, EU-Kommissar für Umweltfragen, bereits nach der Sitzung des EU-Agrarministerrates Anfang März überraschend scharfe Kritik geäußert hatte, wiederholte er diese Kritik auch in seiner Rede auf der Konfrerenz "Die Freiheit der Wahl", die Anfang April in Wien stattfand. Bezugnehmend auf den Bericht "Evaluation of EFSA", der im Februar dieses Jahres vom Büro Van Dijk Ingénieurs Conseils mit Unterstützung von Arcadia International EEG erstellt worden war, verwies Dimas auf die Probleme, die es scheinbar in der Kommunikation zwischen den Vertretern der Mitgliedsstaaten und der EFSA gebe. Diese Probleme sollen aus der Welt geschafft werden, was aber bestimmte Veränderungen voraussetzt, wie es in dem Bericht heißt. Dimas unterstrich zudem die Notwendigkeit von Langzeituntersuchungen, um allen möglichen Risiken zu begegnen, die die Sicherheit von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) betreffen. Die Kritik ist in den vergangenen Wochen auf die Europäische Kommission ausgeweitet worden. Diese hatte in der Auseinandersetzung um GVO vor dem Streitschlichtungs-Gremium der Welthandelsorganisation (WTO) exakt die Argumentation gegenüber den klagenden Staaten USA, Kanada und Argentinien benutzt, die sie in der innereuropäischen Debatte über nationale Verbote bestimmter gentechnisch veränderter Sorten nicht akzeptiert. Mitgliedsstaaten können auf der Basis neuer Erkenntnisse nationale Verbote für gv-Sorten aussprechen, auch wenn diese in der EU zugelassen sind. Die Kommission verweist im Falle des Streites vor der WTO zum Beispiel auf große Unsicherheiten bezüglich des Wissens über GVO und auf bestimmte Bereiche, in denen es derzeit praktisch überhaupt keine Untersuchungen (Ergebnisse) gebe. In Europa fährt die Kommission seit Jahren einen sehr Gentechnik-freundlichen Kurs. So hat sie mehrfach gv-Sorten zugelassen, obwohl sich der Ministerrat gegen eine Zulassung ausgesprochen hatte, aber die notwendige doppelte Mehrheit nicht zusammen gekommen war. Im Rat muss eine Ablehnung die Mehrheit der entsprechend der Bevölkerungszahlen vergebenen Stimmen und die Mehrheit der Mitgliedsstaaten erreichen. Ist dies nicht der Fall, geht die Entscheidung an die Kommission. Umwelt-Kommissar Dimas hatte nach einer Ministerratssitzung im März berichtet, dass einige Länder verlangt hätten, diese Regelung der doppelten Mehrheit nicht mehr anzuwenden. (pau)

Fußnote:

  1. YieldGard ist der Handelsname der derzeit verfügbaren Monsanto-Sorten mit dem Konstrukt Mon 810.

Quellen:

  • Frankfurter Rundschau, 31.05.06
  • PM Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V., 01.06.06; unter www.abl-ev.de
  • Unabhängige Bauernstimme Nr. 290, Juni 06


Zur Entscheidung der WTO siehe auch Kurz notiert - Politik und Wirtschaft in diesem Heft. Der Bericht zur Evaluation der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit im Netz unter: www.efsa.eu.int/mboard/122/final_report_evaluatio…. Die Papiere der EU-Kommission finden sich im Netz unter: www.foeeurope.org/biteback/EC_case.htm

Erschienen in
GID-Ausgabe
176
vom Juni 2006
Seite 60

Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.

zur Artikelübersicht

Theresia Scheierling ist Redakteurin beim Gen-ethischen Informationsdienst (GID).

zur Artikelübersicht