Goldene Super-Bananen?
Offene Fragen und Protest
Folgt dem Goldenen Reis nun die „Goldene Banane“? Ein australisches Forschungsteam hat Bananen gentechnisch so verändert, dass sie einen erhöhten Anteil an Betacarotin enthalten. Um die Bioverfügbarkeit des Provitamins A zu untersuchen, sollen zwölf Studienteilnehmerinnen im US-Bundesstaat Iowa die Bananen in den nächsten Monaten essen. Doch wie beim Goldenen Reis bleiben auch hier viele Fragen unbeantwortet.
2005 war ein gutes Jahr für all diejenigen, die von gentechnisch veränderten Super-Früchten träumen, und diese Träume in die Tat umsetzen wollen. Die Bill and Melinda Gates-Stiftung stockte den Etat der von ihr ins Leben gerufenen Grand Challenges in Global Health-Initiative bedeutend auf und stellte 450 Millionen US-Dollar für die wissenschaftlich-technische Bearbeitung der „großen Herausforderungen für die globale Gesundheit“ zur Verfügung. Etwa 10 Millionen davon bekam ein Forschungsteam, das sich der „Herausforderung Nummer 9“ stellte: der „Entwicklung einer vollständigen Bandbreite an optimalen, bioverfügbaren Nährstoffen in einer einzigen Grundnahrungspflanze“. Die ForscherInnen aus Australien, Uganda und den USA wollten Kochbananen entwickeln, die einen höheren Anteil an Betacarotin, Vitamin E oder Eisen aufweisen. Mitte 2008 sollten die Bananen für den australischen Markt verfügbar sein, das eigentliche Ziel war jedoch der Anbau in Uganda, wo Kochbananen das Hauptnahrungsmittel darstellen, und wo der Vitamin-A-Mangel nach Aussage des Forschungsteams ein großes Problem ist.
Wenig Neues
Neun Jahre später hat James Dale, Direktor des Centre for Tropical Crops and Biocommodities an der australischen Queensland University of Technology und Leiter des besagten Forschungsteams, nun mit einer Pressemitteilung für Furore gesorgt. Unter der Überschrift „Super-Bananen - weltweit erste Studie an Menschen“ teilte er mit, dass die ersten gv-Bananen in Australien geerntet worden seien und nun in den USA für eine Studie an Menschen verwendet würden.1 Sechs Wochen solle der Versuch dauern, bereits Ende dieses Jahres sei mit den Ergebnissen zu rechnen. Jedoch: Was in dieser Studie untersucht werden soll - davon erfährt die Leserin nichts. Stattdessen: jede Menge Beteuerungen, dass die Technologie bereits mehrfach getestet worden und demnach sicher sei. Versuche an Mäusen seien „erfolgreich“ verlaufen - doch auch hier wieder: keine Information dazu, was genau „erfolgreich verlaufen“ sein soll. Dafür erfahren wir sehr viel über die äußerst positiven Zukunftsaussichten der gv-Banane: Feldversuche in Uganda laufen bereits und werden innerhalb der nächsten drei Jahre fortgesetzt. 2020 sollen die Bananen dann kommerziell verfügbar sein. Und daran anschließend? „Einmal in Uganda genehmigt, gäbe es keinen Grund, warum dieselbe Technologie nicht auch benutzt werden könnte, um Pflanzen in angrenzenden Ländern Ostafrikas mit Vitamin A anzureichern, beispielsweise Ruanda, Teile der Demokratischen Republik Kongo, Kenia und Tanzania. Auch in Westafrika bauen Landwirte Kochbananen an, und die Technologie könnte einfach auch in diese Sorten eingebaut werden“, lässt sich Professor Dale zitieren. Kurzum: Nichts Genaues erfährt man nicht. Keine Informationen darüber, welcher gentechnische Eingriff an den Bananen gemacht worden ist. Auch über Details der bevorstehenden Versuche schweigt sich die Pressestelle der QUT aus und beschwört stattdessen - mal wieder - die wichtige Rolle, die gv-Pflanzen im globalen Kampf gegen Vitamin-A-Mangel spielen werden. Auch auf Anfragen reagiert die zuständige Pressesprecherin nicht.
Methodische Fragen
Als etwas auskunftsfreudiger erweist sich die PR-Abteilung der Universität Iowa, an der die Versuche durchgeführt werden. Ende Juli hatte die dortige Versuchsleiterin Wendy White für Furore gesorgt, da sie sich gegenüber JournalistInnen zunächst nicht zu dem methodischen Vorgehen der Studie äußern wollte. Dies könne eine Veröffentlichung der Ergebnisse in einer wissenschaftlichen Zeitschrift mit peer-review unmöglich machen, ließ sie Dan Charles vom National Public Radio wissen.2 Diese Äußerung hat zu Recht zu Spekulationen und Misstrauen geführt. Daher schwenkte die Universität zumindest rhetorisch um und gibt sich nun kooperativ: Die Frage nach der Methodik wird mit einem Verweis auf eine Studie aus dem Jahr 2010 beantwortet, bei der unter Beteiligung von White die Bioverfügbarkeit von Mais untersucht wurde, der (durch konventionelle Züchtung) mit Betacarotin angereichert worden war. Die jetzige Studie werde „im Wesentlichen demselben“ Studienaufbau folgen, teilt die Pressesprecherin in einer eMail mit. Demnach sollen Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, die nicht rauchen, sich nicht vegetarisch ernähren und noch einige weitere Bedingungen erfüllen, in insgesamt drei Sitzungen eine gv-Banane und zwei herkömmliche Bananen essen und im Anschluss daran ihr Blut unter anderem auf den Vitamin-A-Gehalt hin untersuchen lassen. Um Freiwillige für die Studie zu finden, hat sich die Universität in einer eMail an alle weiblichen Studentinnen gewandt und bis zu 900 US-Dollar für die Studienteilnahme angeboten. Über 500 Interessentinnen sollen sich gemeldet haben, unter denen nun zwölf ausgesucht werden. Aus einem Artikel in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology geht jedoch hervor, dass die im Versuch verwendeten Bananen zu einer anderen Sorte gehören als die Bananen, die am Ende auf dem ugandischen Markt landen sollen: Die Studienteilnehmerinnen werden Cavendish Bananen essen, in Uganda sollen die gentechnisch veränderten, regional bedeutenden Sorten East African Highland beziehungsweise Kabana H6 unters Volk gebracht werden.3 Die Übertragbarkeit der Ergebnisse ist also mindestens unklar. Es stellt sich zudem die Frage, inwieweit der Versuchsaufbau den Lebensverhältnissen der Bevölkerung Ugandas entspricht.
Kritik und Protest
Mit der begrenzten Auskunftsfreudigkeit von Seiten der Universität Iowa sind somit längst nicht alle Fragen bezüglich dieser Studie geklärt. Aus der Wissenschaftsgemeinschaft lassen sich zudem kritische Stimmen vernehmen, die eine Prioritätenverschiebung weg von der konventionellen Züchtung hin zur Gentechnik befürchten: An der Erhöhung des Vitamingehalts in Bananen und anderen Früchten wird schon lange gearbeitet, und nur ein kleiner Teil dieser Forschungen greift auf gentechnologische Methoden zurück. Konventionell arbeitende WissenschaftlerInnen befürchten, dass sich der Fokus von GeldgeberInnen zu sehr auf Gentechnik verschiebt und zu wenig Forschungsgelder für die konventionelle Züchtung übrig bleiben. Dabei sei diese häufig nicht nur günstiger, sondern unter Umständen auch schneller in der Züchtung neuer Sorten.4 Nicht zuletzt im Zielland der gv-Bananen regt sich Kritik. Bridget Mugambe von der pan-amerikanischen Alliance for Food Sovereignty in Africa (AFSA) weist darauf hin, dass Vitamin-A-Mangel nicht das drängendste Ernährungsproblem im Land sei. In der ugandischen Esskultur bestehe zudem jede Mahlzeit aus mehreren Komponenten, auch der Kochbananen-Brei Matoke, die gängigste Zubereitungsform für Kochbananen, werde immer in Verbindung mit weiteren Zutaten wie Fleisch, Gemüse oder Nüssen serviert, wenn nicht gerade eine extreme Nahrungsmittelknappheit herrsche. Das Argument, den Vitamin A-Bedarf von Kindern durch Matoke aus Vitamin-A-Bananen decken zu können, ignoriere zudem die allseits bekannte Tatsache, dass Kleinkinder Matoke meist ablehnen und stattdessen Reis und andere Nahrungsmittel bevorzugen. Auch in Politik und Öffentlichkeit hat sich mittlerweile eine Debatte um gv-Pflanzen entfacht. Uganda, das mit seinem großen Versuchsprogramm für gv-Pflanzen als einer der vielversprechendsten Gentechnik-Standorte in Afrika gilt, verfügt bisher noch nicht über die notwendige Gentechnikgesetzgebung, um diese Pflanzen auch für den kommerziellen Anbau zuzulassen. Eine Vorlage für ein Biotechnologie- und Biosicherheitsgesetz liegt seit Ende 2012 vor, ist bisher vom Parlament jedoch nicht verabschiedet worden - auch aufgrund des öffentlichen Protests. Die Ugandan Youth Platform (UYP) setzt sich dafür ein, die Verabschiedung des Gesetzes zu verhindern und ein vollständiges Verbot von GVOs zu erlassen. Dass Versuche mit gv-Pflanzen stattfinden, obwohl noch keine gesetzliche Grundlage für deren Kommerzialisierung geschaffen ist, ist indes kein Zufall: Die Entwicklung der ugandischen Gentechnikprogramme ist größtenteils nicht von der Nachfrage, sondern vom Angebot gesteuert worden, wie der kanadische Geograf Matthew Schnurr in seiner Analyse der Gentechnik-Regulierung in Uganda schreibt. Nicht die Landwirte oder VertreterInnen der Öffentlichkeit waren es, die die Forschung an gv-Pflanzen einforderten. Vielmehr stand ein Konglomerat aus Wissenschaftsorganisationen, Biotech-Unternehmen, Entwicklungshilfeorganisationen und privaten Stiftungen bereit, um die Gentechnikforschung voranzutreiben.5 Diese verfolgten die Strategie, die Bevölkerung zunächst durch Forschungsprojekte und Freisetzungsversuche von den Vorteilen der Technologie zu überzeugen, um in einem zweiten Schritt die gesetzlichen Grundlagen für die Kommerzialisierung zu schaffen. Ob die „Super-Banane“ aus Australien in technologischer Hinsicht hält, was sie verspricht, ist noch offen. Ob die Strategie der Gentechnik-Protagonisten auf politischer Ebene aufgeht, ebenso.
- 1Siehe www.kurzlink.de/gid226_u.
- 2Nachzulesen im Artikel „Globe-Trotting GMO Bananas Arrive For Their First Test In Iowa“ vom 08.07.14, www.kurzlink.de/gid226_u.
- 3Emily Waltz: Vitamin A Super Banana in human trials, in Nature Biotechnology, Vol. 32, Number 9, 2014.
- 4Siehe Fußnote 3.
- 5Matthew A. Schnurr, Christopher Gore (im Erscheinen): Getting to 'Yes': Governing genetically modified Crops in Uganda, in: Journal of International Development.
Anne Bundschuh arbeitet beim Forum Umwelt und Entwicklung und koordiniert dort das Netzwerk Gerechter Welthandel. Von 2012 bis 2017 war sie Mitarbeiterin des GeN.
Gentechnisch veränderte Bananen
Die von James Dale und seinem Team entwickelten Bananen wurden gentechnisch so verändert, dass sie einen höheren Gehalt an Betacarotin aufweisen, das eine Vorstufe für Vitamin A ist. Den Bananen wurde dafür das Gen APsy2a eingefügt, das aus der Betacarotin-reichen Bananensorte Asupina stammt. Darüber hinaus wurden jedoch weitere Gene eingefügt, die unter anderem von Bakterien und aus Maispflanzen stammen.
(ab)