Neuartige Lebensmittel
Überblick
Wenn es um die Zukunft der Nahrungsmittel geht, dürfen die sogenannten neuartigen Lebensmittel natürlich nicht fehlen.
Auch wenn das Thema immer mal wieder anders lautend in Medien aufploppt: Nano-Lebensmittel, im EU-Sprech Lebensmittel, die „technisch hergestellte Nanomaterialien“ enthalten, sind - soweit bekannt - nicht nur in der Europäischen Union, sondern auch weltweit die absolute Ausnahmeerscheinung.
Nach Darstellung der AutorInnen eines im vergangenen Jahr vom Bundesministerium für Gesundheit in Österreich veröffentlichten Berichtes kann festgestellt werden, „dass weltweit derzeit kaum Lebensmittel auf dem Markt zu finden sind, bei denen der Einsatz der Nanotechnologie beziehungsweise von Nanoprodukten und -strukturen angeführt oder ausgelobt werden“. Gleichzeitig wird betont, dass alle Lebensmittelkonzerne „mit Sicherheit“ sehr intensiv im Bereich der Nanotechnologie forschen, „sich [aber] bezüglich Forschungsergebnissen oder Resultaten beziehungsweise eines praktischen Einsatzes sehr bedeckt halten“. Die Frage sei deshalb, ob es bei dem - angenommenen - großen Potential der Nanotechnologie und der Vielzahl an einschlägigen Patenten, „tatsächlich noch zu keinem breiten Einsatz gekommen ist“, oder ob Bestandteile, die gekennzeichnet werden müssten, „auf den Etiketten der Lebensmittel nicht angeführt werden“. Zur Definition schreibt zum Beispiel die EU-Kommission:
„Nanomaterialien sind in der Größenordnung von Atomen und Molekülen hergestellte Materialien“. Natürlicherweise vorkommende Nanomaterialien, zum Beispiel in Stäuben oder Schäumen können von der Regulierung ausgenommen sein.
Wat der Bauer nicht kennt ...
Mit Hilfe von Nanotech hergestelltes Essen zählt in der EU zu den so genannten neuartigen Lebensmitteln, deren Regulierung Ende des vergangenen Jahres novelliert wurde.1 Unter diese Verordnung fallen solche Lebensmittel, die „vor Mai 1997 (als die ersten einschlägigen Rechtsvorschriften in Kraft traten) in der Union nicht in nennenswertem Umfang verzehrt wurden“.2
Derzeit zählen dazu zum Beispiel auch Produkte, die aus geklonten Tieren hergestellt werden. Allerdings verhandeln der EU-Ministerrat und das Europäische Parlament derzeit eine eigenständige Gesetzgebung.
Neben den Lebensmitteln, die aufgrund der neuen Herstellungsverfahren als „neuartig” eingestuft werden, fallen auch solche unter die Regulierung, die in anderen Regionen der Welt schon lange für die Ernährung des Menschen genutzt werden. In der Liste der bereits zugelassenen neuartigen Lebensmittel finden sich zum Beispiel Chiasamen, die sich in Europa erst seit relativ kurzer Zeit einer größeren Beliebtheit erfreuen. Chia wurde erstmals 2009 für den europäischen Markt zugelassen. Die letzte Entscheidung der Kommission für die Neuzulassung eines neuartigen Lebensmittels wurde im April des vergangenen Jahres veröffentlicht und betraf das Öl einer Mikroalge.
Auch Insekten, die - ganz oder in Teilen - als Lebensmittel verwendet werden sollen, werden als neuartige Lebensmittel eingestuft.
- 1Amtsblatt der Europäischen Union, L 327, 11.12.15. „Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission“. Die Verordnung ist Ende des vergangenen Jahres in Kraft getreten und wird entsprechend Anfang 2018 zur Anwendung kommen.(1)
- 2Memo der EU-Kommission vom 16.11.15, im Netz unter http://europa.eu oder www.kurzlink.de/gid236_u.
Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.