Unheilige Allianz
AKTIONS-SPECIAL
Der Schulterschluss von Monsanto und BASF treibt die Monopolisierung des Saatgutmarktes weiter voran.
Der deutsche Chemiekonzern BASF und der US-Gentech- und Saatgutkonzern Monsanto haben im März 2007 eine unheilige Allianz geschlossen, die die Gentechnik-Branche nachhaltig erschütterte. Mit etwa eineinhalb Milliarden US-Dollar für gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte an gentechnisch veränderten Pflanzen und für deren gemeinsame Vermarktung ist die Kooperation ausgestattet. Was diese Kooperation im Detail bedeutet, darüber kann allerdings nur spekuliert werden. Denn Details - zum Beispiel mit welcher Intensität und vor allem mit welchem Erfolg gemeinsam gearbeitet wird - sind weitgehend unbekannt.
Trockenheitstoleranter Mais
Immer wieder an die Oberfläche des großen Biotech-Nachrichtenmeeres wird eine mittlerweile schon legendäre gentechnisch veränderte (gv) trockenheitstolerante Maissorte gespült, die als erstes marktfähiges Produkt inszeniert wird. 2012 soll es so weit sein. Klettert die Quecksilbersäule bei uns im Sommer über eine gefühlte PR-Grenze oder wird über die Gefahren des Klimawandels für die Landwirtschaft berichtet, wird keine Gelegenheit ausgelassen, diesen Mais auf zahllosen „Biotech“-Internetportalen als Heilsbringer zu feiern. Geschickt setzen die Firmen auch formelle Schritte in ihrer Werbekampagne ein - so zum Beispiel auch die Anmeldungen zum kommerziellen Anbau in den USA und zum Import in die Europäische Union. Ob es tatsächlich in zwei Jahren, wie angekündigt, den gegen Trockenheitsstress toleranten Wunder-Mais zu kaufen gibt, bleibt abzuwarten. Über die Entwicklung dieses Mais hinaus ist bisher vor allem zu vernehmen, dass die Unternehmenskooperation ganz allgemein auf das Auffinden von Genen zielt, mit denen der Ertrag von Nutzpflanzen gesteigert werden kann. Die entsprechenden Gene sollen dann mit Hilfe der Gentechnik in Raps, Soja, Baumwolle und eben in Mais eingebaut werden.
Weltweit größter, schönster, dickster ...
Das besondere Potential dieser unheiligen Allianz liegt aber vor allem in der wirtschaftlichen Macht, die die beiden Partner auf sich vereinen: Monsanto ist in den letzten Jahren zur Nummer eins auf dem weltweiten Saatgutmarkt aufgestiegen - nicht nur in Bezug auf gentechnisch veränderte Saaten. Insgesamt hat der Konzern weltweit mehr als 50 Saatgutfirmen aufgekauft. Zum Beispiel wurde auch das weltweit größte Unternehmen für Gemüsesaatgut, Seminis, übernommen. Für Umsatz und Gewinn des Konzerns ist - trotz aktuell berichteter Flaute - zudem das Geschäft mit dem weltweit am häufigsten verkauften Unkrautvernichtungsmittel Roundup von Bedeutung, das im Doppelpack mit gentechnisch veränderten Pflanzen für einen stetigen Kapitalzufluss von immenser Höhe sorgte und noch sorgt. BASF dagegen ist - nach eigenem Bekunden - das größte Chemieunternehmen der Welt. Das deutsche Musterunternehmen, mittlerweile formell eine europäische Aktiengesellschaft, hat vor allem die Grundlagenforschung in der Pflanzenbiotechnologie ausgebaut und setzt dabei auf die Beschreibung von Gensequenzen und die mit diesen verbundenen Aufgaben im Stoffwechsel der Pflanzen. Drei Tochterunternehmen sind für diese Strategie zentral: „Metanomics“ in Berlin beschreibt die Gene und den inneren Stoffwechsel, „CropDesign“ im belgischen Gent die äußere Erscheinung der Pflanzen. „BASF Plant Science“ verbindet diese Bereiche und fungiert - soweit das bisher erkennbar ist - als Entwicklungs- und Vermarktungsplattform. Die Vermarktung spielt allerdings bisher noch keine wirkliche Rolle, denn das Unternehmen hat schlicht und ergreifend praktisch nichts im Angebot. Offiziell gibt es zwar zwei für den Anbau zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen. Einerseits in Europa die gv-Stärkekartoffel Amflora, andererseits eine gv-Sojasorte in Brasilien, darüber hinaus gibt es aber nur Versprechungen, zum Beispiel für weitere transgene Kartoffelsorten, von denen eine wie Amflora im Stärkehaushalt verändert ist, eine andere gegen einen wichtigen Pilzschädling resistent sein soll. Aber: Setzt sich der Trend fort, dass beide Unternehmen eher größer als kleiner werden, dann können sie die Landwirtschaft in erheblicher Weise kontrollieren. Dies gilt umso mehr, als dass beide auch bekennende Gen-Patentierer sind.
Literatur: Christof Potthof: „Saatgut-Claims“. Gen-ethischer Informationsdienst (GID) 186, Februar 2008. Im Netz unter http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/186/pott…
Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.
AKTIONS-SPECIAL Kooperation im Ringen um die globale Marktherrschaft (Sulane Mustafa)
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