Kurz notiert: Politik & Witschaft

EU-Kommission räumt auf

Mit einer Bestandsaufnahme der aktuellen Entwicklungen um die Neuzulassung von gentechnisch veränderten Pflanzensorten in der Europäischen Union (EU), gab die Kommission der EU Ende Januar einen Überblick. Der Überblick folgte einer Debatte während des Meetings der Kommission am 28. Januar in Brüssel. Die Kommission, schon seit geraumer Zeit eine Befürworterin für das Ende des so genannten De facto-Zulassungsmoratoriums für gentechnisch veränderte Organismen, stimmte der Zulassung der gentechnisch veränderten (gv) Süßmais-Sorte Bt11 als Lebensmittel zu und leitete diesen Entschluss an den Ministerrat weiter, der darüber nun zu entscheiden hat. Auch einigte sich die Kommission auf einen Entwurf für die Zulassung einer gv-Maissorte von Monsanto (NK603), eine Abstimmung soll noch im Februar stattfinden. Im Fall des NK603-Mais muss nun zunächst ein Regelungsausschuss über den Entwurf befinden. Nach Ansicht des Präsidenten der EU-Kommission Romani Prodi hat die EU mit den neuen Regelungswerken ein “klares, transparentes und sicheres System zur Regulierung genetisch veränderter Lebens- und Futtermittel sowie Pflanzen eingeführt”. Es sei nur logisch, wenn dieses System auch angewendet werde. In ihrem Papier stellt die Kommission im Weiteren die Grenzwerte für die Verunreinigung von Saatgut mit gentechnisch verändertem Material (so genannte nicht beabsichtigtes Vorhandensein von gv-Saatgut in Nicht-gv-Sorten) in Aussicht (siehe unten). Mit den neuen Regelungen sieht die Kommission auch eine Basis für das Wiedergewinnen des Vertrauens der VerbraucherInnen und der Öffentlichkeit schlechthin in Bezug auf GVO. Die Bemühungen, so heißt es in dem Bericht der Kommission weiter, seien ein “wichtiger Bestandteil der Kommissionsstrategie für Biowissenschaften und Biotechnologie, mit der sichergestellt werden soll, dass die EU vollen Nutzen aus dem Potenzial ziehen kann, das ihr Hochtechnologie bietet, gleichzeitig aber auch ein ausgewogenes und verantwortliches Regierungshandeln gegeben ist.” Ebenfalls auf dem Treffen am 28.01.04 in Brüssel machte die Kommission ihren aktuellen Standpunkt zu der Frage der Grenzwerte für das nicht beabsichtigte Vorhandensein von gv-Saatgut in Nicht-gv-Sorten deutlich (hier auch aufbauend auf den Ergebnissen eines kurzfristig angesetzten Treffens der beteiligten Kommissionsmitglieder): Die Kommission will so früh es geht die Vorschläge unterbreiten. Die Grenzwerte werden zunächst entsprechend eines Verfahrens aus der Freisetzungsrichtlinie - und auf der Basis der Empfehlung des wissenschaftlichen Kommitees für Pflanzen - abgestimmt, um in einem zweiten Schritt auch Einzug zu finden in die Saatgutrichtlinie der Union. Unterdessen berichtete die britische Zeitung The Guardian von der Ablehnung einer Europa-weiten Zulassung einer gentechnisch veränderten Herbizid-toleranten Raps-Sorte durch die zuständige Behörde in Belgien. Die Raps-Sorte war von dem deutschen Pflanzen-Biotech-Giganten Bayer-CropScience beantragt worden. Mit den Ergebnissen zu den Wirkungen auf die Biodiversität, die sich aus der Untersuchung in Großbritannien ergeben hatten (siehe GID 161 “UK on the Way” und in diesem Heft den Artikel von Adrian Bebb), haben die belgischen Behörden nun ihre Entscheidung begründet; trotz, wie der Guardian schreibt, intensivem Lobbying von Biotech-Firmen. (EU-Papier: GVO: Kommission macht Bestandsaufnahme, PM der EU-Kommission, 28.01.04, http://europa.eu.int; The Guardian, 03.12.04, zitiert nach gmwatch.org-news) (pau)

Novellierung

Arzneimittelgesetz Im Deutschen Bundestag wird derzeit über einen Gesetzentwurf entschieden, der erstmals unter bestimmten Bedingungen Forschung an so genannten nicht-einwilligungsfähigen Patienten legalisieren soll. Bisher ist eine solche Forschung an Minderjährigen und Menschen mit eingeschränkter Urteilsfähigkeit in Deutschland untersagt. Mit der anstehenden Umsetzung der EU-Richtlinie „Über die Anwendung der guten klinischen Praxis“ in das deutsche Arzneimittelgesetz wurde die ethisch heftig umstrittene Forderung nach einer Liberalisierung der Gesetzgebung allerdings erneut aktuell: Der Entwurf für eine zwölfte Novelle des deutschen Arzneimittelgesetzes (AMG), der am 28. Januar 2004 in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses debattiert wurde, erlaubt eine klinische Prüfung von Arzneimitteln bei Kindern und Jugendlichen erstmals und nur unter der Bedingung, dass sie nur einen so genannten „Gruppennutzen“ versprechen. Das bedeutet, dass Experimente nicht wie bisher zwingend für die Versuchsperson selbst, sondern für „die Gruppe der Patienten, die an der gleichen Krankheit leidet mit einem direkten Nutzen verbunden sein“ müssen. Danach dürften beispielsweise bei einem Minderjährigen Blutwerte oder Hirnströme gemessen werden, um den Abbau eines verabreichten Medikaments zu überprüfen. Auflage dabei ist, dass diese fremdnützigen Eingriffe „nur mit einem minimalen Risiko“ verbunden sind. Der Entwurf sieht außerdem eine rechtliche Stärkung der Kompetenzen von Ethikkommissionen an Kliniken und Ärztekammern vor. Befürworter der Novelle sehen den Entwurf als eine rechtliche Klarstellung einer bestehenden Grauzone an: Nach Einschätzung von Kinderärzten haben mindestens vierzig Prozent aller Medikamente, die Minderjährigen verabreicht werden, für diese Altersgruppe keine Zulassung. Der Arzt, dem keine Alternativen zur Verfügung stünden, behandele dann auf sein eigenes Risiko. Doch auch die Zulassung von klinischen Studien würden unterschiedlich gehandhabt: Einige Ethikkommissionen genehmigen auch heute schon Placebo-Studien an Minderjährigen – solche Studien also, bei denen aus Gründen der Vergleichbarkeit einigen Versuchsteilnehmern die zu testenden Medikamente vorenthalten werden. Dagegen wies Christian von Dewitz, Mitglied der Ethikkommission der Berliner Charité, auf die Unzulänglichkeiten der Arbeit von Ethikkommissionen hin: Die Unabhängigkeit und Kompetenz der Teilnehmer sei nicht gewährleistet, Entscheidungen würden nicht veröffentlicht und seien juristisch nicht anfechtbar. Bevor über eine Ausweitung der Zuständigkeit von Ethikkommissionen gesprochen würde, müsse ihre Struktur daher verändert werden. Wie Dewitz sehen auch weitere KritikerInnen die geplante AMG-Novelle als ethischen Dammbruch an. Das Prinzip der freiwilligen, informierten und persönlichen Einwilligung dürfe nicht im Namen des „Wohls kommender Generationen“ ausgehebelt werden, forderte Michael Wunder, Mitglied der Enquetekommission Ethik und Recht in der Modernen Medizin. Die Novelle sei ein Versuch, die in der Bioethik-Konvention des Europarats unter bestimmten Bedingungen zugelassene Forschung an „nicht-einwilligungsfähigen“ Menschen durch die Hintertür zu legalisieren, nachdem die Unterzeichnung der Konvention bisher in Deutschland am Protest von kritischen Organisationen gescheitert ist. Das Gesundheitsministerium bezeichnete den Gesetzentwurf als eine Verbesserung der Konkurenzfähigkeit für den Pharmastandort Deutschland. Der Gesetzentwurf ist über die Homepage des Gesundheitsministeriums einzusehen. (http://www.bmgs.bund.de/, PM 15.10.2003; http://www.bundestag.de/gremien15/a13/a13a_anhoer…, 28.01.04, faz.net, 14.12.03) (mf)

Freihandel mit Patenten

Nach Berichten von GRAIN ist Ende Januar der Vertrags-Entwurf für die Freihandelszone USA-Mittelamerika veröffentlicht worden. Danach, so heißt es in der Mitteilung von GRAIN, müssen die Teilnehmerstaaten des Abkommens alle angemessenen Bemühungen unternehmen, die Patentierung von Pflanzen zu ermöglichen, trotz der Ausnahmen, die unter den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) zulässig sind. Die Freihandelszone CAFTA (Central America Free Trade Agreement - zentralamerikanisches Freihandels-Abkommen) umfasst neben den USA die Länder Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua. GRAIN ist eine Nichtregierungsorganisation, die zur nachhaltigen Nutzung genetischer Ressourcen auf der Basis von Eigenständigkeit und traditionellem Wissen arbeitet. Der Entwurf für das CAFTA-Abkommen findet sich im Netz unter der Adresse: ww.ustr.gov/new/fta/Cafta/text/15-ipr.pdf (GRAIN, 29.01.04, www.grain.org) (pau)

EU-Parlament will Klon-Verbot

Das Europäische Parlament hat in einer Resolution über die Beziehung der EU zu den Vereinten Nationen ein Verbot des Klonens von Menschen auf UN-Ebene verlangt. Das Europäische Parlament unterstützt in seiner Resolution die Initiative Costa Ricas, nicht nur das reproduktive Klonen, sondern auch das Klonen zu Forschungszwecken – um Stammzellen zu gewinnen – zu verbieten. Auf der Ebene der Vereinten Nationen findet seit Monaten ein heftiger Disput über das Klonen von Menschen statt. Costa Rica hatte zusammen mit mehr als 60 Staaten eine Initiative zum umfassenden Klonverbot gestartet, eine andere Initiative, die von Belgien initiiert wurde und von circa 20 weiteren Ländern unterstützt wird, will nur das reproduktive Klonen verbieten. (ALfA-Newsletter, 31.01.04) (ts)

Klonpatent verkauft

Die schottische Firma PPL Therapeutics hat Ende letzten Jahres das Patent auf die Technik, mit der das Schaf „Dolly“ geklont wurde, an die US-amerikanische Firma Exeter Life Sciences verkauft. Das Klonpatent wechselte für die Summe von nur 760 000 britischen Pfund seinen Besitzer. Seit September wird die fast bankrotte Firma PPL Therapeutics, die 1987 gegründet wurde, abgewickelt. Bislang sind schon 90 Prozent der Angestellten entlassen worden. „Dolly“ kam 1996 als erstes geklontes Tier auf die Welt, nachdem Forscher des Roslin-Instituts ein Verfahren entwickelt hatten, die Kerne von Körperzellen in entkernte Eizellen zu transferieren. Im letzten Jahr musste Dolly jedoch wegen einer Lungenkrankheit eingeschläfert werden. (FAZ, 06.01.04) (ts)

Zulassungsanträge zurückgezogen

Bayer Cropscience hat in Großbritannien die Zulassunganträge für sechs gentechnisch veränderte Sorten, fünf Rapslinien und eine Futtermaislinie, zurückgezogen. Alle sechs Sorten sind resistent gegen Bayers Herbizid Glufosinat. Anträge für zwei weitere gentechnisch veränderte Rapssorten sowie eine Futtermais- und zwei Rübenlinien werden weiterhin aufrechterhalten. (PM Friends of the Earth, 19.12.03) (ts)

EU-Kommission mahnt Belgien und Spanien

Belgien und Spanien sind von der Kommission der Europäischen Union aufgefordert worden, die so genannte Systemrichtlinie für den Umgang mit GVO in geschlossenen Systemen umzusetzen. Die beiden Länder hätten die besagte Richtlinie bis zum 05.06.2000 umsetzen müssen. Für die Nicht-Umsetzung hatte der Europäische Gerichtshof die beiden Länder im März des vergangenen Jahres bereits verurteilt. Beide Länder haben mit der Umsetzung begonnen, sie aber bisher nicht abgeschlossen. (PM der Europäischen Kommission, 06.01.04) (pau)

Israel:Keine Kennzeichnung

In Israel müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht gekennzeichnet werden. Ehud Colmert, israelischer Industrie- und Handelsminister, gab dies Ende letzten Jahres bekannt. Es gäbe bislang keine wissenschaftliche Nachweise für gesundheitliche Schäden durch gentechnisch veränderte Lebensmittel, so Colmert. Sobald sich der Stand des Wissens jedoch ändere, könne auch diese Entscheidung geändert werden. (GENET-news, 12.12.03) (ts)

Weizen-Patent: Einspruch

Greenpeace hat am 27.1.2004 Einspruch gegen das vom Europäischen Patentamt (EPA) im Mai 2003 erteilte Patent EP 445929 eingelegt, das der Firma Monsanto das alleinige Nutzungsrecht für einen Weizen mit besonderer Backqualität inclusive der daraus hergestellten Erzeugnisse überträgt. Das Patent bezieht sich auf natürliche genetische Anlagen, die auch in einem von indischen Bauern gezüchteten Weizen (Nap Hal-Weizen) vorkommen. Greenpeace wirft dem EPA vor, sich wider besseren Wissens über gesetzliche Grundlagen hinwegesetzt zu haben, denn es handele sich in dieser Sache nicht um eine Erfindung. Das Europäische Patentabkommen verbietet Patente auf die normale Züchtung von Pflanzen und das entsprechende Saatgut. (PM Greenpeace, 27.01.04) (ts)

Nationaler Ethikrat

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat am 28. Januar den promovierten evangelischen Theologen Hermann Barth in den Nationalen Ethikrat berufen. Hermann Barth ist Vizepräsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland und Leiter der Hauptabteilung “Theologie und öffentliche Verantwortung”. Er tritt die Nachfolge von Bischof Wolfgang Huber an, der im November 2003 nach seiner Wahl zum Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland seine Mitgliedschaft im Nationalen Ethikrat aufgegeben hat. (PM Nationaler Ethikrat, 28.01.04) (ts)

Ausweitung abgelehnt

Die Bundesregierung hat eine Ausweitung der DNA-Analyse bei der Verfolgung von Straftätern abgelehnt. Die CDU/CSU-Fraktion hatte einen Antrag zur erweiterten Nutzung der DNA-Analyse zur Verbrechensbekämpfung gestellt, der stellvertretende Vorsitzende der CDU, Wolfgang Bosbach, begründete dies mit der steigenden Bedrohung durch Terrorismus und Kriminalität. Die DNA-Analyse solle dem Fingerabdruck rechtlich gleichgestellt werden und ein DNA-Profil künftig auch ohne vorhergehenden richterlichen Beschluss erstellt werden können. Bisher wurden in Deutschland die DNA-Profile von 275.000 Menschen erfasst. Die Erstellung eines DNA-Profils ist nun weiterhin nur bei Straftaten „erheblicher Bedeutung“, wie Mord und Vergewaltigung zulässig. (Berliner Morgenpost, 16.01.04) (ts)

Biowaffen-Gesetzgebung

Die britische Organisation VERTIC hat in Genf eine umfassende Aufstellung der nationalen Biowaffen-Gesetzgebung in den einzelnen Vertragsstaaten der Biowaffen-Konvention (BWC) vorgelegt. Der Bericht „Time to lay down the law: national laws to enforce the BWC” kann unter www.vertic.org/whatsnew.html eingesehen bzw. bestellt werden. (Biowaffen-Telegramm 23, 16.12.04, www.sunshine-project.de) (pau)

Ständige UN-Biowaffen Inspektoren

Großbritannien und Frankreich wollen die UNMOVIC, die die Waffeninspektionen im Irak durchgeführt hat, in eine permanente UN-Institution zur Überwachung von Biowaffen- und Raketenprogrammen weltweit umwandeln. Die Pläne bedürften der Zustimmung des UN-Sicherheitsrates, werden aber laut UN-MitarbeiterInnen von den USA ebenso wie von Pakistan und Syrien noch abgelehnt. Sollte es tatsächlich zur Einrichtung eines ständigen Biowaffen-Inspektorenteams kommen, dürfte die Frage entscheidend sein, welcher UN-Institution dieses Team unterstellt wird. In Frage kämen in erster Linie das UN-Sekretariat oder der UN-Sicherheitsrat. Für den Sicherheitsrat spricht, dass das Team dann jeweils mit einem sehr starken Mandat ausgestattet sein würde. Andererseits könnte die politische Schwelle für den Einsatz der Inspektoren damit so hoch liegen, dass sie nur äußerst selten aktiv werden könnten. Eine Einladung an die Inspektoren, eine Inspektion im eigenen Land durchzuführen, um Vorwürfe Dritter untersuchen zu lassen, erscheint wenig wahrscheinlich, wenn das Team dem Sicherheitsrat unterstellt wäre. (Washington Post, 25.11.03, zitiert nach Biowaffen-Telegramm 23, 16.12.04, www.sunshine-project.de) (pau)

Waffenfähige Biotechnologie

Der Fortschritt in der Biotechnologie birgt die Gefahr des Missbrauchs für die Entwicklung von weitaus gefährlicheren Biowaffen, als wir sie heute kennen. Zu diesem Ergebnis kam nun eine vom CIA beauftragte Gruppe von WissenschaftlerInnen. Auch die Organisation Sunshine-Project hatte Ende letzten Jahres einen entsprechenden Bericht vorgelegt (Neue Technologien und die Gefahr durch Biologische Waffen, www.sunshine-project.de). Der am 3. November 2003 veröffentlichte Bericht „The Darker Bioweapons Future“ ist auf der homepage der Federation of American Scientists unter www.fas.org/irp/cia/product/bw1103.pdf einzusehen. (nach: Biowaffen-Telegramm 23, 16.12.04, www.sunshine-project.de) (pau)

TBC-Bakterium hergestellt

Forscher der University of California haben durch einen gentechnischen Eingriff einen neuen, hochgefährlichen Tuberkulose-Erreger erzeugt. Sie hatten versucht, die vermutlich krankheitsauslösenden Gene des Tuberkulosebakteriums auszuschalten, produzierten dabei jedoch aus Versehen ein Bakterium, das noch weitaus tödlicher als sein natürlicher Verwandter wirkt. Aus Versuchen mit Mäusen folgerten die Forscher, dass das veränderte Bakterium vom Immunsystem der Mäuse nicht erkannt wurde und sich somit ungehindert vermehren konnte. Das Experiment wurde in den Proceedings of the National Academy of Science veröffentlicht (PNAS, 23.12.03, Nr.26, S.15918-15923, Abstract unter: www.pnas.org/cgi/content/abstract/100/26/15918). Auch wenn das Tuberkulose-Bakterium selbst wenig geeignet für eine Verwendung als Biowaffe ist, ist die Gefahr der Anwendung derselben Technik mit demselben Ergebnis bei einem potentiellen Biowaffen-Agens perspektivisch gegeben, so das Sunshine Projekt. (Biowaffen-Telegramm Nr. 24, 16.01.03, www.sunshine-project.de) (ts)

Biowaffen-Abwehrforschung

In den USA sollen 22 neue Hochsicherheitslabore für die Biowaffen-Abwehrforschung errichtet werden. 1,74, Milliarden US-Dollar sind im Budget des NIH (National Institutes of Health) für die Forschung an Mikroorganismen mit Bioterrorismuspotenzial vorgesehen. (Biowaffen-Telegramm Nr. 25, 04.02.04, www.sunshine-project.de; www.biomedcentral.com/news/20040203) (ts)

Neues Bioethikgesetz in Frankreich

Im Dezember hat die Pariser Nationalversammlung einen Gesetzesentwurf zu einem neuen Bioethikgesetz mit großer Mehrheit angenommen. Demnach soll die Präimplantationsdiagnostik (PID) in bestimmten Situationen möglich sein, wenn zum Beispiel “schwere genetische Erkrankungen” vorliegen. Außerdem sollen bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Hilfe der PID Embryonen ausgewählt werden können, die für die Spende von Nabelschnurblut für ein erkranktes Geschwister in Frage kommen. Dafür müsste mit der PID eine immunologische Übereinstimmung zwischen dem frisch gezeugten Embryo und dem kranken Geschwister erkannt werden. Es liegen bereits 15 Anträge von Eltern auf die Anwendung einer PID vor. Damit das Gesetz in Kraft treten kann, muß es in zweiter Lesung den Senat passieren. Weiter beschloss die Nationalversammlung für einen Zeitraum von fünf Jahren die Forschung an Embryonen zu erlauben, die bei Paaren, die durch IVF ein Kind bekommen haben, übrig geblieben sind. Diese Forschung soll nur genehmigt werden, wenn “große therapeutische Erfolge” zu erwarten sind. Seit 2002 ist die Forschung an importierten embryonalen Stammzellen unter bestimmten Bedingungen bereits möglich. (ALfA-Newsletter 31.01.04) (sw)

Italien: Fortpflanzungs-medizingesetz

Kurz vor Ende des letzten Jahres hat der italienische Senat ein Gesetz verabschiedet, das Ei- und Samenspenden sowie die Selektion von Embryonen im Reagenzglas verbietet und die In-vitro-Fertilisation (IVF) nur der Bedingung erlaubt, dass alle anderen Methoden versagen. Bei einer IVF dürfen in Zukunft höchstens drei Eizellen befruchtet werden. Alle befruchteten Eizellen müssen anschließend in die Gebärmutter eingesetzt werden. Embryonen dürfen weder getötet noch für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden.Auch die Untersuchung der Embryonen auf genetische Krankheiten (Präimplantationsdiagnostik) ist untersagt. Damit hat Italien das strengste Fortpflanzungsmedizingesetz Europas. (taz, 09.01.04) (pau)

Greenpeace Einkaufsführer Gentechnik

Die Umweltorganisation Greenpeace hat im Januar einen umfangreichen Einkaufsratgeber vorgelegt, mit dem Verbraucherinnen und Verbraucher leicht erkennen können, welche Handelsunternehmen und Lebensmittelhersteller in Zukunft auf den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen verzichten wollen. Nach Angaben des Greenpeace-Einkaufsnetzes, der Verbraucherschutz-Abteilung der Organisation, wurde mit mehr als 450 Firmen der Lebensmittelbranche über die Verwendung von GVO gesprochen. Der weit überwiegende Teil hat zugesagt, keine GVO in den Lebensmitteln zu verarbeiten. Nach Ansicht von Greenpeace reicht der unlängst vorgelegte Entwurf für ein neues Gentechnikgesetz nicht aus, um die Rechte und Interessen der VerbraucherInnen zu schützen. Der Einkaufsführer kann bei Greenpeace in Hamburg bestellt werden, er wird kostenfrei verschickt. (PM Greenpeace, 14.01.04) (pau)

Preisabsprachen

Monsanto und Pioneer (DuPont) sollen der New York Times zufolge zwischen 1995 und 1999 Gespräche geführt haben, in welchen es unter anderem auch um Preisabsprachen ging. Dies würde einen Verstoß gegen das Kartellrecht bedeuten. In einem Artikel der Zeitung heißt es, “Interviews mit ehemaligen und aktuellen Führungskräften großer Saatgutfirmen, zusammen mit Firmendokumenten, ergeben, dass Monsanto im Verlauf der neunziger Jahre [des letzten Jahrhunderts] versucht hat, den Markt für gentechnisch verändertes Mais- und Soja-Saatgut zu kontrollieren.” In den Unterredungen, so ergaben unter anderem Gespräche mit Dutzenden von Mitarbeitern (executives), sprachen die Firmen über Preise, über Kooperationen um die Preise für gentechnisch verändertes Saatgut hoch zu halten und tauschten Gewinnerwartungen (profit projections) aus. Ebenfalls in den Neunzigern übte Monsanto Druck auf mindestens zwei weitere große Saatgutfirmen aus, damit diese ihre Einzelhandels-Preis-Strategien mit Monsanto austauschen. Ehemalige leitende Angestellte (chief executives) von Novartis Seeds (jetzt Syngenta) und Mycogen (jetzt Dow) sagten, sie hätten die dringende Bitte von Monsanto als wettbewerbsschädlich und möglicherweise auch illegal zurückgewiesen. Gegen Monsanto wird durch das Justizministerium bereits wegen Wettbewerbsbeschränkung ermittelt, da Monsanto den Markt mit seinem Breitbandherbizid “Roundup” und dem dagegen resistenten gentechnisch veränderten Saatgut “Roundup Ready” dominiert. Monsanto und Pioneer kontrollieren nach Angaben der New York Times etwa sechzig Prozent des US-amerikanischen Marktes für Mais- und Soja-Saatgut, der insgesamt einen Wert von fünf Milliarden US-Dollar hat. In einem Prozess vor einem Bundesgericht in Chicago, in dem sich die Firmen Monsanto und andere große Saatgutfirmen wegen Preisabsprachen bei dem Verkauf von gentechnisch verändertem Saatgut verantworten müssen, hat der vorsitzende Bundesrichter Rodney W. Sippel unterdessen abgelehnt, wegen Voreingenommenheit von seinem Posten zurückzutreten. Die Anwälte einer Gruppe von Farmern hatten den Richter zu diesem Schritt aufgefordert, nachdem bekannt wurde, dass er in einem früheren Fall, in dem es ebenso um Preisabsprachen ging, auf der Liste der den Monsanto-Konzern vertretenden Anwälte stand. (New York Times, 06.01.04 und 20.01.04, www.nytimes.com; The Guardian (GB), 10.01.04, www.guardian.co.uk) (ts, pau)

Lidl und Metro

Im Dezember haben sich zwei weitere der großen Mitspieler auf dem deutschen (und europäischen) Lebensmittelmarkt Gentechnik-freien Produkten verpflichtet: Die Discount-Kette Lidl und der Handelskonzern Metro haben mitgeteilt, dass sie der Initiative von Greenpeace folgen und mit Beginn der Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel keines dieser Produkte verkaufen wollen. Die Metro-AG sicherte zu, dass auch nach April 2004 die Eigenmarken nicht gekennzeichnet werden müssen, “weil die normativen Voraussetzungen der Kennzeichnungspflicht bei den von unseren [zur Metro-Group gehörenden] Unternehmen vertriebenen Produkten auch nach Maßgabe dieser neuen Rechtsvorschriften nicht gegeben sind”. (PM Metro, 19.12.04; PM Greenpeace, 11.12.03) (pau)

Modernes Anthrax

Der New Yorker Journalist Gary Matsumoto versucht in einem kürzlich in Science erschienenen Artikel nachzuweisen, dass es sich bei dem in den Briefen an die US-Senatoren Leahy und Daschle enthaltenen Milzbrandpulver um ein qualitativ außergewöhnlich hochwertiges Pulver handelte. (Science, Vol. 302, S. 1493-97, 28.11.03) Der Artikel ist umstritten, weil die detaillierten fachlichen Beschreibungen zumindest einige bislang wenig bekannte Details zur waffenmäßigen Aufbereitung von Milzbrandsporen enthalten. In diesem Zusammenhang wird auch kritisiert, dass die Herausgeber von Science ihrer Selbstverpflichtung zur Nicht-Veröffentlichung von Forschungsarbeiten über Waffen-relevantes Wissen in diesem Fall nicht nachgekommen seien. (nach: Biowaffen-Telegramm 23, 16.12.04, www.sunshine-project.de) (pau)

McDonald’s

Der Fastfood-Konzern McDonald’s will Europa-weit keine gentechnisch veränderten Lebensmittel verkaufen. Die Zusage bezieht sich auf pflanzliche Produkte, da, nach Meinung der Chefin der Qualitätskontrolle, eine Gewährleistung für die Gentechnik-Freiheit beim Tierfutter nicht gegeben werden kann. Dem Bericht zufolge verbraucht McDonald’s im Jahr zirka 500.000 Schlachtkühe, die von dem Exklusiv-Fleischlieferanten Esca stammen. Für die Fastfood-Kette steht die Zusage in Zusammenhang mit einer Qualitäts-Offensive, die auf der Grünen Woche in Berlin vorgestellt wurde und unter anderem dem Beitritt zu der - nicht unumstrittenen - Qualität und Sicherheit GmbH beinhaltet. Die Qualität und Sicherheit GmbH vergibt das so genannte QS-Siegel der deutschen Lebensmittelwirtschaft. Damit sind verschiedene Qualitätsstandards verbunden, zu denen die Gentechnik-Freiheit der Produktion bisher nicht gehört. (Berliner Zeitung, 23.01.04) (pau)

Erschienen in
GID-Ausgabe
162
vom Februar 2004
Seite 37 - 40