Kurz notiert: Mensch & Medizin

Gentherapie bei Traumata?

Ein israelisch-britisch-deutsches Forscherteam berichtet in der Fachzeitschrift Molecular Psychiatry, es habe eine neue Gentherapie entwickelt, die möglicherweise psychische Folgen traumatischer Erlebnisse beseitigen könne, ohne die Erinnerungsfähigkeit zu beeinflussen. Unter normalen Bedingungen bildet das Gen, auf das sich die Wissenschaftler bei ihren Untersuchungen konzentrierten, ein Protein, das an der Kommunikation von Nervenzellen beteiligt ist. Nach einem Trauma bildet das gleiche Gen jedoch große Mengen eines veränderten Eiweißstoffs, welcher die elektrischen Signale der Nervenzellen verändert und in der Folge psychische Reaktionen wie extreme Angst oder einen Schock hervorruft. Assoziationen, die das traumatische Erlebnis in Erinnerung rufen, können auch Jahre später gleiche psychische und physische Reaktionen auslösen. Das Team um Joachim Spiess, Max-Planck-Institut für experimentelle Medizin in Göttingen, will nun eine Methode gefunden haben, um bei Mäusen die Produktion des veränderten Eiweißes verhindern zu können: Durch eine so genannte Antisense-Gentherapie hätten sie die Weitergabe der genetischen Information für das veränderte Protein blockiert und damit die Stressantwort neutralisiert, so die Forscher. Hermona Soreq von der Hebräischen Universität Jerusalem, Leiterin der Studie, betont, die Erinnerungen selbst würden nicht verändert. Ein Wirkstoff, der auf der Basis ihrer Ergebnisse entwickelt werden könnte, könne aber die schädliche Stressantwort blockieren und so langfristige Folgen verhindern. Die neue Therapie sei vor allem deshalb vielversprechend, weil sie nicht nur die Symptome bekämpfe, sondern den „Kern des Problems angreife.“ (wissenschaft.de, 13.12.03) (nj)

Kommerzielle Gentherapie in China?

Als erstes Land weltweit hat China eine Gentherapie für den Markt zugelassen. Wie die Zeitschrift Nature Biotechnology berichtet, erhielt die Firma Shenzhen SiBiono GenTech eine entsprechende Zulassung von der obersten Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde in Beijing. Damit kann die von dem Unternehmen entwickelte rekombinante Ad-p53-Gentherapie zur Behandlung von Oberflächengewebetumoren im Kopf und Nackenbereich demnächst in Umlauf gebracht werden. An dieser Krebsart soll jeder Zehnte der etwa 2,5 Millionen Krebspatienten leiden, die in China jedes Jahr an Krebs erkranken. Das neue Produkt namens Gendicine soll nach Angaben des Geschäftsführers von SiBiono über fünf Jahre hinweg in klinischen Versuchsreihen getestet worden sein und habe bei über 60 Prozent der Krebspatienten, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium des Krankheitsverlaufs befanden, zu einem völligen Rückgang des Tumors geführt. Bei mehr als einem Drittel habe sich der Tumor zumindest teilweise zurückgebildet. Als Nebenwirkung sei bei einigen Patienten Fieber aufgetreten. Nach Einschätzung von Experten ist es wenig erstaunlich, dass die erste kommerzielle Anwendung der Gentherapie in China entwickelt worden ist: Aufgrund der großen Bevölkerungszahl sei es leicht, ausreichend PatientInnnen für einen klinischen Versuch zu rekrutieren. Zudem sei die Kontrolle solcher Forschungsvorhaben am Menschen weitaus lockerer als in anderen Staaten: Das zugelassene Medikament sei nur an 120 Menschen erprobt worden, während entsprechende Produkte in den USA auch nach Versuchen an mehreren hundert Probanden noch auf eine Zulassung warten. (Nature Biotechnology, 22.01.04, Seite 3-4) (mf)

„Blitzanalyse“

Mit Methoden aus der Spracherkennung und der Bildbearbeitung will der Genforscher Helmut Blöcker von der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung in Braunschweig die Genomsequenzierung beschleunigen. Bisher braucht die Anlayse eines vergleichsweise kleinen DNA-Abschnitts trotz Einsatz von Großrechnern mehrere Tage. Die Entwicklung der Computerchips kann außerdem bei dem rasanten Zuwachs an genetischen Rohdaten nicht mehr Schritt halten: Während die weltweit angehäufte Masse an Daten aus dem Genom sich jedes Jahr verdoppele, sei eine entsprechende Verdoppelung der Kapazität von Chips nur alle 18 Monate zu erwarten, schätzt Blöcker. In der Zeitschrift Bioinformatics schlägt der Genforscher daher zusammen mit seinem Kollegen Gerhard Kauer ein Verfahren vor, mit dem DNA-Bausteine in Wellenfunktionen dargestellt werden. Dabei fließen auch Informationen über die Struktur mit ein, die bei einer herkömmlichen DNA-Analyse vom Tisch fallen, so Blöcker und Kauer. Die Übersetzung des menschlichen Genoms in eine solche Wellenfunktion wird nach ihren Schätzungen nur fünf Sekunden in Anspruch nehmen und benötige als Voraussetzung nur eine entsprechende Steckkarte und einen herkömmlichen PC. Das Verfahren ließe sich auch für einen Vergleich verschiedener Genome „in Echtzeit“ einsetzen – dabei werde auf ein Prinzip zurück gegriffen, das der Spracherkennung bei Handys ähnlich sei. Durch einen Vergleich der Signale ließen sich Ähnlichkeiten und minimale Unterschiede erkennen. (Spiegel online, 14.12.2003; Bioinformatics, Vol. 19,. Nr. 16) (mf)

Impfstoff gegen Malaria

Britische Forscher berichten in der Online-Ausgabe des Fachblatts Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), möglicherweise einen neuen Impfstoff gegen Malaria gefunden zu haben. Der Wirkstoff bestehe aus Eiweißen, die im Malariaerreger vorkommen; abgeschwächte Pockenviren würden als Wirkstoffträger genutzt. Die Wissenschaftler um Eric Prieur von der University of Oxford geben an, Versuche an Mäusen würden darauf hindeuten, dass der Impfstoff gegen Malaria schützen könne. Bisher gibt es keine Schutzimpfung gegen die Tropenkrankheit Malaria, da die Krankheitserreger ihre Eiweißhülle verändern können und somit vom Immunsystem schwer zu erkennen sind. Die Forscher versuchten das Problem zu lösen, indem sie für den Impfstoff Genabschnitte, die für solche Eiweiße kodierten, in abgeschwächte Pockenviren einschleusten. Die so modifizierten Viren wurden Mäusen injiziert. Darauf reagierten die Mäuse mit der Produktion spezieller Abwehrzellen. Prieur und sein Team wollen den Impfstoff in klinischen Versuchen jetzt auch an Menschen erproben. (Berliner Zeitung, 19.12.03) (nj)

Gen für ... Lepra

Ein internationales Forscherteam berichtet in der Fachzeitschrift Nature, es habe bestimmte Genvarianten gefunden, die Menschen für Lepra anfälliger machen. Erwin Schurr von der McGill-Universität in Montréal, Kanada, und seine Kollegen machen eine Stelle auf dem Chromosom 6 für die erhöhte Anfälligkeit mancher Menschen für Lepra verantwortlich. Die Wissenschaftler geben an, bei circa 200 vietnamesischen Familien einen Zusammenhang zwischen einer höheren Sensitivität für Lepra und bestimmten genetischen Markern im Erbgut der Untersuchten festgestellt zu haben. Bei weiteren 1000 untersuchten brasilianischen Lepra-Kranken seien sie zu dem selben Ergebnis gekommen. Darüber hinaus könnten laut Schurr und seinem Team Lepra und Parkinson eventuell Gemeinsamkeiten auf molekularer Ebene haben. Zu diesem Schluss seien sie gekommen, weil für beide Krankheiten typische Genabschnitte in der gleichen Region auf Chromosom 6 liegen würden. (www.wissenschaft.de, 26.01.04) (nj)

Fett zu Stammzellen?

Das US-Unternehmen Macropre erforscht nach Angabe des Handelsblattes eine Methode, bei der Herzinfarktpatienten mit Stammzellen aus abgesaugtem Fettgewebe behandelt werden sollen. Ziel ist die Entwicklung eines Geräts, das innerhalb von 30 Minuten aus dem Fettgewebe ausreichend Stammzellen isoliert, die direkt im Anschluss an die Behandlung des akuten Infarkts ins Herz injiziert werden sollen. Derzeit untersucht die Gruppe, wie sich die im Fettgewebe eingelagerten Stammzellen chemisch isolieren lassen sowie ihre Wirkung nach der Injektion. Der medizinische Direktor des Unternehmens, Marc Hendrick, erhofft sich von der Methode nicht nur „die beste medizinische Wirkung, sondern auch niedrige Behandlungskosten, weil nur ein einziger Eingriff notwendig ist.“ Voraussichtlich werden Mitte 2004 in den USA und in Frankfurt am Main erste Studien am Patienten durchgeführt. Nach Einschätzung von Andreas Zeiher, Leiter der kardiologischen Abteilung an der Uniklinik Frankfurt, könnte sich die neue Methode schnell zu einem Renner entwickeln, da Herzinfarktpatienten häufig unter einer Kombination aus Stress, Bewegungsmangel und Übergewicht leiden. Aber auch die neue Therapie könne das Herz nach einem Infarkt nur zu 80 Prozent wieder herstellen. Ohne Stammzelltherapie erlange es jedoch durchschnittlich nur 20-30 Prozent seiner Funktionsfähigkeit wieder, so Zeiher. (www.handelsblatt.com 30.12.2003) (jh)

Umfrage: Reprotechnologien

Der Bedarf für Verfahren der künstlichen Befruchtung wird von vielen Reproduktionsmedizinern überschätzt. Dies legt eine repräsentative Umfrage nahe, die Medizinpsychologen der Universität Leipzig vorgestellt haben. Gleichzeitig seien die Erfolgschancen der Methoden weitaus geringer als weitläufg angenommen. Bei der Untersuchung waren rund 2000 Frauen zwischen 18 und 50 Jahren zu ihren Einstellungen zum Thema Kinderwunsch und zu reproduktions-medizinischen Verfahren interviewt worden. Das Ergebnis: Nur ein bis zwei Prozent der Befragten gaben an, ungewollt kinderlos zu bleiben. Demgegenüber gibt die medizinische Fachliteratur an, dass – bei steigender Tendenz - von hundert Paaren 15-20 ungewollt kinderlos blieben. Nach Aussagen des Studienleiters Elmar Brähler handele es sich bei diesen Zahlen aber um grobe Schätzungen, die noch aus einer Veröffentlichung von 1978 stammen. „Die Zahlen geistern dann in den Medien herum und werden für Werbezwecke benutzt“, so Elmar. So seien auch die in der Studie befragten Personen von einer Unfruchtbarkeitsquote von 20 Prozent ausgegangen. Außerdem zeigten sie sich davon überzeugt, dass jeder zweite Behandlungszyklus von Erfolg gekrönt wird, obwohl die tatsächliche Erfolgsrate weitaus geringer ist. Auch die Aussagekraft der Präimplantationsdiagnostik (PID), also der Untersuchung eines im Labor gezeugten Embryos, wurde überschätzt: Jeder Zweite glaubte, mit dieser Methode ließen sich „alle Arten von Krankheiten“ vorhersagen. Obwohl die Befragten von solch hohen Erfolgsaussichten der Reproduktionstechnologien ausgingen, konnte sich nur jedes dritte Paar nach eigenen Angaben vorstellen, auf Methoden der künstlichen Befruchtung zurück zugreifen, falls sich der Wunsch nach Kindern nicht erfüllt. Dagegen würde die Mehrheit der Interviewten die Zulassung der PID befürworten, wenn ein begründeter Verdacht auf eine Erbkrankheit besteht. (dpa, 30.01.2004, Süddeutsche Zeitung, 30.01.2004, www.uni-leipzig.de) (mf)

Transplantantion von Stammzellen

Mittels einer Transplantation von blutbildenden Stammzellen haben US-Ärzte angeblich vier Kinder mit Fanconi-Anämie (FA) geheilt, einer besonders schweren Form angeborener Blutarmut. Die Stammzellen seien aus dem Nabelschnurblut der neugeborenen Geschwister der erkrankten Kinder gewonnen worden, berichtete der verantwortliche Arzt Dr. John Wagner, Universität Minnesota, auf dem Kongress der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie in San Diego. Mit Hilfe der Präimplantationsdiagnostik (PID) seien die durch In-Vitro-Fertilisation gezeugten Geschwister zu diesem Zweck vor der Schwangerschaft gezielt ausgewählt worden. Man habe nur solche Embryonen in den Mutterleib eingepflanzt, die ähnliche Gewebemerkmale aufwiesen wie ihre kranken Geschwister. Wagner behauptet, er habe die erste derartige PID bereits 1999 durchgeführt und das aus der Nabelschnur eines Kindes gewonnene Blut 2001 der sechseinhalb Jahre älteren, an FA leidenden Schwester transfundiert. Beide Kinder seien heute gesund. In den vergangenen zwölf Monaten hat Wagner nach eigenen Angaben drei weitere Kinder auf die gleiche Weise geheilt. Das Verfahren sei jedoch ethisch zumindest diskussionsbedürftig, so Wagner. (Ärzte Zeitung, 10.12.03) (nj)

Tötung von Neugeborenen?

Mit der These, die Tötung von Neugeborenen mit „Defekten“ könne moralisch gerechtfertigt werden, hat der britische Bioethiker John Harris in Großbritannien für Aufsehen gesorgt: Während der Anhörung eines parlamentarischen Komitees sagte er, dass es „nicht plausibel ist, von einem moralischen Wandel während der Reise durch den Geburtskanal auszugehen.“ Daher könne auch kein Unterschied im Status von Ungeborenen und Geborenen gemacht werden. Harris, der auch Mitglied des Bioethik-Komitees der britischen Ärztevereinigung sowie der staatlichen Humangenetik-Kommission ist, zieht daraus den Schluss, dass der Infantizid nicht in jedem Fall verwerflich sei. Ein Grund sei beispielsweise dann gegeben, wenn ein genetischer Defekt bei vorgeburtlichen Untersuchungen übersehen worden sei. Wenn man zuließe, dass Ungeborene aufgrund solcher Beeinträchtigungen abgetrieben werden, sei auch eine Tötung Geborener zu vertreten, sagte Harris. (BBC news, 16.01.2004) (mf)

IVF in Großbritannien

Die neuen Leitlinien der britischen Aufsichtsbehörde Human Fertilisation & Embryology Authority (HFEA) legen fest, dass in Großbritannien Frauen unter 40 Jahren bei einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) höchstens zwei Embryonen eingepflanzt werden dürfen, um Mehrlingsschwangerschaften zu verringern. Zuvor waren bis zu drei Embryonen erlaubt. Das hatte zu einer hohen Rate an Mehrlingsschwangerschaften geführt, die generell für Mutter und Kind(er) ein erhöhtes Risiko darstellen. Deshalb gelte das Verbot für Frauen unter 40 „ohne Ausnahme“, heißt es in der Presseerklärung der HFEA. Da bei Frauen über 40 die Chancen einer erfolgreichen IVF immer geringer werden, dürfen in diesen Fällen maximal drei Embryonen eingepflanzt werden. Die Leitlinien treten am 1. März 2004 in Kraft. Über die Hälfte der durch IVF herbeigeführten Schwangerschaften, durch die in Großbritannien ein Prozent aller Kinder gezeugt wird, führt zu Mehrlingsschwangerschaften. Laut den Angaben im Deutschen IVF-Register sind Mehrlingsgeburten in Deutschland nach einer IVF deutlich seltener als in Großbritannien. 2002 habe die Rate von Zwillingen bei 33 Prozent und die von Drillingen bei knapp drei Prozent gelegen. 1988 habe die Rate von Drillingen noch über sieben Prozent betragen. (Deutsches Ärzteblatt, 07.01.04, www.hfea.gov.uk) (nj)

Rechte Ungeborener

1991 verlor eine Frau in einem Krankenhaus in Lyon aufgrund einer fehlerhaften Behandlung ihren sechs Monate alten Fötus. Der Pariser Kassationshof, Frankreichs höchstes Strafgericht, hatte entschieden, dass dem Ungeborenen nach französischem Recht kein strafrechtlicher Schutz zustehe und somit auch keine strafrechtliche Verantwortung der behandelnden Ärzte für den Tod des Fötus im Mutterleib bestehe. Die Klägerin führt dagegen an, dass das in Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Leben auch für Ungeborene gelte und deshalb der Tod ihres Fötus nach einem irrtümlichen Eingriff der Ärzte als fahrlässige Tötung bewertet werden müsse. Nun wird der Fall vom Europäischen Gerichtshof geprüft. (Deutsches Ärzteblatt, 10.12.03) (nj)

Lebensdauer im Speiseplan

Die Essgewohnheiten werdender und stillender Mütter könnten einen Effekt auf die Lebenserwartung ihres Kindes haben, berichten Forscher von der britischen Universität Cambridge. Für ihre Untersuchungen hatten Susan Ozanne und Nicholas Hales schwangere Mäuse mit unterschiedlicher Futterqualität versorgt. Bei einem Proteingehalt von etwa zwanzig Prozent hatten die Nachwuchsmäuse nach Angaben der Wissenschaftler eine Lebenserwartung von etwa zwei Jahren. Durch Proteinmangel während der Schwangerschaft habe sich diese Lebensspanne der Jungen um bis zu einem Viertel verkürzt. Dagegen scheine Proteinmangel in der Stillzeit der Lebenserwartung zuträglich zu sein. Das Fazit der Wissenschaftler: Tiere, die von voll ernährten Müttern geboren, aber von Mäusen mit Proteinmangel gesäugt wurden, leben im Durchschnitt zwei Monate länger. Bei einer solchen Diät könne dann auch eine zucker- und fettreiche Ernährung keine schädlichen Auswirkungen haben. Die Mechanismen, auf denen die für Mäuse erheblichen Unterschiede in der Lebenserwartung beruhten, sollen noch geklärt werden. (netzeitung, 29.01.2004) (mf)

Klon-Hirsch

Wissenschaftler der Agricultural and Mechanical (A&M) University in College Station, USA, haben nach eigenen Angaben einen Hirsch geklont. Das Kitz mit dem Namen Dewey sei gesund und der erste geklonte Weißwedelhirsch der Welt. Die A&M Universität ist bekannt für ihre Klon-Experimente, dort wurden bereits Schweine, Rinder, eine Ziege und eine Katze geklont. Dewey sei bereits vor sieben Monaten zur Welt gekommen, man habe aber zunächst noch DNA-Tests abgewartet, bevor das Ergebnis bekanntgegeben wurde, so die Forscher. Anhand des Klon-Hirsches erhoffen sich die Wissenschaftler nun Aufschlüsse über das Klonen von Wildtieren und anderer, vom Aussterben bedrohter Tierarten. (Frankfurter Rundschau Online, 23.12.03) (nj)

Spätabtreibung wegen Hasenscharte

In Großbritannien ist das im letzten Jahr begonnene Gerichtsverfahren wegen einer Spätabtreibung, die aufgrund einer Hasenscharte eingeleitet wurde, in die Berufungsinstanz gegangen. Die Pastorin Joanna Jepson hatte im vergangenen Sommer den Polizeichef von Herefordshire verklagt, weil dieser sich geweigert hatte, gegen das Krankenhaus zu ermitteln, in dem Ärzte die Abtreibung durchführten. Das englische Abtreibungsgesetz erlaubt einen Abbruch nach dem sechsten Schwangerschaftsmonat, wenn dass Kind mit einer schweren Missbildung zur Welt käme, die „eine sinnvolle Lebensführung verunmöglichen“ würde. Gaumenspalten und Hasenscharten wurden bereits im 19.Jahrhundert chirurgisch korrigiert, heute gibt es zudem noch kieferchirurgische und sprachtherapeutische Behandlungsmöglichkeiten. Die Behandlungen sind fast immer erfolgreich, auch wenn sie manchmal bis ins Erwachsenenalter hinein durchgeführt werden müssen. Nichtsdestotrotz wurden in den letzten acht Jahren 26 Abtreibungen auf Grund von Hasenscharten und Gaumenspalten in britischen Kliniken durchgeführt. Die Geistliche, die selbst mit einer Hasenscharte zur Welt kam und im Alter von 17 Jahren operiert wurde, besteht darauf, keine Parteigängerin der radikalen Pro-Life-Bewegung zu sein, die Abtreibungen prinzipiell ablehnt. Ihr gehe es vielmehr um die Bekämpfung eines gesellschaftlichen „Perfektionskults“ und einer „zunehmenden Toleranz von Eugenik“. Nachdem Jepson das Verfahren in der ersten Instanz verloren hatte, entschied der Londoner High Court im Dezember, der Rechtsweg in die Berufung stehe offen. Die Richter begründeten dies damit, dass der Fall ungelöste „rechtliche und das Gemeinwohl betreffende Fragen“ aufwerfe. (Die Zeit, 11.12.03; The Tablet, 29.11.03) (nj)

Gentest bei Chemotherapie

An der Universität New Mexico (USA) hat einer Gruppe von Forschern um die Ärztin Cheryl William ein Gen beschrieben, das eine Vorhersage über den Erfolg gängiger Chemotherapien bei Kindern mit akuter lymphoblastischer Leukämie (ALL) ermöglichen soll. Ein Test auf dieses Gen könne künftig dazu dienen, Chemotherapien effektiver einzusetzen. Ein Viertel der an ALL erkrankten Kinder sprechen auf die modernen Kombinationstherapien nicht dauerhaft an. Die Wissenschaftler haben jetzt entdeckt, dass die Aktivität des bisher unbekannten, von ihnen OPAL1 getauften Gens gut mit den Erfolgsaussichten der gängigen Therapie-Schemata korreliert. William untersuchte die OPAL1-Aktivität in den Tumorzellen von 381 Kindern mit ALL. Bei fast 90 Prozent der Kinder mit hoher Aktivität sei die Chemotherapie langfristig erfolgreich. Ihre Erfolgschancen lagen dagegen bei weniger als einem Drittel, wenn das OPAL1-Gen schwach aktiv war. Laut William hat die Studie gezeigt, „dass die Analyse der Genaktivität ein hilfreiches Mittel sein kann, um Patienten in Gruppen mit unterschiedlicher Prognose einzuteilen.“ Durch die Einbeziehung weiterer Gene soll die Aussagekraft der Genanalyse noch weiter verbessert werden. (Ärzte Zeitung, 10.12.2003) (jh)

Verwandlung von Muskelzellen in adulte Stammzellen

In einer Vorabveröffentlichung der Fachzeitschrift Journal of American Chemical Society gibt eine US-amerikanische Arbeitsgruppe um Sheng Ding vom Scripps-Forschungsinstitut im kalifornischen La Jolla an, dass es ihr gelungen sei, eine Chemikalie zu entwickeln, mit der sich ausdifferenzierte Zellen in adulte Stammzellen zurückverwandeln lassen. Die Substanz mit dem Namen Reversin lösche die Programmierung spezialisierter Muskelzellen. Aus den so gewonnenen adulten Stammzellen sollen sich dann verschiedene Gewebetypen, wie Knochen- oder Fettzellen, entwickeln können. Die Wissenschaftler sehen darin eine Möglichkeit, aus eigenem Körpergewebe die bisher schwierig zu gewinnenden adulten Stammzellen zu generieren. Normalerweise verläuft die Entwicklung einer Zelle umgekehrt. Aus einer embryonalen Stammzelle entwickelt sich eine adulte Stammzelle, die sich beispielsweise zu einer Muskel- oder Nierenzelle ausdifferenzieren kann. Nur in Ausnahmefällen lässt sich diese Spezialisierung rückgängig machen. So können sich zum Beispiel Leberzellen bei einer Verletzung in Vorläuferzellen für neues Lebergewebe verwandeln. Diesen Prozess ahmten die Forscher nach. (www.baz.ch, 27.12.2003; www.wissenschaft.de, 24.12.2003) (jh)

Gen für... Osteoporose

Amerikanische Forscher hoffen, einen Ansatzpunkt für ein neues Osteoporose-Medikament gefunden zu haben. Der Mediziner Robert Klein und sein Team von der Oregon Health and Science University in Portland berichten in Science von einem Gen, das für die Entwicklung des Skeletts und die Stabilität der Knochen verantwortlich ist. Die Forscher konnten bei Mäusen nachweisen, dass Dichte und Belastbarkeit der Knochen abnahmen, wenn im Körper viel Lipoxygenase vorhanden war. Dabei handelt es sich um ein Eiweiß, das ungesättigte Fettsäuren in Botenstoffe der Immunabwehr umwandelt. Als verantwortlich für die Steuerung der Produktion dieses Proteins sei das Gen Alox15 identifiziert worden. Daraufhin züchteten die Forscher Mäusen mit inaktivem Alox15-Gen und stellten fest, dass deren Knochen stabiler waren. In einer weiteren Versuchsreihe wurde Mäusen zwei Stoffe verabreicht, die die Wirkung der Lipoxygenase hemmen. Sowohl bei der Entwicklung des Skeletts als auch bei Mäusen, die Osteoporose hatten, führte dies zur Zunahme der Knochenstabilität. Ob Lipoxygenase beim Menschen Osteoporose auslöst ist unklar. Weitere Studien sollen Aufschluss darüber geben, ob sich die beiden Hemmstoffe der Lipoxygenase für eine Therapie am Menschen eignen. (Science, 303, 2004, Seite 232, Berliner Zeitung, 14.01.04) (jh)

Gen für...Torkeln und Lallen

Ein einziges Gen soll nach Angaben von US-amerikanischen Neurologen für die Wirkung von Alkohol im Körper verantwortlich sein. Sei das so genannte slo-1-Gen verändert, so bleiben Menschen und Tiere selbst dann, wenn sie große Mengen an Alkohol getrunken haben, nüchtern, schreiben die Forscher im Fachmagazin Cell. Für ihre Studien veränderten die Wissenschaftler um Steven McIntire vom Ernest-Gallo-Forschungszentrum in San Francisco das Erbgut von Fadenwürmern. Das betreffende Gen soll für die Weiterleitung von Nervenimpulsen verantwortlich sein und unter Einfluss von Alkohol zu einer Verlangsamung von Nervenaktivitäten führen. Da etwa die Hälfte der zwanzigtausend Gene des Fadenwurms Entsprechungen im menschlichen Genom habe, glauben die Forscher, dass sich die Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen lassen. (bild der wissenschaft online, 12.12.2003) (mf)

Gen für ... Hautkrebs

Eine bestimmte Variante des BRAF-Gens soll bei Männern das Risiko für Hautkrebs stark erhöhen. Tübinger Forscher untersuchten verschiedene Gene von knapp 1000 Testpersonen und entdeckten dabei, dass bestimmte Varianten des betreffenden Gens nur bei Männern vorkommen, die an Hautkrebs erkrankten. Wie Claus Garbe und seine Kollegen von der Tübinger Universitätsklinik im Journal of Carcinogenesis schreiben, sei die Bestrahlung mit UV-Licht zwar immer noch als größter Faktor für Hautkrebs anzusehen. Offensichtlich hinge das Erkrankungsrisiko aber auch von vererbbaren Faktoren ab. Das BRAF–Gen soll für ein Protein kodieren, das das Wachstum und die Vermehrung von Zellen aktiviert. (wissenschaft.de, 28.11.2003) (mf)

Regeneration von Nervenzellen

Zellbiologen um Gord Fishell vom New York University Medical Center berichten im Fachmagazin Science, die Regenerationsfähigkeit des Gehirns sei größer als bisher angenommen. Es sei ihnen im Tierversuch an Mäusen gelungen, die Vorläuferzellen des Großhirns dazu zu bringen, einen Zelltyp neu zu bilden, der normalerweise nur sehr früh in der Embryonalentwicklung entsteht. In der Embryonalentwicklung bildet sich als Erstes die äußere Schicht der Großhirnrinde, anschließend entstehen die weiter innen liegenden Schichten. Die Forscher geben an, dass die Fähigkeit der Vorläuferzellen, den frühesten Zelltyp zu bilden, nach der Fertigstellung der äußersten Rindenschicht nicht ganz verloren gehe. Sie werde durch ein regulatorisches Protein namens Foxg1, das von den Vorläuferzellen hergestellt wird, lediglich unterdrückt. Fishell und seine Kollegen begründen ihre Theorie damit, in der Großhirnrinde von Mäusen, denen die Erbinformation für Foxg1 fehlt, fast ausschließlich sogenannte CR-Zellen gefunden zu haben. Ohne Foxg1 sei der Wechsel zur Bildung späterer Zelltypen nicht möglich gewesen. Für weitere Versuche hätten sie Mäuse gezüchtet, deren Foxg1-Gen sich beliebig an- und abschalten ließ, so die Wissenschaftler. Als sie die Produktion von Foxg1 gedrosselt hätten, hätten die Zellen bei allen folgenden Teilungen wieder CR-Zellen gebildet, auch lange nach dem Ende ihrer eigentlichen Entstehungsphase. (Berliner Zeitung, 02.01.04) (nj)

Erschienen in
GID-Ausgabe
162
vom Februar 2004
Seite 26 - 29