Rezension: Genetically modified language

Genetically modified language

Guy Cook hebt die gesamte Gentechnik-Debatte auf ein neues Niveau. Ausgehend von den bekannten Pro- und Contra-Argumenten betrachtet Cook die Sprache. Er zerlegt Artikel, Proklamationen, Ansprachen, Reportagen und Interviews, zerkleinert Sätze und untersucht einzelne Wörter. Er betrachtet die, die sprechen, das, worüber gesprochen wird und diejenigen, an die die Botschaft sich richtet. Sehr schnell wird klar, dass je nachdem, wie Politiker, Industrielle oder Journalisten über die Gentechnik reden oder schreiben und welchen Ton sie dabei anschlagen, dies wahrscheinlich stärker zur Meinungsbildung beiträgt als tatsächliche wissenschaftliche Erkentnisse. Cook ist als Linguist ein Spezialist auf dem Gebiet der Kommunikation und zeigt mit seiner tiefgründigen Studie der Debatte über diese kontroverse Technologie wie Einflussnahme und Entscheidungsbildung in unserer modernen Welt funktionieren. Wie Industrielle und Politiker Sprache benutzen, um die Komplexität der Gentechnologie im übertriebenen Maße zu simplifizieren. Es ist erstaunlich, wie trickreich und mit welcher Sorgfalt jedes einzelne Wort ausgesucht wird, da eben jeder Satz vom Skeptiker auseinandergenommen werden könnte. Cook führt Wortlisten mit positiv und negativ besetzten Wörtern auf, die von Gentechnik-Befürwortern zusammengestellt wurden. Hintergrund ist: Wenn schon nicht die durchschlagenden Argumente, dann wenigstens die richtigen Worte, um einen möglichst positiven Eindruck dieser Technologie bei der Öffentlichkeit zu erwecken. So gibt es auch verschiedene Ebenen, um zu diskutieren: Man kann sich der juristischen Sprache bedienen, Fachbegriffe verwenden oder ganz umgangssprachlich sprechen. So ist es fast amüsant, dass anscheinend Anleitungen kursieren, die beschreiben, wie man als Gentechnik-Befürworter eines multinationalen Konzerns mit dem Verbraucher zu sprechen hat, damit dieser wohlgesonnen alles konsumiert, was ihm so angeboten wird. Denn: "Food is business". Fakten und tatsächliche Informationen werden nur begrenzt heraus- und weitergegeben, vielmehr geht es um ein kritikloses, heiteres Bild, das entstehen soll. Paradox ist, dass gentechnikkritische Argumente von gleicher Stelle als emotional, nicht-wissenschaftlich oder nicht fundiert genug abgestempelt werden. Verbrauchern, Wissenschaftlern oder Journalisten, die die Risiken der Gentechnik als zu unkalkulierbar oder schlicht nicht hinnehmbar ansehen, wird vorgeworfen, sich von Gefühlen und nicht vom Verstand leiten zu lassen. Cook untersucht im Kapitel "The spoken about" die wissenschaftlichen Begriffe und vor allem die Schlüsselwörter, die in der Debatte immer wieder auffallend häufig Verwendung finden, als auch Methaphern und Vergleiche. Desillusioniert über die Methodik des Sprachgebrauchs scheint auch die Gruppe derer zu sein, zu denen gesprochen wird: die Öffentlichkeit. Guy Cook zeigt in einem prägnanten und zugänglichen Stil, wie Sprache und Sprachnuancen benutzt werden, um uns zu beeinflussen. Eine sehr lesenswerte Sprachanalyse der englischsprachigen Gentechnikdebatte.

Erschienen in
GID-Ausgabe
176
vom Juni 2006
Seite 63

Olga Bartkowska absolviert ein Freiwilliges ökologisches Jahr beim Gen-ethischen Netzwerk.

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