PND: eine repräsentative Befragung Schwangerer

Eine Studie der BZgA beleuchtet Defizite und Ambivalenzen

Im Jahr 2004 hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine repräsentative Befragung Schwangerer zur Pränataldiognostik durchgeführt. Trotz intensiver Inanspruchnahme pränataldiagnostischer Angebote ist der Informationsstand der Frauen niedrig und ihr Verhältnis dazu ambivalent, wie die im letzten Jahr erstmals veröffentlichte Studie zeigt.

In den letzten Jahren ist sowohl das Angebot an Pränataldiagnostik (PND) als auch die Nachfrage auf Seiten der werdenden Eltern stetig angestiegen. PND scheint inzwischen fester Bestandteil der Schwangerenversorgung zu sein. Zunehmend wird sie nicht nur Frauen mit erhöhtem Risiko für die Geburt eines kranken oder behinderten Kindes angeboten, sondern allen Schwangeren, unabhängig von ihrem Alter und anderen Risikofaktoren. Dabei gerät oft aus dem Blick, dass der PND immer auch schwerwiegende Entscheidungskonflikte folgen können, etwa wenn Eltern den Abbruch einer erwünschten Schwangerschaft aufgrund eines Befundes in Erwägung ziehen. Zudem erschwert die rasante technische Weiterentwicklung der Diagnoseverfahren den Schwangeren die Einschätzung der Angemessenheit verschiedener Methoden. Auch bei der Deutung der Befunde sind die Frauen – insbesondere wenn es sich um eine statistische Risikoeinschätzung handelt – meist auf Fachleute angewiesen. Das ist eine besondere Herausforderung an die kommunikative Kompetenz der medizinischen Schwangerschaftsbegleitung, der Ärztinnen, Ärzte, Hebammen und Praxishilfen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) entwickelt Medien und Maßnahmen, um Frauen eine informierte Entscheidung für oder gegen PND zu ermöglichen und Fachleute bei der Beratung Schwangerer zu unterstützen. Grundlagen für die Medien- und Maßnahmenentwicklung sind wissenschaftliche Erkenntnisse, die aus Expertisen, wissenschaftlichen Studien und Evaluationen gewonnen werden. Um mehr über den Informationsstand der Schwangeren, über ihre Einstellungen gegenüber PND und über die Bewertung der ärztlichen Beratung und Behandlung zu erfahren, hat die BZgA eine repräsentative Befragung Schwangerer beauftragt.

Methode

Bei turnusmäßigen Befragungen von 30.000 Haushalten wurde 2003 und 2004 in drei Wellen eine Screening-Frage nach schwangeren Haushaltsmitgliedern gestellt.(2) In circa 2 Prozent der Haushalte befand sich eine Schwangere, die auch den voraussichtlichen Geburtstermin angeben konnte. Diese Frauen wurden zwischen Januar und Oktober 2004 gezielt ab der 20. Woche ihrer Schwangerschaft angeschrieben und um die Beantwortung eines umfangreichen Fragebogens gebeten. Die Antwortbereitschaft war sehr groß. 791 rücklaufende Fragebogen wurden insgesamt ausgewertet. Davon stammen 559 von Schwangeren in der 20. bis 40. Schwangerschaftswoche (SSW) und 16 von Frauen, deren Schwangerschaft nach der 13. SSW endete. Diese Stichprobe ist hinsichtlich mehrerer Kriterien repräsentativ für die Gesamtheit der Schwangeren in Deutschland, zum Beispiel hinsichtlich der Region, in der sie leben, des Alters, des Anteils der Erst- und Mehrgebärenden und des Anteils berufstätiger Frauen. Feststellen lässt sich jedoch ein Mittelschichtbias(3): Frauen, die schlechter ausgebildet sind, haben den Fragebogen seltener beantwortet. Nicht berücksichtigt wurden in dieser Untersuchung Migrantinnen.

Inanspruchnahme von PND

85 Prozent der Frauen, die in der 20. bis 40. SSW schwanger waren und Frauen, die ihr Kind nach der 13. SSW verloren haben, ließen bereits mindestens eine definitiv pränataldiagnostische Maßnahme durchführen. Die am häufigsten genutzte Diagnosemethode ist der Ultraschall: Über 70 Prozent der Frauen hatten zusätzlich zu den drei in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlenen Ultraschalluntersuchungen mindestens eine weitere zum Ausschluss von Fehlbildungen. Über 40 Prozent der Schwangeren ließen die Transparenz der Nackenfalte beim Ungeborenen messen und 29 Prozent haben den Ersttrimester-Test durchführen lassen. Mehr als ein Drittel der Schwangeren gibt an, dass die Ärztin oder der Arzt zur Abschätzung des Risikos verschiedene Blutwerte untersucht hat (Triple-Test). Seltener wurden invasive Diagnoseverfahren in Anspruch genommen: Fruchtwasser wurde bei 11,5 Prozent der Schwangeren entnommen, Chorionzottengewebe bei 3,3 Prozent. Nur 15 Prozent der Frauen haben ganz auf PND verzichtet. Pränataldiagnostik und Altersrisiko Mit dem Alter der Mutter steigt das statistische Risiko für eine Chromosomenauffälligkeit beim Ungeborenen (zum Beispiel Trisomie 21). Deshalb wird die pränataldiagnostische Untersuchung des Ungeborenen insbesondere bei Frauen mit erhöhtem Altersrisiko, das heißt Frauen ab 35, in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlen.(4) Inwieweit, interessierte uns, richtet sich die tatsächliche Inanspruchnahme von PND heute noch nach dem erhöhten Risiko aufgrund des Alters der Frau? Wie sieht der Zusammenhang zwischen Alter und Inanspruchnahme bei Verfahren aus, die speziell zur Entdeckung von Chromosomenanomalien eingesetzt werden? Zur Entdeckung von Chromosomenanomalien werden invasive Verfahren (insbesondere Amniozentese und Chorionzottenbiopsie) und nicht-invasive Verfahren (insbesondere die Nackenfaltenmessung, der Ersttrimester-Test und der Triple-Test) eingesetzt. Die Befragungsergebnisse zeigen deutlich, dass die Amniozentese insbesondere von Frauen ab 35 Jahren in Anspruch genommen wird. So haben nur etwa 6 Prozent der unter 35-Jährigen Fruchtwasser entnehmen lassen. Bei den 35- bis 39-Jährigen war es fast ein Drittel der Schwangeren, bei den über 39-Jährigen sogar 44 Prozent. Das Alter spielt also auch gegenwärtig noch eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für oder gegen die Inanspruchnahme einer invasiven Untersuchungsmethode. Je höher das Alter der Schwangeren, umso eher entscheidet sie sich für eine Amniozentese. Genau umgekehrt ist es aber bei den nicht-invasiven Verfahren, die ebenfalls zur Entdeckung von Chromosomenauffälligkeiten eingesetzt werden. Den Triple-Test lassen zum Beispiel eher junge Schwangere durchführen: So gaben 45 Prozent der 18- bis 24-jährigen Frauen an, die Untersuchung in Anspruch genommen zu haben, aber nur 26 Prozent der 35- bis 39-jährigen und lediglich 13 Prozent der ältesten Schwangerengruppe. Das Altersrisiko entscheidet heute also nicht mehr darüber, ob PND zur Entdeckung von Chromosomenanomalien überhaupt eingesetzt wird. Schwangere jeden Alters werden inzwischen mit PND konfrontiert. Das Alter spielt jedoch eine Rolle bei der Wahl des pränataldiagnostischen Verfahrens: Während jüngere Schwangere eine nicht-invasive Untersuchung bevorzugen beziehungsweise bevorzugt angeboten bekommen, lassen Frauen über 34 häufig eine Amniozentese durchführen.

Informiertheit der Schwangeren

Da PND nahezu allen Schwangeren – unabhängig vom Altersrisiko – angeboten wird, stellt sich die Frage: Inwieweit setzen sich Frauen mit Sinn, Zweck, Methoden und möglichen Konsequenzen der PND auseinander? Wie gut sind sie informiert? Ein Indikator für den Informationsstand ist die Kenntnis des Begriffs „Pränataldiagnostik“. Die Probandinnen wurden zu Beginn des Interviews gefragt, ob sie wissen, was der Begriff bedeutet. Drei Viertel der Frauen bejahten diese Frage. 25 Prozent sagten, dass sie diesen Begriff beziehungsweise seine Bedeutung nicht kennen. Je höher der Bildungsabschluss, desto größer ist der Anteil der Frauen, die die Frage nach der Kenntnis des Begriffs bejahen: Während nur 44 Prozent der ehemaligen Hauptschülerinnen behaupten, „Pränataldiagnostik“ zu kennen, tun dies 70 Prozent der Schwangeren mit Realschulabschluss und 92 Prozent der Frauen mit Abitur. Um nachzuprüfen, ob die Aussagen der Schwangeren, die angaben, den Begriff zu kennen, verlässlich sind, wurden sie gebeten, PND in kurzen Worten zu definieren. Dabei wurde deutlich, dass viele Frauen etwas Falsches unter dem Begriff verstehen: Von den Frauen, die den Versuch einer Definition unternahmen, haben fast 40 Prozent den Begriff entweder falsch umschrieben oder mit „weiß nicht“ geantwortet. Besonders häufig wurde PND mit der allgemeinen Schwangerenvorsorge in der frauenärztlichen Praxis verwechselt. Dieses Ergebnis ist – anders als die Behauptung, den Begriff zu kennen – kaum abhängig von der sozialen Lage: Frauen mit höherem Bildungsabschluss und Einkommen, die den Begriff zu verstehen glauben, haben ihn nahezu genauso oft falsch definiert wie Frauen mit niedrigerem Bildungsabschluss und geringem Einkommen. Wir können in Anbetracht dieser Ergebnisse davon ausgehen, dass etwa die Hälfte der Frauen, die zwischen der 20. und 40. Woche schwanger sind, den Begriff „Pränataldiagnostik“ entweder überhaupt nicht kennen oder etwas Falsches darunter verstehen.(5) Dies ist umso erstaunlicher als die Frauen alle zwischen der 20. und 40. Woche schwanger sind, sich also bereits in einem fortgeschrittenen Schwangerschaftsstadium befinden und die pränataldiagnostischen Maßnahmen bereits durchführen ließen. Obwohl 85 Prozent die Inanspruchnahme mindestens einer definitiv pränataldiagnostischen Maßnahme auf dem Fragebogen angekreuzt haben, konnte etwa die Hälfte der Frauen die eingangs gestellte Frage nach der Kenntnis des Begriffs nicht oder nicht korrekt beantworten. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Inanspruchnahme von PND zwar unter den Schwangeren, unabhängig vom Altersrisiko, sehr weit verbreitet ist, dass aber der Informationsstand insgesamt – gemessen an dem Stellenwert, den PND in der Schwangerschaft einnimmt – eher gering ist. Dennoch äußern nur wenige Befragte Bedarf nach zusätzlichen Informationen: Nur 18 Prozent der Frauen sagen, sie hätten sich zu Beginn ihrer Schwangerschaft mehr Informationen über PND gewünscht.

Ambivalenzen im Zusammenhang mit PND

PND ist ein Thema, das mit durchaus ambivalenten Gefühlen verbunden ist. Ein Drittel der Frauen, die angaben, sich vor oder während der Schwangerschaft darüber informiert zu haben, fühlte sich aufgrund der erhaltenen Informationen „beruhigt“. Dem stehen jedoch fast 20 Prozent der Frauen gegenüber, die nach eigenen Aussagen eher beunruhigt oder verunsichert waren. Dass Informationen zur PND ambivalente Gefühle auslösen können, bestätigt sich auch bei der Zustimmung zu verschiedenen, sich teilweise widersprechenden Aussagen über vorgeburtliche Untersuchungen: So geben 82 Prozent der Schwangeren und Frauen, die ihr Kind nach der 13. SSW verloren haben, an, dass PND zur Entlastung führt, „weil es die Sorge vor einer Erkrankung des Kindes nehmen kann“. In der Zustimmung zu dieser Aussage kommt eine grundsätzlich positive Wirkung der PND auf das Schwangerschaftserleben zum Ausdruck. Demgegenüber stimmen aber 62 Prozent der Frauen (auch)(6) der Aussage zu, dass PND die Frauen sehr stark belastet, „weil sie Entscheidungen über Leben oder Tod ihres ungeborenen Kindes fällen müssen“. Viele Schwangere fühlen sich im Zusammenhang mit vorgeburtlichen Untersuchungen also sowohl entlastet als auch belastet: entlastet durch die Aussicht auf eine Bestätigung der Gesundheit des Ungeborenen, belastet durch das Risiko der Entdeckung einer Beeinträchtigung. Informationen über PND lösen, anders als zum Beispiel Informationen zum Schwangerschaftsverlauf oder zur Entwicklung des Kindes im Mutterleib, (auch) negative Gefühle bei den werdenden Müttern aus. PND wird hoch ambivalent erlebt. Der Umgang mit PND wird für viele Schwangere noch zusätzlich dadurch erschwert, dass aufgrund der rasch voranschreitenden technischen Entwicklung immer neue Diagnoseverfahren angeboten werden. Oftmals kann der Laie kaum noch nachvollziehen, wie die Ärztin oder der Arzt zu einem Befund gekommen ist. Noch größere Schwierigkeiten bereitet vielen werdenden Eltern die Interpretation der Untersuchungsergebnisse und die Einschätzung der Konsequenzen. Beides, sowohl das ambivalente Erleben von PND als auch die komplexen medizinisch technischen Aspekte der Diagnoseverfahren, erschweren die Auseinandersetzung mit der Thematik. Obwohl es eine starke Nachfrage nach PND auf Seiten der werdenden Eltern gibt, obwohl auch Schwangeren ohne erhöhtes Risiko PND immer häufiger von den Ärztinnen und Ärzten angeboten wird, sie also fester Bestandteil der heutigen Schwangerenversorgung ist, fällt es Frauen schwer, sich angemessen mit der Thematik auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund ist der Informationsstand der Schwangeren eher niedrig.

Beratung durch Ärztinnen und Ärzte

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass Schwangere bei dem schwierigen und ambivalent erlebten Thema PND dazu neigen, die Entscheidung, ob sie sie in Anspruch nehmen oder nicht, an Fachleute zu delegieren. Über die Hälfte der Schwangeren sagt, dass die Ärztin oder der Arzt „sehr starken“ oder „starken“ Einfluss auf die Entscheidung zur Durchführung von PND hatte. Damit sind Gynäkologinnen und Gynäkologen ähnlich einflussreich wie die Partner der schwangeren Frauen bezüglich einer Entscheidung für oder gegen PND. Kaum eine Rolle spielen hierbei Freunde oder Verwandte oder Mitarbeiterinnen einer psychosozialen Beratungsstelle. Ein Viertel der Schwangeren, die PND in Anspruch genommen haben, hat sich nach eigenen Aussagen dafür entschieden, „weil meine Ärztin/mein Arzt es so wollte“. Interessant ist der Vergleich mit den Schwangeren, die keine PND in Anspruch genommen haben: Von diesen Frauen sagen nur 3 Prozent, dass sie auf Empfehlung der Ärztin beziehungsweise des Arztes auf PND verzichtet haben. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Gynäkologinnen und Gynäkologen die Frauen eher dahin gehend beraten, PND durchführen zu lassen. Selten wird ein Verzicht empfohlen.

Ärztliche Beratung vor Durchführung von PND

Uns interessierte die Bewertung verschiedener Aspekte der Informationsvermittlung in der gynäkologischen Praxis durch die Schwangeren. Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen der ärztlichen Beratung zu PND? Die Frauen, die PND durchführen ließen, wurden nach der Ausführlichkeit und Verständlichkeit der ärztlichen Beratung gefragt, die sie vor der Diagnostik von der Gynäkologin oder dem Gynäkologen erhalten hatten. Die Fragen orientierten sich an den Beratungsinhalten, die in den Mutterschaftsrichtlinien empfohlen werden, wie etwa Aufklärung über den „Anlass der Untersuchung“ oder das „Ziel der Untersuchung“. Die Antworten der Schwangeren wurden zum einen auf die nicht-invasiven, zum anderen auf die invasiven Untersuchungsmethoden bezogen und getrennt ausgewertet. Als Beispiel möchte ich hier die Ergebnisse für die Beratung vor Durchführung einer invasiven Untersuchung ansprechen. Schwangere wurden vor der Durchführung einer invasiven Untersuchung nach eigener Einschätzung recht ausführlich über das Ziel der Untersuchung, über die statistische Risikoeinschätzung und über den Anlass der Untersuchung aufgeklärt: Zwischen 59 Prozent und 66 Prozent gaben an, ausführliche oder sehr ausführliche Informationen erhalten zu haben. Weniger gehaltvoll waren die ärztlichen Informationen zur Sicherheit des Untersuchungsergebnisses, den Grenzen der Untersuchungsmöglichkeiten beziehungsweise nicht erfassbaren Störungen oder zu Art und Schweregrad möglicher/ vermuteter Störungen. Noch weniger ausführlich fällt die Beratung – aus Sicht der Schwangeren – zu Themen aus, die nicht originär im medizinischen Zuständigkeitsbereich liegen, aber dennoch in der Situation der Schwangeren von großer Bedeutung sein können: Ein hoher Anteil der Schwangeren erhielt keine oder sehr wenige Informationen über das psychische und ethische Konfliktpotenzial bei Vorliegen einer Behinderung des Kindes (37 Prozent überhaupt nicht), oder über Alternativen zur pränatalen Diagnostik. Die Hälfte der Schwangeren wurde „überhaupt nicht“ über die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer weiterführenden psychosozialen Beratung aufgeklärt.

Beratung nach auffälligem oder pathologischem Befund

Nach Mitteilung des Ergebnisses der Untersuchung sind Ärztinnen und Ärzte die ersten Ansprechpartner für die Schwangeren. 27 Frauen (5 Prozent) haben in unserer Untersuchung einen „auffälligen“ oder „pathologischen“ Befund erhalten.7 Diese Frauen wurden um eine Beurteilung der ärztlichen Beratung zu verschiedenen Themen gebeten, die angesichts ihrer Situation von Bedeutung sind. Die Frauen äußerten sich sehr zwiespältig über die Beratung durch die Ärztin beziehungsweise den Arzt.(8) Gut wird die Beratung über die Art und die möglichen Ursachen der Entwicklungsstörung oder Anlage für eine Erkrankung beurteilt: 70 Prozent der Frauen äußerten sich positiv. Auch mit den ärztlichen Informationen zur Fortführung der Schwangerschaft oder Möglichkeit eines Abbruchs und mit Informationen zu ärztlichen Therapiemöglichkeiten waren die Frauen zufrieden. Demgegenüber fanden sie die Beratung hinsichtlich der möglichen Folgen für sie selbst und ihre Familie überwiegend „schlecht“ (16 Prozent) oder „eher schlecht“ (36 Prozent). Noch negativer fiel das Urteil über die Beratung zur Möglichkeit der Vorbereitung auf ein Leben mit einem behinderten oder kranken Kind aus: 71 Prozent der Frauen fanden sie schlecht („sehr schlecht“ bis „eher schlecht“). Fast durchweg unzufrieden waren die Befragten mit der Beratung zur Inanspruchnahme weiterführender Hilfen und der Vermittlung von Kontaktmöglichkeiten zu gleichartig Betroffenen und Selbsthilfegruppen: 40 beziehungsweise sogar 44 Prozent wählten das Attribut „sehr schlecht“. Zufrieden waren die Frauen mit der Beratung zu Themen, die definitiv in den medizinischen Bereich fallen. Defizite gibt es aus Sicht der Frauen, die einen auffälligen pränataldiagnostischen Befund hatten, auch hier hinsichtlich der Beratung bei Themen, die über das Medizinische hinausreichen.

Eine Herausforderung für die Beratung

Die Beratung vor Durchführung von PND oder die Beratung der Schwangeren nach einem auffälligen oder pathologischen Befund ist eine große Herausforderung an die kommunikative Kompetenz des gynäkologischen Personals. Ärztinnen und Ärzte beraten eher dahin gehend, PND durchführen zu lassen. Defizite in der ärztlichen Beratung werden insbesondere bei Inhalten sichtbar, die nicht eindeutig in den ärztlichen Zuständigkeitsbereich fallen. Hier bietet die psychosoziale Beratung eine sinnvolle Ergänzung.

  1. Dieser Beitrag wurde 2007 im Mabuse-Verlag publiziert und erscheint hier in leicht veränderter und gekürzter Fassung.
  2. Die Haushalte sind Mitglieder des TNS ACCESS Panels. Ein ACCESS Panel besteht aus einem Pool von Adressen befragungsbereiter Haushalte. Die Adressen sind über alle Gemeinden des Bundesgebiets gestreut und somit regional repräsentativ.
  3. Bias: Neigung, Schräge (d. Red.)
  4. Mutterschaftsrichtlinien des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen: Fassung vom 10. Dezember 1985, zuletzt geändert am 24. März 2003, S. 31
  5. 25 Prozent der Schwangeren gaben an, den Begriff nicht zu kennen. Von den anderen 75 Prozent verstand etwa ein Drittel etwas Falsches unter PND. Das ist zusammen etwa die Hälfte der Befragten. Dabei muss beachtet werden, dass es sich bei den Probandinnen in dieser Studie um Frauen handelt, die im Mittel besser ausgebildet sind als der Durchschnitt der schwangeren Bevölkerung in Deutschland. Außerdem verfügen alle Befragten über sehr gute Deutschkenntnisse. Es ist wahrscheinlich, dass der Informationsstand in der Bevölkerung noch deutlich schlechter ist.
  6. Mehrfachantworten waren möglich.
  7. Es ist wahrscheinlich, dass viele Frauen mit auffälligem oder pathologischem Befund den Fragebogen nicht beantwortet haben. Sie sind deshalb in der Untersuchung unterrepräsentiert.
  8. Da nur 27 Frauen einen auffälligen beziehungsweise pathologischen Befund erhielten, können die Ergebnisse nur als Hinweise gewertet werden.

Literatur

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (Hrsg.) (2006): Schwangerschaftserleben und Pränataldiagnostik. Repräsentative Befragung Schwangerer zum Thema Pränataldiagnostik. Fachheftreihe Forschung und Praxis der Sexualaufklärung und Familienplanung. BZgA, Köln Renner, Ilona (2007): Pränataldiagnostik: eine repräsentative Befragung Schwangerer. In: Braun, C./Dmoch, W./Rauchfuss, M. (Hrsg.): Psychosomatik – ein Mythos? Beiträge der 35. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe e.V. 2006. Frankfurt, Mabuse, S. 117–132

Erschienen in
GID-Ausgabe
184
vom Oktober 2007
Seite 42 - 45

Ilona Renner ist Soziologin. Seit 1999 arbeitet sie in der Abteilung Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung der BZgA als Referentin für Forschung und Evaluation.

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