Offener Brief: Keine Zulassung für genmodifizierten Reis

Ende Januar hat sich das Gen-ethische Netzwerk gemeinsam mit der Coordination gegen Bayer Gefahren, Verbraucherorganisationen, Umwelt- und landwirtschaftliche Verbänden an die Bundeskanzlerin und die beiden Bundesminister Horst Seehofer und Sigmar Gabriel gewandt. Die Bundesregierung soll sich gegen eine Zulassung von gentechnisch verändertem (gv) Reis aussprechen.

Presse Information vom 23. Januar 2008
Offener Brief an Bundesregierung:
Keine Import-Zulassung für Gentech-Reis!
Umwelt- und Bauernverbände fordern die Bundesregierung auf, sich bei der EU gegen eine Import-Zulassung von gentechnisch verändertem Reis auszusprechen. In einem Offenen Brief schreiben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), das Gen-ethische Netzwerk, die Coordination gegen BAYER-Gefahren, die Kampagne „Save our Seeds“, die indische Organisation Thanal sowie die Anbau-Verbände Demeter, Bioland, Naturland und Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, dass eine Zulassung von sogenanntem Liberty Link-Reis die weltweite Nahrungsmittel-Sicherheit gefährde.
Nach Ansicht der Organisationen führe der Anbau von gentechnischem Saatgut unweigerlich zur Kontamination und Verdrängung traditioneller Reis-Sorten. Dies hätte ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zur Folge. Mit dem Verlust herkömmlicher Reis-Sorten würde zudem der verfügbare Gen-Pool drastisch reduziert. Damit ginge die Möglichkeit verloren, widerstandsfähige oder gegen Krankheiten resistente Sorten zu züchten.
Wörtlich heißt es in dem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Umweltminister Sigmar Gabriel und Landwirtschaftsminister Horst Seehofer: „Für über 2,5 Milliarden Menschen ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel. Die Europäische Union darf sich nicht über die ökologischen und sozialen Risiken von LL RICE 62 in den potentiellen Anbau-Ländern hinwegsetzen. Wir fordern Sie auf, sich bei der EU gegen eine Import-Zulassung von Liberty Link-Reis auszusprechen!“ Die Regierung hat nur noch bis zum Wochenende Zeit, bei der EU gegen eine Zulassung von Gen-Reis zu votieren.
Der Leverkusener BAYER-Konzern hatte im Jahr 2004 eine Import-Zulassung für Liberty Link-Reis beantragt. Die Sorte LL RICE 62 ist resistent gegen das von BAYER produzierte Herbizid Glufosinat. Der Anbau soll vornehmlich in Asien erfolgen, Anbau-Genehmigungen liegen dort aber bislang nicht vor. Die European Food Safety Authority EFSA hat kürzlich ein Positionspapier veröffentlicht, in dem sie zu dem Schluss kommt, dass der Import von Gentech-Reis keine Gefahr für europäische Verbraucher darstelle. Die ökologischen und sozialen Folgen eines Anbaus von LL RICE 62 wurden jedoch nicht untersucht, da der Anbau nicht in Europa erfolgen soll. Explizit weist die EFSA auf das Risiko von Auskreuzungen hin. LL RICE 62 ist verwandt mit der ebenfalls gegen Glufosinat resistenten Sorte LL RICE 601, die vor zwei Jahren ohne Zulassung weltweit in den Handel gelangt war.
Nach Meinung der Verbände würde durch eine EU-Zulassung von Gen-Reis der Druck auf Entwicklungsländer erhöht, einen Anbau zuzulassen. Neben den Risiken für Umwelt und Ernährung resultierten hieraus soziale Gefahren: allein in Asien arbeiten etwa 50 Millionen Menschen im Reisanbau. Während die Landwirte das Saatgut bislang durch Tausch und Eigenzüchtungen selbst produzieren, würden sie wegen des Patentschutzes in Abhängigkeit der Saatgut-Unternehmen geraten. Durch den bereits in der „grünen Revolution“ beobachteten Konzentrationsprozess würden unzählige Landwirte ihre Existenz verlieren und müssten in die Elendsgebiete rund um die Metropolen abwandern.
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23. Januar 2008