Rezension: Eine queer*feministische Herausforderung

Das von Schwarzen Feminist*innen in den 1990er Jahren in den USA entwickelte Konzept Reproduktive Gerechtigkeit (reproductive justice) wird zunehmend auch von Feminist*innen im deutschsprachigen Raum aufgegriffen und diskutiert. Die Autor*innen des 15. Bandes der Hirschfeld-Lectures begreifen dieses Konzept als analytischen Rahmen, der reproduktive Rechte mit sozialer Gerechtigkeit zusammen denkt. Beide Beiträge befassen sich mit queeren Perspektiven auf Reproduktionstechnologien. Der erste Text von drei Mitbegründer*innen der AG Reproduktive Gerechtigkeit stellt das Konzept vor und wendet es fundiert und mit zahlreichen praktischen Beispielen auf den deutschen Kontext an. Im zweiten Text verpackt Ute Kalender verschiedene feministische Positionen in fiktionalisierte persönliche Anekdoten. Teilweise werden die medizinischen Aspekte der verschiedenen Technologien hier verkürzt und missverständlich beschrieben. Gleichzeitig schafft der Schreibstil eine spannende Nähe zu Lebensrealitäten von queeren Personen mit Kindern oder Kinderwünschen. Der Band bewertet Reproduktionstechnologien nicht als gut oder schlecht. Er stellt Fragen, bietet Informationen und Denkanstöße für die, in Anbetracht der technischen und politischen Entwicklungen, unbedingt angezeigte machtkritische Auseinandersetzung mit Reproduktionstechnologien. Ein wichtiger Beitrag auf dem Weg hin zu einer „tatsächlich queeren – im Sinne einer unterbrechenden, intersektionalen – Praxis der Reproduktion“.

➤ Edinger, G./Kalender, U./Kyere, A./Mazzaferro, V. (2021): Reproduktionstechnologien – Queere Perspektiven auf reproduktive Gerechtigkeit. Reihe: Hirschfeld-Lectures, Bd. 15, Wallstein Verlag, 58 Seiten, 9,90 Euro, ISBN 978-3-83535-048-9.

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
261
vom Mai 2022
Seite 37

Taleo Stüwe ist Mediziner*in und Mitarbeiter*in des GeN.

zur Artikelübersicht

Nur durch Spenden ermöglicht!

Einige Artikel unserer Zeitschrift sowie unsere Online-Artikel sind sofort für alle kostenlos lesbar. Die intensive Recherche, das Schreiben eigener Artikel und das Redigieren der Artikel externer Autor*innen nehmen viel Zeit in Anspruch. Bitte tragen Sie durch Ihre Spende dazu bei, dass wir unsere vielen digitalen Leser*innen auch in Zukunft aktuell und kritisch über wichtige Entwicklungen im Bereich Biotechnologie informieren können.

Ja, ich spende!  Nein, diesmal nicht