Transgene Baumwolle
In der europäischen Diskussion spielt transgene Baumwolle eine Nebenrolle. International, gerade wenn über das Wohl und Weh’ der Kleinbauern in sich entwickelnden Ländern gestritten wird, kann ihre Bedeutung kaum überschätzt werden.
Ob sich die Zukunft der so genannten grünen Gentechnik in Afrika entscheidet, wie zuweilen lanciert wird, ist derzeit schwer absehbar. Die Baumwolle ist für die Landwirte in den Makhathini Flats in der Provinz KwaZulu-Natal im Osten Südafrikas nicht mehr das weiße Gold, als das es früher galt. Internationales Kapital zieht den Anbau ganz neu auf und es kommt dadurch - zum Beispiel - zu Streitigkeiten über die Verwendung der begrenzten Wasser-Ressourcen. In dem Artikel von Tillmann Elliesen werden die Rahmenbedingungen verdeutlicht, unter denen gentechnisch veränderte (gv) Sorten zum Einsatz kommen. Südafrika ist insofern eine Ausnahme, als dass die gv-Sorten dort - und für den afrikanischen Kontinent gesprochen, nur dort - bereits kommerziell angebaut werden. Elliesen beschreibt das Land und die Region der Makhathini Flats entsprechend als ideologisches Schlachtfeld. Ganz anders in Indien: Staatliche Stellen intervenieren hier mancherorts mit Zulassungsbeschränkungen und Preisvorgaben, weil der versprochene Schutz gegen Insekten-Schädlinge, wie berichtet wird, nicht wirksam ist. Nichtsdestotrotz werden neue gv-Sorten zugelassen. Gleichzeitig, so scheint es, sind die Auseinandersetzungen in keinem anderen Land der Erde derart stark auch bei den Landwirten angekommen. Nicht zuletzt auch durch die schon seit vielen Jahren die Entwicklungen der indischen Baumwoll-Landwirtschaft begleitenden Selbstmorde wird dies deutlich.(1) Suman Sahai fokussiert in ihrem Artikel auf die letzten Entwicklungen zu den beschriebenen Interventionen staatlicher Stellen. Wie die Diskussion in Europa aussieht, zeigt der Artikel von Ute Sprenger, die das Kapitel zu Koexistenz und Kontamination transgener Baumwolle und konventionellen Sorten eines neuen im Auftrag der EU-Kommission erstellten Berichtes in Augenschein nimmt. Die hier publizierte - und kritisierte - Untersuchung zeigt fundamentale Schwächen im Regime, in der wissenschaftlichen Datenlage und Umsetzung und nicht zuletzt auch in der Unfähigkeit oder dem Unwillen, sich diesem Thema zu stellen.
Umweltrisiken
Zunehmend an Bedeutung gewinnen werden die Fragen nach den Risiken für die Umwelt, die mit dem Anbau der transgenen Sorten einhergehen. Ute Sprenger und der Autor dieses Textes haben sich ein druckfrisches Werk vorgenommen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Prozess einer "Umwelt-Risikoabschätzung" an der Fallstudie des Bt-Baumwoll-Anbaus zu verdeutlichen. Die wissenschaftlichen Methoden, die für eine solche Abschätzung vonnöten sind werden thematisiert. Dabei geht es nicht um eine konkrete Risikoabschätzung für den Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle in Brasilien, wo die Fallstudie angesiedelt ist, sondern um die Entwicklung von Methoden.
Weitere Themenfelder
Es gibt natürlich weitere Themenfelder, die in Bezug auf gentechnisch veränderte Baumwolle eines genaueren Blickes wert gewesen wären, doch ist die Kapazität eines Schwerpunktes leider begrenzt. So wird der GID auch weiterhin das Thema Baumwolle behandeln.(2) Ausgeklammert wird in diesem Heft auch der Aspekt der Gesundheit von Mensch und Tier, wenngleich hier die Bedeutung der Baumwolle an Bedeutung gewinnen wird. So wurde erst kürzlich von bisher nicht geklärten Todesfällen von fast 2.000 Schafen berichtet, die mit Bt-Baumwolle in Verbindung gebracht werden.(3) Auch wird derzeit immer wieder über die gesundheitlichen Wirkungen der Bt-Baumwolle auf die Gesundheit von Baumwoll-Landwirten berichtet.(4) Doch sind diese "News" derzeit noch nicht ausreichend dokumentiert, um detailliert über sie berichten zu können. So bleiben genügend offene Fragen, um den Einsatz der transgenen Baumwolle weiterhin kritisch zu begleiten.
Weitere Informationen:
- Cotton Connection - Baumwolle nachhaltig produzieren, verarbeiten und konsumieren, im Netz unter www.pan-germany.org/projekte/cotton-c.htm.
- "Cotton - made in Africa", im Netz unter: www.cottonmadeinafrica.com/index.php.
Siehe auch Kasten "Baumwolle - ein Kurzüberblick”
Fußnoten:
- So berichtet das Internetportal www.webindia123.com in seinen Nachrichten vom 2. Januar 2006 von 212 Bauern aus der Region Western Vidarbha, die in der Zeit vom Juni bis Dezember 2005 Selbstmord begangen haben. 170 von ihnen hatten transgene Baumwolle angebaut.
- Besonders möchte ich den Artikel "Chinas Geschäft mit der Baumwolle" von Stefanie Golla hervorheben. Gen-ethischer Informationsdienst (GID) 169, April/Mai 2005.
- Unter anderem das ‚Institut für Wissenschaft in der Gesellschaft’ (Großbritanien, www.i-sis.org.uk) berichtetet von mindestestens 1.800 Schafen, die nach dem Weiden auf den abgeernteten Bt-Baumwoll-Feldern an den Folgen schwerer Vergiftungen gestorben seien.
- Siehe dazu im GID 175, April/Mai 2006 unter ‚kurz notiert’ - Landwirtschaft und Lebensmitteln.
Christof Potthof war bis Ende April 2020 Mitarbeiter im GeN und Redakteur des GID.
Baumwolle - ein Kurzüberblick Baumwolle ist eine Naturfaser, die aus den Samenhaaren der gleichnamigen Pflanze gewonnen wird. Nach der Ernte werden die Fasern von den eiweiß- und fettreichen Samen getrennt. Baumwolle wird vor allem für die Textilindustrie angebaut. Für die Weiterverabeitung sind dabei lediglich die langen Fasern aus der Baumwollkapsel brauchbar. Als Beiprodukt bleiben kurze, nicht verspinnbare Baumwollfasern (Linters) zurück. Diese werden größtenteils zur Papierherstellung (zum Beispiel für Banknoten) verwendet. Auch Lebensmittelzusatzstoffe wie Cellulose E460 oder Methylcellulose E461 werden aus der Baumwollpflanze gewonnen. Sie dienen der Lebensmittelwirtschaft als Verdickungsmittel, Stabilisatoren, Emulgatoren oder Füllstoff. Aus den Samen gewinnt man Öl, welches Verwendung in der Margarineherstellung, als Speise- oder Frittieröl findet. Nebenprodukt der Ölgewinnung sind die Schrote, die als Tierfutter dienen. Die Baumwollpflanzen gehören zu der Familie der Malvengewächse (Malvaceae) und sind eigentlich mehrjährig. Sie werden jedoch in der Landwirtschaft - als Kulturpflanze - nur einjährig angebaut. Die Pflanzen bestäuben sich üblicherweise selbst; Bestäubung durch Insekten kommt vor, in welchem Umfang ist jedoch nicht klar. Die Pflanze gilt als sehr anfällig für Schädlinge. Sechs Monate nach der Aussaat platzen die Knospen und geben einen Büschel feiner Samenhaare frei, die Baumwollfasern. Jede Staude trägt 30 bis 40 Kapseln. Diese werden nicht gleichzeitig reif. Man kann drei Monate lang jede Woche ernten. Das bevorzugte Klima ist tropisch bis subtropisch. Baumwolle ist mittlerweile auf allen fünf Kontinenten beheimatet. Ihr Ursprung liegt in Mittel- beziehungsweise Südamerika.
Erntemengen
Im Jahr 2004/2005 wurden weltweit auf 33 Millionen Hektar 26.043.000 Tonnen Baumwolle produziert. Die weltweite landwirtschaftliche Nutzfläche wird insgesamt mit etwa 1,4 Milliarden Hektar angegeben. Anbau von Baumwolle findet weltweit in 160 Ländern der Erde statt. Die zehn größten Produzenten des Jahres 2004/2005 waren (im Folgenden sind die Erntemengen der Rohbaumwolle in tausend Tonnen angegeben): China 6.320, USA 5.062, Indien 4.080, Pakistan 2.415, Brasilien 1.250, Usbekistan 1.134, Region Westafrika 1.040, Türkei 900, Australien 613 und Griechenland 390. Die weltweite Produktion für 2006/2007 wird auf 25.300.000 t geschätzt, die auf insgesamt 35,7 Millionen Hektar produziert werden. In Europa wird Baumwolle in Griechenland, Bulgarien und Spanien angebaut.
Anbauländer gentechnisch veränderter Baumwolle
Gentechnisch veränderte (gv) Baumwolle wird weltweit in 22 Ländern angebaut. Dies sind: Argentinien, Australien, Ägypten, Brasilien, Burkina Faso, China, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Indien, Indonesien, Kenia, Mexiko, Pakistan, Paraguay, Philippinen, Senegal, Südafrika, Thailand, USA, Vietnam und Zimbabwe.
TABELLE: Baumwollanbau: gesamt/gentechnisch verändert
- USA 2005: 5,65 Millionen Hektar (ha)/4,46 Millionen ha (79 Prozent, davon: insektenresistent: 23 Prozent, herbizidresistent: 34 Prozent, Kombination der beiden Eigenschaften: 43 Prozent)
- China 2005: 5,10 Millionen ha/3,1 Millionen ha (60 Prozent)
- Indien 2005: 8,90 Millionen ha/1,3 Millionen ha (14,6 Prozent)
- Argentinien 2005: 0,34 Millionen ha/keine gv-Baumwolle
- Australien 2005: 0,31 Millionen ha/83.000 ha (90 Prozent)
Bio-Baumwolle
Zum Vergleich: Bio-Baumwolle wird in 17 Ländern kultiviert, vor allem in der Türkei, den USA, Indien und Peru. Die Gesamtmenge betrug im Jahr 2005 zirka 7.000 Tonnen, was etwa 0,028 Prozent der globalen Baumwollproduktion entspricht.
(Olga Bartkowska)
Quellen:
- Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN)
- www.pan-germany.org
- GRAIN, www.grain.org
- GeneCampaign, www.genecampaign.org
- www.agbios.com
- www.isaaa.com
- International Cotton Advisory Committee
- www.icac.org
- www.transgen.de