Bt-Auberginen in Bangladesch
Kommerzieller Anbau auf mehr als wackeliger Basis
Nach vielen Jahren der Auseinandersetzung wurden 2014 in Bangladesch erstmals gentechnisch veränderte Auberginen kommerziell angebaut. Landesweit waren 20 LandwirtInnen beteiligt.
Umwelt-, Bauern- und Frauenorganisationen sind empört. Die Regierung von Bangladesch plant ein weiteres Programm zur Verteilung gentechnisch veränderter (gv) Auberginen 1 an mehr als hundert Bäuerinnen und Bauern. Der Plan wurde entwickelt, obwohl das erste Projekt zum Anbau von gv-Brinjal gescheitert ist. Der Generaldirektor des Agrarforschungsinstituts von Bangladesch (BARI), Rafiqul Islam Mondol, erklärte der Tageszeitung Dhaka Tribune: „Wir haben 106 Farmer in 17 Bezirken für die Verteilung der Keimlinge ausgewählt. Diese begann im Oktober 2014.“2 Im Rahmen einer Protestkundgebung am 12. November forderten Mitglieder der Koalition gegen Bt-Brinjal unterstützt von der Agrarbewegung Nayakrishi Andolon und vom Frauennetzwerk Narigrantha Prabartana den sofortigen Rückzug der Genehmigung und den Stopp der Verteilung der Pflanzen an die Landwirte.
Gentechnisch veränderte Auberginen sind ein Fluch für Bäuerinnen und Bauern und für KonsumentInnen. Ihre Förderung in Bangladesch dient nur dem multinationalen Konzern Monsanto-Mahyco und nicht den Menschen und Farmern . Die Zulassung durch das Nationale Biosicherheitskomitee unter dem Dach des Ministeriums für Landwirtschaft und Forsten im Jahr 2013 war von Protesten begleitet. Vier gentechnisch veränderte Brinjal-Linien wurden von zwanzig Farmern in vier Bezirken freigesetzt.
Dieser erste Anbau der gv-Auberginen ist vollkommen gescheitert. Mit lokalen Sorten hätten die LandwirtInnen 100.000 Taka erwirtschaften können, was 1.400 US-Dollar entspricht. Die Befürworter der Bt-Brinjal-Linien hatten versprochen, dass die Pflanzen frei von dem Schädling Leucinodes orbonalis sein würden, der hauptsächlich Auberginen befällt. Obwohl die Pflanze genau gegen diese Motte genetisch verändert wurde, waren die Früchte und Blätter von Schädlingen befallen. Den Bäuerinnen und Bauern wurde vorgeschrieben, nur bestimmte Pestizide auf den Kulturen zu verwenden. Sechzehn der zwanzig Farmer, die Bt-Brinjal jeweils auf einer Fläche von gut 1.000 Quadratmetern 3 angebaut hatten, erlitten schwere Verluste; lediglich vier Farmer, die unter genauer Anleitung des BARI standen, berichteten von geringen Erfolgen. In zwei Fällen wurden Bt-Brinjal-Früchte ohne Kennzeichnung auf dem Markt verkauft. Den Vorschriften des Biosicherheits-Komitees zufolge hätten die Früchte als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssen. Die Farmer waren sich dieser Vorschrift nicht bewusst.
Der Generaldirektor des BARI, Rafiqul Islam Mondol, hatte die Kennzeichnungs-Vorschrift von Beginn an zurückgewiesen und jegliche Sicherheitsbedenken der KonsumentInnen ignoriert. In Interviews sagte er , dass es nicht möglich sei, eine Kennzeichnung der Auberginen beim Verkauf zu gewährleisten und bezeichnete gegenteilige Forderungen als lächerlich.4
BARI verdreht die Realität
Niemand in Bangladesch wird die Tatsache bezweifeln, dass die Feldversuche 2014 ein Fehler waren. Das BARI verdreht jedoch die Tatsachen. Dessen Generaldirektor sagte: „Während 15 der 20 Farmer, die Bt-Brinjal gepflanzt hatten, deutlich verbesserte Erträge ihrer vermarktbaren Ernte vorweisen konnten, kam es bei fünf anderen zu Schädlingsbefall in der Keimlingsphase.“ Dieser sei jedoch durch einen anderen Schädling verursacht worden.5 Diese Aussage des Generaldirektors ist jedoch eine Lüge.
Das BARI hat zudem unter Beweis gestellt, dass es nicht in der Lage ist, die Durchführung der kleinsten Auflagen des Biosicherheitskomitees zu kontrollieren. Alle Bäuerinnen und Bauern, die für den ersten Anbau ausgewählt worden waren, waren von den regionalen Stationen des Agrarforschungsinstituts betreut worden. Die Tatsache, dass sechzehn dieser zwanzig Farmer Probleme mit Schädlingen hatten, entlarvt das Versprechen, dass Bt-Brinjal frei von Schädlingen und die Anwendung weiterer Pestizide nicht notwendig sei, als falsch. Entsprechend ist es nicht zu verstehen, dass in der neuen Runde fünfmal so viele Farmer in viermal so vielen Bezirken ausgewählt worden sind. Dies zeigt, dass die erste Runde des Anbaus von Bt-Brinjal in Bangladesch nicht zur Kontrolle der gentechnisch veränderten Pflanzenfuktionen gedacht war. Vielmehr sollte es die Erweiterung des Anbaus von Bt-Auberginen vorbereiten. Das Programm stellt somit ein Gerüst der agrarindustriellen Aggression dar.
Historische Entscheidung?
Die zweite Runde des Anbaus von Bt-Brinjal baut auf den falschen Annahmen der Regierung und des ISAAA auf. Der ISAAA hat einen Bericht über Bt-Brinjal veröffentlicht, ohne dass das Agrarforschungsinstitut BARI die Ergebnisse des ersten Jahres überhaupt veröffentlicht hätte. Diese vollständige Stille ist eine echte Überraschung. ISAAA hat die Entscheidung der Zulassung von gentechnischen Bt-Auberginen als „historisch“ bezeichnet. Aber warum ist sie historisch? Vielleicht, weil die Pflanzen eine Zulassung bekommen haben in einem der drei Länder, in denen Versuche unternommen wurden - und die Zulassungen in Indien und den Philippinen gescheitert waren? Die politische Instabilität Bangladeschs war für die Zulassung genau richtig.
Es war vorgesehen, das Saatgut für die zweite Runde der Anpflanzung von Bt-Brinjal im Oktober und November 2014 zu verteilen.6 Die Wintersaison ist bekannt als die „Rabi“-Saison. Der Chef des BARI sagte, dass die Farmer dieses Mal keine Probleme bekommen werden. „Oktober, November ist die richtige Zeit, um Brinjal anzupflanzen.“ Beim letzten Mal war das Pflanzgut im Januar verteilt worden, was als zu spät eingeschätzt wird.Die an der ersten Runde beteiligten und von Verlusten betroffenen Bäuerinnen und Bauern in den Bezirken Pabna, Rangpur und Jamalpursind vom BARI kontaktiert worden. Sie haben es abgelehnt, wieder dabei zu sein.
Vier oder neun Bt-Brinjalsorten?
Bt-Brinjal ist eine gentechnisch veränderte Aubergine. Den Pflanzen wurde ein Gen für ein kristallines Protein eingesetzt, das Cry1Ac genannt wird und ursprünglich von einem bodenlebenden Bakterium stammt. Gemeinsam mit weiteren genetischen Elementen, wie zum Beispiel Promotoren, Terminatoren und Antibiotikaresistenz-Markergenen wurden die Pflanzen mit der so genannten Agrobakterium-vermittelten Methode gentechnisch verändert.
In den Jahren von 2006 bis 2013 waren auf den Farmen der regionalen Stationen des agrarwissenschaftenlichen Forschungsinstitutes BARI Feldversuche mit den von Mahyco entwickelten Bt-Brinjal-Linien durchgeführt worden. Im Anschluss reichte das BARI seinen Antrag ein, um eine Zulassung für den Anbau von vier Brinjal-Linien zu bekommen. Die betreffenden Linien waren: Kajla, Uttara, Nayantara und ISD-006.
Es gab Protestkundgebungen und Appelle von internationalen Organisationen, Umweltschützern und WissenschaftlerInnen. Auch auf gerichtlichem Weg sollte der Zulassungsantrag gestoppt werden. Diese Bemühungen wurdenvon der Regierung ignoriert. Das BARI erhielt am 30. Oktober 2013 die Zulassung für die Kultivierung der vier Linien vom Nationalen Komitee für Biosicherheit, allerdings mit Auflagen.
UmweltschützerInnen und Gruppen von Bäuerinnen und Bauern haben den Anbau intensiv beobachtet. Sie konnten die Nichteinhaltung der Auflagen nachweisen. Dies galt insbesondere für die Kennzeichnung der Auberginen vor deren Vermarktung und für die Bereitstellung der Dokumente zur Bestätigung der Biosicherheit.
Dem ISAAA-Bericht 47 zufolge hat die „‚Kooperation zur landwirtschaftlichen Entwicklung von Bangladesch‘ (BADC) in Zusammenarbeit mit dem BARI die Vermehrung von Saatgut für vier Bt-Brinjal-Linien durchgeführt, um diese in der kommenden Kharif-Saison an die Landwirte zu verteilen“.7 Zudem heißt es dort, dass das Bt-Gen in fünf weitere bekannte Brinjalsorten eingebaut werden soll, um den angeblich wachsenden Bedarf zu decken.In den nächsten fünf Jahren sollen weitere 20.000 Hektar in zwanzig Bezirken mit den neun Bt-Brinjal-Linien bewirtschaftet werden. Das sind etwa 40 Prozent der Gesamtanbaufläche von Brinjal. Die Frage ist: Wird das Biosicherheits-Komitee nach dem Misserfolg mit den ersten vier Bt-Brinjal-Linien weitere fünf Linien für den Anbau zulassen? Es ist sehr entmutigend, wenn der Landwirtschaftsminister eines souveränen Staates wie Bangladesch eine Grußbotschaft in dem ISAAA-Bericht 47 zum „Status der Kommerzialisierung von Bt-Brinjal in Bangladesch“ veröffentlicht. Dort schreibt er: „Dieses Dokument wird den Lesern helfen, die Gründe für die kommerzielle Freisetzung von Bt-Brinjal in Bangladesch zu verstehen - einem Land, in dem viele Farmer an beinahe jedem Tag chemische Pestizide ausbringen, um ihre Brinjal-Pflanzen vor Schaden zu schützen. Das Dokument wird zudem hilfreich sein für diejenigen, die sich direkt oder indirekt in nachhaltiger Landwirtschaft und Umweltschutz engagieren.“ Dabei ist es eine bekannte Tatsache, dass von gv-Pflanzen Gefahren ausgehen, die die Umwelt, die Biodiversität und die Gesundheit betreffen.
Bangladesch als Teil der Ursprungsregion der Auberginen darf die gentechnische Veränderung dieser Nutzpflanze nicht erlauben. Dass der Landwirtschaftsminister von Bangladesch findet, Bt-Brinjal sei hilfreich für nachhaltige Entwicklung und den Schutz der Umwelt, grenzt an Zynismus. Angesichts der Besorgnis wegen möglicher Gesundheitsgefahren hatte die Regierung den Rat für wissenschaftliche und industrielle Forschung von Bangladesch bereits im Dezember 2013 beauftragt, zu ermitteln, ob diese Linien negative Auswirkungen auf die Gesundheit mit sich bringen. Dieser Bericht ist bis heute nicht erstellt worden. Warum wohl?
Und wie kann es sein, dass neun gv-Sorten angebaut werden sollen, die Zulassungsgenehmigung aber nur für vier gentechnisch veränderte Sorten gilt? Einem Abkommen aus dem Jahr 2005 zufolge liegen die Rechte für das geistige Eigentum an den neun Sorten bei Monsanto und nicht beim BARI. Es stellt sich die Frage, wer eigentlich die Größe der Fläche plant, die mit gv-Brinjal bebaut werden soll.
Übersetzung: Christof Potthof
- 1Brinjal ist der in den meisten Regionen von Bangladesch und Indien übliche Name für das bei uns als Aubergine bekannte Gemüse. Im vorliegenden Beitrag werden die Begriffe synonym angewandt. Die Pflanzen wirken durch die Einfügung von Bt-Toxinen aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis giftig auf einige Pflanzenschädlinge.
- 2Dhaka Tribune online, 03.11.14, im Netz unter www.dhakatribune.com oder www.kurzlink.de/gid228_8.
- 3Im Original werden 0,3 acre genannt, was in etwa 0,12 Hektar oder 1.200 Quadratmetern entspricht. Ein acre ist ein Morgen, eine Flächeneinteilung, die bei uns nicht mehr - oder nur sehr selten - genutzt wird.
- 4New Age, 14.03.14, im Netz unter http://newagebd.com oder www.kurzlink.de/gid228_9; siehe auch „Bangladesh research institute admits no independent health tests done on Bt brinjal“ www.gmwatch.org oder www.kurzlink.de/gid228_0 und in Fußnote 2.
- 5Siehe „More Bangladeshis to Eat Bt-Brinjal“ in: The Daily Ittefaq, 01.09.14; im Netz unter www.clickittefaq.com oder www.kurzlink.de/gid228_t.
- 6Nach Darstellung des ISAAA ist das Pflanzgut tatsächlich verteilt worden. James, Clive. 2014. Global Status of Commercialized Biotech/GM Crops: 2014. ISAAA Brief No. 49. ISAAA: Ithaca, NY. Im Netz als Zusammenfassung unter www.isaaa.org.
- 7Choudhary, B., Nasiruddin K. M. and Gaur, K. 2014. The Status of Commercialized Bt Brinjal in Bangladesh. ISAAA Brief No. 47. ISAAA: Ithaca, NY. Im Netz unter www.isaaa.org.
Farida Akhter ist Mitbegründerin von Ubinig. Die Organisation setzt sich ein für sozialen, ökonomischen, politischen und kulturellen Wandel. Sie wurde 1984 als eine Forschungsgruppe gegründet, um nach Alternativen zu den herrschenden Vorstellungen von Entwicklung zu suchen.