Kommerzialisierung des Frauenkörpers
"Kommodifizierung und Kommerzialisierung des Frauenkörpers durch die Reproduktionstechnologien – Perspektiven feministischer Interventionen" lautete der Titel eines Workshops, den das Frauennetzwerk Reprokult im Rahmen des internationalen Kongresses "Femme globale" am 10. September 2005 in Berlin anbot. Dabei ging es vor allem um das Thema Eizellspende.
Feministinnen aus mehreren Ländern diskutierten über die Spende und den Handel von menschlichen Eizellen in Europa und den USA. Dabei ging es vor allem darum, einen Überblick über derzeitige Praktiken der In-Wert-Setzung zu bekommen und die Faktoren herauszuarbeiten, die einen grenzübergreifenden Handel von Körpersubstanzen vorantreiben. Die Lage stellt sich in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich dar: In Großbritannien debattieren Experten derzeit, wie man den von Forschern und Reproduktionsmedizinern beklagten "Mangel" an Eizellen beseitigen könnte. So wird unter anderem vorgeschlagen, Frauen für eine Eizellspende mehr als eine Aufwandsentschädigung von 15 Pfund (rund 21 Euro) zu zahlen, um ihnen einen finanziellen Anreiz zu bieten, berichtete Sarah Sexton von der britischen Organisation Corner House. In den Vereinigten Staaten hat sich diese Praxis bereits durchgesetzt. Hier bieten Agenturen für die Eizellen von Absolventinnen der Elite-Universitäten bis zu 100.000 US-Dollar.
"So ziemlich alles möglich"
So offen wie in den USA wird jedoch nicht überall mit Eizellen gehandelt. In Deutschland ist der Handel mit menschlichen Eizellen sogar gesetzwidrig. Hier verbietet das Embryonenschutzgesetz von 1990 Medizinern und Wissenschaftlern gespendete Eizellen für die In-vitro-Befruchtung oder die Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken zu verwenden. Deutsche Gynäkologen überweisen daher interessierte Paare beispielsweise nach Tschechien und Polen, wo die Eizellspende erlaubt ist, berichtete Giselind Berg von Reprokult. Das dort so ziemlich alles möglich ist, weiß Heidi Hofmann, Autorin eines Buches über Reproduktionsmedizin in Polen. Dort gebe es weder eine öffentliche Debatte über den Umgang mit Eizellen noch eine gesetzliche Regelung der so genannten Eizellspende. In 24 Kliniken werden nach ihren Recherchen Labor-Befruchtungen durchgeführt. Was jedoch mit den überschüssigen Eizellen geschieht, wollte ihr niemand beantworten: "Niemand weiß etwas, niemand will es wissen," zitierte Hofman polnische Experten. Nur so ist es möglich, dass in einem Land, das stark katholisch geprägt ist, Geld mit den Körpersubstanzen von Frauen verdient werden kann. Gerade die Situation ärmerer Frauen in Osteuropa, die für einige hundert Euro bereit sind, kinderlosen Paaren Eizellen zu "spenden", wird von zahlungskräftigen Institutionen und Einzelpersonen, meist aus dem Westen Europas oder den USA ausgenutzt.
"Medizin und Forschung unter einem Dach"
So machte letztes Jahr eine Meldung der BBC Schlagzeilen, nach der britische Fertilitätszentren Verträge mit rumänischen Kliniken unterhalten (siehe auch GID 168). Geworben wurde mit einem "vielfältigen Pool junger kaukasischer Spenderinnen", für deren Vermittlung britische Paare rund 8.000 Pfund (11.600 Euro) bezahlten. Da die Eier innerhalb von 30 Minuten befruchtet und implantiert werden müssen, können sie nicht über größere Distanzen transportiert werden. Daher wurde im Falle der britischen Paare gefrorenes Sperma nach Bukarest verschifft. Auch Forschungslabore, die auf die Bereitstellung von Eizellen angewiesen sind, müssen sich entsprechend organisieren: Sie werden künftig dorthin gehen, wo ausreichend Eizellen gespendet werden. In Großbritannien ist dies schon der Fall: In Newcastle und Edinburgh arbeiten Forschungsteams unmittelbar an Reproduktionskliniken, um so einen direkten Zugriff auf Eizellen zu erhalten.