Holzplantagen-Kolonialismus

Wer profitiert von Baumplantagen?

Der Anbau von Holz ist eine der Varianten, wie Biomasse produziert werden soll - mit oder ohne Gentechnik. Ob das positive Auswirkungen auf das Klima hat, ist mehr als umstritten. Plantagen aus schnell wachsenden Bäumen prägen das Bild, mit erheblichen negativen Konsequenzen für Mensch und Biodiversität.

Weltweit nimmt der Anbau von Bäumen auf Plantagen wegen des wachsenden Bedarfes an Holz zu. Es wird erwartet, dass dieser Bedarf auf Grund der Förderung regenerativer Energien noch weiter steigen wird. Holz wird dabei heute vor allem in Form von Holzpellets direkt zur Energiegewinnung genutzt, nicht nur in Heizungen in Eigenheimen, sondern auch in Biomasse-Heizkraftwerken. In Deutschland gibt es mehrere davon und nicht alle werden - wie allgemeinhin angenommen - mit Alt- oder Restholz betrieben. Ein Problem sei, so Almuth Ernsting von der Nichtregierungsorganisation Biofuelwatch in Großbritannien, dass der Begriff Restholz immer stärker ausgeweitet wird. So werden inzwischen im Wald liegendes Totholz, Zweige und sogar ganze Baumstümpfe als Restholz definiert. Aber unabhängig von jeder Definition: 2009 wurden in Deutschland 40 Prozent aller Holzpellets nicht aus Restholz, sondern aus ganzen Stämmen hergestellt.1

Hunger nach Holz

Um den Hunger nach Holz zu befriedigen, werden bestehende Wälder mit legalen und illegalen Mitteln abgeholzt. In Nordamerika wird zum Beispiel - unter dem Vorwand Waldbrände vermeiden zu wollen - zunehmend in Nationalparks und großen, zusammenhängenden Waldgebieten Holz geschlagen.2 Weiterhin sollen Plantagen mit schnell wachsenden Bäumen Abhilfe schaffen. Der Rohstoff für die Biomasse-Kraftwerke wird in zunehmendem Maße aus den Ländern des Südens bezogen. Für Schlagzeilen sorgte im April ein vom Energiekonzern Vattenfall getätigter Großeinkauf in Liberia. Der Konzern hatte Holzhackschnitzel von Kautschukbäumen gekauft, um den Bedarf seiner Kraftwerke in Berlin und Brandenburg zu decken. Aus alten Gummibäumen wird in Liberia jedoch traditionell Holzkohle für den Energiebedarf der liberianischen Bevölkerung hergestellt. Die erhöhte Nachfrage hat dort bereits zu einer Preissteigerung bei Holzkohle aus Gummibäumen geführt.3 Weltweit werden große Flächen dieser neuen Nutzung zugeführt: In Indonesien plant die Firma Medco in einem Gebiet, das bislang noch mit Regenwald bedeckt ist, eine Holzplantage, um Holzpellets und Holzhackschnitzel für den Export zu produzieren.2 In der Republik Kongo betreibt die kanadische Firma MagForestry Corp auf 68.000 Hektar Eukalyptusplantagen. 2009 wurden von hier 350.000 Tonnen Holzhackschnitzel für die Papierherstellung nach Europa exportiert.4 In Guyana hat die Biotechnologiefirma Celenergen 61.000 Hektar Grasland gepachtet, um Bambus und die schnellwachsende Baumsorte Marjestica, eine Eigenentwicklung der Firma, anzubauen. Die hieraus hergestellten Holzhackschnitzel sind für die langfristige Zulieferung an Unternehmen in Großbritannien vorgesehen, wo sie zusammen mit Kohle verfeuert werden sollen.5 Der steigende Bedarf an Holz wird in Zukunft durch die Bioethanol-Industrie weiter angeheizt. Kritiker der Global Forest Coalition zweifeln - abgesehen von allen anderen negativen Folgen von Baumplantagen - generell an, ob die Plantagen überhaupt als CO2-Senken betrachtet werden können und ob die Energieeffektivität bei Holzplantagen überhaupt gegeben ist. Die Böden der Plantagen speichern weniger CO2 als dies bei Wäldern der Fall ist. Zudem wird bei Transport und Verarbeitung des Holzes eine große Menge CO2 frei.6

Unterschiedliche Akteure

Die Flächen, auf denen Holz angebaut wird, sind nicht nur ehemalige Wälder, sondern auch landwirtschaftliche Nutzflächen. Damit tragen Baumplantagen zur Flächenkonkurrenz zwischen Nahrungsmittelanbau und nachwachsenden Rohstoffen bei. Aber auch bei einer Anpflanzung auf Brachflächen und ehemaligen Wäldern sind Menschen wie auch Pflanzen und Tiere direkt bedroht: Vor allem indigene, lokal verankerte Bevölkerungsgruppen, die im und vom Wald leben, werden vertrieben und ihrer Lebensgrundlage beraubt. Das lokale soziale, kulturelle und ökonomische Geflecht wird zerrissen. Weiterhin wird durch die Plantagen die Bodendegration forciert, der Wasserkreislauf gestört und Biodiversität vernichtet. Akteure, die von Holzplantagen profitieren sind zuallererst die involvierten Unternehmen aber auch nationale Regierungen die sich hiervon wirtschaftliche Entwicklung versprechen. Das Modell der Gewinnung von Energie aus Holz, so Diego Alejandro Cardona, stelle einen neuen Kolonialismus dar. Dies zeige sich in der Konzentration von Unternehmen, Forschung, Patenten und der Technologieentwicklung im industrialisierten Norden.7 Auch Biotechnologiefirmen investieren in Forschungen zu einer weiteren Nutzung von Holz. Es könnte auch zu einem Einsatz von gentechnisch veränderten Bäumen kommen, mit all den negativen Folgen, die auch bei anderen gentechnisch veränderten Nutzpflanzen diskutiert werden. In Bezug auf die Risikoabschätzung kommt bei Bäumen noch hinzu, dass diese nicht schon nach einem, sondern erst nach fünf, zehn oder mehr Jahren geerntet werden.8

Plantagen = Wald?

Ein weiteres Problem liegt in dem weit gefassten Waldbegriff, der in der UN-Klimarahmenkonvention insbesondere bei der Diskussion um den sogenannten REDD-Mechanismus verwendet wird. Dieser erlaubt es, dass Holzplantagen als Wälder aufgefasst werden. Damit könnten die Betreiber von Holzplantagen Förderungen aus öffentlichen Töpfen erhalten - und das alles im Namen des Klimaschutzes. REDD steht für „Reduktion von Emissionen aus Abholzung und Schädigung von Wäldern“.9 Grundgedanke ist, die CO2-Speicherfähigkeit von Wäldern bei der Reduktion von Treibhausgasen zu nutzen. Durch finanzielle Anreize soll die Abholzung von Wäldern verhindert sowie die Wiederaufforstung unterstützt werden. Durch den erweiterten Waldbegriff werden Plantagen als Wälder und damit als CO2-Senken aufgefasst. Diese Anerkennung kann im globalen Klima-Handel in bares Geld umgemünzt werden. Eine engere Definition von Wald schlägt hingegen die Global Forest Coalition vor. Demnach wird als Wald definiert: „A complex tree dominated ecosystem with particular structural and abiotic components assembled with temporal and spatial limits and with a self-sustained successional dynamic determined by its biodiversity.“10

  • 1Global Forest Coalition (2010): Wood based Bioenergy: The Green Lie, S. 5.
  • 2a2bThe Green Lie, S. 9.
  • 3The Green Lie, S. 12.
  • 4Magindustries (2009): www.magindustries.com/news.aspx?newsid =40&pageid=3.
  • 5Clenergen: www.hugin.info/141872/R/1341211/320732.pdf.
  • 6The Green Lie, S. 11 u. 24.
  • 7The Green Lie, S. 20.
  • 8Siehe dazu auch den Beitrag „Kältetoleranter Eukalyptus“ von Antje Lorch in diesem Schwerpunkt.
  • 9REDD: Reducing emissions from deforestation and forest degradation.
  • 10The Green Lie, S. 23.
Erschienen in
GID-Ausgabe
201
vom September 2010
Seite 12 - 13

Birgit Peuker ist Soziologin und lebt in Berlin.

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