In Bewegung

Keine Patente auf Saatgut!

240.000 Menschen haben 2022 die Forderung unterschrieben, endlich wirkungsvolle Schritte gegen die Patentierung von Saatgut umzusetzen. Das GeN, Arche Noah, das Umweltinstitut München und andere Vereine sammelten seit Winter 2021 Unterschriften um eine Minister*innenkonferenz der Mitgliedstaaten des Verwaltungsrates des Europäischen Patentamtes (EPA) zu fordern. Dies ist die einzige Möglichkeit von den Mitgliedstaaten Druck auszuüben, um die Umsetzung der Patentrichtlinien zu erreichen. Insgesamt unterstützten über 70 Organisationen aus 18 Europäischen Ländern die Aktion. Im Dezember 2022 haben wir unsere Forderung mit einer Protest-Aktion vor dem Bundesministerium für Justiz (BMJ) in Berlin kundgetan. Marco Buschmann, der zuständige deutsche Minister im Verwaltungsrat des EPA weigerte sich allerdings die Unterschriften anzunehmen und antwortete nicht mal auf E-Mail-Anfragen unsererseits. Deutlich freundlicher lief die Übergabe der Unterschriften an das EPA in München eine Woche später, bei der Mitarbeiter*innen des Patentamtes die Unterschriften persönlich entgegennahmen. Mögen weitere Taten folgen! (jd)

 

KWS-Hauptversammlung

Vor der Konzernzentrale des international tätigen Saatgut-Unternehmens KWS-Saat standen während der Hauptversammlung am 6. Dezember 2022 draußen zwei Trecker, verschiedenes, schreiendes Gemüse und zahlreiche Menschen mit Bannern in den Händen. Sie forderten „Keine Patente auf Saatgut!“ und mahnten „KWS-Patente gefährden die Pflanzenzucht in Deutschland“. Die junge AbL, Keine Patente auf Saatgut! und das GeN hatten die Aktion gemeinsam organisiert. Keine Patente auf Saatgut! hatte in einem neuen Bericht über die KWS darauf hingewiesen, dass der Konzern verschiedene Patente auf Pflanzeneigenschaften hält, die teilweise ohne menschliches Zutun entstanden sind. Patente auf Pflanzeneigenschaften beschränken den Zugriff auf genetische Ressourcen und limitieren damit die Verwendung von wichtigem Pflanzenmaterial zur Zucht neuer Pflanzen. Verschiedene Mitarbeiter*innen des Konzerns kamen auf uns zu und suchten das Gespräch. Man würde bei der KWS die Problematik der Patente durchaus auch sehen. Wir sind gespannt was darauf in Zukunft folgt und wie die KWS mit ihren bestehenden Patenten umgeht. (jd)

 

Nicht hinter unserem Rücken!

Kein Freifahrtschein für neue Gentechnik in unserem Essen! So lautete unsere Petition, die wir zusammen mit anderen Organisationen aus Umwelt- und Verbraucher*innenschutz am 01.12.22 der parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Bettina Hoffmann aus dem Bundesumweltministerium übergaben. 420.757 Menschen unterstützen mit ihrer Unterschrift die Forderung nach einer konsequenten Regulierung gentechnischer Verfahren und ihrer Produkte. Die Übergabe fand in Berlin vor dem Bundestag statt, bei der auch drei Verbände Redebeiträge lieferten. Florian Schöne vom Deutschen Naturschutzring verwies in seinem Statement auf die Gefahr der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen und betonte dabei die Verantwortung der Landwirtschaft, die sich in unmittelbarer Nähe zu Ökosystemen befindet. Georg Janßen von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft betonte die Wichtigkeit die Wahlfreiheit der Konsument*innen, Erzeuger*innen und Bäuer*innen zu erhalten und mahnte, das EU-­Vorsorgeprinzip zu achten. Abschließend sprach Peter Röhrig vom Bund Ökologische Lebensmittel von der Unvereinbarkeit vom Ausbau der ökologischen Landwirtschaft zusammen mit Gentechnik auf dem Acker. Gerade in ihrer unterschiedlichen Schwerpunktsetzung machten die Redner noch einmal mehr deutlich, wie wichtig eine Kennzeichnungspflicht und Risikoprüfung der neuen Gentechnik ist. (cg)

 

Zwischen Ausbeutung und reproduktiver Freiheit

Zusammen mit der fem*ini (feministische Initiative gegen reproduktive Ausbeutung) lud das Gen-ethische Netzwerk im Oktober und November 2022 zur sehr gut besuchten Online-Veranstaltungsreihe zu feministischen und kapitalismuskritischen Perspektiven auf „Eizellspende“ und „Leihmutterschaft“ ein. Anlass hierzu bot die im Koalitionsvertrag von der Ampelregierung festgehaltene Prüfung der Legalisierung dieser beiden umstrittenen reproduktionstechnologischen Verfahren. In der ersten Veranstaltung ging es um die Rolle altruistischer Motive und finanzieller Entschädigungen bei Eizellabgaben. Insbesondere wurde der Frage nachgegangen, ob die „Spende“ von Eizellen eher einen Gaben- oder einen Warencharakter hat. Am zweiten Termin wurden die strukturellen ökonomischen und sozialen Bedingungen von „Eizellspende“ und „Leihmutterschaft“ analysiert und diskutiert. Die letzte Veranstaltung war queeren Perspektiven auf Reproduktionstechnologien gewidmet. Zunächst wurden die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen für queere Personen mit Kinderwunsch vorgestellt, um auf dieser Grundlage anschließend zu diskutieren, wie queer*feministische Positionen zu diesen Technologien aussehen könnten. Unter den Teilnehmenden waren neben (queer*)feministischen Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen auch Personen aus der Praxis, die bspw. mit Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch arbeiten sowie Mitarbeiter*innen von Politiker*innen, die sich perspektivisch im Bundestag mit der Frage der eventuellen Legalisierung von „Eizellspende“ und „Leihmutterschaft“ beschäftigen müssen. (ts)

 

„Eizellspende“ Ausstellung in Bern

Vom 25. November 2022 bis zum 14. Januar 2023 war die Ausstellung „Babys machen? Eizellenspende und Reproduktionspolitiken“ im Kornhausforum in Bern (Schweiz) zu sehen. Wie schon vergangenen Sommer in Berlin stießen die Ausstellung und das Rahmenprogramm zum Eizelltransfer in Spanien auf großes Interesse. Auch in der Schweiz gibt es derzeit Legalisierungsbestrebungen. Die Kinderwunschbehandlung mit Eizellen Dritter wird also aktuell vermehrt diskutiert. Die auf der Forschung der Sozialanthropologin Laura Perler basierende Ausstellung, über die verschiedenen Dimensionen und Akteur*innen dieses reproduktionstechnologischen Verfahrens, lieferte erneut wertvolle kritische Einblicke in die aktuelle Praxis. Die Ausstellung wurde eingerahmt von einer Vernissage (Einführungsvortrag von GeN-Mitarbeiter* Taleo Stüwe und moderiertes Gespräch zur „Spender*innen“-, Empfänger*innen- und Forschungsperspektive) und einer Finissage (Podiumsdiskussion mit politischen Akteur*innen zu der Frage, wie die Schweiz mit der „Eizellspende“ umgehen sollte). Beide Veranstaltungen sowie die angebotenen Führungen waren sehr gut besucht. Es wurden viele Fragen gestellt und es wurde kontrovers diskutiert. Wieder einmal wurde deutlich, wie dringend es eine gesellschaftliche Debatte sowie internationale Regelungen zur „Eizellspende“ braucht. (ts)

 

„Lützi, Lützi, Lützi – Bleibt, bleibt, bleibt!“

Am 03. Januar 2023 wurde Tag X ausgerufen – die Räumung von Lützerath hatte begonnen. Das Dorf in Nordrhein-Westfalen (NRW) soll wegen der darunterliegenden Kohle von dem Energiekonzern RWE als Erweiterung des Tagebaus Garzweiler II abgerissen und abgebaggert werden. Bereits seit 2020 bewohnten Aktivist*innen das kleine Dorf, um der geplanten Zerstörung entgegenzuwirken. Seit dem Beginn der Räumung gab es gegen diese in ganz Deutschland, aber auch international verstärkt Proteste. Die Pläne des Energiekonzerns RWE für den „Rückbau“ bzw. die Zerstörung wurden bereits im Dezember 2022 genehmigt. Sehr viele Studien sprechen jedoch dagegen, dass die Kohle unter Lützerath zur Versorgungssicherung in Deutschland überhaupt benötigt wird. Am 14. Januar fand vor Ort eine Großdemonstration mit mehr als 35.000 Menschen statt, die für den Erhalt von Lützerath und gegen den Kohleabbau demonstrierten. Als GeN-­Mitarbeiterin und Biologiestudentin, durfte ich das GeN vor Ort in Lützerath vertreten und habe die Bilder vor Ort auf mich wirken lassen. Lützerath, war und ist für viele Menschen mehr als nur ein Dorf in NRW. Es ist eine Utopie, ein Konsens, ein Ort oder Symbol für den Kampf um die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. Das war nicht nur mir klar, sondern auch den 35.000 Demonstrierenden an jenem Samstag. Von Babys in der Tragetasche bis hin zu Rentner*innen steckten alle zusammen im Schlamm und demonstrierten größtenteils friedlich für das gemeinsame Ziel, vor allem mit Blick auf die Zukunft. Denn für alle war klar: Die Kohle muss im Boden bleiben! (lp)

Erschienen in
GID-Ausgabe
264
vom Februar 2023
Seite 4 - 5

GID-Redaktion

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