Kurz Notiert - Landwirtschaft & Lebensmittel

Anbau & Pestizide

China will gv-Mais und gv-Soja  anbauen

Wie das Global Agricultural Information Network (GAIN) berichtet, ist China dem kommerziellen Anbau von gentechnisch verändertem (gv) Mais und gv-Soja zwei Schritte näher gerückt. Anfang Dezember erteilte das Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten erstmals Sortenzulassungen für gv-Sorten von Mais und Soja. Ende Dezember erhielten dann chinesische Saatgutfirmen Lizenzen, um diese Sorten zu vermehren und zu verkaufen. Bisher findet in China erst bei Papaya und Baumwolle ein Anbau von gv-Sorten statt. Jetzt sollen gv-Sorten bei Mais und Soja bald höhere Erträge bringen und dadurch die Abhängigkeit von Importen verringern. Gegenwärtig führt China rund 100 Mio. Tonnen Soja und Mais zur Fütterung des Viehbestands ein. Die Eigenschaften der zugelassenen gv-Sorten sind: Herbizid- und Insektenresistenz. (GAIN, 14.12.23 und 03.01.24, www.gain.fas.usda.gov) (bv)

USA: RNA-Pestizid zugelassen

Es ist eine Weltpremiere: Im Dezember hat die US-Umweltschutzbehörde EPA die Zulassung für Calantha erteilt und damit erstmals für ein Pestizid, dessen Wirkstoff aus doppel­strängiger (ds) RNA besteht. Das von der Firma Greenlight Biosciences entwickelte Mittel dient der Bekämpfung des Kartoffelkäfers und beruht mit dsRNA nicht nur auf einem neuartigen Wirkstoff, sondern auch auf einem für Pestizide neuartigen Mechanismus. Dessen Name ist RNA-Interferenz oder kurz RNAi. Funktionieren tut er so: Greenlight Biosciences hat dsRNA kreiert, deren Sequenz identisch ist mit Teilen des PSMB5-Gens des Kartoffelkäfers. Nimmt der Käfer die dsRNA auf, löst das Molekül in seinen Zellen die RNAi aus, was zur Stilllegung des PSMB5-Gens führt. Da die Käfer ein aktives PSMB5-Gen zum Leben brauchen, sterben sie durch die Stilllegung. Mehrere Firmen entwickeln derzeit dsRNA-basierte Pestizide. Während die einen Fachleute davon ausgehen, dass solche Sprays ein Nischenprodukt sein werden, glauben andere, dass sie chemisch-synthetische Pestizide komplett ersetzen könnten. (EPA, 22.12.23, www.epa.gov) (bv)

USA: Grünes Licht für 25  gv-Pflanzen 

Die US-Landwirtschaftsbehörde USDA hat 25 gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen als unbedenklich für die Umwelt eingestuft. Zwölf davon sind Sojapflanzen: Neun von Benson Hill, bei denen entweder der Geschmack oder die Samenzusammensetzung verändert ist, sowie je eine herbizidtolerante Soja-Pflanze von Bayer, BioHeuris und PlantArcBio. Für gv-Mais gab es fünfmal grünes Licht: Für Mais mit Resistenz gegen Wurzelbohrer und Glufosinat von Pioneer, für herbizidtoleranten Mais von Bayer, für einen Mais mit veränderter Wuchshöhe von Inari, für einen Mannase bildenden Futtermais von Mazen Animal Health sowie für einen Mais von Insignum, der bei Pilzbefall ein Signal aussendet. Angebaut werden dürfen neu auch vier herbizidtolerante Leindotter von Yield10 Bioscience, ein Acker-Hellerkraut mit geringen Gehalten an Erucasäure und Ballaststoffen von CoverCress, eine nicht-braun werdende Banane von Tropic Biosciences, eine herbizidtolerante Baumwolle von BioHeuris sowie ein Senf von Pairwise, der weniger scharf ist und weniger Pflanzenhaare – sogenannte Trichome – bildet. (USDA, 14.11., 30.11. und 21.12.23, www.aphis.usda.gov) (bv)

Glyphosat-Zulassung 

Die EU-Kommission hat die Genehmigung für Glyphosat um zehn Jahre bis zum 15. Dezember 2033 verlängert. Dem Entscheid ging ein Berufungsausschuss der EU-Länder voran, in dem es keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Verlängerung der Zulassung gab. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung, obwohl es im Koalitionsvertrag der Ampelregierung heißt: „Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt“. Wegen der EU-Zulassung musste Agrarminister Özdemir das ab Januar 2024 vorgesehene Verbot von glyphosathaltigen Pestiziden per Eilverordnung stoppen. Ein Bündnis der Organisationen Global2000, Générations Futures, PAN Deutschland, PAN Niederlande und PAN Europe will rechtlich gegen die EU-Genehmigung vorgehen und hat dazu „The Great Glyphosate Court Case“ initiiert. Glyphosat ist der weltweit meistverkaufte Herbizidwirkstoff. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stuft ihn als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. (Deutscher Naturschutzring, 20.11.23, www.dnr.de; Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 15.12.23, www.bmel.de) (bv)

 

Wissenschaft

Ein Fiasko: Bt-Baumwolle in Indien

2002 begannen Landwirt*innen in Indien, gentechnisch veränderte (gv) Baumwolle anzubauen, die das Bt-Toxin gegen den Kapselwurm bildet. Heute sind 90 Prozent der indischen Baumwollflächen mit Bt-Sorten bepflanzt. Was wie ein Erfolg aussieht, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Fiasko. Das zeigt eine aktuelle Studie in Environmental Sciences Europe. Sie nennt drei Gründe für den Misserfolg: Erstens sind Landwirt*innen gezwungen, teure Insektizide einzusetzen, weil der Kapselwurm Resistenz gegen das Bt-Gift entwickelt und die weiße Fliege sich als Sekundärschädling ausbreitet. Zweitens sind die Bt-Sorten gleichzeitig auch Hybridsorten, deren Samen nicht für die Wiederaussaat verwendbar sind. Landwirt*innen sind gezwungen, jährlich teures Saatgut nachzukaufen. Drittens sind die Bt-Hybridsorten für den indischen Anbau ungeeignet, weil sie eine Pflanzdichte verlangen, die die Erträge verringert. Die Landwirt*innen sind in einer Tretmühle aus Pestiziden und Gentechnik gefangen, die sie in die Verschuldung und viele auch in den Suizid treibt. (Environmental Sciences Europe, 07.11.23, www. doi.org/10.1186/s12302-023-00804-6) (bv)

Bericht zu NGT-Mikroorganismen

Forschung und Industrie setzen immer häufiger neue genomische Techniken (NGT) wie CRISPR-Cas ein, um gentechnisch veränderte Mikroorganismen (GVM) für die Landwirtschaft und den Lebens- und Futtermittelsektor herzustellen. Das zeigt ein Ende Dezember erschienener Bericht, der im Auftrag der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Stand der Entwicklung schildert. Von den 35 GVM, die der Bericht insgesamt auflistet, sind 30 für den Lebensmittelbereich, drei für den Futtermittelsektor und zwei für die Landwirtschaft. Acht der aufgelisteten GVM finden sich in bereits kommerzialisierten Produkten. Eines davon ist für die Landwirtschaft: das Düngemittel Proven der US-Firma Pivot Bio, das stickstofffixierende gentechnisch veränderte Klebsiellen enthält. Wie der Bericht festhält, gibt es nur wenige Studien zur Risikobewertung von GVM, die mit NGT erzeugt wurden. Anhand der 35 GVM will die EFSA nun prüfen, ob ihre bestehende Leitlinie zur Risikobewertung von GVM weiterhin angemessen ist. (EFSA, 22.12.23, www.efsa.europa.eu) (bv)

 

Politik & Handel

NGT-Verordnungsentwurf im Clinch mit EU-Recht 

Die EU-Kommission will erhebliche Lockerungen für neue Gentechnik und hat dazu im Juli 2023 EU-Parlament und EU-Rat einen Entwurf für eine Verordnung über neue genomische Techniken (NGT) unterbreitet. Jetzt wollte das Bundesamt für Naturschutz (BfN) von Tade Spranger von der Universität Bonn wissen, wie die vorgeschlagene Verordnung juristisch zu bewerten ist. Das Fazit seines Gutachtens: Der Entwurf verstößt gegen Unionsrecht. Vor allem die Grundannahme, dass NGT-Pflanzen ein geringeres Risiko zu eigen sei als anderen Gentechniken, stehe im Widerspruch zum Vorsorgeprinzip, das in den EU-Verträgen verankert ist. Zudem fehle es dem Verordnungsentwurf an einer hinreichend tragfähigen, nämlich wissenschaftlich begründeten Grundlage. Ein im September veröffentlichtes Gutachten, das der Jurist Georg Buchholz für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erstellt hat, kam ebenfalls zum Schluss, dass der Verordnungsentwurf gegen das Vorsorgeprinzip verstößt. (BfN, 31.10.23, www.bfn.de) (bv)

NGT-Regulierung: Agrarrat ohne Konsens

Die EU-Länder sind sich uneins darüber, wie der Einsatz neuer genomischer Techniken (NGT) bei Pflanzen zu regulieren ist. Das zeigte sich an der Sitzung des Agrarrats vom 11. Dezember 2023, wo die Agrarminister*innen über einen Vorschlag der spanischen Ratspräsidentschaft abstimmten, der als Kompromiss zu den Deregulierungsplänen der EU-Kommission gedacht war. Da heikle Punkte wie die Koexistenz von NGT mit dem Öko-Landbau und die Patentierbarkeit von NGT-Pflanzen die EU-Länder spalten, fand der Kompromissvorschlag keine qualifizierte Mehrheit. Deutschland hat sich der Stimme enthalten, weil die Ampelkoalition zur NGT-Regulierung keine gemeinsame Position hat. Im Dezember stimmte auch der Agrarausschuss des EU-Parlaments über die Regulierung von NGT-Pflanzen ab: Die Mehrheit votierte zwar dafür, die Patentierung von NGT-Pflanzen zu verbieten, will NGT aber ansonsten noch weiter liberalisieren als die EU-Kommission. (Deutscher Naturschutzring, 13.12.23, www.dnr.de) (bv)

Handel für strengere NGT-Regeln

Es ist ein vielstimmiger Appell, der Ende November nach Brüssel und Straßburg ging: Von der Rewe Group über Alnatura, Denns Bio, Tegut und Hofer bis Spar – Lebensmittelhandelsunternehmen aus Deutschland und Österreich forderten die EU-Kommission und das EU-Parlament in einem offenen Brief dazu auf, bei der Regulierung neuer genomischer Techniken (NGT) Wahlfreiheit, Bio-Landwirtschaft, „Ohne Gentechnik“-Lebensmittel sowie stabile Lebensmittelpreise zu sichern. Die EU-Kommission soll zudem untersuchen, wie sich Patente auf NGT-Pflanzen auf den Saatgutmarkt auswirken. Die Warnung der Unternehmen: Tritt der Entwurf der Verordnung über NGT, den die EU-Kommission im Juli 2023 vorgelegt hat, ohne die notwendigen Anpassungen in Kraft, werden die Lebensmittelpreise für Verbraucher*innen weiter steigen. Die Unternehmen müssten nämlich die Mehrkosten weitergeben, die bei der geplanten Deregulierung durch Patente auf NGT-Pflanzen und den erhöhten Aufwand zur Aufrechterhaltung der Gentechnikfreiheit entstünden. (VLOG, 29.11.23, www.ohnegentechnik.org) (bv)

Schweizer Bundesrat zu neuen gentechnischen Verfahren

Noch in 2023 hat der Schweizer Bundesrat eine Aussprache darüber geführt, wie die Gentechnik-Regulierung in Bezug auf neue gentechnische Verfahren angepasst werden soll. Das Parlament hatte dem Bundesrat den Auftrag erteilt, einen Entwurf zu unterbreiten für die Zulassung von neuen gentechnischen Verfahren, wie etwa CRISPR-Cas9, für die Züchtung von Pflanzen und Saatgut. Der Bundesrat will den Bedenken der Bevölkerung zur Gentechnik Rechnung tragen und sieht deshalb unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips eine „behutsame Öffnung“ vor. Das Zulassungsverfahren solle sich grundsätzlich am Vorschlag der EU-Kommission orientieren, was heißt, dass die neuen gentechnischen Verfahren nicht unter dem Gentechnikgesetz reguliert werden sollen. Bis zum Sommer dieses Jahres soll eine Vorlage erarbeitet werden. Das Gentechnikgesetz ist 2004 in Kraft getreten. Seit Ende 2005 gilt in der Schweiz aufgrund einer Volksabstimmung ein Moratorium für den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen. Zuletzt wurde das Moratorium bis Ende 2025 verlängert. (Portal der Schweizer Regierung, 25.10.23, www.admin.ch) (gp/tp)

 

Sonstiges

BMBF fördert  CRISPR-Pflanzen

„Moderne Züchtungsforschung für klima- und standortangepasste Nutzpflanzen von morgen“ – so heißt eine 50 Mio. schwere Fördermaßnahme, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Ende Oktober 2023 lancierte. Das Ziel ist, technik- und methodenoffene Züchtungsforschung zu stärken und die Züchtung klimaangepasster Nutzpflanzen massiv voranzutreiben. Neben der konventionellen Züchtung will das BMBF ausdrücklich auch die Genomeditierung mit CRISPR-Cas fördern. „Als Bundesforschungsministerium wollen wir die Chancen der Neuen Züchtungstechniken nutzen und uns nicht wie andere von der Zukunft abmelden“, sagte Forschungsministerin Stark-Watzinger (FDP). Sie nutzte die Lancierung der Fördermaßnahme auch gleich, um für die Deregulierung der neuen Techniken zu werben: „Wir setzen darauf, dass die EU-Kommission den völlig veralteten und wissenschaftlich überholten Rechtsrahmen novellieren wird.“(BMBF, 27.10.23, www.bmbf.de) (bv)
 

Erschienen in
GID-Ausgabe
268
vom Februar 2024
Seite 20 - 21

GID-Redaktion

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