Kurz Notiert: Landwirtschaft & Lebensmittel

Nahrungsmittel

Mexiko: Verbot von gv-Mais steht

Die mexikanische Regierung hat einer Verfassungsreform zugestimmt, die den Anbau von gentechnisch verändertem (gv) Mais verbieten soll. Durch die Anpassung der Verfassung wurde einheimischer Mais zu einem „Element der nationalen Identität“, das geschützt werden müsse. „Jede andere Verwendung [Anm. d. Red. abgesehen vom Anbau] von gentechnisch verändertem Mais muss daraufhin geprüft werden, ob sie eine Gefahr für die biologische Sicherheit, die Gesundheit und das biokulturelle Erbe Mexikos und seiner Bevölkerung darstellt“, heißt es im Text der Reform. Die Reform wird nun zur endgültigen Verabschiedung an den Senat weitergeleitet. Die Verfassungsänderung ist der letzte Schritt in einem Streit zwischen Mexiko und den USA über die Einfuhr von gv-Mais. Mexiko importiert jedes Jahr gv-Mais aus den USA im Wert von über fünf Milliarden US-Dollar, der vor allem als Viehfutter verwendet wird. (Reuters, 26.02.25, www.reuters.com; Los Angeles Times, 13.03.25, www.latimes.com) (jd)

 

Risikodebatte

Gutachten: Lebensmittelwirtschaft haftet für neue Gentechnik

Die renommierte Anwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. kommt in einem Rechtsgutachten zu dem Schluss, dass die gesetzliche Neuregelung zur Regulierung von Pflanzen aus den neuen Gentechnikverfahren (NGT) Haftungsrisiken und Sicherheitsprüfungen von den Entwickler*innen hin zur Lebensmittelwirtschaft verschiebt. Das Rechtsgutachten wurde im Auftrag des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. (VLOG) erstellt. Dem Gutachten zufolge sind Lebensmittelunternehmen für die Sicherheit ihrer Lebensmittel verantwortlich. Da laut den Plänen der EU für einen Großteil der Pflanzen aus NGT jede Form der Risikoprüfung wegfallen soll und keine neuen/weiteren Haftungsregeln für die Entwickler*innen geplant sind, läge die Haftung dann bei den Lebensmittelunternehmen. Diese könnten zukünftig nicht mehr entscheiden, ob sie Produkte verkaufen wollen, die Inhaltsstoffe aus NGT-Pflanzen beinhalten, da gleichzeitig die Kennzeichnungspflicht von NGT-Pflanzen und -Produkten wegfallen soll. Nur noch das Saatgut soll als NGT gekennzeichnet werden. „Die Gentechnik-Pläne der EU-Kommission sind nicht etwa ,wirtschaftsfreundlich‘, wie oft behauptet. In Wahrheit verschiebt die Kommission Kosten und Risiken höchst unfair von einem Wirtschaftsbereich auf einen anderen”, sagt VLOG-Vorstandsmitglied Christoph Zimmer. (VLOG, 14.01.25, www.ohnegentechnik.org) (jd)

 

Politik & Handel 

Drohende Deregulierung der neuen Gentechnik: Trilog startet

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat am 8. April formell den Weg freigemacht für den Beginn der Trilog-Gespräche zur Erarbeitung einer neuen Reglementierung für Pflanzen aus den neuen Gentechnikverfahren (NGT) in der EU. Der Ausschuss stimmte mit 67 Ja-Stimmen, 14 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen ab. Die Trilog-Verhandlungen zwischen den drei EU-Institutionen – dem Parlament, dem Rat und der Kommission – starten im Mai und werden sich nun darauf konzentrieren, den Gesetzestext fertig zu stellen. Zuvor hatte im Februar der Rat eine Mehrheits-Position gefunden, nachdem Polen seinen Standpunkt hin zur Unterstützung des Gesetzes gewechselt hatte. Grundlage des gesamten Prozesses ist ein Vorschlag der EU-Kommission aus 2023. Die Position des Parlamentes zu dem Vorschlag steht seit dem Frühjahr 2024 fest. Die Position der Kommission und des Rates liegen nah beieinander, beide sehen eine weitgehende Deregulierung der neuen Gentechniken vor. Das Parlament hingegen möchte in einigen Punkten eine striktere Regulierung. Strittige Punkte zwischen den drei Positionen sind: Patente, Kennzeichnungspflicht und Opt-out-Möglichkeiten der Länder. (Politico, 08.04.25, https://pro.politico.eu/) (jd)

CH: Bundesrat will neue Gentechnik deregulieren

Mit dem Entwurf für ein neues „Züchtungstechnologiengesetzes“ hat der Schweizer Bundesrat das Anhörungsverfahren eröffnet: Pflanzen, die mit der neuen Gentechnik (Geneditierung, CRISPR-Cas) hergestellt werden, sollen nicht länger unter das Gentechnikgesetz fallen. Damit wird die Risikoprüfung ausgehebelt: Es soll ausreichen, dass gentechnisch veränderte Pflanzen, die ähnlich zu bereits zugelassenen Sorten sind, eine erleichterte Zulassung erhalten. Zudem sollen Produkte der neuen Gentechnik laut dem Entwurf anstelle transparenter Informationen wie der Kennzeichnung „gentechnisch verändert“ künftig mit dem Begriff „aus neuen Züchtungstechnologien“ deklariert werden. Die geplante Deregulierung nützt in erster Linie den Biotech- und Agrar-Konzernen, Haftungsfragen sowie mögliche Risiken für Umwelt, Gesundheit und Natur werden ignoriert und auf die Allgemeinheit übertragen. (biorespect, 02.04.25, www. biorespect.ch) (gp/tp)

Aarhus-Konvention über GVO tritt in Kraft

Eine Änderung des zwei Jahrzehnte alten, internationalen Abkommens bezüglich der Beteiligung der Öffentlichkeit an Entscheidungen über die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in die Umwelt ist am 20. April 2025 in Kraft getreten. Die Aarhus Konvention ist ein Übereinkommen der Wirtschaftskommission für Europa. Im Januar hatte die Ukraine die GVO bezogene Änderung der Aarhus-Konvention ratifiziert, womit die nötige Anzahl (33) an ratifizierten Ländern zusammengekommen war, damit das geänderte Abkommen gültig wurde. Mit der Rechtskräftigkeit müssen die Europäische Union und die anderen Parteien, die die Änderung ratifiziert haben, in ihrem nationalen Rechtsrahmen wirksame Mittel zur Gewährleistung der Transparenz und der Beteiligung der Öffentlichkeit an diesbezüglichen Entscheidungen schaffen. Die Vereinigten Staaten und Brasilien, die zu den größten Anbauländern von GVO gehören, haben das Abkommen nicht ratifiziert, ebenso wenig wie andere wichtige Wirtschaftsnationen wie China und Russland. (UNECE, o.D., www.unece.org; Phys.org, 28.01.25, www.phys.org) (jd)

 

Anbau & Pestizide

Marktentwicklungen im Bereich der neuen Gentechnik

Für einen neuen Bericht des Schweizer Bundesamtes für Umwelt hat Dr. Eva Gelinsky untersucht, welche mit neuen Gentechniken veränderten (NGT) Pflanzen global angebaut werden, zugelassen sind oder sich in den Pipelines der Unternehmen befinden. Momentan werden mindestens sieben NGT-Pflanzen angebaut und fünf befinden sich im „vor-kommerziellen Anbau“ (Saatgutvermehrung etc.). Mindestens 15 weitere Pflanzen haben eine Anbauzulassung und nach Unternehmensangaben sollen 22 weitere Pflanzen in den nächsten Jahren auf den Markt kommen. Bereits im Anbau sind die GABA-­Tomate (Japan), ein nicht braun werdender Salat (USA), ein Senf mit verbessertem Geschmack (USA), ein Mais mit veränderter Stärke (unterschiedliche Länder), ein herbizidresistenter und Insektengift produzierender Mais (USA) und proteinreiche Soja (USA). Im vor-­kommerzielen Anbau sind Leindotter-Pflanzen und Ackerhellerkraut mit veränderten Inhaltsstoffen sowie ein Mais, der einen erhöhten Ertrag bringen soll. Zugelassen zum Anbau sind außerdem verschiedene Sorten Soja, Weizen, Bananen und Weintrauben. In den Pipelines gibt es sehr unterschiedliche Pflanzen von Getreide, Obst und Nüssen mit verschiedenen Eigenschaften. (BAFU, 30.01.25, www.bafu.admin.ch) (jd)

 

Wissenschaft

Gv-Pflanzen und Glyphosat beeinträchtigen perinatale Gesundheit

In den USA haben zwei Wissenschaftler*innen die Auswirkung von gentechnisch veränderten (gv) Pflanzen und des damit einhergehenden Glyphosat-Einsatzes auf die Gesundheit von Neugeborenen untersucht. Laut den Wissenschaftler*innen stieg die Menge des ausgebrachten Glyphosats in den zwei Jahrzehnten nach Einführung von herbizidresistenten gv-Pflanzen um das 75-fache an. Um die Auswirkungen der Glyphosat-Exposition zu ermitteln, verwendeten die Wissenschaftler*innen drei Kriterien: 1) Variationen im Glyphosat-Einsatz auf Bezirksebene, die durch 2) den Zeitpunkt der Einführung der Technologie und 3) die unterschiedliche geografische Eignung für gv-Pflanzen bedingt sind. Ihre Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Einführung von gv-Saatgut und die gestiegene Glyphosat-Menge das durchschnittliche Geburtsgewicht und die Schwangerschaftslänge signifikant reduziert haben. Historisch benachteiligte Gruppen sind unverhältnismäßig stark von diesen gesundheitlichen Auswirkungen betroffen. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass die Glyphosat-Exposition in den letzten 20 Jahren bisher nicht dokumentierte und ungleich hohe Gesundheitskosten für ländliche Gemeinden in den USA verursacht hat. (PNAS, 14.01.25, https://doi.org/10.1073/pnas.2413013121) (jd) 

Gentechnisch veränderte Mikroorganismen und ihre Risiken

Wissenschaftler*innen haben die bestehenden und kommenden Herausforderungen für Umweltrisiko- und Technikfolgenabschätzung durch die Freisetzung von gentechnisch veränderten Mikroorganismen (GVM) untersucht. Sie kommen zu dem Schluss, dass die bestehenden Leitlinien für die Risikobewertung und -überwachung
von GVM in der EU unzureichend sind. Beides müsse aktualisiert werden, insbesondere für Anwendungen, die die Freisetzung von lebensfähigen GVM in die Umwelt beinhalten. Die Wissenschaftler*innen analysierten mögliche Risiken anhand von zwei Szenarien: gentechnisch veränderte (gv) Mikroalgen für die Biokraftstoffproduktion und stickstofffixierende gv-Bodenbakterien für den Einsatz als Biodünger. In den letzten Jahren hat das Interesse an der Entwicklung von GVM, mit und ohne neue Gentechnik, für den Einsatz in der Umwelt erheblich zugenommen. Einige GVM sind schon zugelassen, z.B. in den USA. Dennoch hat sich die Wissenschaft bisher nur sehr wenig mit GVM auseinandergesetzt. Die größte Herausforderung zur Umweltrisiko- und Technikfolgenabschätzung ist das begrenzte Wissen, wodurch zum Beispiel die Praxis, gv-Organismen mit verwandtschaftlich sehr nahen nicht-gv-Organismen zu vergleichen, um Risiken abschätzen zu können, nicht funktioniert. Generell können GVM über zehn Jahre in der Umwelt verbleiben und sind grundsätzlich nicht rückholbar. (MDPI, 29.03.25, https://doi.org/10.3390/ijms26073174) (jd)

Risiken von Bt-Toxinen für Mensch und Natur

Wissenschaftler*innen haben in einer Vergleichsstudie die aktuellen Ergebnisse der Forschung zu möglichen Risiken von Toxinen des Bakteriums Bacillus thuringiensis (Bt) zusammengetragen. Bt-Toxine werden weltweit in der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft als Insektizid eingesetzt – entweder als Spray ausgebracht oder von gentechnisch veränderten Pflanzen produziert. Die Sicherheit von Bt-Insektiziden für die Umwelt und den Menschen ist jedoch zunehmend umstritten und es liegen nur wenige Daten über ihre langfristigen Auswirkungen vor. Die Wissenschaftler*innen kommen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass Bt-Sporen, selbst in geringen Dosen, bei akuter oder chronischer Aufnahme und/oder Exposition für viele Nichtzielorganismen, einschließlich des Menschen, potenziell schädlich sein können. Häufige Anwendungen und der unter gewissen Umweltbedingungen relativ lange Verbleib von Bt-Sporen können zu Rückständen im Boden und auf Pflanzen führen, die vielfach höhere Dosen erreichen, als die Empfehlung der EU vorgibt. So kann die Aufnahme von Cry1A-Toxinen eine vermehrte Produktion von enteroendokrinen Zellen (Zellen im Magen-Darm Trakt, die Hormone produzieren) auslösen, die zu Wachstumsdefekten führen können sowie zu Veränderungen im Fütterungs- oder Futtersuchverhalten. Für manche Insekten im frühen Entwicklungsstadium scheint der Kontakt mit Bt-Toxinen potenziell tödlich zu sein. (Current Opinion in Environmental Science & Health, 02/2025, https://doi.org/10.1016/j.coesh.2025.100598) (jd)

 

Sonstiges

Schattenwölfe und Mammut-Mäuse

Colossal Biosciences hat zwei gentechnisch veränderte Tiere erzeugt und spricht von wichtigen Schritten hin zu ihrem langfristigen Ziel, Mammuts nachzubauen. Die neueste Meldung betrifft Tiere, die an Schattenwölfe erinnern. Das US-Unternehmen schreibt, man habe drei Welpen mithilfe von CRISPR-Cas erschaffen. Dafür wurde Erbgut aus Fossilien von Schattenwölfen genommen, in das Genom von Grauwölfen eingearbeitet und die erzeugten Embryonen wurden von Haushündinnen austragen. Schattenwölfe (Aenocyon dirus) starben vor 13.000 Jahren aus, hatten weißes Fell und waren deutlich größer als heutige Wölfe. Zwischen den Tieren besteht keine direkte Verwandtschaft, sie gehören zu verschiedenen Gattungen. Einen Monat zuvor meldete Colossal Biosciences in einer Studie, dass sie Mäuse mit Mammut-Fell erzeugt hätten. Hierbei wurden die Gene der Mäuse, die für die Fellstruktur und den Fettstoffwechsel wichtig sind, anhand von vorhandenen Mammut- und Elefantengenen verändert. Diese modifizierten Erbinformationen bauten die Forschenden dann mit Gentechnik in die befruchteten Eizellen oder embryonalen Stammzellen der Mäuse ein. Bei den aktuellen Versuchen überlebten nur etwa zehn Prozent der genmanipulierten Embryonen. (Preprint, Biorxiv, 04.03.25, https://doi.org/10.1101/2025.03.03.641227; Tagesschau, 04.03.25 u. 08.04.25, www.tagesschau.de) (jd)

Erschienen in
GID-Ausgabe
273
vom Mai 2025
Seite 6 - 7

GID-Redaktion

zur Artikelübersicht