Editorial: Die Kleider des Herrn Hwang
In den letzten Monaten wurde die biomedizinische Forschung von einem Netz aus Lügen und Intrigen überschattet: Die Nachricht von "einem der größten Fälschungsskandale der Wissenschaft" nahm ihren Lauf: Der südkoreanische Klonforscher Hwang Woo-Suk, berühmt geworden, weil er angeblich die ersten "patientenspezifischen" embryonalen Stammzellen hergestellt hatte, hat alle seine Ergebnisse gefälscht und nie eine einzige Stammzelllinie aus geklonten Embryonen hergestellt. Ein Skandal, den die Medien übrigens nicht nur aufgedeckt, sondern auch mitproduziert haben. Die Verwicklung der Medien in den "Fall Hwang" fängt nämlich bereits mit der Verbreitung von unrealistischen Erwartungen und Mythen über das Menschenklonen an. Hochmut kommt vor dem Fall und schon ein altes Märchen sagt, dass die, die zunächst des Kaisers neue Kleider teils aus Eitelkeit, teils aus Unwissenheit beklatschen, dann flugs zur Seite treten. Das Fachmagazin Science beispielsweise, rühmte sich mit der Erstveröffentlichung des unheilvollen Artikels und verdient nun an Enthüllungen. Der Übergang zwischen Fehlern, Unredlichkeit und Fälschungen ist fließend. Und die Biowissenschaften, ein Forschungsfeld, in dem sich Experimente oft nicht eindeutig reproduzieren lassen, sind besonders anfällig für solche möglicherweise folgenreichen "Unregelmäßigkeiten". Es ist zu hoffen, dass der Fall Hwang nicht beim Getratsche über Lügen und Intrigen stehen bleibt, sondern dadurch längst überfällige Fragen aufgeworfen werden: Wie steht es um Redlichkeit und Ethik in der Wissenschaft, wenn in erster Linie die Verwertbarkeit und der finanzielle Gewinn von Ergebnissen zählen? Welche Antworten werden auch ein wissenschaftliches Problem durch die Fragen vorbestimmt? Wieviel gesellschaftliche Kontrolle braucht die Wissenschaft? Einigen dieser Fragen wird sich der GID in dieser und den folgenden Ausgaben widmen. Eine interessante Lektüre wünscht Die GID-Redaktion
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