Kurz notiert - Mensch und Medizin
Spätabtreibung: Reformierte Beratung
Nach jahrelangem politischem Geplänkel stimmte der Bundestag am 13. Mai mit 326 gegen 234 Stimmen einer Reform des Schwangerenkonfliktgesetzes zu. Der fraktionsübergreifende Antrag, der von den Abgeordneten Singhammer (CSU), Griese (SPD), Göring-Eckardt (Grüne) und Lenke (FDP) eingereicht worden war, ist ein parlamentarischer Kompromiss zu der Frage, wie mit dem Thema Spätabtreibungen umzugehen sei. Damit sind Schwangerschaftsabbrüche nach einem „auffälligen Befund“ bei pränataldiagnostischen Untersuchungen gemeint. Sie sind gesetzlich auf der Grundlage der medizinischen Indikation einer psychischen Notlage der Schwangeren möglich und reichen, je nach Zeitpunkt des Diagnoseverfahrens und der Laborauswertung bis in einen Zeitraum nach der 22. Schwangerschaftswoche. Diese bisher „beratungsfreien“ Abtreibungen - im Gegensatz zu anders begründeten Abbrüchen bis zur 12. Woche, bei denen von den Frauen der Besuch einer Pflichtberatung verlangt wird - werden mit der Reform beratungspolitisch eingehegt. Die Beratungspflicht wird in der Reform des Gesetzes den ÄrztInnen, nicht direkt den Schwangeren auferlegt. Sie müssen die Schwangere zudem auf das Recht hinweisen, eine psychosoziale Beratungsstelle aufsuchen zu können. Bei Nichtbeachtung der Beratungspflicht droht den MedizinerInnen eine Geldstrafe von 5000 Euro. Zudem wird eine „Bedenkzeit“ der Schwangeren von mindestens drei Tagen zwischen Diagnose und Abbruch eingeführt. Lebensschützerorganisationen kritisierten diese Regelung. Zustimmung kam sowohl von der Bundesvereinigung Lebenshilfe als auch vom Präsidenten der Bundesärztekammer Jörg-Dietrich Hoppe, der sich freute, dass nun ein „Regelungsdefizit“ beseitigt sei. (www.bundestag.de/bic/a_prot/2009/ap16221.html; Ärzte Zeitung online, 15.05.09; der Freitag, 14.05.09) (sus)
iPS ohne Genbeschuss
Wieder gibt es eine neue Variante in der Herstellung „induzierter pluripotenter Stammzellen“ (iPS), und wieder gibt es die inzwischen inflationäre Rede über einen „Durchbruch“ bei iPS. US-amerkanische und deutsche ForscherInnen veröffentlichten Ende April einen Versuch mit Hautzellen von Mäusen, deren Reprogrammierung zu pluripotenten Zellen sie durch Zugabe von Proteinen statt wie bisher durch den Einsatz reprogrammierender Gene erreichten. Verwendet wurden Proteine zusammen mit einer chemischen Substanz, um das Andocken der Proteine an die DNA der Zellen zu erreichen. Nach mehreren Tagen Behandlung mit dem Protein-Cocktail seien die erwünschten Stammzellkolonien entstanden. Als Durchbruch gelten diese Versuche, weil sie darauf abzielen, das bei den bisherigen iPS- Zellen offensichtliche Krebsrisiko zu umgehen. Zu folgern, dass die nun hübsch piPS genannten Zellen (protein-induzierte pluripotente Stammzellen) kein Ergebnis gentechnischer Experimente sind, ist aber irreführend. Die Proteine wurden durch gentechnisch manipulierte Bakterien hergestellt, und die Reprogrammierung selbst besteht darin, 3000 Gene in den Zellen zu beeinflussen. Die Versuche fanden am Scripps Research Institute in Kalifornien statt, mit denen das Max-Planck-Institut in Münster seit 2004 kooperiert. Der Max-Planck-Forscher Hans Schöler erklärte, der Einsatz solcher Zellen als alternative Quelle für Zellersatztherapien liege in fernerer Zukunft. (Cell Stem Cell, 23.04.09; PE Max-Planck-Gesellschaft, 23.04.09; ORF on Science, 24.04.09) (sus)
Gentherapeut warnt vor Stammzellhype
Gentherapie-Spezialist James Wilson von der US-amerikanischen University of Pennsylvania hat in einem Essay in der renommierten Zeitschrift Science davor gewarnt, die Stammzellforschung zu überschätzen. Der „Hype“ rund um die Genehmigung klinischer Studien mit Stammzellen erinnere ihn an die 1990er Jahre. Wie damals bei der Gentherapie würden heute auch in der Stammzellforschung „übertriebene Erwartungen“ von ForscherInnen, Medien, Institutionen und nicht zuletzt Patientengruppen geweckt. Der Molekulargenetiker weiß sicherlich, wovon er spricht: Er leitete 1999 die klinische Gentherapie-Studie, in deren Verlauf der 18jährige Jesse Gelsinger völlig unerwartet zu Tode kam. So warnte Wilson auch vor einer verfrühten Erprobung von Stammzellen in klinischen Studien. Das Konzept, das sowohl Gentherapie wie Stammzellforschung zugrunde liegt - durch Hinzufügen eines Gens beziehungsweise einer Zelle eine bestimmte Morphologie zu verändern - erscheine zwar einfach, sei aber nicht erprobt. Mehr Grundlagenforschung sei daher erforderlich. Außerdem forderte Wilson Transparenz bezüglich der in den USA genehmigten und durchgeführten klinischen Studien mit iPS- und embryonalen Stammzellen. (Science 324, S.727-728; Nature, 07.05.09) (uw)
Pharmakogenetischer Test macht nicht gesünder
Die Übernahme der Kosten für einen pharmakogenetischen Test ist von den beiden US-amerikanischen Gesundheitsfürsorge-Behörden Medicare und Medicaid abgelehnt worden. Dass der zwischen 50 und 500 Dollar teure Test, der anhand von zwei Genvariationen bestimmt, ob und wie ein Patient auf das Blutverdünnungsmedikament Warfarin anspricht, die Gesundheit verbessere, sei nicht ausreichend bewiesen. Der Test soll die Bestimmung der individuellen Dosis des Medikamentes erleichtern: Zu viel Warfarin kann innere Blutungen hervorrufen, eine zu geringe Dosis hilft nicht gegen die Blutverklumpung, gegen die das Medikament eingesetzt wird. Einige zehntausend der etwa eine Million Medicare-Patienten, die jährlich mit der Warfarin-Therapie beginnen, entwickeln solche Komplikationen. Nach bisheriger Datenlage verringert sich der Anteil der Patienten mit unerwünschten Wirkungen aber nicht, wenn der Gentest eingesetzt wird. Damit zeigt er gegenüber dem herkömmlichen Verfahren, bei dem auf der Basis von Alter, Gewicht und anderen Faktoren eine Anfangsdosis bestimmt wird, keine Vorteile. Nichtsdestotrotz empfiehlt die US-amerikanische Zulassungsbehörde für Medikamente (Food and Drug Administration) den Einsatz des Gentests vor der Warfaringabe, schreibt ihn aber nicht zwingend vor. Auch Medicare spricht dem Test einen Nutzen nicht generell ab. Die Entscheidung der Behörde verhindert lediglich seine Übernahme in die Regelversorgung, und dies wohl auch nur vorerst: In klinischen Studien zum Zusatznutzen des Tests will Medicare die Kosten übernehmen. (New York Times, 05.05.09) (uw)
Preisgeld: Genomanalyse für 1.000 US-Dollar
Die im US-Bundesstaat Kalifornien ansässige private Stiftung X Prize-Foundation will den Wettlauf um sinkende Kosten für die Sequenzierung von Genomdaten vorantreiben. Zu diesem Zweck hat die Stiftung ein Preisgeld in Höhe von zehn Millionen US-Dollar für das erste Team ausgesetzt, das es schaffe, die Sequenz von 100 menschlichen Genomen in zehn Tagen für die Gesamtkosten von 10.000 Dollar oder weniger zu sequenzieren. Mit ihren hoch dotierten Preisausschreiben im Bereich Wissenschaft, Bildung und Umwelt will die Organisation die Entwicklung technischer Innovationen „zum Wohle der Menschheit“ fördern. Zu den wissenschaftlichen Beratern der Stiftung gehören auch die namhaften Genomprotagonisten Craig Venter und Hans Lehrach. Genomikfirmen und Visionisten einer genetisch „personalisierten“ Medizin schwärmen davon, die Kosten für die Totalsequenzierung eines einzelnen menschlichen Genoms auf 1.000 Dollar (oder weniger) zu reduzieren. Bereits der Verlauf des Human Genome Projects (HGP) hat vorgeführt, wie sich dabei kommerzielle, wissenschaftliche und gesundheitspolitische Ziele überkreuzen. Anfang 2008 gaben Genomforscher dann die Initialzündung für das „1.000 Genomes Project“, bei dem mindestens 1.000 Genome sequenziert und analysiert werden sollen. Auf diese Weise sollen auch kleinste genetische Einflüsse detektiert werden. Parallel zu diesen Aktivitäten steigt die mediale Aufregung. „Das Zeitalter der personalisierten Genomik ist angebrochen “, schreibt beispielsweise der Rheinischer Merkur. Im Gegensatz zu den euphorischen Zeiten des HGP mischen sich in die neuesten Zukunftserwartungen aber skeptische Töne. Forscher und Journalisten weisen darauf hin, dass es derzeit keinen praktischen Nutzen der Sequenzierung eines individuellen Genoms gäbe. So betonte der Direktor des Center for Human Genome Variation at Duke University, David Goldstein, gegenüber dem Nachrichtensender CNN: „We are still at the research phase." Die Genforscher, meint Goldstein, müssten erst noch die Genetik von Krankheiten verstehen. Na prima, das versuchen sie seit 100 Jahren. (www.genomics.xprize.org, 26.05.09; Rheinischer Merkur, 30.04.09; CNN.com international, 23.04.09) (as)
Mit Ebay für den Genom-Hype
Pünktlich zum Nationalen DNA-Feiertag, der in den USA an die „Entschlüsselung“ des menschlichen Genoms erinnern soll, hat das Biotech-Unternehmen Knome (ausgesprochen: „Gnoum“) auf der Internetkaufbörse Ebay die Sequenzierung eines Genoms zur Auktion eingestellt. Der Gewinner, so hieß es im Auktionsangebot, werde eine digitale Kopie seiner Genomsequenz auf einem speziellen transportablen Datenträger (GenomeKey™) erhalten und eingeladen, „zusammen“ mit den Wissenschaftlern von Knome das Sequenzierergebnis zu analysieren, auf Hochdeutsch: sich in Kaffeesatzleserei zu üben. Beteiligt an der Aktion ist auch die X Prize-Foundation - eine Stiftung, die sich neuerdings mit Preisgeldern für Innovationen im Bereich der Genomforschung stark macht (siehe die Nachricht „Preisgeld“). Die in Cambridge, Massachusetts angesiedelte Firma Knome wiederum ist eine Gründung des Direktors des Centers for Computational Genetics an der Harvard Medical School George Church und wirbt seit 2007 mit der Komplett-Sequenzierung von Genomen für Privatkunden. Diese müssen rund 100.000 US-Dollar für ein solches Angebot bezahlen. Church hatte bereits das „Personal Genome Project (PGP)” mit Unterstützung verschiedener Sponsoren, darunter Google, ins Leben gerufen. Das PGP setzt offensiv auf die Rekrutierung von Freiwilligen und strebt an, in den nächsten Jahren die Genomdaten von 100.000 Personen zu veröffentlichen (siehe auch GID-Spezial Nr. 8, S. 18-25). (New York Times, 23.04.09; www.knome.com, 26.05.09; www.genomics.xprize.org, 26.05.09) (as)
Google-Millionen für Biotech
Dass die Genomforschung für die Internetbranche immer stärker an Attraktivität gewinnt, zeigt das Beispiel von Google. Der Konzern, der ursprünglich als Suchmaschine startete, ist inzwischen zu einem Gemischtwarenladen expandiert, mit diversen Onlineangeboten, wie der Selbstmitteilungs-Plattform YouTube im Sortiment. Gemeinsam ist diesen Diensten, dass sie gigantische Maschinen zur Verwaltung und Zusammenführung von Informationen sind. Die Genomforschung und ihre Internet basierten Datenbanken sind indes Informationen, Bioinformationen, die noch nicht ihr Google-förmiges Format gefunden haben. Google scheint entschlossen dies zu ändern. Bekannt ist, dass die kommerzielle Analysefirma 23andMe eine Gründung aus dem Umfeld der Google-Betreiber ist. Die Vermarktung von individuellen Genominformationen wird hier getestet. Google unterstützt auch das (bislang) nicht kommerzielle „Personal Genome Project (PGP)”, das Genomdaten im Internet allgemein benutzbar machen will. Der Internet-Konzern hat nun außerdem einen eigenen Fonds ins Leben gerufen, um junge Zukunftsunternehmen zu unterstützen. Laut Medien werden im ersten Jahr 100 Millionen Dollar (75 Millionen Euro) bereitgestellt. Der Risikokapital-Fonds Google Ventures solle Start-up-Firmen in Branchen wie Internet, Software, Biotech und Gesundheit fördern. Es gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass die so herangezüchteten kreativen Ideen und Biotech-Internet-Projekte einmal das Portfolio des Konzerns ergänzen werden. (Ärzte Zeitung online, 01.04.09) (as)
Urteil: Werbesoftware in Praxen
Nach einem Urteil des Landgerichts München soll die kostenlose Abgabe von werbefinanzierten Arzneimitteldatenbanken an Ärzte rechtswidrig sein. Der Datenbank- und Softwareentwickler ePrax AG hatte gegen ein Konkurrenzunternehmen geklagt, das niedergelassenen Ärzten eine solche mit Bannern geschmückte Arzneimitteldatenbank unentgeltlich zur Verfügung stellt. Allerdings zeigten sich selbst Hersteller von Praxissoftware angesichts der Urteilsbegründung überrascht: Darin würde nämlich nicht etwa die unrechtmäßige Beeinflussung durch Werbung angeprangert; allein die kostenlose Vergabe der Software wurde untersagt. Dabei kritisiert der Pharmakologe Bruno Müller-Oerlinghausen, Mitglied der Arzneimittelkommission, schon seit Jahren die wachsende „Manipulation des Verordnungsverhaltens“ durch Praxissoftware (siehe GID 165, 41-42). Dabei werde nicht nur durch Werbung Einfluss genommen, sondern oftmals auch direkt bei Eingabe einer Indikation ein Medikament eines speziellen Herstellers vorgeschlagen. Bei der Entwicklung arbeiten Softwarefirmen und Pharmaunternehmen zusammen. (Ärzte Zeitung online, 20.04.09) (mf)
Epigenetik auf dem Vormarsch
Nach dem menschlichen Genom soll nun das „Epigenom“ vollständig analysiert werden: Die US-Gesundheitsbehörde NIH hat ein 190 Millionen Dollar teures, auf fünf Jahre angelegtes Programm zur Unterstützung epigenetischer Forschung aufgelegt. Das so genannte Epigenomprojekt soll systematisch diejenigen biochemischen „Schalter“ analysieren, die die Aktivität der DNA kontrollieren. Die Gesamtheit dieser Schalter, die selbst Teil der DNA sind, nennen Forscher das Epigenom. Das Projekt soll erklären, wie Unterschiede in der Expression der DNA zustande kommen, also der Frage nachgehen, warum sich die Muster aktiver Gene von Zelle zu Zelle sowie von Mensch zu Mensch unterscheiden. Das NIH-Projekt versteht sich zugleich als eine Strategie, die Entstehung von Krankheiten als Zusammenspiel von Umweltwirkung und Genetik zu erforschen. Neue, schnellere und kostengünstigere Sequenzier-Robotor machen dieses Projekt indes überhaupt möglich. Während die Epigenetik teilweise als eine Alternative zur Genomforschung gesehen wird, verstehen die Genomforscher die Epigenetik als logische Fortsetzung ihrer Forschungsagenda (siehe dazu auch GID-Spezial Nr. 8, S. 42ff.). (Frankfurter Rundschau online, 31.03.09) (as)
Unbegrenzt Blut aus embryonalen Stammzellen
Blut ist nicht nur lebenswichtig. Blut ist auch teuer. Längst ist das flüssige Organ zu einer Handelsware geworden, mit dem die Blutspendedienste, als Zwischenhändler zwischen Spendern und Kliniken, eine Menge Geld erwirtschaften. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beispielsweise verlangt für einen halben Liter etwa 123 Euro. Besonders begehrt und deshalb auch noch ein wenig teurer ist Blut der Blutgruppe Null Rhesus negativ. Es hat die Eigenschaft, von jedem Empfänger unabhängig von seiner tatsächlichen Blutgruppe vertragen zu werden. Um in Zukunft von Spendern unabhängig sein und die Nachfrage der Kunden zu jedem Zeitpunkt abdecken zu können, haben britische Forscher um Marc Turner, Professor an der Universität Edinburg und Direktor vom Scottish National Blood Transfusion Service, ein dreijähriges Versuchsprojekt angekündigt. Ziel ist es, Stammzellen von Embryonen, die nach In-vitro-Fertilisationen nicht in den Uterus der Mutter eingepflanzt werden, sich in rote Blutkörperchen entwickeln zu lassen. Da sich Stammzellen im Labor beliebig vervielfältigen lassen, sei es möglich, Blut der universal verträglichen Gruppe in unbegrenzter Menge herzustellen. Abschließend soll das ‚synthetische’ Produkt an Freiwilligen auf seine Verträglichkeit getestet werden. An dem Vorhaben ist auch die Stiftung Wellcome Trust beteiligt. Ideal sind embryonale Stammzellen als Blutquelle aber nicht, gibt Turner zu. Im Gegenteil. Da sie dazu neigen, sich ständig zu teilen, besteht die Gefahr der Tumorbildung beim Empfänger. Nur Blutzellen, die vollständig von Stammzellen befreit sind, dürfen transferiert werden. Die Reinigung ist aber nicht nur aufwendig. Sie ist auch teuer. (The Independent, 23.03.09; FAZ Online, 25.05.09; dradio Online, Forschung aktuell, 27.03.09) (tab)
Nabelschnurblut-Konservierung
Eine Umfrage unter 93 Transplantationsmedizinern in den USA und Kanada bescheinigt privaten Nabelschnurblutbanken nur einen sehr eingeschränkten Nutzen. Der Studie zufolge haben die befragten Ärzte, die zusammen rund 1.000 Stammzelltransplantationen bei Leukämie und anderen Krankheiten im Kindesalter durchgeführt haben, nur in 50 Fällen auf das in kommerziellen Kryobanken eingelagerte Nabelschnurblut zurückgreifen können. In 36 dieser Fällen soll der Transplantationsbedarf innerhalb der Familie bereits vor der Einlagerung bekannt gewesen sein. Nur in neun Fällen wurden die eingelagerten Stammzellen für die Therapie desjenigen Kindes benutzt, von dem sie stammten. Von privaten Stammzellbanken wird dieser seltene Fall jedoch offensiv - als Lebensversicherung für das Neugeborene - beworben. In der Praxis lässt sich diese Form der Transplantation eigener Zellen jedoch sehr selten realisieren, weil medizinische oder andere praktische Gründe dagegen sprechen. Unterdessen meldet das kommerzielle Unternehmen Vita 34, in Deutschland sei zum ersten Mal ein Kind mit dem bei der Firma eingelagerten Nabelschnurblut behandelt worden. Der Junge sei aufgrund eines Herzversagens ins Wachkoma gefallen, seit der Behandlung könne er wieder sitzen und habe keine Krämpfe mehr, meldete das Unternehmen. Der langfristige Erfolg sei jedoch abzuwarten. (Washington Post spezial, 15.04.09; Ärzte Zeitung online, 08.04.09) (mf)
Kaum Belege für Präventionsmodelle
Im Bereich der Gesundheitsprävention gibt es bislang kaum Effektivitätsnachweise. Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler des Kölner Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie (IGKE). Sie hatten 106 Präventionsmaßnahmen im Bereich Ernährung an Schulen, Raucherentwöhnung und Depressionen aus 13 Ländern untersucht. Nur bei sechs von diesen Maßnahmen konnten die Wissenschaftler die Effektivität nachweisen. Die restlichen hingegen waren nie evaluiert worden. „Häufig wurde schon der Aufbau guter Strukturen als Erfolg genommen“, so IGKE-Leiter Markus Lüngen. Ursprüngliches Ziel der Studie war es, eine Best Practice internationaler Ansätze zu erstellen und die Übertragbarkeit auf Deutschland zu überprüfen. In das geplante Präventionsgesetz der Regierung sollte daher eine Klausel über die Befristung und die Evaluation von Maßnahmen aufgenommen werden, fordert Lüngen. (Ärzte Zeitung online, 23.04.09) (mf)
Schon wieder Menschen geklont
Nachdem im Dezember 2008 und zuletzt im vergangenen März zwei chinesische Forschungsgruppen behauptet hatten, menschliche Klone erzeugt zu haben, ist im April der bereits aus der Klondebatte zu Beginn des Jahrtausends vertraute Panayiotis Zavos wieder auf den Plan getreten. Via Artikel in einer britischen Tageszeitung behauptet der Reproduktionsmediziner, elf von vierzehn menschlichen Klonen auf vier Frauen übertragen zu haben. Wie noch bei jeder dieser medialen Inszenierungen ist zwar keine Schwangerschaft entstanden, aber wie immer wird behauptet, das sei nur eine Frage der Zeit. „Darüber gibt es keinen Zweifel“, so Zavos in gewohnter Verkündigungspose, „auch wenn ich möglicherweise nicht derjenige bin, der es tut: Das geklonte Kind wird kommen“. (The Independent, 22.04.09) (uw)