"Mein Acker bleibt gentechnikfrei"

Das Evangelische Bauernwerk in Württemberg setzt sich seit 15 Jahren gegen die Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft ein, zuletzt im Rahmen einer Demonstration am 12. März. Anlass war eine geplante Freisetzung des Gentechnik-Konzerns Monsanto.

Mehr als 500 Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich an der Demonstration am 12. März 2006 gegen ein Versuchsfeld in Leingarten (Baden-Württemberg). Mit Plakaten, Transparenten, geschminkten Gesichtern und geschmückten Traktoren machte man gemeinsam auf das Anliegen aufmerksam: Keine Gen-Versuche auf dem Maisacker im Gewann "Annungsgrund" in der Gemeinde Leingarten.

Demo gegen Freisetzung

Unter dem Motto "Ja, wir bleiben sauber" hatte ein regionales Aktionsbündnis, unter anderem Öko- und konventionelle Landwirte, Imker, Obstanbauer, Naturfreunde, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und das Evangelische Bauernwerk in Württemberg dazu aufgefordert, den Unmut über den Monsanto-Antrag öffentlich zu machen. Der weltweit größte Gentech-Konzern plant, in Leingarten gentechnisch veränderten Mais freizusetzen, der sowohl gegen das Herbizid Roundup resistent ist, als auch das Insektengift des Bacillus thuringiensis produziert.(1) Inzwischen gibt es 700 förmliche Einwendungen und über 2.000 Unterschriften gegen dieses Projekt. Umweltgruppen sehen eine massive Gefährdung des 400 Meter entfernten FFH-Gebiets.(2) "Monsanto macht sich breit, ohne Rücksicht darauf was rechts und links an den Versuchsacker angrenzt", so Gottfried May-Stürmer vom BUND Heilbronn. Die Vorsitzende des Evangelischen Bauernwerks, Ulrike Siegel, machte deutlich: "Unsere Lebensmittel sind hochwertig, dazu brauchen wir keine Gentechnik. Als Christen müssen wir uns fragen: Dürfen wir alles, was wir können?"

Bauernwerk für nachhaltige Landwirtschaft

Seit mittlerweile fünfzehn Jahren befasst sich das Evangelische Bauernwerk auch mit der Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung. Das Bauernwerk verfolgt das Ziel, die Öffentlichkeit für eine schöpfungsbewahrende Landwirtschaft sowie den Erhalt bäuerlicher Familienbetriebe zu gewinnen. Der Ausdehnung der Agro-Gentechnik sieht die kirchliche Organisation mit großer Sorge entgegen, da es sich hierbei um massive Eingriffe in die Schöpfung handelt, die den Leitlinien einer nachhaltigen Landwirtschaft widersprechen. Vielfältig sind die Fragen, die aus der Diskussion um Chancen und Risiken der grünen Gentechnik entstehen. Viele Fragen bleiben offen. Eine breite Technikfolgenabschätzung - nicht nur hinsichtlich gesundheitlicher und ökologischer, sondern auch sozio-ökonomischer, politischer sowie agrar-, markt- und verbraucherpolitischer Gesichtspunkte - findet nicht statt. Die Mehrheit der Bevölkerung, die diese Produkte an- und verwenden soll, hat keine wirkliche Entscheidungsmöglichkeit über den Einsatz der Agro-Gentechnik, seien dies nun die Landwirte oder die Verbraucher.

Gentechnikfreier Acker

Die jüngste Kampagne des Bauernwerks zur Agro-Gentechnik hat im Frühjahr 2004 begonnen. Mit einer groß angelegten Schilderkampagne unter dem Motto "Mein Acker bleibt gentechnikfrei" wurden Landwirte dazu ermuntert, ein eigenes Zeichen gegen die Agro-Gentechnik zu setzen. Die zirka 40 mal 60 Zentimeter großen Schilder stehen seither gut sichtbar auf vielen Äckern innerhalb des landeskirchlichen Areals, um von Seiten der landwirtschaftlichen Praxis die Bedenken gegen die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen zu bekunden.

Stadt-Land-Partnerschaft

Im Herbst 2004 nahm ergänzend die Stadt-Land-Partnerschaft im Evangelischen Bauernwerk - eine Initiative zur Verständigung von landwirtschaftlichen Erzeugern und städtischen Verbrauchern - das Thema auf und startete gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, den Landfrauen Württemberg-Baden und dem Katholischen Landvolk eine groß angelegte Unterschriftenaktion, um der Landesregierung die ablehnende Haltung vieler Verbraucher gegen die Grüne Gentechnik kundzutun. Mehr als 40.000 VerbraucherInnen erteilten mit ihrer Unterschrift ihr klares "Nein" zu gentechnisch veränderten Lebensmitteln und dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in ihrem "Ländle". Das Evangelische Bauernwerk setzt sich gemeinsam mit den genannten Partnerorganisationen für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Baden-Württemberg ein. Es zählt zu den 27 Mitgliedern im "Aktionsbündnis gentechnikfreie Landwirtschaft in Baden-Württemberg". Weiterhin engagiert sich das Werk in zwei regionalen Bündnissen: In Hohenlohe und im Raum Heilbronn. Letzeres hat sich nach dem Bekanntwerden des Leingartener Freisetzungsantrages gegründet, um die Bevölkerung im Großraum Heilbronn über die Folgen eines Freisetzungsversuches im Speziellen und der Agro-Gentechnik im Allgemeinen zu informieren. Dessen Aktionen wurden von der Bevölkerung gut angenommen. Die Medien haben breit berichtet.

Bauernwerk setzt weiter auf Dialog

Das Evangelische Bauernwerk in Württemberg setzt auch weiterhin auf einen Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern und weist auf bestehende Probleme der Gentechnik hin: Nicht geregelte beziehungsweise nicht durchführbare Koexistenz von herkömmlichem und genverändertem Anbau in der kleinstrukturierten Landwirtschaft von Baden-Württemberg. Zentral ist zudem die Forderung nach einer Haftungsregelung nach dem Verursacherprinzip.

Fußnoten

  1. Zu dem Monsanto-Mais 1507 siehe auch unter Kurz notiert, Landwirtschaft und Lebensmittel in diesem Heft.
  2. FFH-Gebiet: Schutzgebiet nach europäischer Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat).
Erschienen in
GID-Ausgabe
175
vom April 2006
Seite 29 - 30

Oliver Scherer ist Gentechnikexperte und Bildungsreferent beim Evangelischen Bauernwerk in Württemberg e.V.

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"Im Märzen der Bauer ..."

... unter diesem Motto hatte das Projekt Gentechnikfreie Regionen in Deutschland aufgerufen, die Zeit vor der Aussaat noch für regionalen Protest gegen die kommerzielle und versuchsweise Freisetzung von gentechnisch veränderten (gv) Nutzpflanzen in Deutschland zu nutzen. 5.000 Menschen haben sich in allen Teilen Deutschlands an Aktionen und Demonstrationen beteiligt, haben Marktstände mit Infomaterial beschickt und so ihre klare Ablehnung gegenüber der Gentechnik gezeigt. Bezeichnenderweise fand die Demonstration in Ingolstadt, dem Heimatwahlkreis von Bundesernährungsminister Horst Seehofer, den stärksten Zulauf - dort kamen über 1.000 Personen mit etwa 80 Traktoren und Schleppern zusammen, um gegen den Anbau gentechnisch veränderter Sorten zu protestieren. Das - Seehofers Ministerium unterstehende - Bundessortenamt hatte erst im Dezember und im Februar gv-Maislinien in die deutsche Saatgutliste eingetragen, was nach Ansicht vieler Kritikerinnen und Kritiker ein unverantwortlicher Akt und eine überflüssige Unterstützung der Agro-Gentechnik war. Eine weitere Demonstrationen fand in Eberswalde vor den Türen des Saatguthändlers Märka (Märkische Kraftfutter GmbH) statt, dem Aufruf des berlin-brandenburgischen Aktionsbündnis folgten etwa 200 Personen. Die Märka hatte im Winter wiederholt bei den Landwirten in Brandenburg für den Einsatz von GVO geworben. Zudem gibt es in diesem Jahr, wie schon 2005, eine Abnahmegarantie für die Gentech-Bauern und ihre Nachbarn. Märka versucht dies zusammen mit Monsanto als Koexistenzmaßnahme zu verkaufen. In anderen Städten, so etwa in Bremen, Hamburg, Merseburg und Wolfsburg wurde an Marktständen informiert. Der Deutsche Bauernverband hat mit einem nur als peinlich zu wertenden Rundschreiben versucht, seinen Mitgliedern nahezulegen, nicht an den Protesten teilzunehmen. Das interne Schreiben, gezeichnet von Generalsekretär Dr. Helmut Born und Mitarbeiter Dr. Jens Rademacher, liegt der GID-Redaktion vor. Es heißt dort: "Vor dem Hintergrund der aktuell geltenden Seuchensituation (Vogelgrippe) sollte jeder Landwirt dafür Sorge tragen, dass betriebsfremden Personen kein Zutritt auf das Betriebs- und Hofgelände gestattet wird. Mit diesem Argument läßt sich womöglich der eine oder andere Demonstrant abschrecken. Den mitdemonstrierenden Landwirten sollte bewusst sein, dass Verbände wie Greenpeace, BUND oder NABU bei der kleinsten Verfehlung in Bezug auf Pflanzenschutz oder Einsatz von Düngemitteln sofort auch wieder gegen sie demonstrieren werden." (pau)

Evangelisches Bauernwerk in Württemberg e. V.

Das Evangelische Bauernwerk in Württemberg wurde 1948 von Bauernfamilien für Bauernfamilien gegründet. Mit mehr als 1.000 landwirtschaftlichen Mitgliedsbetrieben hat sich das Bauernwerk als landeskirchliche Organisation auch weit über die Grenzen Württembergs hinaus einen Bekanntheitsgrad erworben. Von Beginn an stand die evangelische Bildungsarbeit im Mittelpunkt, um den Menschen auf dem Lande christliche Orientierung und diakonische Unterstützungsleistungen zu geben. Es hat seinen Sitz im hohenlohischen Hohebuch. (Oliver Scherer)