Editorial

Zurückrudern

Man traut sich kaum mehr, davon anzufangen. Die große Koalition hat die Novellierung des Gentechnikgesetzes scheinbar doch auf die lange Bank geschoben ... heißt es ... Genaueres weiß man nicht. Nach einem Jahr im Amt kann sich Landwirtschaftsminister Horst Seehofer nicht so recht durchringen, das Gesetz in seiner überarbeiteten Variante auf den Weg zu bringen. Vor etwa einem Jahr hatte sich die Große Koalition auf eine neue Politik verständigt, die Schluss machen sollte mit der rot-grünen Agrarwende. In einem fast schon legendären Interview in der Berliner Zeitung sagte Seehofer im Dezember des vergangenen Jahres: "Wir wollen die Gentechnik befördern. Sie wird ja auch weltweit immer stärker angewendet. Das muss auch in Deutschland möglich sein." Das ist Geschichte. Neue Forschungsergebnisse und Gegenwind - nicht zuletzt aus seiner Heimat im bayerischen Ingolstadt - zeigen in eine andere Richtung und der Minister übt sich in der Disziplin des Zurückruderns. Aktuell heißt das wohl auch, dass ForscherInnen nicht wie sie wollen, nicht zugelassene transgene Sorten freisetzen können, ohne auf eventuelle Auskreuzungen achten zu müssen. Gut so! Der transgene Reis, der im Moment an vielen Stellen gefunden wird, wo er nicht gefunden werden sollte, zeigt die Notwendigkeit strengster Kontrollen. Der Fall mausert sich langsam zu der größten Kontamination von Lebensmitteln mit transgenem Material, die jemals stattgefunden hat. Und ein Ende ist derzeit noch nicht in Sicht. Dazu mehr in diesem Heft. Man traut sich kaum, diesen Begriff in den Mund zu nehmen (in die Tasten zu hämmern): Koexistenz. Nichtsdestotrotz fällt er in diesem Heft nicht selten. Wir hoffen aber, trotz seiner Verwendung, den Proponenten der Agro-Gentechnik nicht auf den Leim gegangen zu sein. In diesem Sinne...
Die GID-Redaktion

Erschienen in
GID-Ausgabe
178
vom Oktober 2006
Seite 2

GID-Redaktion

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