Kurz notiert: Mensch und Medizin

Ethik-Komitee des Bundestags

Rund 70 SPD-Abgeordnete wollen nach Angaben des Grünen Parteipolitikers Reinhard Loske ihre Unterstützung eines fraktionsübergreifenden Gruppenantrags für ein Ethikkomitee des Bundestags wieder zurückziehen. Laut Loske ist das angespannte Klima in der großen Koalition und der Druck der SPD-Führung für diesen Rückzieher verantwortlich. Der SPD-Abgeordnete und Mitinitiator des Antrags, René Röspel, gab dagegen an, die Entscheidung sei noch nicht abschließend gefallen. Allerdings deutete er an, dass die Union auf ein gemeinsames Vorgehen in Sachen Ethikberatung dränge. Die Union favorisiert mehrheitlich die Einsetzung eines "Deutschen Ethikrats", der ab kommendem Jahr den noch von Altkanzler Gerhard Schröder einberufenen "Nationalen Ethikrat" ersetzen soll. Die Initiatoren des Antrags kritisieren an diesem von Bundesforschungsminis-terin Annette Schavan (CDU) vorgestellten Modell, dass darin keine Abgeordneten vertreten sein sollen. Sie fordern, statt dessen ein ständiges Ethikkomitee des Bundestages einzurichten, dass sich künftig mit bioethischen Fragen befassen soll. In die gleiche Richtung zielt ein Aufruf der Tübinger Initiative gegen die Bioethikkonvention, der Anfang dieses Jahres von mehreren Verbänden, darunter dem Gen-ethischen Netzwerk unterzeichnet wurde (siehe GID 174). (dpa, 26.09.06; Ärzte Zeitung, 28.09.06) (mf)

Tumor nach TGN412

Fünf Monate nachdem sechs Probanden bei einem Medikamententest in Großbritannien schwere gesundheitliche Schäden erlitten hatten, ist mindestens einer der Testpersonen an Krebs erkrankt. Laut Zeitungsberichten fand der Immunologe Richard Powell einen Lymphknotentumor bei einem 35- jährigen Exprobanden. Powell geht davon aus, dass auch weitere der Versuchsteilnehmer an Krebs oder einer Autoimmunkrankheit erkranken werden. Den zum damaligen Zeitpunkt gesunden Männern war der neue genetisch hergestellter Antikörper TGN412 verabreicht worden. In Großbritannien wie auch in Deutschland war dieser Wirkstoff von den zuständigen Behörden für eine klinische Studie der Phase eins – die erste Verabreichung an Menschen zugelassen worden. Wieder Erwarten erlitten die Probanden wenige Stunden, nachdem sie das Medikament erhalten hatten, einen Schock des Immunsystems und schwebten mehrere Tage in Lebensgefahr (siehe ausführlichen Bericht in GID 175). Inzwischen sind alle Testpersonen entlassen. Nichtsdestotrotz lebt die Debatte über die Konsequenzen fort. Offensichtlich haben die Aufsichtsbehörden dem Hersteller des Wirkstoffs, der Würzburger Firma Tegenero, keine Versäumnisse vorzuwerfen. Dagegen wird vermutet, dass sich die Erfahrungen aus den Tierversuchen, die keine Nebenwirkungen erkennen ließen, nicht auf den Menschen übertragen lassen. Die Anwälte der ehemaligen Testpersonen wollen nun insgesamt 36 Millionen Euro Schadensersatz fordern. Die Firma Tegenero hat Anfang Juli Insolvenz angemeldet. (Frankfurter Rundschau, 07.08.06; Ärzteblatt, 07.08.06) (mf)

Geschlechtsselektion

In den USA bietet fast die Hälfte aller Fruchtbarkeitskliniken, die bei künstlichen Befruchtungen eine Präimplantationsdiagnostik (PID) durchführen, auch die Möglichkeit der Geschlechtsselektion an. Dies ergab eine Umfrage, die von der Fachzeitschrift Fertility and Sterility im Internet veröffentlicht wurde und demnächst auch gedruckt erscheinen wird. Die Studie wurde von Susanna Baruch, Rechtsanwältin an der John Hopkins University in Washington D.C., in Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin erarbeitet. Ausgewertet wurden die Angaben von 190 Reproduktionskliniken. Danach wird die PID in den USA mittlerweile bei jedem 20. Versuch einer künstlichen Befruchtung angewandt. In zwei Dritteln dieser Fälle wird dabei auf die Identifizierung chromosomaler Abweichungen abgezielt, in der Annahme, dass diese den Erfolg der künstlichen Befruchtung beeinträchtigen könnten. Zwölf Prozent der PIDs wurde zum Ausschluss bestimmter genetischer Erkrankungen durchgeführt. Drei Prozent dienten dem Ausschluss von Embryonen mit einer Disposition für bestimmte geschlechtsgebundene Erkrankungen. Unabhängig davon gaben aber 42 Prozent der Kliniken an, eine PID auch aus nicht-medizinischen Grünen, lediglich zur Auswahl des Geschlechts des Kindes durchzuführen. Dabei greifen sie auf eine Methode zurück, die nicht nur ethisch umstritten ist, sondern sowohl für die Frau, als auch für das heranwachsende Kind gesundheitliche Risiken birgt. (Associated Press, 20.09.06; www.washingtonpost.com, 21.09.06) (mf)

Neue Diskussion um EschG

Einen neuen Anlauf zur Liberalisierung des Embryonenschutzgesetzes (EschG) haben Frauenärzte und Reproduktionsmediziner unternommen: Sie fordern die Jus-tizminister der Länder zu einer "angepassten Auslegung" des Gesetzes auf. Erklärtes Ziel ist die Vermeidung von risikoreichen Mehrlingsschwangerschaften, die bei der künstlichen Befruchtung häufig sind. Das EschG könne, so argumentierten Reproduktionsmediziner auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), nach einem extra erstellten Rechtsgutachten so interpretiert werden, dass zunächst nur ein bis zwei Embryonen übertragen und die restlichen Embryonen für spätere Befruchtungszyklen eingefroren würden. Auf diese Weise könnten die Embryonen vor der Übertragung in den Mutterlaib unter dem Mikroskop beurteilt und nur derjenige übertragen werden, der von seinem Entwicklungspotential her den größten Erfolg verspricht. Laut Embryonenschutzgesetz ist es verboten, Embryonen für andere Zwecke als der Herbeiführung einer Schwangerschaft zu erzeugen oder gezielt Embryonen auszuwählen. (Ärzte Zeitung, 21.09.06) (mf)

USA: Kontrolle multipler Gentests

Die US-amerikanische Medikamentenzulassungsbehörde FDA will Diagnostika, die für die Anpassung individueller Behandlungsmethoden herangezogen werden sollen, künftig stärker kontrollieren. Ein entsprechender Richtlinienentwurf, der auf der Webseite der FDA veröffentlicht ist, betrifft vor allem Testkits, die mehrere Gen- oder Proteinaktivitäten gleichzeitig testen und diese Informationen dann mit einem speziell entwickelten Algorithmus oder einer speziellen Software auswerten. Algorithmen und Software sind dann aber meist eigentumsrechtlich von den Herstellern geschützt. Die Anwender, zum Beispiel Mediziner, können daher die Interpretation der Testergebnisse schwer nachvollziehen. Deshalb, so das FDA, müsse die Qualität solcher Diagnostika bei der Zulassung stärker kontrolliert werden. Dies gelte auch für solche Tests, die in demselben Labor verwendet werden, in dem sie auch entwickelt wurden. Bislang unterliegen nur Tests, die an Labore, Kliniken und nieder- gelassene Ärzte verkauft und dort häufig eingesetzt werden. (New York Times, 06.09.06; www.fda.gov/cdrh/oivd/guidance/1610.html) (mf)

Europas "Genpoole"

Ein internationales Forschungsteam hat bei einem Vergleich des Erbgutes von über 900 europäischen Freiwilligen, die in Europa lebten oder deren Vorfahren aus Europa ausgewandert sind, zwei verschiedene Typen von Genprofilen entdeckt. Dabei wurden die so genannten SNPs der Probanden analysiert, punktuelle Veränderungen der DNA, die sehr häufig auftreten und im Allgemeinen keine bekannte gesundheitliche Relevanz haben. Wie Studienleiter Michael Sedin von der Universität Kalifornien, USA, berichtet, wiesen Personen, deren Vorfahren aus den Mittelmeerländern stammten, häufig dieselben SNP-Muster auf. Auch bei Testteilnehmern deren Ahnen aus West-, Mittel-, Nord- oder Osteuropa kamen, ähnelten sich die SNPs nach Angaben der Forscher stark. Zwar hatten bereits frühere Studien gezeigt, dass es einen statistischen Zusammenhang zwischen den SNPs auf der DNA und der Herkunft von Menschen gibt, dabei wurden jedoch nur vier Gruppen unterschieden: die asiatische, die afrikanisch-ozeanische, die amerikanische und die kontinentaleuropäische. Die Untergliederung dieser Gruppen in weitere Untergruppen ist also neu. Wissenschaftler glauben, dass durch diese Entdeckung Völkerwanderungen der Vergangenheit nachvollzogen werden könnten. Zudem wollen sie herausfinden, ob bestimmte SNP-Profile in Zusammenhang mit einer Krankheit stehen oder nicht. Die Studie ist veröffentlicht in der US-amerikanischen Fachzeitschrift PLoS Genetics. (www.wissenschaft.de, 19.09.06) (ama)

Gendefekt bei SIDS

Für den plötzlichen Kindstod (SIDS) könnte der Defekt eines Gens für die Lungenreife verantwortlich sein. Der britische Forscher David Drucker von der Universität Manchester und seine Kollegen fanden bei 25 an SIDS gestorbenen Säuglingen Abweichungen an einem solchen Gen. Außerdem war bei den Babies auch ein Gen, das bei Entzündungen aktiv wird, verändert. Allerdings wird der plötzliche Kindstod nach Ansicht der Forscher durch die genetische Konstitution zwar begünstigt, aber letztendlich durch äußere Faktoren ausgelöst. (Ärzte Zeitung, 25.08.06) (mf)

Zahl genetisch bedingter Krankheiten

17.000 genetisch bedingte Erkrankungen sind inzwischen in der zentralen Datenbank Online Mendelian Inheritance in Man verzeichnet, die seit 1966 die bekannten Gene des Menschen und die damit in Zusammenhang gebrachten genetischen Krankheiten registriert. Dies teilt das Nationale Netzwerk seltener Krankheiten mit. 1967 waren es nur 1700 registrierte genetische Erkrankungen. Allerdings handelt es bei den "Newcomern" größtenteils nicht tatsächlich um neue Krankheiten – alte Krankheitsbilder werden vielmehr durch die genetische Forschung neu differenziert. Dadurch soll die Datenbank derzeit aber täglich um zwei bis drei Neueinträge wachsen. (Ärzte Zeitung, 25.08.06) (mf)

Mehr Probleme bei Herceptin

Das Brustkrebsmedikament Herceptin führt offenbar doch häufiger zu einer Schwächung des Herzens als gedacht. Laut einer Studie, die von Francisco Esteva, Universität Textas, durchgeführt und im Journal of Clinical Oncology publiziert wurde, erlitten 28 Prozent der Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs, die mit Herceptin behandelt wurden, mindestens einmal eine Herzfunktionsstörung. Eine Patientin starb an den Folgen dieser Nebenwirkungen, bei den übrigen erholte sich das Herz, nachdem sie entsprechende Herzmedikamente eingenommen hatten. Nach einer Erholungsphase konnte bei den Patientinnen die Behandlung mit Herceptin wieder aufgenommen werden. Bei der Studie handelt es sich um die erste Untersuchung, die nach der Marktzulassung des Herzmedikaments durchgeführt worden war. Untersucht wurden 173 Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs, nachdem sie zweieinhalb Jahre lang mit Herceptin behandelt worden waren. Bei den klinischen Zulassungsstudien war noch ein geringeres Risiko für Herzfunktionsstörungen (10-16 Prozent) festgestellt worden, das außerdem stark von der Kombination des Mittels mit anderen Medikamenten abhängig war. Bereits im letzten Jahr hatte die Medikamentenzulassungsbehörde FDA gewarnt, Herceptin könne zu einer Verstopfung der Herzkanäle oder zu einer Störung der Herzkammern führen. Nach Ansicht von Studienleiter Esteva kann Herceptin dennoch verabreicht werden, solange potentielle Nebenwirkungen in Griff zu bekommen sind. Vor der Behandlung sollte aber ein Belastungstest durchgeführt werden. Dem Medikament wird eine lebensverlängernde Wirkung bei Frauen mit einer sehr seltenen, aber sehr aggressiven Form von Brustkrebs zugeschrieben. Herceptin ist der Handelsname für den gentechnisch hergestellten (monoklonalen) Antikörper Trastuzumab, der 1998 in den USA und 2000 in der Europäischen Union für Patientinnen mit einer bestimmten, sehr aggressiven Form von Brustkrebs zugelassen wurde. Er richtet sich gegen einen Wachstumsrezeptor auf der Oberfläche von Krebszellen, der bei etwa jeder vierten Brustkrebspatientin aufzufinden ist. (Guardian, 15.08.06; GID) (mf)

Gentherapie gegen Hautkrebs

In einem ersten klinischen Testversuch sollen zwei von 17 Patienten mit Hautkrebs im finalen Stadium durch die Behandlung mit gentechnisch veränderten Immunzellen geheilt worden sein. Während die übrigen der Testpersonen inzwischen an den Folgen ihrer Krankheit verstorben sind, sollen sie auch 18 Monate nach dem Versuch noch symptomfrei sein. Steven Rosenberg, Leiter der Chirurgieabteilung des US National Cancer Institutes in Bethesda, Maryland berichtet in Science von dem gentherapeutischen Experiment an den Patienten, denen allen eine Überlebensdauer von höchstens drei Monaten vorhergesagt worden war. Danach wurde zunächst ein chemischer Marker der Krebszellen identifiziert. Wenn das Immunsys-tem diesen erkennt bilden Immunzellen bestimmte Rezeptorproteine aus, welche die Krebszellen zerstören sollen. Die Forscher präparierten daraufhin einen Retrovirus mit demjenigen Gen, das die notwendigen Rezeptorproteine codiert. Danach schleusten sie den Trägervirus samt Gen in Immunzellen ein, die sie den Testpersonen zuvor entnommen hatten. Die Zellen begannen, die gewünschten Rezeptorproteine herzustellen. Anschließend spritzten sie die veränderten Zellen den Patienten. Bei zwei der behandelten Personen schlug diese Methode offensichtlich in positivem Sinne an. Bereits in früheren gentherapeutischen Versuchen, so bei Experimenten an immunkranken Kindern in Frankreich, hatte es in Einzelfällen eine positive Entwicklung bei einem kleinen Teil der Behandelten gegeben. Dies hatte zu Erfolgsmeldungen geführt, die aber durch die Meldung von Spätfolgen – mehrere der behandelten Kinder entwickelten später eine Form von Leukämie – wieder stark in Zweifel gezogen worden waren. (Science, 6.10.06) (mf)

Klonen ohne Stammzellen?

Aus reifen Zellen lassen sich Tiere vielleicht besser klonen als aus Stammzellen. Sollten sich die Klonerfolge, die US-amerikanische Forscher mit weißen Blutkörperchen von Mäusen erzielten, wiederholen lassen, würde dies die Hypothese über den Haufen werfen, nach der das Klonen eigentlich nur mit embryonalen oder möglicht wenig ausdifferenzierten adulten Stammzellen möglich ist. In Nature Genetics Online berichten die Forscher Tao Cheng von der Universität Pittsburgh und Jerry Yang von der Universität von Connecticut, beide USA, von Klonversuchen mit Mäusen, bei denen sie drei verschiedene Zelltypen verwendeten: die erste Gruppe bildeten wenig ausdifferenzierte adulte Stammzellen aus dem Blut der Mäuse, die zweite Gruppe stärker ausdifferenzierte Stammzellen, die sich nur noch in wenige Blutzelltypen ausdifferenzieren konnten. Bei der dritten Gruppe handelte es sich um ausgebildete weiße Blutkörperchen (Granulozyten). Überraschenderweise stellten die Wissenschaftler fest, dass sich bei den Klonversuchen mit Granulozyten in mehr als einem Drittel der fast 1400 Klonversuche Blastozysten bildeten. Im Vergleich dazu entstanden aus den weniger ausdifferenzierten Blutzellen nur in elf Prozent der Fälle Embryos, bei den am wenigsten entwickelten Stammzellen waren es sogar weniger als acht Prozent. Bisher war angenommen worden, dass wenig ausdifferenzierte Stammzellen ein größeres Entwicklungspotential haben und daher für das Klonen besser geeignet sind. (Ärzte Zeitung, 06.10.06; Nature Genetics online, 1.10.06) (mf)

"Saubere Stammzellen"

Regelmäßig scheitern Vorstöße für eine Liberalisierung der Forschung an humanen embryonalen Stammzellen in Deutschland und in weiteren Ländern an moralischen Bedenken. Und in etwa derselben Regelmäßigkeit melden Stammzellforscher, sie hätten nun neue Methoden erfunden, mit denen es möglich sei, diese moralischen Bedenken zu zerstreuen. Erst im August machte Nature mit einer Sensationsmeldung auf, die besagte, US-amerikanischen Forschern sei es gelungen, ES-Zellen herzustellen, ohne die verwendeten Embryonen zu zerstören. Nach kritischen Nachfragen musste das Fachmagazin diese Mitteilung widerrufen. (siehe Artikel von Anna Leuschner in diesem Heft). Nur unwesentlich später warteten Wissenschaftler um den durch seine Arbeiten im britischen Newcastle bekannt gewordenen Mirodrag Stojkovic mit einem neuen "Goldweg" der Stammzellgewinnung auf: Am Prince Felipe Untersuchungszentrum im spanischen Valencia, dem heutigen Arbeitsplatz von Stojkovic, wollen sie ES-Zellen aus – wie sie meinen - "leblosen" menschlichen Blastozysten (frühen Embryonen) gewonnen haben. Die Beschreibung "leblos" rührt daher, dass es sich um Embryonen handelte, die bereits vor der Entnahme von Zellen ihre Zellteilung eingestellt "und damit nicht als Leben bezeichnet werden" könnten. Zwar konnten die Forscher aus Embryonen, die bereits im frühen Stadium ihre Entwicklung eingestellt hatten (bis zum Zehn-Zell-Stadium) keine Stammzellen gewinnen. Anders sah es aber bei den später arretierten Stammzellen, im 16-24-Zellstadium aus. Aus 13 dieser Blastozyten konnten die Forscher ihrem Bericht in der Zeitschrift Stemcells zufolge eine Stammzelllinie gewinnen. Insgesamt hatten die Forscher 161 Embryonen untersucht, die sie aus IVF-Kliniken erhalten hatten. An dem Forschungsprojekt waren auch Forscher der britischen Universität Durham und der serbischen Firma Sintocell beteiligt. Unklar ist, in wieweit sich aus arretierten Embryonen gewonnenen Stammzellen tatsächlich für alle Forschungszwecke eignen würden: denn für den Entwicklungsstillstand sind meist chromosomale Verteilungsfehler verantwortlich. Für ihre Forschung wählten Stojkovics Kollegen nur solche Embryonen mit normaler Chromosomenverteilung aus. Außerdem ist aber äußerst fraglich, ob dieser neue Ansatz, das Ethikproblem lösen wird: Denn ob die Embryonen "tot sein", und wenn ja, ob sie dann für die Forschung verwendet werden sollten, darüber lässt sich streiten. Zumindest der Stoffwechsel der Embryonen sei noch aktiv gewesen, meint beispielsweise der Stammzellforscher Stephen Minger vom Londoner King’s College, der eigentlich selbst keine ethischen Bedenken in der ES-Zellforschung sieht. Rein technisch betrachtet, hätten die Zellen also noch gelebt. (newscientist.com, 25.09.06; Originalartikel unter www.stemcells.alphamedpress.org/cgi/reprint/2006-…) (mf)

Start für UK Biobank

Nach einer dreimonatigen Pilotphase soll die seit Jahren angekündigte und immer wieder verschobene Sammlung von Blut- und Urinproben für "das größte medizinische Experiment" beginnen: die UK-Biobank. Eine halbe Million Briten und Bri-tinnen zwischen 40 und 69 Jahren sollen ihre Erbsubstanz und persönliche Informationen für die Erforschung der genetischen Ursachen vor allem von weit verbreiteten Krankheiten zur Verfügung stellen. Dabei soll die Gesundheit der Probanden über 30 Jahre hinweg dokumentiert werden. Experten bemängeln vor allem das Studiendesign des rund 90 Millionen Euro teuren Projekts, das unter anderem von der britischen Regierung finanziert wird. Die Datenbank wird nicht frei zugänglich sein, Pharmaunternehmen sollen jedoch die Möglichkeit zur Nutzung der Ergebnisse bekommen. (spiegel online, 22.08.06; thescientist.com, 19.09.06; www.ukbiobank.ac.uk) (mf)

Erschienen in
GID-Ausgabe
178
vom Oktober 2006
Seite 43 - 45

GID-Redaktion

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