Kurz notiert: Landwirtschaft und Lebensmittel
Mon863 - gesundheitlich unbedenklich?
Nach Berichten der französischen Tageszeitung Le Monde äußerten die Mitglieder der französischen Kommission für Biomolekulare Forschung (CBG) Zweifel an der gesundheitliche Unbedenklichkeit der gentechnisch veränderten Maissorte Mon863. In den Antragsunterlagen von Monsanto, das die Zulassung des Maises für die kommerzielle Nutzung beantragte, finden sich verschiedene Hinweise auf Wirkungen, die bei 90 Tage währenden Fütterungsstudien zu beobachten gewesen waren. Macht der Anteil des Bt-Maises ein Drittel des Futters aus, zeigte sich bei den männlichen Ratten eine Erhöhung der Anzahl der weißen Blutkörperchen. Außerdem waren ihre Nieren häufiger verkleinert als bei einer Kontrollgruppe und bei einigen der Nager konnten mikroskopisch sichtbare Veränderungen an den Nierenkanälchen gefunden werden. Bei weiblichen Versuchstieren konnte eine statistische Abnahme der so genannten Retikulozyten gefunden werden, diese sind die Vorläufer der roten Blutkörperchen. Darüber hinaus zeigten Weibchen, die mit dem gentechnisch veränderten Mais gefüttert worden waren, eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels. Trotz dieser Auffälligkeiten erklärte das zuständige Gremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (das so genannte GMO-Panel der EFSA), der gentechnisch veränderte Mais der Firma Monsanto werde im Rahmen der beantragten Nutzung keine negativen Wirkungen auf die Gesundheit von Menschen oder Tieren sowie die Umwelt haben. Die Original-Daten der Untersuchung sind bisher nicht veröffentlicht, Monsanto habe sie zwar der EFSA zur Verfügung gestellt, eine entsprechende Anfrage der deutschen Behörden bisher aber abgelehnt. Der Leiter der CBG, Gérard Pascal, hält die Versuchsergebnisse von Mon863 für bedenklich: "Was mich bei dieser Studie erstaunt, ist die Anzahl der Anomalien. Es sind zu viele Dinge, bei denen es signifikante Abweichungen gibt. So etwas habe ich noch bei keiner anderen Studie gesehen". (Le Monde, 22.04.04, Süddeutsche Zeitung, 27.04.04) (pau)
Kein Pharma-Reis
Gentechnisch veränderter Pharma-Reis, der in der Lage ist zwei menschliche Proteine zu produzieren, wird in diesem Jahr nicht angebaut werden. Die US-amerikanische Firma Ventria Bioscience hatte eine Zulassung für den Anbau des Reises auf 120 Hektar beantragt und im März die Unterstützung der California Rice Commission, einer Vereinigung des Reis-Handels, erhalten. Die Entscheidung von Vertretern des Bundesstaates Kalifornien wurde damit begründet, dass die Öffentlichkeit das Interesse habe, ihre Kommentare in dieser Sache abzugeben. Damit war der geplante Aussaat-Termin, der erste Mai, nicht mehr zu erreichen. Spätestens im Juli muss der Reis ausgebracht worden sein, auch der Termin wird nun verstreichen müssen. Von verschiedenen Seiten, so zum Beispiel von einigen kalifornischen Reisbauern sowie von der japanischen Regierung, wurden Bedenken zur Nahrungsmittelsicherheit geäußert; der Pharma-Reis könne konventionelle Reissorten verunreinigen. Im Falle einer Aussaat, wäre der Pharma-Reis von Ventria die erste Nutzpflanze in Kalifornien gewesen, die zur Produktion von pharmakologisch wirksamen Stoffen angepflanzt worden wäre. (San Francisco Chronicle, 10.04.04, zitiert nach GENET-news, www.genet-info.org) (pau)
Bayer will gv-Reis
Die britische Niederlassung der Bayer-Cropscience hat die Zulassung einer gentechnisch veränderten Reissorte für den Import in die Europäische Union beantragt. Der Reis ist resistent gegen das Herbizid Glufosinat, er wird - unter anderem - mit dem Handelsnamen Liberty gehandelt. Bayer kündigte an, den Reis in der EU nicht anbauen zu wollen. Vielmehr soll er importiert und in Europa als Tierfutter eingesetzt werden. Reis wird in fünf Ländern der EU angebaut: in Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien. Die Sprecherin der indischen Organisation Gene Campaign, Suman Sahai, sagte auf einer Presse-Konferenz, es sei besonders ironisch, dass Indien und andere Ursprungsländer von Reis ihre wichtigste Nahrungsmittel-Quelle aufs Spiel setzen, um Futter zur Unterstützung des Fleisch-Konsums des Westens zu produzieren. (The Hindu, 06.03.04, http://www.hindu.com, zitiert nach ngin-news, http://ngin.tripod.com) (pau)
Sicherheits-Lücken
Einem Bericht des US-amerikanischen Zentrums für Forschung im Interesse der Öfffentlichkeit (CSPI - Centre for Science in the Public Interest) zufolge weist das System zur Überprüfung der Biosicherheit in den USA Lücken auf. Zusammenfassend schreiben die Autoren des Berichtes, die Biotechnologie-Unternehmen stellten nicht angemessene Daten zur Verfügung, um zu zeigen, dass ihre Produkte sicher seien. Besonders hoben die Autoren hervor, dass in drei von sechs Fällen, in denen die Behörde um die Bereitstellung zusätzlicher Informationen nachgefragt hatte, diese von den Entwicklern der gentechnisch veränderten Nahrungsmittel nicht zur Verfügung gestellt wurden. In drei der begutachteten Zusammenfassungen waren - nach Ansicht der CSPI-Wissenschaftler - offensichtliche Fehler von den Mitarbeitern der Behörde nicht gefunden worden. Für den Bericht wurden 14 von 53 Zusammenfassungen von Daten genauer in Augenschein genommen, die von der US-Zulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) zu begutachten waren. Das System der FDA verfährt nach einem Prinzip der freiwilligen Konsultation. Die Behörde ist für gentechnisch veränderte Pflanzen zuständig, die keine Pestizid-Gene oder -Proteine tragen beziehungsweise produzieren. Für diese ist die Bundes-Umweltbehörde EPA (Environmental Protection Agency) zuständig. Der Bericht steht im Internet zum Download bereit, unter: http://www.cspinet.org/new/pdf/fda_report__final…. (www.cpinet.org, www.twn.org) (pau)
Brasilien kennzeichnet...ein bisschen
Nach einem neuen Gesetz, das im April in Kraft getreten ist, müssen in Brasilien in Zukunft alle Nahrungs- und Futtermittel, die mehr als ein Prozent gentechnisch veränderter Inhaltsstoffe enthalten, mit einem "T" für transgen gekennzeichnet werden. Paradoxerweise sind die Soja-Produkte der Anbausaison 2003 von der neuen Regelung ausgenommen. Diese Produkte sollen auf ihren Etiketten die Aufschrift "kann Bestandteile enthalten, die aus gentechnisch verändertem Soja hergestellt wurden" oder "kann gentechnisch verändertes Soja enthalten" tragen. Aktuell ist der Anbau gentechnisch veränderter Sorten ist in Brasilien illegal, die Ernte von gentechnisch verändertem Soja kann jedoch als Nahrungs- und/oder Futtermittel vermarktet werden. Dafür hatte die Regierung eine auf die laufende Anbausaison begrenzte Genehmigung erteilt. Die neuen Regelungen werden von der PROCONs, der staatlichen Konsumentenschutz-Organisation, kontrolliert. (www.scidev.net, 16.04.04, zitiert nach ngin-news, http://ngin.tripod.com) (pau)
Pharma-Pflanzen weniger heimlich
Das US-Landwirtschaftsministerium hat angekündigt mehr Informationen über gentechnisch veränderte Pflanzen zur Produktion pharmazeutisch wirksamer Stoffe zu veröffentlichen. Der Entscheidung war entsprechende Kritik am Verfahren der Behörde vorangegangen, der Anbau würde im Geheimen gehalten. Das Ministerium gab bisher zwar einige Informationen weiter, welcher Stoff aber zum Beispiel produziert wird und wie groß die Fläche ist, blieb bisher üblicherweise geheim. Die Ankündigung der neuen geplanten Verfahrensweise geht einher mit einem neuen Anstieg an Feldversuchen mit diesen gentechnisch veränderten Pflanzen. (New York Times, 02.06.04, www.nytimes.com) (pau)
Resistenzen
Das Resistenzmanagementsystem im Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Bt-Pflanzen hat möglicherweise einen Fehler, der dazu führen kann, dass vermehrt Resistenzen entstehen. Das System funktioniert in der Weise, dass die Anbaufläche nur zum Teil mit den Bt-Pflanzen und zum Teil - in unmittelbarer Nähe - mit nicht gentechnisch veränderten, aber sonst gleichen Sorten bepflanzt wird. Die Flächen mit den Sorten ohne gentechnische Veränderung werden als Rückzugsmöglichkeiten angesehen, die den Selektionsdruck von den Schädlingspopulationen nehmen, der seinerseits die Entwicklung von Resistenzen (gegen das von den gentechnisch veränderten Pflanzen produzierte Bt-Toxin) fördert. WissenschaftlerInnen fanden nun in den besagten Rückzugsflächen Pflanzen, die durch Auskreuzung das gentechnisch veränderte Konstrukt enthielten, aber das Gift nicht in so hohen Raten produzierten, wie die original gentechnisch veränderten Pflanzen. Die höchste Giftkonzentration lag in einer zusammengefassten Probe Maiskörner bei 45 Prozent des Wertes der "echt gentechnisch veränderten" Körner, was eine andere Gefahr zur Förderung von Resistenzen mit sich bringt. Eine geringere Giftproduktion in den Pflanzen erleichtert das Überleben von nur teilweise resistenten Schädlingen, aus denen sich in weiteren Anpassungsschritten besser angepasste Schädlinge entwickeln können. Nach Ansicht der Autoren der Untersuchung, Charles F. Chilcutt und Bruce E. Tabasshnik von der Universität des US-Bundesstaates Arizona, stellen die neuen Erkenntnisse auch die Nutzungsmöglichkeiten der Bt-Technologie für Farmer in den sich entwickelnden Drittwelt-Staaten in Frage, die in der Regel auf kleiner Fläche arbeiten. Gerade diese Kleinräumigkeit fördert aber die Auskreuzung aus den gentechnisch veränderten Beständen in die nicht gentechnisch veränderten Rückzugsflächen. (PNAS-online, 10.05.04, www.pnas.org) (pau)
Saatgut-Grenzwerte
Die Umweltkommissarin der Europäischen Union, Margot Wallström, hat im April einen neuen Entwurf für die Regelung der Grenzwerte für die Verunreinigung von konventionellem und ökologischem Saatgut mit gentechnisch verändertem Material vorgelegt. Die vorgeschlagenen Grenzwerte sind für Raps und Mais 0,3 % und für Zuckerrübe, Futterrübe, Kartoffeln und Baumwolle je 0,5 %. Die Initiative Save our Seeds und andere setzen sich demgegenüber für eine Kennzeichnung an der Nachweisgrenze ein, was - aus statistischen Gründen - einem Grenzwert von 0,1 % entspricht. Bisher ist ebendiese Grenze gültig, da in der entsprechenden EU-Regelung noch kein Grenzwert festgesetzt wurde. Da sich im Anschluss an die Wahlen zum Europäischen Parlament die Zusammensetzung der EU-Kommission ändern wird - erstmals werden dann auch VertreterInnen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten vertreten sein - gilt es als unwahrscheinlich, dass es in dieser Sache zu einer Entscheidung kommt, bevor die neue Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat, womit im Herbst zu rechnen ist. (Europäische Kommission: "Draft Commission Decision ... of ... establishing minimum tresholds for adventious or technically unavoidable traces of genetically modified seeds in other products") (pau)
Neue alte Untersuchung zu gv-Soja
Eine Untersuchung von Manuela Malatesta und ihren MitarbeiterInnen zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen durch den Verzehr von gentechnisch verändertem Soja, die bereits im Jahre 2002 veröffentlicht worden war, erhielt in den letzten Wochen neue Aufmerksamkeit. Eine italienische ForscherInnengruppe hatte mikroskopische Veränderungen an Kernstrukturen in den Leberzellen von jungen und ausgewachsenen Mäusen gefunden, die mit dem gv-Soja gefüttert worden waren. Der Mechanismus, der diesen Veränderungen zu Grunde liegt, ist nach Aussage der AutorInnen, die unter anderem an der Universität von Urbino arbeiten, nicht bekannt. (Cell Structure and Function 27: 173-180, 2002) (pau)
Hawaii: Gesetz gegen Biopiraterie
In Hawaii bemühen sich die Rechtssexperten des Staates ein Gesetz zu entwickeln, nach dem wissenschaftliche Forschung auf öffentlichem Land und die Sicherung der daraus resultierenden Profite geregelt werden soll. Konkrete Schritte wurden aber zunächst vertagt. Die Verfasser eines Reportes zu dem so genannten Senate Bill 643 plädieren für eine Balance zwischen der Forschung, dem Schutz der Ressourcen und dem Verteilen möglicher Profite. Hawaii ist ein Biodiversitäts-Hotspot, das heißt eine Region mit einer außergewöhnlich hohen und speziellen Biodiversität, was daran liegt, dass die Insel schon so lange isoliert vom Festland liegt. Die Lage der Inseln in den tropischen Breiten tut ihr Übriges; etwa 40 Prozent der bekannten Arten, die auf Hawaii vorkommen, gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Die Universität von Hawaii hatte bereits vor zwei Jahren Verträge mit privaten Firmen abgeschlossen, darunter die Hawaii Biotech Inc. und die Diversa Corp. aus San Diego (US-Bundesstaat Kalifornien). (Pacific Business News 10.055.04) (pau)
Rückzug von Monsanto aus Australien
Nach Angaben der Umweltorganisation Friends of the Earth hat der Biotech-Konzern Monsanto seine Pläne für die Kommerzialisierung von gentechnisch verändertem Raps in Australien aufgegeben. Als Gründe werden die Aktivitäten verschiedener Bundesstaaten genannt, einen Bann gegen den Raps auszusprechen, so zum Beispiel Victoria und West-Australien. (FoE UK, PM 13.05.04) (pau)
Neuseeland: Gv-Saatgut beschlagnahmt
Das Ministerium für Landwirtschaft und Forsten in Neuseeland hat "hunderte Säcke" mit gentechnisch verändertem Saatgut beschlagnahmt, nachdem Fehler im Testverfahren des beteiligten Labors (Biogenic Services, USA) bekannt geworden waren. Insgesamt kommt eine Saatgut-Menge für eine Fläche von 351 Hektar für den Rückruf infrage, wobei unklar ist, wieviel bereits an Landwirte verkauft und gegebenenfalls auch schon geerntet worden ist. Den Bauern, die das Saatgut ausgesät hatten, wurde die Ernte unter besonderen Auflagen erlaubt, so müssen sie zum Beispiel separate Lagermöglichkeiten bereithalten und ihre Felder nach der Ernte kontrollieren. (New Zealand Herald, 12.05.04, zitiert nach ngin-news, http://ngin.tripod.com) (pau)
Pharm-Kühe
Nach einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung hat der Wissenschaftler Gottfried Brem von der Wiener Universität für Veterinärmedizin gentechnisch veränderte geklonte Kühe erzeugt. Mit den Kühen soll ein maßgeschneiderter Antikörper gegen Hautkrebs kostengünstig produziert werden. Neun Kälber sind mittlerweile auf die Welt gekommen, deren Blutzellen die Antikörper der Sorte "r28M" produzieren sollen. Bis zu einem Zehntel Milligramm des Antikörpers werden aus einem Liter Blut der Kühe gewonnen. In der Petrischale haben die Antikörper ihre Prüfungen bestanden, nach Aussage der Wissenschaftler wurden alle zugegebenen Hautkrebszellen zerstört. Das Verfahren die neuartigen Kühe herzustellen begann mit der Synthese verschiedener Genfragmente zum Konstrukt für den gewünschten Antikörper. Dieses Konstrukt wurde in Zellkerne von Bindegewebszellen von Kühen integriert. Die Zellkerne dieser Zellen wurden isoliert und in - zuvor entkernte - Eizellen injiziert. Der letzte Schritt ist durch das Klonschaf Dolly bekannt geworden, bei dem die gleiche Klon-Methode - aber ohne vorhergehende gentechnische Veränderung - angewendet wurde. Die Eizellen, die ohne Befruchtung über vollständiges Erbmaterial (einen doppelten - diploiden - Chromosomensatz) verfügen, wurden in die Gebärmütter von Kühen eingesetzt, die die Embryonen austrugen und die Kälber gebaren. Die Geburt fand in Ställen der Firma Agrobiogen in Oberbayern statt. (SZ 20.04.04; PNAS 10.1073/0308487101) (pau)
Bundestag für sauberes Saatgut
In seiner Sitzung am 26.Mai hat sich der Deutsche Bundestag für eine strenge Regelung der Saatgutkennzeichnung ausgesprochen. Mit den Stimmen der Regierungskoalition fordert der Bundestag die Bundesregierung auf, (1) "sich in der EU auf allen Ebenen für die Reinhaltung des Saatgutes einzusetzen" (2) "sich bei der Diskussion um einen Vorschlag der EU-Kommission für Schwellenwerte bei der Kennzeichnung von GVO-haltigem Saatgut für die Orientierung an der Nachweisgrenze einzusetzen" und (3) "sich bei den zuständigen Bundesländern für strenge Kontrollen auf Gentechnikfreiheit im Saatgut-, Lebensmittel- und Futtermittelbereich einzusetzen." (Bundestags-Drucksache 15/2972) (pau)
0,9 %-Grenzwert in Russland
Ein führender Mitarbeiter der russischen Verwaltung (Chief Sanitary Inspector) hat eine neue Regelung für die Verunreinigung von Lebensmitteln mit gentechnisch verändertem Material angekündigt. Demzufolge müssen Produkte ab einem Grenzwert von 0,9 Prozent gekennzeichnet werden. Weitere Details wurden bisher nicht bekannt, bisher galt ein Grenzwert von fünf Prozent. Gleichzeitig veröffentlichte der Inspektor eine Liste mit in Russland neu zugelassenen gentechnisch veränderten Produkten. Unterdessen gaben zwei große Lebensmittelverarbeiter (Ostankino, Moskau und Darja, St. Petersburg) nach Angaben von Greenpeace bekannt, dass sie nicht länger gentechnisch verändertes Material in der Produktion einsetzen wollen. Unabhängige Untersuchungen hätten ergeben, dass mehr als die Hälfte der Lebensmittel-Produkte in den Läden Moskaus gentechnisch verändertes Material enthalten. Der Präsident der russischen nationalen Vereinigung für genetische Sicherheit, Alexander Baranov, gab unterdessen bekannt, es seien derzeit 9 gentechnisch veränderte Pflanzen und 59 gv-Produkte in Russland zugelassen. Baranov hatte bereits im vergangenen Winter Präsident Putin aufgefordert, ein Moratorium über transgene Organismen auszusprechen, das er mit der möglichen Verbindung zwischen dem Einsatz der gv-Pflanzen und der wachsenden Zahl von Allergien und Allergie-Vedachtsfällen begründet hatte. (RosBusinessConsulting, Russia, 11.12.03; Rosbalt News Agency, Russia, 24.03.04 und 09.04.04, zitiert nach GENET-news, www.genet-info.org; Bridges Trade BioRes, Vol. 4 No. 7, 16.04.04, www.ictsd.org) (pau)
Monsanto versus Syngenta
Der US-amerikanische Biotech-Konzern Monsanto hat den schweizerischen Chemie-Konzern Syngenta am 12. Mai wegen der Verletzung von Patentrechten vor dem Distrikt-Gericht in Wilmington (US-Bundesstaat Delaware) verklagt. Syngenta hatte am selben Tag angekündigt, die Firma habe "von Bayer CropScience die Rechte an einer im Maisanbau erfolgreichen Glyphosat-Toleranztechnologie erworben". Syngenta werde die Technologie in Maissaatgut der Marke NK und über Lizenzen mit anderen Saatgutgesellschaften anbieten." Nach Angaben von Monsanto-Vorstandsmitglied (Executive Vice President) Carl Casale habe weder Bayer noch Syngenta die Lizenz für die Technologie, diese besitze Monsanto. (PM Syngenta und Monsanto, 12.05.04) (pau)
Naturschützer-Memorandum
Die Veranstalter des 27. Deutschen Naturschutztages (DNT) riefen Ende Mai zum verantwortungsvollen Umgang mit der Agro-Gentechnik auf. In einem Memorandum fordern der Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN), der Deutsche Naturschutzring (DNR) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN), die biologische Vielfalt und insbesondere ökologisch sensible Gebiete umfassend zu schützen, die Wahlfreiheit der Verbraucherinnen und Verbraucher als echte Wahlfreiheit zu gewährleisten und eine Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion ohne Gentechnik auch für die Zukunft sicherzustellen. (PM BfN 28.05.04) (pau)
Gentechnikgesetz gesplittet
Die Bundesregierung hat das Gentechnikgesetz in zwei Teile aufgeteilt, von denen der eine vom Bundesrat abgesegnet, der andere jedoch nur im Bundestag verhandelt werden muss. In dem Letzteren werden die Bereiche geregelt, in denen die Interessen und Kompetenzen der Länder weniger betroffen sind. Dazu gehören in erster Linie die Haftungsregelungen und die Bereitstellung von Informationen für die Öffentlichkeit (Standortregister) beziehungsweise betroffene Landwirte. Gerade zu diesen beiden, aber auch zu anderen Themen hatte die Mehrheit aus Union und FDP im Bundesrat bereits im April mehr als hundert Änderungsvorschläge zu dem Entwurf der Bundesregierung angemeldet und es zeichnete sich ab, dass die Parteien diese Haltung im gesamten Prozess der Gesetzgebung nicht verlassen würden. Für das Standortregister wird nun folgendes geplant: "Die erste Stufe [der Information] enthält alle Flurgrundstücke, auf denen gentechnisch veränderte Pflanzen ausgebracht werden, und den Namen der Gensorte", erläuterte die Vorsitzernde des Verbraucherausschusses des Deutschen Bundestages, Herta Däubler-Gmelin. Diese Angaben sind jedem zugänglich. Name und Anschrift des Gentechbauern werden nur in der zweiten Stufe angegeben und nur dann weitergegeben, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse nachweisen kann. Das können Nachbarn sein oder auch Imker, die ihre Bienenvölker in der Umgebung aufstellen wollen. Die Haftungsregeln sehen nun vor, dass ein Geschädigter auf Ausgleich klagen kann, wenn er eine Umsatzeinbuße zu beklagen hat. Bisher war in dem Entwurf der Bundesregierung eine Regelung vorgesehen, nach der erst dann ein Schadensausgleich erfolgen kann, wenn die Ware nicht mehr als ökologisch gekennzeichnet werden kann oder als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden muss. Diese Änderung des Entwurfes ist von Bedeutung für Absprachen zum Beispiel zwischen Landwirt und Lebensmittelverarbeiter. Diese beziehen sich häufig nicht auf die Grenzwerte, wie sie für die Kennzeichnung im Gesetz stehen. Oft liegen die Absprachen unter den gesetzlichen Regelungen, zum Beispiel um in den weiteren Verarbeitungsschritten Spielraum für weitere Verunreinigungen zu behalten. In einem zweiten Gesetz soll nun die gute fachliche Praxis geregelt werden, in der das Nebeneinander der verschiedenen Anbauformen mit und ohne Gentechnik geregelt werden soll. (taz, 17.06.04, BT-Drucksache 15/3088) (pau)
Neues Europa gegen GT73
In der ersten Abstimmung in Sachen Gentechnik nach der EU-Ost-Erweiterung haben sich die VertreterInnen der nunmehr 25 Mitgliedsstaaten gegen die Zulassung eines gentechnisch veränderten Rapses ausgesprochen. Der Regelungsausschuss entschied mit den Stimmen von Österreich, Zypern, Dänemark, Estland, Griechenland, Ungarn, Italien, Malta, Lithauen, Luxemburg, Polen und Großbritannien gegen die Zulassung von GT73, wie der Raps im Fachjargon genannt wird. Insbesondere Vertreter der britischen Gentechnik-Behörde ACRE hatten bereits im letzten Jahr ihre Bedenken zu dem Raps geäußert. Es waren Ergebnisse einer bis dato geheim gehaltenen Fütterungsstudie bekannt geworden, wonach die Leber-Gewichte bei den mit dem gv-Raps gefütterten Versuchstieren um 15 Prozent erhöht waren. Die Untersuchung war von dem Antragsteller, dem Biotech-Konzern Monsanto, selbst erstellt worden. Die britische Behörde zeigte sich "not satisfied" mit den Erklärungen Monsantos. Der Kommissionsvorschlag hatte die Zulassung des Rapses empfohlen. Er muss nun dem Ministerrat vorgelegt werden. Der Antrag gilt für Import und Verarbeitung und nicht für den Anbau des gentechnisch veränderten Rapses (Friends of the Earth UK - PM 16.06.04, Midday Express der EU-Kommission 17.06.04) (pau)
Aktionsbündnis Berlin-Brandenburg
Am 11. Juni ist in Potsdam das Aktionsbündnis für eine gentechnikfreie Landwirtschaft Berlin-Brandenburg gegründet worden. Das Bündnis setzt sich für den Vorrang des Schutzes der gentechnikfreien Landwirtschaft vor der Gentechnik-verwendenden Landwirtschaft ein. Dabei soll die Förderung von gentechnikfreien Regionen und Zonen ein wichtiges Mittel sein. Nach Ansicht der Bündnispartner liegt die Zukunft der Brandenburgischen und Berliner Landwirtschaft "in der Qualität und Vielfalt ihrer Produkte. Daher sollen die Landesregierungen von Brandenburg und Berlin sowie die Kommunen im Sinne des Schutzes der VerbraucherInnen, der brandenburgischen Natur sowie des friedlichen Wirtschaftens im ländlichen Raum ihren vollen Einfluss für eine gentechnikfreie Region geltend machen." Beteiligt sind die Anbauverbände des ökologischen Landbaus, der Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft, der Bund für Umwelt und Naturschutz (Berlin und Brandenburg), das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FibL, Berlin), das Gen-ethische Netzwerk, Greenpeace (Berlin) und andere. (Erklärung des Bündnisses, www.bund-brandenburg.de) (pau)
Kannibalische Gen-Lachse
Ein kanadisches Forscherteam um Robert Devlin vom Department of Fisheries and Oceans in Vancouver berichtet im Wissenschaftsmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) von den Ergebnissen ihrer Forschung an neun verschiedenen Gruppen von Lachsen. Den Wissenschaftlern zufolge lebten in drei der Gruppen nur Wildlachse, in drei anderen nur solche mit einem gentechnisch veränderten Hormon, das zu übermäßigem Wachstum führen soll; die übrigen drei seien gemischte Gruppen gewesen. Die Wildlachse hätten sich auch bei einem Zehntel ihrer optimalen Nahrungsration normal verhalten und seien sogar weiter gewachsen. Die transgenen Fische hingegen hätten unter den Hungerbedingungen ein äußerst aggressives Verhalten an den Tag gelegt und sogar Futterkonkurrenten gefressen, woraufhin einige gemischte und rein transgene Gruppen ausgestorben seien. Bereits in früheren Studien war behauptet worden, dass transgene Lachse ihre Energiereserven schneller aufbrauchen würden und damit schlechter an ein Leben unter natürlichen Umständen angepasst seien als Wildlachse. Robert Devlin und seine Kollegen warnen jedoch davor, die Laborbedingungen mit den komplexen Lebensräumen im Meer gleichzu setzen und Schlussfolgerungen darüber anzustellen, welche Auswirkungen versehentlich in die freie Wildbahn gelangte genmanipulierte Lachse auf die Wildpopulation haben könnten. (Berliner Zeitung, 11.06.04) (nj)