Kurz notiert: Politik und Wirtschaft

Abkommen rechtskräftig

Am 29. Juni tritt das Internationale Abkommen zu Pflanzengenetischen Ressourcen für Lebensmittel und Landwirtschaft in Kraft. Am 31. März haben die Europäische Union als Organisation, elf EU-Staaten und Ägypten das Abkommen ratifiziert, somit sind es nun weltweit 48 Länder, die das Abkommen ratifiziert haben. Es soll den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der Pflanzenvielfalt und grundlegende Rechte der LandwirtInnen sichern und dafür sorgen, dass eine gerechte Verteilung des Nutzens stattfindet. (PM FAO 31.03.04) (ts)

USA: Biowaffenforschung

Im einem neuen „National Biodefense Analysis and Countermeasures Center“ (NBACC) soll Biowaffenforschung mit eindeutig offensivem Potential durchgeführt werden. Unter anderem sollen dort Arbeiten an gentechnisch veränderten Erregern, Forschungen zur Umweltstabilität von Erregern sowie zu neuen Formen der Ausbringung und waffenfähigen Aufbereitung von Erregern durchgeführt werden. Dies geht aus einem ursprünglich auf der Internetseite des „US Armed Forces Pest Management Board“ präsentierten Dokuments hervor, jetzt einzusehen unter http://www.cbwtransparency.org/archive/nbacc.pdf. (Biowaffen-Telegramm Nr. 28, 10.05.04, www.sunshine-project.de) (ts)

Venezuela: Verbot von GV-Saatgut?

Der Präsident Venezuelas, Hugo Chaves Frias, hat angekündigt, die Aussaat gentechnisch veränderten Saatguts zu verbieten. Denn diese widerspräche den Interessen der Bauern und Landarbeiter Venezuelas. Die US-Firma Monsanto hatte geplant, 500 000 Sojapflanzen in Venezuela auszusäen.„Das Projekt ist beendet“, so Chavez. Jetzt sollen die Anbauflächen für die Kultivierung von Yuca (einer indianische Pflanze) verwendet werden, zudem ist eine Saatgutbank für indigene Samen geplant, um indianisches Saatgut für alle Welt zugänglich zu machen. (http.//barcelona.indymedia.org/newswire/display/86830/index.php, 09 05.04) (ts)

Etikettenschwindel

Futtermittel-Lieferanten haben Greenpeace zufolge angekündigt, ihre Produkte in Zukunft nur noch als gentechnisch verändert zu kennzeichnen. Das Unternehmen Una-Hakra erklärte, es könne sein Futter, das aus brasilianischem Sojaschrot hergestellt wird, nicht mehr als gentechnikfrei deklarieren, obschon es sich dabei um gentechnikfreie Ware handelt. Denn schon der Vorlieferant, der Bunge-Konzern, einer der größten Ölsaatenhändler weltweit, kennzeichne alle seine Produkte als gentechnisch verändert. Auf diesem Wege wolle sich die Industrie den grossen finanziellen und technischen Aufwand einer Trennung der Vertriebswege ersparen und die Entstehung gentechnikfreier Futtermittelmärkte verhindern, so Greenpeace. Laut EU-Bestimmung ist eine solche falsche Kennzeichnung nicht zulässig. (PM Greenpeace 22.04.04) (ts)

Monsanto versus Schmeiser

Der oberste Gerichtshof Kanadas hat nach einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Farmer Percy Schmeiser und dem Chemie- und Saatgutkonzern Monsanto in letzter Instanz zugunsten Monsantos entschieden. 1998 hatten so genannte „Gen-Spione“ Monsantos auf den Feldern Schmeisers Roundup Ready-Rapspflanzen gefunden. Obwohl die Felder Schmeisers Angaben zufolge durch Pollenflug kontaminiert worden waren, wurde Schmeiser auf die Zahlung von Lizenzgebühren verklagt. In der ersten Instanz wurde er zu Schadensersatzzahlungen verurteilt, der Farmer zog daraufhin bis zum obersten Gerichtshof. Die Schadensersatzzahlungen bleiben ihm nun erspart, da er das gleichfalls von Monsanto stammende Herbizid Roundup Ready nicht eingesetzt und daher keinen auf den gentechnisch veränderten Raps zurückzuführenden wirtschaftlichen Mehrertrag gehabt habe. Das Gericht bestätigte jedoch – mit fünf zu vier Stimmen – in seinem Urteil den Rechtsschutz für das patentierte Gen. Ein Unternehmen, das Patentrechte an einem Gen habe, habe auch die Kontrolle über Verwendung und kommerzielle Nutzung der Pflanze; Schmeiser habe also gegen die Patentrechte Monsantos verstoßen, so das Gericht. (www.heise.de, 24.05.04) (ts)

Moratorium zu Ende

Die EU-Kommission hat am 19. Mai den Import des gentechnisch veränderten Bt11-Mais der Firma Syngenta zugelassen. Damit wurde ein seit 1998 für die EU geltende De-fakto-Zulassungsmoratorium beendet. In den vorhergehenden Abstimmungsrunden konnte unter den Mitgliedstaaten keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen die Zulassung erreicht werden. Die Genehmigung ist auf 10 Jahre begrenzt und bezieht sich auf den Import von gentechnisch verändeten Maiskörnern, nicht jedoch auf den kommerziellen Anbau des Bt-Mais. Die Firma Syngenta hat nach eigenen Angaben jedoch vorerst nicht vor, den Bt-Mais tatsächlich in den Handel zu bringen. Ausschlaggebend dafür seien Bedenken der Lebensmittelindustrie, diese könne den Mais „in der aktuellen Lage nicht vermarkten“. Bt-Mais produziert ein Gift, das ihn vor dem Maiszünsler schützen soll. "Bt11 wurde vor der Zulassung gründlich getestet und als sicher befunden", sagte EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne in Brüssel. Die Grünen-Europaabgeordnete Hiltrud Breyer erklärte jedoch, der Gen-Mais sei nicht umfassend auf mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit untersucht worden. Die Antragsunterlagen seien unvollständig und die Tests unzulänglich gewesen. Zur Zeit liegen der EU-Kommission noch über 30 Anträge auf eine Genehmigung gentechnisch veränderter Organismen vor, es handelt sich dabei um Mais, Sojabohnen, Raps, Zuckerrüben, Baumwolle und Reis. (www.naturkost.de, 23.05.04; PM Hiltrud Breyer, 19.05.04) (ts)

Monsanto: Kein Gen-Weizen?

Der US-amerikanische Biotechnologiekonzern Monsanto gab bekannt, vorläufig alle Anstrengungen, gentechnisch veränderten Weizen auf den Markt zu bringen, einzustellen. Die Entwicklung des Weizens, der gegen ein Unkrautvernichtungsmittel Monsantos resistent ist, soll nicht fortgeführt werden. Es sollen auch keine Freisetzungsversuche mehr stattfinden. Amerikanische und kanadische Bauern hatten unlängst Bedenken geäußert, für diesen Weizen keine Abnehmer im Ausland zu finden. Monsanto begründete sein Vorgehen mit der Tatsache, dass in Amerika der Weizenanbau zunehmend durch den Anbau anderer Getreidesorten abgelöst werde. Für den Fall, dass durch gentechnische Veränderungen weitere Eigenschaften auf den Weizen übertragen werden können, käme für Monsanto jedoch eine Vermarktung in etwa vier bis acht Jahren wieder in Betracht. Schon im vergangenen Jahr gab Monsanto bekannt, auf die Entwicklung von Pharmazeutika aus gentechnisch veränderten Pflanzen zu verzichten, einige Jahre zuvor ereilte Monsantos genmanipulierte Kartoffeln dasselbe Schicksal, nachdem die Fastfoodketten ihre Ablehnung signalisiert hatten. (FAZ, 12.05.04; PM Greenpeace 11.05.04, The New York Times, 11.05.04) (ts)

UN setzt auf Gentechnik

Nach Ansicht der UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung (FAO) könnte durch den Einsatz der grünen Gentechnik Hunger und Unterernährung in den Entwicklungsländern bekämpft werden. Dies geht aus ihrem im Mai veröffentlichten Jahresbericht "The State of Food and Agriculture 2003-04" hervor. In dem Bericht heißt es, dass gentechnisch veränderte Pflanzen armen Bauern erhebliche Ertragssteigerungen gebracht und den Einsatz von Pestiziden verringern hätten. Die FAO kritisiert jedoch, dass wichtigen Grundnahrungsmitteln wie Kartoffeln, Reis, Weizen oder Maniok bislang von den Wissenschaftlern nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden sei. Weiter heißt es, die Auswirkungen der grünen Gentechnik auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit könnten noch nicht abschließend beurteilt werden, die bisherige Bilanz sei jedoch positiv zu beurteilen. Die ökonomischen Vorteile durch den Einsatz gentechnisch veränderter Nutzpflanzen kämen nicht nur der Industrie, sondern in erster Linie den Bauern und Konsumenten zugute. (FAO-Jahresbericht: http://www.fao.org/docrep/006/Y5160E/Y5160E00.HTM; PM FAO, 17.05.04) (ts)

GV-Nahrungsmittelhilfe

Über 60 Verbände, darunter Bauern-, Verbraucher-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen aus 15 afrikanischen Ländern, äußerten Anfang Mai in einem offenen Brief ihren Protest gegen den Druck, der durch WFP (World Food Programme, Welternährungsprogramm) und die Hilfsorganisation USAID (US-Agentur für Internationale Entwicklung) auf den Sudan und Angola ausgeübt wird. Sie fordern WFP und USAID auf, die beiden Länder nicht länger dazu zu zwingen, gentechnisch veränderte Nahrungsmittelhilfen anzunehmen. Der Sudan wollte ab Juli 2004 nur noch als gentechnikfrei gekennzeichnete Nahrungsmittelhilfslieferungen annehmen. Die Konsequenz: USAID stellte die Nahrungsmittelhilfslieferungen für den Sudan ein. Daraufhin verlängerte der Sudan die Frist, bis zu der gentechnisch veränderte Nahrungsmittel noch ins Land gelassen werden sollen, um sechs weitere Monate, bis zum Januar 2005. Angola wollte gentechnisch verändertes Getreide nur in gemahlener Form akzeptieren, damit dieses nicht ausgesät werden kann. Daraufhin drohte das WFP mit drastischen Kürzungen der Lebensmittelhilfen für den Fall, dass Angola weiterhin darauf bestehe, das Getreide nur in gemahlener Form anzunehmen. Die afrikanischen Organisationen kritisieren das Vorgehen des WFP als unakzeptabel, das WFP müsse den betreffenden Ländern das Recht zugestehen, gentechnisch veränderte Nahrungmittel abzulehnen oder nur unter bestimmten Bedingungen zuzulassen. Schon im August 2003 hatte das Advisory Committee on Biotechnology and Biosafety of the Southern African Development Community (SADC) den Mitgliedstaaten gegenüber – zu denen auch Angola zählt - die Empfehlung ausgesprochen, gentechnisch verändertes Getreide nur in gemahlener Form zu akzeptieren. Das WFP sei also schon rechtzeitig genug informiert gewesen, um sich auf diese Sachlage einstellen zu können. (PM Ecoterra Intl., 04.05.04; Offener Brief: http://www.earthlife-ct.org.za/ct/index.php) (ts)

135 Millionen für Genomforschung

Das Bundesministerium für Forschung und Bildung (BMBF) will im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes 300 neue Projekte fördern und stellt zu diesem Zweck 135 Millionen Euro bereit. Dies hat der zuständige Staatssekretär Wolf-Michael Catenhusen bekannt gegeben. Ziel sei es, „zielgenaue Medikamente“ zu entwickeln. (Ärzte Zeitung, 12.05.04) (mf)

Stammzellpolitik USA

US-Präsident George Bush sieht sich unter Druck gesetzt, politische Restriktionen im Bereich der embryonalen Stammzellforschung aufzuheben: Bisher werden Wissenschaftler, die mit embryonalen Stammzellen arbeiten von der Bundesregierung nur dann gefördert, wenn die Zelllinien bereits vor dem 9. August 2001 bestanden. Dieses Kriterium trifft nach Angaben der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde National Institutes of Health auf 23 der insgesamt 78 weltweit verfügbaren Stammzelllinien zu. In einem Brief fordern 206 Abgeordnete den Präsidenten auf, seine Stammzellpolitik zu ändern, da die Forschung auf diesem Gebiet behindert sei. Präsident Bush hat daraufhin ein Treffen zwischen seiner biopolitischen Beraterin Kristin Lee Silverberg und den Initiatoren des Briefs einberufen. Diese Tatsache sei aber nicht als ein Signal dafür zu werten, dass der Präsident im Begriff sei, seine Position zu überdenken, betonte ein Sprecher des Weißen Hauses. Der politische Druck könnte dennoch steigen: Auch im Senat kursiert ein Antrag, der eine liberalere Förderung der embryonalen Stammzellforschung fordert und Bushs Herausforderer im Präsidentschaftswahlkampf, der demokratische Kandidat John Kerry, wirft Bush vor, die Wissenschaft mit ideologischen Vorbehalten zu blockieren. (Washington Post, 08.05.04, New York Times, 06.05.04) (mf)

DNA-Proben von Prostituierten

In den kanadischen Städten Edmonton und Halifax verlangt die Polizei von Prostituierten Haarproben, die für eine DNA-Analyse verwendet werden können. Auf diese Weise, so lautet die Erklärung, sei es leichter, sie im Ernstfall im Leichenschauhaus zu identifizieren. Im Unterschied zu einer ähnlichen, einige Jahre zurückliegenden Kampagne in Vancouver, die am Widerstand der Prostituierten scheiterte, sind in Edmonton und Halifax nach Angaben der Polizeibeamten nahezu alle Sexarbeiterinnen bereit, sich an der Aktion zu beteiligen. Ihnen sei schriftlich garantiert worden, dass die Informationen, die sie zur Verfügung stellen, nicht für Fahndungs- oder Beweiszwecke, sondern nur für ihre eigene Identifizierung verwendet würden. Abgefragt werden auch Namen von Freunden und Verwandten, Angaben zu Aufenthaltsorten und Krankheiten. Eine schriftliche Garantie kann einen Missbrauch dieser Daten aber nach Einschätzung von Kriminologen nicht verhindern. So könne beispielsweise ein Richter die Anordnungen der Polizei im Ernstfall außer Kraft setzen. (Human Genetic News, 14.05.04) (mf)

Klonen in Argentinien

Das Beratungskomitee der argentinischen Regierung in bioethischen Fragen, das Committee of Ethics in Science and Technology, empfiehlt in seinem jüngst vorgelegten Bericht, das Klonen zu medizinischen Zwecken zu erlauben. Gleichzeitig fordert das 2001 vom Wissenschaftsminister einberufene Gremium den argentinischen Präsidenten Nestor Kirchner auf, seine Unterstützung eines umfassenden Klonverbots auf Ebene der Vereinten Nationen zu widerrufen. Seit 1997 sind in Argentinien sowohl das reproduktive als auch das Forschungsklonen per Regierungserlass verboten. Der Bericht des Komitees hat keinerlei juristische Verbindlichkeit, soll aber nach Meinung von Insidern über politisches Gewicht verfügen. Bisher gehörte Argentinien neben den USA zu denjenigen Ländern, die sich bei den UN für eine internationale Ächtung beider Formen des Klonens einsetzten. Die Verhandlungen waren im letzten Jahr daran gescheitert, dass sich die Länder nicht auf ein Verbot des Forschungsklonens einigen konnten. Eine Wiederaufnahme der Gespräche soll Ende dieses Jahres in den Vereinten Nationen folgen. Insgesamt nehmen die lateinamerikanischen Länder unterschiedliche Positionen zum Klonen ein. Anfang dieses Jahres erlaubte Panama als erstes zentral-amerikanisches Land das Forschungsklonen. (Human Genetic News, 21.05.04) (mf)

EU-Patentamt widerruft Gen-Patent

2001 kommerzialisierte das amerikanische Biotechnologieunternehmen Myriad Geneties Inc. ein gendiagnostisches Verfahren, mit dem sich angeblich ein erhöhtes Brust- und Eierstockkrebsrisiko feststellen lässt. Dabei nutzte Myriad das geltende Patentrecht dahingehend aus, sich eine Monopolstellung für die zu untersuchenden Gensequenzen BRCA-1 und BRCA-2 zu sichern, so dass jede Frau, die den Test machen wollte, sich direkt an das Unternehmen wenden musste; die Kosten betrugen über 2700 Dollar. Ein Konsortium von WissenschaftlerInnen und Wissenschaftsorganisationen hatte beim Europäischen Patentamt in München gegen die Patente Widerspruch eingelegt; das Patentamt widerrief daraufhin am 19. Mai 2004 eines der drei Patente, die Myriad auf die Brustkrebsgene hält. Die Anfechter konnten nachweisen, dass die von Myriad genutzte Gensequenz schon vor dem Patent öffentlich bekannt und damit nicht neu war. Das Unternehmen berief sich im ursprünglichen Patentantrag offenbar auf eine nicht korrekte Sequenz. Als Folge der Entscheidung des Patentamtes kann der BRCA-1 Gentest nun auch unabhängig von Myriad angeboten werden. (New York Times, 19.05.04; The Independent, 19.05.04; New Scientist, 19.05.04; FAZ, 21.05.04) (nj)

Projekt Bio-Schild

Zum Schutz vor Bio- und Chemiewaffen haben das US-amerikanische Repräsentantenhaus und der Senat in Washington das Maßnahmenpaket „Project BioShield“ in Höhe von 5,6 Milliarden Dollar bewilligt. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll damit die Weiterbildung von Ärzten und medizinischem Personal sowie die Entwicklung von Impfstoffen, vor allem gegen Ebola, Pest, Pocken und Milzbrand, finanziert werden. Einem neuen Gesetz zufolge dürfen im Fall eines Anschlags mit Bio- oder Chemiewaffen auch offiziell noch nicht zugelassene Medikamente eingesetzt werden. Durch „Project BioShield“ wird die amerikanische Industrie vermutlich einen neuen Anstoß erhalten: So gibt der demokratische Senator Kennedy an, es gäbe bisher wenig kommerzielles Interesse an der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen, so dass deren Entwicklung auf staatliche Finanzierung angewiesen sei. (FAZ, 21.05.04) (nj)

Fortschrittliche Truppe

Anläßlich der Vergabe eines Wirtschaftspreises an den Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle hat sich Bundeswirtschaftsminister Clement (SPD) für die Lockerung der geltenden gesetzlichen Einschränkungen bezüglich der Stammzellforschung ausgesprochen. Um das medizinische und wirtschaftliche Potenzial embryonaler Stammzellen nutzen zu können, müsse es möglich sein, die jeweils neuesten Kulturen zu importieren und auch in Deutschland selbst Stammzellen aus Embryonen zu gewinnen, so Clement. Seiner Ansicht nach unterstützt die Mehrheit der Mitglieder des Bundestages diese Haltung: „Wir sind eine fortschrittliche Truppe“, sagte der Wirtschaftsminister. (Frankfurter Allgemeine, 30.04.04) (nj)

Ständerat genehmigt Xenotransplantation

In der Schweiz haben sowohl der National- als auch der Ständerat im Rahmen eines neuen Transplantationsgesetzes der umstrittenen Übertragung von gentechnisch veränderten tierischen Organen auf den Menschen zugestimmt. Die Begründung: In der Schweiz gäbe es zu wenige Organspender, um die Nachfrage abdecken zu können; mit Hilfe der sogenannten Xenotransplantation soll diesem Mangel entgegengewirkt werden. Bei der Xenotransplantation wird einem Menschen ein Organ von einem Tier (meistens von Schweinen) eingepflanzt, dem zuvor menschliche Gene übertragen wurden. Die ethisch höchst umstrittene Technologie weist auch medizinische Unzulänglichkeiten auf, wie zum Beispiel funktionale und strukturelle Inkompatibilitäten von Organ und Empfängerorganismus und Infektionsrisiken. Zusätzlich stellt sich die Frage – so die Organisation „Basler Appell gegen Gentechnologie“ - ob die Xenotransplantation mit der Verfassung sowie dem neuen Gentechnikgesetz vereinbar sei, in welchem vorgeschrieben ist, dass die Würde von Tieren auch im Bereich der gentechnologischen Forschung zu respektieren und zu schützen ist. (PM Basler Appell gegen Gentechnologie, 02.06.04) (nj)

Pharmakonzern unter Korruptionsverdacht

Italienischen Presseberichten zufolge wird dem britischen Pharmakonzern Glaxo Smith Kline vorgeworfen, in Italien mehr als 4000 Ärzte bestochen zu haben. Die Staatsanwaltschaft von Verona ermittelt unter anderem gegen 273 Mitarbeiter der italienischen Glaxo-Niederlassung in Verona, die Ärzte, Apotheker und Klinikleiter mit Geld, Studienreisen und Geschenken bestochen haben sollen, um sie zur Verschreibung von Glaxo-Medikamenten zu bewegen. Laut Aussage der italienischen Finanzpolizei hat Glaxo, der in Italien die höchsten Umsätze der Pharmabranche verzeichnen kann, im Zeitraum von 1999 bis 2002 228 Millionen Euro für seine illegale Marketingstrategie ausgegeben. Den Ermittlern zufolge habe aber bei Glaxo seit den Vorkommnissen die Firmenspitze gewechselt. (Berliner Zeitung, 28.05.04) (nj)

Spätabtreibung USA: verfassungswidrig?

Ein US-Bundesgericht hat das von US-Präsident George Bush im Herbst 2003 verhängte Verbot bestimmter Spätabtreibungen, den so genannten „Partial-Birth Abortion Ban“ für verfassungswidrig erklärt. Richterin Phyllis Hamilton befand, das Gesetz schränke die Rechte von Frauen ein, die eine Abtreibung wünschen und enthalte keine Ausnahme für Frauen, deren Gesundheit gefährdet sei. Dabei gab sie an, das Schmerzempfinden des Föten sei „irrelevant“. Das Anti-Spätabtreibungs-Gesetz war überwiegend nach einer bestehenden Regelung im Bundesstaat Nebraska formuliert worden – obwohl der Oberste Gerichtshof dieses bereits im Jahr 2000 für verfassungswidrig gehalten hatte. Es richtet sich gegen einen Eingriff, der meistens im fünften oder sechsten Schwangerschaftsmonat durchgeführt wird, in welchem das Kind unter Umständen schon überlebensfähig ist. Bei dem Verfahren wird der Geburtsvorgang eingeleitet und bei Austritt des Kindes dessen Kopf punktiert und das Gehirn abgesaugt. Seit das Verbot erlassen wurde, droht Ärzten, die das Verfahren durchführen, eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren – auch dann, wenn dadurch das Leben der Mutter gerettet werden konnte. Die Organisation Planned Parenthood, die in den USA die Hälfte der rund 1,3 Millionen jährlich vorgenommenen Abtreibungen in den USA durchführt, hatte gegen das Gesetz geklagt. Es wird erwartet, dass der Streit bis vor das Oberste Bundesgericht führen wird. (New York Times, 02.06.04; taz, 03.06.04) (mf)

FDP erneut für PID

Der FDP-Politiker Detlef Parr hat angekündigt, seine Partei wolle erneut einen Gesetzentwurf zur beschränkten Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) in den Bundestag einbringen. Die Präimplantationsdiagnostik wird von allen übrigen Fraktionen abgelehnt. Neue Zuversicht schöpfen die Liberalen aber angesichts einer Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Bundestag (TAB), nach der die PID in Europa und den USA weitaus häufiger angewendet wird, als angenommen – bei einer engen rechtlichen Begrenzung aber angeblich ein Missbrauch verhindert werden kann. Als Vorzeigemodell für eine solche Lösung wird Frankreich angeführt. Kürzlich hat außerdem die Bayerische Ethikkommission für eine PID-Zulassung zu medizinischen Zwecken votiert. In einer Studie der Universitäten Marburg, Gießen und Heidelberg im Februar diesen Jahres sprachen sich zudem 81 Prozent der rund 300 befragten „Hochrisikopaare“ für eine Zulassung des umstrittenen Diagnoseverfahrens aus. Der Gesetzentwurf der FDP baut auf einem älteren Entwurf (15/1234) vom Juli 2003 auf. Die PID soll danach in Einzelfällen, „auf Grund der genetischen Disposition der Eltern oder eines Elternteils“, wenn eine „hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende Erbkrankheit“ vorliegt, nach zusätzlicher Billigung durch eine Ethikkommission, zugelassen sein. Die Indikation für eine solche Wahrscheinlichkeit soll der Gesetzgeber bestimmen. Für die Legalisierung der PID müsste das Embryonenschutzgesetz von 1990 entsprechend geändert werden. Dem Antrag der FDP werden kaum Chancen eingeräumt. (Ärzteblatt, 23.04.04) (mf)

Transgene Schweine

In einem neuen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Vorhaben sollen in Deutschland erstmals wieder transgene Schweine für die Transplantationsmedizin gezüchtet werden. Das gab der Sprecher der deutschlandweiten Forschergruppe, Bruno Reichart, auf dem Symposium Xenotransplantationsmedizin des Robert Koch-Instituts bekannt. In dem Projekt sollen die Organe der genetisch veränderten Tiere auf Langzeitüberleben und auf Virussicherheit überprüft werden. Schweine, so die Begründung, seien wegen ihres Stoffwechsels, der dem des Menschen ähnelt, und aus Kostengründen die favorisierten Spendertiere. Weltweit wurden bisher rund 200 Patienten mit Schweinezellen behandelt, in fast allen Fällen kommt es zu heftigen Abstoßungsreaktionen, außerdem besteht eine hohe Infektionsgefahr für den Menschen. (PM RKI 04.06.04) (mf)

Bündnis gegen Genpatente

Ein breites Organisationsbündnis hat sich gegen die Patentierung von Genen ausgesprochen und die Bundesregierung aufgefordert, eine neue Richtlinie auszuarbeiten, anstatt die EU–Patentrichtlinie - wie angekündigt - noch vor der Sommerpause umzusetzen. Auch die Bundesärztekammer hat sich erneut gegen die Genpatentierung ausgesprochen. Anlass dafür war die Veröffentlichung der Greenpeace–Studie „Die wahren Kosten der Gen–Patente“. Durch die Patentierung der Gene von Mensch, Tier und Pflanze würden Forschung und Entwicklung eingeschränkt, Diagnose und Therapie behindert sowie die Sozialkassen belastet werden, kritisierte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, Otmar Kloiber, in Berlin. (Ärzte Zeitung 29.04.04) (hk)

Irreführende Kennzeichnung

Einige Nahrungsmittelunternehmen in Irland kennzeichnen ihre Produkte immer noch als „gentechnikfrei“, obwohl in unabhängigen Untersuchungen nachgewiesen werden konnte, dass diese gentechnisch veränderte Zutaten enthalten. Die Nahrungsmittelaufsichtsbehörde Irlands (Food Safety Authority of Ireland, FSAI) hat nun angekündigt, Einzelhändler dazu aufzufordern, keine Produkte mehr in ihrem Sortiment zu führen, die in dieser irreführenden Weise gekennzeichnet sind. Eine Untersuchung der FSAI im letzten Jahr ergab, dass eine ganze Reihe von Produkten, die in Reformhäusern angeboten werden, gentechnisch veränderte Bestandteile enthielten, darunter auch einige, die explizit als „gentechnikfrei“ deklariert waren. Daraufhin hattte die FSAI die betreffenden Unternehmen dazu aufgefordert, diese Beschriftung zu entfernen. Nur eines der Unternehmen erklärte sich dazu bereit, ein anderes führte folgende Argumentation ins Feld: Da der Anteil der gentechnisch veränderten Bestandteile in dem betreffenden Produkt unter einem Prozent läge, sei es noch als gentechnikfrei zu betrachten. Für Pat O’Mahony, Biotechnologieexperte der FSAI, ist dies eine unhaltbares Argument. „Auch wenn man Produkte nur dann als gentechnisch verändert kennzeichnen muss, wenn der Anteil an gentechnisch veränderten Inhaltsstoffe mindestens 0,9 Prozent beträgt, bedeutet das nicht, dass man behaupten kann, ein Produkt sei gentechnikfrei, wenn es das gar nicht ist.“Die FSAI wird in diesem Jahr weitere Untersuchungen durchführen. (The Irish Independent, 08.06.04, zitiert nach GENET-News,www.genet-info.org) (ts)

GID Meta
Erschienen in
GID-Ausgabe
164
vom Juni 2004
Seite 42 - 45