Rezension: Genetisierung der Zeugung

Vor dem Hintergrund der These, dass Utopien Teil der Konstruktion von Wirklichkeit sind, untersucht Bettina Bock von Wülfingen Texte zu Reproduktions- und Gentechnologien in Printmedien zwischen 1995 und 2003. Besonders aufschlussreich sind die Zukunftsphantasien namhafter Wissenschaftler, die von der serienmäßigen Laborzeugung, die als logischer, evolutionär bedingter Schritt gesehen wird, über die Ausstattung des Menschen mit "Schutzgenen" gegen Krankheiten wie Aids, Malaria oder Krebs bis hin zur Optimierung diverser physischer Merkmale reichen. Mittels Diskursanalyse stellt Bock vonWülfingen signifikante Aspekte der in den Texten vorgefundenen Argumentationsmuster wie etwa ,Selbstbestimmung', ,Gleichberechtigung', ,Verantwortung für kommende Generationen' oder ,Befreiung von der biologischen Natur' heraus und untersucht die Entstehung von Metaphern; so geht sie beispielsweise der Herkunft des Begriffes ,erblich' nach. Interessant ist auch die Auswertung des Textmaterials im Kontext von Gesundheits- beziehungsweise Krankheitskonzepten, die unter anderem einem Vergleich zwischen Deutschland und den USA unterzogen werden. Bock von Wülfingen zieht das Fazit, dass "nicht erst technische Pläne und Taten der Umsetzung genetischer Selektionsnormen () Besorgnis erregen, sondern jeder Ansatz des Determinismus". Eine spannende und detailreiche Untersuchung, in der viele Leser sie interessierende Passagen finden werden.

Bettina Bock von Wülfingen: Genetisierung der Zeugung ­ Eine Diskurs- und Metaphernanalyse reproduktionsgenetischer Zukünfte, transcript Verlag, Bielefeld 2007, 370 Seiten, 30,80 Euro, ISBN 3-89942-579-0

Erschienen in
GID-Ausgabe
182
vom Juni 2007
Seite 63

Katrin Lange ist Diplom-Pädagogin und hat ihre Diplomarbeit zum Thema "Was ist neu an der "neuen Eugenik"? Eine kritische Analyse am Beispiel der Pränataldiagnostik und der Präimplantationsdiagnostik" geschrieben. Ab Januar wird sie ein Praktikum im Gen-ethischen Netzwerk e. V. machen.

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