Reis ist Leben
Beim Zusammentreffen der verschiedenen Zweige der Peoples Caravan in Nepal hat die Bewegung der asiatischen Landbevölkerung eine Erklärung zum Internationalen Jahr des Reises abgegeben. Im Folgenden dokumentieren wir diese Erklärung in Auszügen.
Reis ist Leben für uns. Reis ist unser Grundnahrungsmittel und Millionen von Bauern sind in seine Produktion einbezogen. Diese Bauern, die Frauen, ihre Familien und die Gemeinschaften brauchen den Reis: als Nahrungsmittel und um sich ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. (...) Reis ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur, unserer Festlichkeiten und unserer Verbindung zu anderen Gemeinschaften. Aber durch die Globalisierung und durch die Umsetzung der Bedingungen der Welthandelsorganisation (WTO) durch das Abkommen über die Landwirtschaft (AoA - Agreement on Agriculture) (1) ist die Reisproduktion bedroht. Die Kontrolle über die Reisproduktion geht mehr und mehr in die Hände der transnationaler Konzerne und der Länder der entwickelten Welt - zum Beispiel die USA und Europa - über.
Unter Kontrolle der Saatgutfirmen
Durch die arrogante Liberalisierungspolitik im Handel, den Abbau der Zölle und die Öffnung unserer Märkte für Reisimporte können Reisbauern nicht mehr überleben. (...) Sie sind nicht in der Lage, dem Wettbewerb standzuhalten, und die Bauern, die selber Land besitzen, wechseln in die Produktion von so genannten ”cash crops”, Pflanzensorten für den Export, die im Auftrag angebaut werden. Das Land, auf dem bisher Reis angebaut wurde, dient nun der Kultivierung von Blumen, Cassava und Tierfutter (...). Durch die Patentrechte, die im Rahmen des TRIPs-Abkommens (2) gestärkt wurden, gleiten die Saatgutvarietäten des Reises nun aus den Händen der Bäuerinnen und der ländlichen Gemeinschaften und kommen unter Kontrolle der Saatgutfirmen und privater Agenturen. Das IRRI, das Internationale Reisforschungs-Institut, das gegründet worden war, um die Kapazitäten der Bauern zur Produktion von Nahrungsmitteln auszuweiten, damit die Bevölkerung ernährt werden kann, hat seine Richtung verloren. (...) Es kooperiert mit den transnationalen Konzernen. (...) Es erleichtert den transnationalen Konzernen, die Kontrolle über das Saatgut zu erhalten und nimmt den Bauern diese Kontrolle aus der Hand (...). Das einzige Interesse, das heute am Reis besteht, ist, ihn zu einer Ware des internationalen Handels zu machen. Dies wird zur Folge haben, dass die Konzerne unsere Nahrung kontrollieren werden, unsere Nahrung, unser Land und die Produktionsmittel. (...) Das Internationale Reisjahr konzentriert sich auf die Erhöhung des Reisertrags. Dieses Ziel im Sinne der Steigerung des Ertrages je Hektar verfolgen sowohl das IRRI als auch die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, durch die Einführung von Hybrid-Reissorten. Die FAO betont, dass eine Verbesserung der Erträge auch durch den Einsatz der Biotechnologie erreicht werden sollte und begründet damit den Bedarf an gentechnisch verändertem Reis. (...)
Die zukünftige Reisproduktion sichern
Die Entschlüsselung des Reisgenoms und die Entwicklung des so genannten Goldenen Reises wird in keiner Weise die Probleme des Hungers und der Unterernährung lösen. Sie werden nur die Kontrolle über den Reis vorantreiben. (...) Wir haben Hochachtung vor dem südkoreanischen Bauern Lee, der sich in Cancun selbst getötet hat, um ein Zeichen zu setzen: dass die Globalisierung für den asiatischen Bauern nur den Tod bedeuten kann. (...) Um die zukünftige Reisproduktion für unsere Familien, unsere Gemeinschaften und unsere Länder zu sichern, müssen wir die Welthandelsorganisation zurückweisen, sowohl ihre Bedingungen wie auch ihre Kontrolle über Nahrungsmittel und Landwirtschaft. Um die Nahrung für Millionen von uns zu sichern, muss die Reisproduktion wieder zu unseren Bauern und in unsere Gemeinschaften zurückkehren. Aus diesem Grund müssen wir Nahrungsmittel-Souveränität und die Kontrolle über die Reissorten voranbringen, die Verwendung von Pestiziden ausschließen und gentechnisch veränderten Reis zurückweisen. Gerade wenn es um Reis geht, können wir unser Recht auf Lebensunterhalt und auf Befreiung von Hunger, das Recht auf unsere Kultur und unsere Zukunft auch für die nächste Generation einfordern.
Übersetzung: Christof Potthof
Fußnoten:
- AoA-Abkommen (Agreement on Agriculture - Übereinkommen über die Landwirtschaft) - Teil des Abkommens der Welthandelsorganisation (WTO)
- TRIPs-Abkommen (Trade Related Intellectual Properties - Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum) - Teil des Abkommens der Welthandelsorganisation (WTO)